Krankenhaushygiene up2date 2010; 5(4): 240
DOI: 10.1055/s-0030-1256116
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Die „goldene Stunde” der Antibiotikatherapie

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Publication Date:
27 December 2010 (online)

Gaieski DF, Mikkelsen ME, Band RA et al. Impact of time to antibiotics on survival in patients with severe sepsis or septic shock in whom early goal-directed therapy was initiated in the emergency department. Crit Care Med 2010; 38: 1045 – 1053

Die „early goal-directed” Therapie hat sich inzwischen nach der wegweisenden Studie von Rivers et al. als klinischer Standard in der Therapie der schweren Sepsis und des septischen Schockes etabliert. Bestandteil des Bündels von Therapiemaßnahmen ist neben Aufrechterhaltung von Oxygenierung und Perfusion die frühzeitige kausale Therapie zur Herdsanierung und Beginn einer empirischen Antibiotikatherapie. Gaieski und seine Arbeitsgruppe an der University of Pennsylvania richteten nun ihr Augenmerk auf das Timing der Antibiotikagabe und das Outcome der Patienten.

Insgesamt 261 Patienten mit der Diagnose schwere Sepsis oder septischer Schock wurden zwischen 2005 und 2006 in die Studie eingeschlossen. Bewertet wurde die Zeit von der Aufnahme zum Beginn der „early goal-directed” Therapiemaßnahmen und der Gabe der adäquaten Antibiotika.

Das Durchschnittsalter der Patienten lag bei 59 Jahren, 41 % waren weiblichen Geschlechtes. Die Gesamtmortalität der Kohorte betrug 31 %. Die Zeitdauer von Aufnahme bis zur Antibiotikagabe betrug im Median 119 Minuten und von allgemeinem Therapiebeginn bis Antibiotikagabe 42 Minuten.

Betrachtet man die stündlichen Cutt-off-Werte und berechnet die Mortalität der Untergruppen, so findet sich in der Gruppe der innerhalb der ersten Stunde von Aufnahme bis Antibiotikagabe behandelten Patienten eine Mortalität von 19,5 vs. 33,2 % mit einer Odds-Ratio von 0,3 (95 %-Konfidenzintervall 0,11 – 0,83; p = 0,02) und für die innerhalb einer Stunde von allgemeinem Therapiebeginn bis Antibiotikagabe behandelten Patienten eine Mortalität von 25 vs. 38,5 % mit einer Odds-Ratio von 0,5 (95 %-Konfidenzintervall 0,27 – 0,92; p = 0,03).

Die Autoren diskutieren die Einschränkungen, die sich aus einer Single-Center Studie und dem Vorliegen eines etablierten Therapieschemas für die Behandlung des septischen Schockes ergeben, auf die Übertragbarkeit ihrer Ergebnisse, die sie als Bestätigung der Forderung nach einer adäquaten Antibiotikatherapie innerhalb der ersten Stunde in den Surviving Sepsis Campaign Guidelines ansehen.

Fazit: Die vorliegende Studie belegt eindrucksvoll den entscheidenden Effekt des frühzeitigen Beginns der empirischen Antibiotikatherapie auf die Mortalität bei schwerer Sepsis und septischem Schock und das Konzept der „goldenen Stunde” der Schocktherapie. Daraus lässt sich ableiten, dass eine breite, an lokalen Resistenzmustern orientierte, empirische Antibiotikatherapie bereits beim geringsten Verdacht auf eine schwere Sepsis oder einen septischen Schock noch in der Initialphase der Differenzialdiagnostik gerechtfertigt ist.

PD Dr. Sebastian Schulz-Stübner, Karlsruhe

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