2 Epidemiologie
Nach dem Ergebnis der European Community Respiratory Health Survey
(ECRHS) beträgt die Prävalenz der bronchialen Hyperreaktivität
zwischen 7 % und 28 % (in Deutschland
18 %). Die Prävalenz der chronischen Bronchitis in der
erwachsenen Bevölkerung in Deutschland wird höher
(10 – 12 %) als die des Asthma bronchiale
geschätzt. An Asthma bronchiale leiden
5 – 10 % unserer Bevölkerung (ca. 4
Millionen).
Atemwegs- und Lungenerkrankungen zählen zu den häufigsten
Ursachen für Arbeitsunfähigkeit. Darunter befinden sich ca.
6 % chronische obstruktive Atemwegserkrankungen. Sie zählen
mit 13,2 Milliarden Euro zu den kostenintensivsten Krankheitsgruppen in
Deutschland. Es entfielen hierbei 2,6 Milliarden Euro auf das Asthma bronchiale
und 5,93 Milliarden Euro auf die COPD [2]. Bei
Fortsetzung bisheriger Trends wird weltweit ein weiterer Anstieg der
obstruktiven Atemwegserkrankungen vorhergesagt.
Die Prävalenz asthmatischer Erkrankungen von exponierten
Beschäftigten an verschiedenen Arbeitsplätzen liegt zwischen
1 % und über 50 % und ist besonders hoch unter
Bäckern, Malern und Lackierern, Schweißern, Bodenverlegern,
Tierärzten sowie Beschäftigten in der Landwirtschaft,
Nahrungsmittelproduktion, Kunststoffherstellung, Tierhaltung,
Platinscheidereien und im Gesundheitswesen (bei Umgang mit Latexprodukten). Die
putativ auslösenden Agenzien sind v. a. Mehl-, Getreide-, Holz- und
anderer Pflanzenstaub, Schalen-, Krebs- und Labortiere, Insekten,
Enzymstäube, Isocyanate, Azodicarbonamid, Antibiotika, Lötmittel,
Platinsalze, Härter und Detergenzien. In Deutschland dominiert Mehlstaub.
Insgesamt werden in Abhängigkeit von der Noxe, der Definition der
Erkrankung und Selektionseffekten 5 % bis ca. 50 %
(Getreidestaub, Platin, Alkalase) der asthmatischen Symptome in bestimmten
Berufsgruppen auf berufliche Belastungen zurückgeführt.
Die chronische obstruktive Bronchitis (COPD), die meist progredient
verläuft, betrifft etwa 1 % aller Altersgruppen mit einem
steilen Anstieg auf über 10 % der über
40-Jährigen. Sie steht an 4., in einigen Jahren voraussichtlich an 3.
Stelle unter den Todesursachen (Nationale Versorgungsleitlinie COPD). Ihr kommt
somit ebenfalls eine erhebliche sozioökonomische Bedeutung zu.
Eine Fülle neuerer Literatur weist darauf hin, dass diese
Volkskrankheit in etwa 15 % der Fälle auf berufliche
Belastungen zurückgeht. Überhäufigkeiten werden insbesondere im
Baugewerbe, im Steinkohlen-, Uran- und Erzbergbau, unter Getreidesiloarbeitern,
Landwirten, Feuerwehrleuten, chronisch gegenüber Passivrauch
[3]
[4] oder granulären
biobeständigen Stäuben (inklusive Asbest) Exponierten beobachtet
[5]
[6]
[7]
[8]
[9]
[10]
[11]
[12]
[13].
S. auch „Längsschnittuntersuchungen zu den Auswirkungen inhalativer
Noxen am Arbeitsplatz” [14]
[15]
[16]. Umfangreiche Untersuchungen
liegen im Steinkohlenbergbau vor. Dabei zeigt sich typischerweise, dass nach
langjähriger Untertagetätigkeit die Häufigkeit auch ohne
Vorhandensein von silikosetypischen radiologisch fassbaren Veränderungen
signifikant erhöht ist.
Die kohärenten epidemiologischen Studien belegen eine
Dosis-Wirkungs-Beziehung zwischen der Staubbelastung allgemein und dem
Auftreten dieser Gesundheitsstörungen. Der Ärztliche
Sachverständigenbeirat Berufskrankheiten beim BMAS prüft
z. Z., ob die Voraussetzungen für eine Berufskrankheit
„Obstruktive Staubbronchitis” gegeben sind.
In Auswertungen, basierend auf Vorsorgeuntersuchungsdaten der
ehemaligen DDR, standen Stäube, bestehend aus Kupferschiefer, Quarz,
Gießereiformmassen, Futtermitteln, Schleifmitteln, Hölzern, Zement,
Asbest, Ruß und Kalk sowie tierische Stäube und irritativ-toxische
Noxen (Schwefeldioxid, Chlor, Stickoxide, Formaldehyd, Isocyanate und
Chromverbindungen), im Vordergrund.
Obstruktive Atemwegserkrankungen haben im deutschen
Berufskrankheitengeschehen einen hohen Stellenwert. Sie sind teils allergischer
(BK Nr. 4301), teils chemisch-irritativer oder toxischer Genese (BK Nr. 4302),
zu letzteren gehören auch die meisten BK Nr. 1315-Fälle
(Isocyanat-Erkrankungen). Hinzu kommen obstruktive Atemwegserkrankungen durch
Steinkohlengrubenstaub (BK Nr. 4111) und Quarz (BK Nrn. 4101, 4102), selten
durch Brom (BK Nr. 1103), Vanadium-Pentoxid (BK Nr. 1107), Fluor (BK Nr. 1304),
Asbest (BK Nr. 4103), Aluminium (BK Nr. 4106) und bei Vorliegen einer
exogen-allergischen Alveolitis (BK Nr. 4201) oder einer Byssinose (BK Nr. 4202)
feststellbare obstruktive Ventilationsstörungen.
Von den gewerblichen Berufsgenossenschaften sind als häufigste
Ursache einer obstruktiven Atemwegskrankheit organische und silikogene
Stäube dokumentiert. Ein Großteil der in den vorgenannten
Arbeitsbereichen ausgelösten Erkrankungsfälle fällt nicht unter
die bisherigen Berufskrankheiten.
Bisher gibt es keine eindeutigen Belege für
Schwellenkonzentrationen von atemwegssensibilisierenden Arbeitsstoffen,
unterhalb derer Überhäufigkeiten von entsprechenden
Überempfindlichkeitsreaktionen nicht beobachtet werden.
Eine ausführlichere Zusammenstellung des epidemiologischen und
arbeitsmedizinisch-wissenschaftlichen Kenntnisstands über Ursachen,
Prävalenz/Inzidenz und Dosis-Wirkungs-Beziehungen arbeitsbedingter
obstruktiver Atemwegserkrankungen einschließlich von Statistiken der
gesetzlichen Versicherungsträger findet sich in der Sonderschrift
„Prävention arbeitsbedingter obstruktiver
Atemwegserkrankungen” [17].
Weitere Literatur
Arbeitsunfähigkeit
[18]
Frühberentung
[19]
Krankheitskosten
[20]
[21]
Prävalenz der bronchialen
Hyperreaktivität in der Allgemeinbevölkerung
[22]
Prävalenz und Inzidenz des Asthma
bronchiale in der Allgemeinbevölkerung
[23]
[24]
[25]
[26]
[27]
Prävalenz der chronischen obstruktiven
Bronchitis in der Allgemeinbevölkerung
[7]
[11]
[28]
[29]
Mortalität infolge obstruktiver
Lungenkrankheiten
[20]
[25]
[30]
Arbeitsbedingtes Asthma bronchiale
[6]
[9]
[31]
[32]
[33]
[34]
[35]
[36]
[37]
[38]
[39]
[40]
[41]
[42]
[43]
[44]
[45]
[46]
[47]
[48]
[49]
[50]
[51]
[52]
[53]
[54]
[55]
[56]
Arbeitsbedingte chronische obstruktive
Bronchitis
[5]
[6]
[8]
[9]
[11]
[12]
[34]
[57]
[58]
[59]
[60]
[61]
[62]
[63]
[64]
[65]
[66]
[67]
[68]
[69]
[70]
[71]
[72]
[73]
[74]
Berufskrankheiten-Statistiken
[75]
[76]
Schwellenkonzentration und
Dosis-Wirkungs-Beziehungen
[45]
[77]
[78]
[79]
[80]
6 Materialien und Praxishilfen
6.1 Anleitung zum Auffinden von einschlägigen Gesetzen,
Verordnungen und Regeln
Mit der Aufgabe nach dem Arbeitssicherheitsgesetz, „den
Arbeitgeber beim Arbeitsschutz und bei der Unfallverhütung in allen Fragen
des Gesundheitsschutzes zu unterstützen”, ist der Betriebsarzt
ebenso wie der Unternehmer ein wichtiger Protagonist der gesundheitsgerechten
Gestaltung der Arbeit.
Gefährdungsbeurteilung
Das Arbeitsschutzgesetz schreibt mit der
Gefährdungsbeurteilung die systematische und umfassende Ermittlung von
Gefährdungen, die Ableitung erforderlicher Maßnahmen und einen
kontinuierlichen Verbesserungsprozess vor. Dafür können in den
verschiedenen Schritten anerkannte Regeln arbeitsmedizinischer Erkenntnisse
genutzt werden. Für die Vorgehensweise bei Gefährdungen durch
atemwegsschädigende Stoffe kann die TRGS 400 Gefährdungsbeurteilung für Tätigkeiten mit
Gefahrstoffen herangezogen werden. Bezüglich
atemwegsschädigenden Stoffen oder Zubereitungen kann zurzeit noch die
Gefahrstoffverordnung mit Bezügen auf die Richtlinien 67/548/EWG
[92] und 1999/45 EG beibehalten werden.
Nach der Liste der gefährlichen Stoffe nach § 4a der
früheren Gefahrstoffverordnung waren ca. 40 Stoffe mit R 42
Sensibilisierung durch Einatmen möglich und mehr
als 200 Stoffe mit R 37 reizt die Atmungsorgane zu
kennzeichnen.
Für Zubereitungen mit sensibilisierenden Stoffen gilt bis
2015 die Zubereitungsrichtlinie der EU. Hier ist in Anhang V B 9 festgelegt,
dass Verpackungen von Zubereitungen, die mindestens einen sensibilisierenden
Stoff in einer Konzentration von mindestens 0,1 % enthalten, mit
dem Namen des Stoffes und „kann allergische Reaktionen
hervorrufen”, zu beschriften sind. Auch nach der CLP-GHS-Verordnung, die
spätestens ab 2015 anzuwenden ist, sind nach Anhang II Abschnitt 2.8
Zubereitungen, die einen atemwegssensibilisierenden Stoff ab einer
Konzentration von 0,1 % oder ab einer stoffspezifischen
Konzentrationsgrenze enthalten, den Hinweis auf dem Etikett tragen: EUH208
– „Enthält ‚Name des sensibilisierenden
Stoffes‘. Kann allergische Reaktionen hervorrufen”.
Weitere zur Zeit noch nicht kennzeichnungspflichtige
sensibilisierende Stoffe finden sich in der TRGS 907 Verzeichnis sensibilisierender Stoffe und den
zugehörigen Begründungen. Zahlreiche Stoffe und Zubereitungen, die
Reizerscheinungen an den unteren Atemwegen hervorrufen können, sind nicht
kennzeichnungspflichtig und im bestehenden Regelwerk auch noch nicht erfasst.
Die TRGS 900 Arbeitsplatzgrenzwerte gibt Anhaltspunkte
für die Beurteilung einer Exposition gegenüber Stäuben (Kapitel
2 Anwendung von Arbeitsplatzgrenzwerten und
Erläuterungen).
Hinweise für die aus der
Gefährdungsanalyse bei Umgang mit atemwegsgefährdenden Stoffen
abzuleitenden Maßnahmen gibt die TRBA/TRGS 406 Sensibilisierende Stoffe für die Atemwege, die TRGS
430 Isocyanate – Exposition
und Überwachung, die TRGS 530 Friseurhandwerk, Berufsgenossenschaftliche Regeln, wie
z. B. die BGR 209 Umgang mit Reinigungs- und Pflegemitteln, und
schließlich die TRGS 500 Schutzmaßnahmen.
Vorsorgeuntersuchungen
Falls durch technische und organisatorische Maßnahmen eine
Gefährdung der Atemwege durch sensibilisierende und/oder
chemisch-irritativ oder toxisch wirkende Stoffe nicht vermieden werden kann,
sind den Beschäftigten regelmäßige arbeitsmedizinische
Vorsorgeuntersuchungen auf ihren Wunsch hin zu ermöglichen. In der
Arbeitsmedizinischen Vorsorgeverordnung werden darüber hinaus die
Anlässe für Angebots- und Pflichtuntersuchungen festgelegt.
Die Handlungsanleitungen BGI/GUV-I 504-X für G 1.4
Staubbelastung, G 15 Chrom
VI-Verbindungen, G 23 Obstruktive
Atemwegserkrankungen, hier: „Atemwegssensibilisierende Stoffe und
Stoffgruppen”, G 27 Isocyanate, G 34
Fluor und seine anorganischen Verbindungen, G 39
Schweißrauche geben zusätzliche Hinweise zu
stoffspezifischen Kriterien für die Risikobewertung und die Auswahl der zu
Untersuchenden.
Für die Durchführung und ärztliche Beurteilung
sind als anerkannte Regeln der Arbeitsmedizin die DGUV-Grundsätze für
arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchungen heranzuziehen.
Arbeitsmedizinisch-toxikologische Beratung
Bestandteil der Unterweisungen der Gefahrstoffverordnung
§14 ist eine allgemeine arbeitsmedizinisch-toxikologische Beratung. Sinn
dieser Forderung in der Gefahrstoffverordnung ist eine Förderung der
Kompetenzen der Beschäftigten im Hinblick auf den Umgang mit ihrer
Gesundheit. Dabei sind die Beschäftigten auch über die
Angebotsuntersuchungen nach der Verordnung zur Arbeitsmedizinischen Vorsorge
(sowie den Unterschied zu Pflichtuntersuchungen) zu informieren. Eine
Konkretisierung dieser Vorgabe mit Hinweisen für die inhaltlichen
Anforderungen findet sich in der TRGS 555 Betriebsanweisung
und Information der Beschäftigten. Aus praktischen Gründen kann
die allgemeine arbeitsmedizinisch-toxikologische Beratung nicht
flächendeckend für alle Beschäftigten durch den Betriebsarzt
vorgenommen werden. Dem Betriebsarzt kommt aber eine steuernde Funktion in der
Begleitung der betrieblichen Akteure zu, die normalerweise mit der Unterweisung
betraut sind. Ausgehend von der Analyse und Beurteilung der Rahmenbedingungen
für die allgemeine arbeitsmedizinische Beratung wurden i. R. der
Initiative Neue Qualität der Arbeit (INQA) zwei Handlungskonzepte
entwickelt: einerseits für Betriebsärzte in der Rolle der
Multiplikatoren und andererseits für Arbeitgeber und diejenigen, die
Unterweisungen durchführen mit einem Modell für eine integrierte
arbeitsmedizinische Beratung. Dieses Material steht auf der INQA-Homepage (www.inqa.de) unter dem Titel „Gesunde
Lunge” zur Verfügung.
Literatur
[83]
[92]
[93]
[94]
[95]
[96]
6.2 Verfügbares Wissen
Atemwegssensibilisierende Stoffe: Es liegen inzwischen klinische
Erfahrungen und Daten über mehr als 300 atemwegssensibilisierende
Arbeitsstoffe vor (Übersichten: [97]
[98]
[99]
[100]
[101]). Eine
Literaturübersicht zur berufsbedingten allergischen Rhinitis beinhaltet
eine Liste von Stoffen, die fast ausnahmslos auch als Asthmaauslöser
bekannt sind [102]. Verwiesen wird außerdem auf
die Technische Regel für biologische Arbeitsstoffe und Gefahrstoffe
TRBA/TRGS 406 „Sensibilisierende
Stoffe”, die Technische Regel für Gefahrstoffe TRGS 907
Verzeichnis sensibilisierender Stoffe
einschließlich der Begründungen zur Bewertung von Stoffen als
sensibilisierend sowie die „Handlungsanleitung für
arbeitsmedizinische Vorsorge” G 23 [103]. Auf
EU-Ebene erfolgt die Kennzeichnung atemwegssensibilisierender Stoffe mit R 42
(„Sensibilisierung durch Einatmen
möglich”) bzw. nach harmonisierter Kennzeichnung mit H334 („kann bei Einatmen Allergie, asthmaartige Symptome oder
Atembeschwerden verursachen” [CLP-Verordnung])
http://www.dguv.de/ifa/de/gestis/stoffdb/index.jsp#
Atemwegsirritative Stoffe: Auch bezüglich der
chemisch-irritativ und toxisch an den Atemwegen wirkenden Berufsnoxen liegen
eingehende Erfahrungen vor; eine aktuelle Übersicht listet über 200
Stoffe auf [98]. Gemäß der Richtlinie
67/548/EWG werden auf EU-Ebene chemisch-irritativ wirkende inhalierbare Stoffe
mit R 37 gekennzeichnet (reizt die Atmungsorgane) bzw.
nach harmonisierter Kennzeichnung nach CLP-GHS-Verordnung mit H335
(„kann die Atemwege reizen”). Per
definitionem handelt es sich dabei um Stoffe und Zubereitungen, die zu
deutlichen Reizungen der Atmungsorgane führen, auf der Grundlage von
praktischen Erfahrungen beim Menschen oder (neuerdings ergänzt) positiven
Ergebnissen aus geeigneten Tierversuchen. In den „Anmerkungen zur Verwendung von R 37” wird
ausgeführt: „Bei der Interpretation der praktischen Erfahrungen
beim Menschen sollte unterschieden werden zwischen Wirkungen, die eine
Einstufung mit R 48 „Gefahr ernster Gesundheitsschäden bei
längerer Exposition” zur Folge haben, und solchen, die eine
Einstufung mit R 37 erfordern.
Stoffdatenbanken: Die GESTIS-Stoffdatenbank
(Gefahrstoffinformationssystem der gewerblichen Berufsgenossenschaften)
enthält Informationen über den sicheren Umgang mit chemischen Stoffen
am Arbeitsplatz, wie z. B. die Wirkungen der Stoffe auf den Menschen
(Aufnahmewege, Wirkungsweisen), die erforderlichen Schutzmaßnahmen und
die Maßnahmen im Gefahrenfall.
Das Gefahrstoffinformationssystem der Bau-Berufsgenossenschaften
(GISBAU) fasst für alle in den Bauprodukten enthaltenen Chemikalien
Stoffinformationen zusammen. Da von vielen Produkten vergleichbare
Gesundheitsgefahren ausgehen und somit die gleichen Schutzmaßnahmen
erforderlich sind, stellt GISBAU auch Produktgruppen-Informationen (GISCODE:
Liste der Produktgruppen mit Codierung) zur Verfügung.
GisChem: Daten und Entwürfe für Betriebsanweisungen und
Stoffe und Produktgruppen verschiedener Gewerbezweige der chemischen
Industrie
Literatur
[34]
[92]
[97]
[98]
[99]
[100]
[101]
[102]
[104]
[105]
[106]
6.3 Checkliste: Atemwegsgefährdung im Betrieb –
Handlungsansätze für die Prävention
Tab. 1 Internes Audit
Arbeits- und Gesundheitsschutz.
Teil 1:
|
Gibt es eine
innerbetriebliche, abteilungsbezogene Vereinbarung/Zielsetzung hinsichtlich
Atemwegsgefährdung/-belastung im Arbeits- und Gesundheitsschutz?
|
|
Findet dies in
Gesundheitsförderungsprogrammen Berücksichtigung?
|
Teil 2:
|
Wo können
Atemwegsgefährdungen/-belastungen auftreten? Überprüfen der
betrieblichen Verantwortungsbereiche!
|
|
z. B. im
Maschinenbau: Dreherei, Fräserei, Schleiferei,
Schweißarbeitsplätze
|
|
Im Krankenhaus:
Reinigungsarbeiten, Flächen-/Gerätedesinfektion,
|
|
Benutzung gepuderter
Latexhandschuhe? Z. B. Küche
|
Teil 3:
|
Sind ausreichend
Informationen über Atemwegsgefährdung/ -belastungen vorhanden?
|
|
Gefahrstoffkataster?
|
|
Gefährdungsbeurteilung?
|
|
Betriebsanweisung?
|
Teil 4:
|
Sind
Arbeitsbereichsanalysen vorhanden?
|
|
Werden Risikoanalysen
durchgeführt?
|
|
Gibt es
Verbesserungsverfahren zur Risikominimierung?
|
|
Gibt es eine
schriftliche Dokumentation?
|
Teil 5:
|
Wird die
Ersatzstofffrage systematisch geprüft?
|
|
Stellen Sie sicher,
dass eingekauftes Material den Arbeits- und Gesundheitsstandards entspricht?
|
|
Gibt es
Gründe/Bereiche, die Ersatzstoffe nicht möglich machen?
|
|
Wie ist organisatorisch
sichergestellt, dass Informationen über den Wechsel von
Arbeitsstoffen/Änderung von Produktzusammensetzungen erfasst –
dokumentiert und bewertet werden?
|
Teil 6:
|
Sind die Mitarbeiter
hinreichend qualifiziert und geschult?
|
|
Werden die Mitarbeiter
von Fremdfirmen oder Dienstleistern adäquat über
Atemwegsgefährdungen im Arbeits- und Gesundheitsschutz informiert?
|
|
Gibt es einen
Koordinator?
|
|
Ist der Betriebsarzt an
den Unterweisungen beteiligt? Ist der Betriebsarzt an der Erstellung der
Grundlagen für eine arbeitsmedizinisch-toxikologische Beratung beteiligt?
|
Teil 7:
|
Wissen die Mitarbeiter,
wann und welche Schutzausrüstung zu tragen ist?
|
|
Unterweisung mit Bezug
auf Atemwegsbelastungen?
|
|
Wird die Qualität
der Schutzausrüstung (Atemschutz, Handschuhe) überprüft?
|
|
Anforderungskriterien?
|
Teil 8:
|
Werden
arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchungen angeboten bzw. verpflichtend
durchgeführt? Auf welcher Grundlage? Welche?
|
|
Werden bei neu
eingestellten/übernommenen Mitarbeitern geeignete medizinische
Untersuchungen durchgeführt, bevor sie ihre Arbeit aufnehmen?
|
|
Berücksichtigen
Sie bei Änderungen (Material, Produkt, Verfahren etc.)
|
|
Aspekte des Arbeits-
und Gesundheitsschutzes, insbesondere im Hinblick auf
Atemwegsgefährdungen?
|
Teil 9:
|
Ist auf die
Notwendigkeit einer ärztlichen Konsultation (möglichst Betriebsarzt)
nach Auftreten von Beschwerden, wie beginnende Hautveränderungen
(besonders an den Händen), Fließschnupfen, Augenjucken,
Kurzatmigkeit und Luftnot hingewiesen worden?
|
|
Werden Beschwerden und
Betriebsarztkontakte zahlenmäßig erfasst? Werden sie thematisiert,
z. B. im Arbeitsschutzausschuss?
|
Teil 10:
|
Geht jeder Abfall in
die entsprechenden Behälter?
|
|
Sieht es in ihrem
Bereich für hausinterne und externe Besucher sauber gepflegt und
aufgeräumt aus?
|
Bitte
nennen Sie kurz wesentliche Möglichkeiten der kontinuierlichen
Verbesserung! Bitte nennen Sie kurz die Schwerpunkte der letzten
Zeit!
|
Sicherheitsbeauftragter
|
Vorgesetzter
|
6.4 Beispiele konkreter Präventionsmaßnahmen
Die nachfolgenden Beispiele beziehen sich auf Arbeitsbereiche, in
denen bereits umfangreiche Erfahrungen über die Ursache und Höhe
gesundheitsgefährdender Belastungen an den einzelnen Arbeitsplätzen,
über Konzentrations-Wirkungs-Beziehungen und mögliche
Präventionsmaßnahmen vorliegen. Hier gilt es, die gewonnenen
Kenntnisse im einzelnen Betrieb gezielt umzusetzen, um eine
Gesundheitsgefährdung zu vermeiden.
6.4.1 Mehlstaub in Backbetrieben
Mehlstaub ist der häufigste Auslöser arbeitsbedingter
obstruktiver Atemwegserkrankungen (ca. 1200 Berufskrankheitsanzeigen pro Jahr).
Es liegt offensichtlich eine Dosis-Wirkungs-Beziehung vor [107]. Ab einer mittleren Mehlstaubkonzentration von
1,5 mg/m3 finden sich überhäufig
Sensibilisierungen. Neben den eigentlichen Mehlbestandteilen stellen Enzyme
in
Backmitteln, insbesondere die fungale α-Amylase und die fungale Xylanase,
wichtige Allergene dar. Für α-Amylase ist ein erhöhtes Risiko
einer Atemwegssensibilisierung bereits ab 1 ng/m3 belegt
[108]. Die Effizienz von Vorsorgeuntersuchungen und
primärpräventiven Maßnahmen wurde anhand eingehender Analysen
für Mehlstaub-Exponierte detailliert dargestellt [109]
[110]. Meijster et al.
entwickelten auf Basis umfangreicher Expositionsmessungen und epidemiologischer
Querschnitts- und Längsschnittuntersuchungen in niederländischen
Bäckereien ein dynamisches Modell zur Abschätzung des Effektes einer
50 %igen Reduktion der mittleren Staubkonzentration
(geometrisches Mittel initial 1,8 mg/m3 Mehlstaub,
1 ng/m3 fungale α-Amylase). Der Effekt stellt sich
langsam ein und erreicht erst nach mehreren Jahren sein Maximum. Nach zehn
Jahren ergibt sich eine Abnahme der Prävalenz von Asthmaerkrankungen um
35 – 65 %, der oberen Atemwegssymptome um
20 – 35 % und der spezifischen
Sensibilisierungen um 10 – 20 %.
Handlungsanleitung
Es sollte gewährleistet sein, dass über den
allgemeinen Staubgrenzwert von 4 mg/m3 hinaus o. g.
Luftkonzentrationen unterschritten werden.
Im Länderausschuss
für Arbeitsschutz und Sicherheitstechnik und von der Berufsgenossenschaft
Nahrungsmittel und Gaststätten wurde ein Katalog von Schutzmaßnahmen
ausgearbeitet, dessen wichtigste Schritte sind:
-
räumliche Trennung der Produktionsräume von
Bereichen ohne Mehlstaubbelastung
-
Mehlsilo statt Sackware
-
möglichst geschlossene Systeme von der Mehllagerung
bis zur Teigbereitung
-
bei Eingabe von Mehl in offene Behälter und einer
durchschnittlichen Tagesmenge von mehr als 300 kg Mehl Absaugung des
Mehlstaubs an der Entstehungsstelle
-
bei manueller Teigaufbereitung kein Mehl in der
Handwurftechnik als Trennmittel verwenden
-
Einstäuben von Arbeitstischen, Tüchern,
Körben usw. mit staubarmen Mehlen, Stärken oder Maismehl
-
dichtschließender Deckel an Knetmaschinen mit einem
Bottichdurchmesser von mehr als 510 mm
-
Anlagen kapseln
-
Muss Mehl als Trennmittel verwendet werden, hat dieses
durch Auflegen und Verreiben an der Oberfläche, Auftragen mittels einer
Rolle zu erfolgen; alternative Trennmittel sind Stärke, Maismehl,
staubarme Trennmehle, ölhaltige Trennmittel.
-
Die Zugabe von Backmitteln sollte ohne Staubentwicklung
erfolgen.
-
Flüssige, pastöse oder körnige Backmittel
sind zu bevorzugen.
-
Wrasen und Fettdämpfe aus Backöfen und
Fettbackgeräten dürfen nicht in den Atembereich der
Beschäftigten gelangen. Geeignete Absaugeinrichtungen sind
erforderlich.
-
Für die Räume, Einrichtungen und Maschinen ist
ein Reinigungsplan zu erstellen (u. a. Reinigung mit Spezialfegern,
geeigneten Saugern, Nassreinigungsmaschinen mit rotierenden Bürsten, kein
Ausblasen mit Druckluft).
Gefährdungsermittlung und -beurteilung
Unter Berücksichtigung der Technischen Regeln für
Gefahrstoffe TRGS 400 und 402 „Ermitteln und
Beurteilen der Gefährdungen: Inhalative Exposition” sind im
einzelnen Betrieb unter Beteiligung aller Akteure im Gesundheitsschutz, der
Mitarbeiter, Vorgesetzten, der Sicherheitskraft und des Betriebsarztes die
Gesundheitsgefährdungen an den verschiedenen Arbeitsplätzen und
-bereichen detailliert zu erfassen, quantitativ und qualitativ zu ermitteln
und
die betriebliche Verantwortung zu benennen. Hierbei können die speziellen
Handlungshilfen der Berufsgenossenschaft Nahrungsmittel und Gastgewerbe
Anregungen geben (Arbeitssicherheitsinformationen: Sicherheits-Check für
Backbetriebe, 2005, Sicherheits-Check für Verkaufsstellen im Backbewerbe,
2007, Handlungsanleitung Betriebliche Gefährdungsbeurteilung,
2007).
Erfahrungsgemäß liegen hohe Belastungen vor allem
an den Knetmaschinen und bei der manuellen Teigaufbereitung vor.
Ableitung von Maßnahmen
Auf der Basis der Gefährdungsbeurteilung und -bewertung
sind betriebsspezifische Maßnahmen zur Beseitigung von erhöhten
Gesundheitsgefahren vorzunehmen. Dies können im Einzelnen bauliche
Maßnahmen, der Einsatz geschlossener Systeme, Luftabsaugungen, aber auch
organisatorische Maßnahmen und die Verwendung persönlicher
Schutzausrüstung, insbesondere von Atemschutzgerät, sein.
In der Arbeitsmedizinischen Vorsorgeverordnung (ArbMedVV)
[91] wird Mehlstaub in der Liste der Stoffe, bei denen
Pflichtuntersuchungen vorgesehen sind, aufgeführt. Allerdings wurde
bislang in der TRGS 900 kein AGW festgelegt. Aus diesem rein formalen Grund
sind derzeit keine Pflichtuntersuchungen zu veranlassen, auch wenn sie bei
hoher Mehlstaubkonzentration inhaltlich gut begründbar wären.
Arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchungen nach G 23 [103] sind mit besonderem Nachdruck an Arbeitsplätzen
anzubieten, an denen die o. g. gesundheitsbasierten Mehl- und
α-Amylase-Konzentrationen überschritten sind; s. a.
Handlungsanleitung für arbeitsmedizinische Vorsorge BGI/GUV-I 504-23h.
Literatur
[107]
[108]
[110]
[111]
[112]
[113]
[114]
[115]
[116]
[117]
6.4.2 Natur-Latex: Beschäftigte im
Gesundheitswesen
Allergien gegen Latexproteine betreffen nicht nur die Haut,
sondern auch die oberen und tieferen Atemwege. Letztere sind bedingt durch
aerogene Latexallergene am Arbeitsplatz, die auf die Verwendung gepuderter
Handschuhe zurückgehen. Allergenhaltige gepuderte Handschuhe stellen daher
ein besonderes Gesundheitsrisiko dar. Seit diese im Gesundheitsbereich nicht
mehr eingesetzt werden dürfen (TRBA/TRGS 406; Proteingehalt
< 30 µg/g Handschuhmaterial ungepudert), sind
latexbedingte Typ I-Allergien als Berufskrankheiten drastisch
zurückgegangen.
Handlungsanleitung
Eine wesentliche Handlungsanleitung im Sinne der
Primärprävention ist die Technische Regel für Gefahrstoffe
TRBA/TRGS 406 Sensibilisierende Stoffe
(„Gepuderte Naturgummilatexhandschuhe sind durch puderfreie und
allergenarme oder andere geeignete Handschuhe zu ersetzen.”)
Übersichten über z. Zt. auf dem Markt befindliche
(Latex-)Handschuhe finden sich bei Heese et al. [118],
Chen und Baur [119], Zak et al. [120].
Ein auf die speziellen Anforderungen am
Arbeitsplatz ausgerichteter Handschuhplan sollte konkrete Anleitungen und
Auskunft über die Notwendigkeit des Tragens von Handschuhen aus Latex und
alternativen Produkten geben.
Gefährdungsermittlung und -beurteilung
Betroffen sind besonders Beschäftigte in
Krankenhäusern und Arztpraxen. Aber auch Altenpflege-, Labor-, Forschungs-
und Reinigungspersonal, Beschäftigte in der Herstellung von Gummiartikeln
etc. können erkranken.
Ableitung von Maßnahmen
Die Einhaltung der TRBA/TRGS 406 stellt eine sehr effiziente
Primärprävention dar.
Im Falle einer bereits eingetretenen
Latex-Sensibilisierung sollten sekundärpräventiv von den Betroffenen
und in deren unmittelbarer Umgebung nur noch latexallergenfreie Handschuhe
(synthetische Artikel) verwendet werden.
Informationen über den Allergengehalt finden sich im
Themenheft M621, der Informationsbroschüre GUV-I 8584 sowie im Verzeichnis
der GISBAU.
Die Benutzung von Naturgummilatexhandschuhen mit einem
Proteingehalt von mehr als 30 µg/g im Handschuhmaterial ist ein
Anlass für regelmäßige arbeitsmedizinische
Pflichtuntersuchungen nach ArbMedVV. Bei Beachtung der TRBA/TRGS 406 kann
dieser Untersuchungsanlass nicht auftreten.
Literatur
[28]
[118]
[119]
[120]
[121]
[122]
[123]
[124]
[125]
[126]
[127]
6.4.3. Schweißrauche: Beschäftigte in der
Metallbe- und -verarbeitung
In der metallbe- und -verarbeitenden Industrie zählen
Schweißverfahren zu den wichtigsten Technologien. Schweißen wird
schätzungsweise von bis zu 1 Prozent der Berufstätigen praktiziert.
In der Bundesrepublik ist von ca. 300 000 Schweißern
auszugehen.
Schweißrauche bestehen aus einer komplex
zusammengesetzten Mischung nicht nur feinster Staubteilchen (ultrafeine
Partikel) sondern auch gasförmiger Komponenten wie Ozon, Stickoxide und
Nitrosegase.
In der Handlungsanleitung für die
arbeitsmedizinische Vorsorge nach dem Grundsatz G 39 Schweißrauche [82] werden
beispielhaft Arbeitsverfahren/-bereiche und Tätigkeiten aufgeführt,
mit denen eine Hilfestellung zur Gefährdungsbeurteilung gegeben werden
soll. Bei folgenden Arbeitsverfahren/-bereichen und Tätigkeiten sind in
der Regel höhere Konzentrationen von Gesamtstaub zu erwarten:
-
Lichtbogenhand-, MIG-, MAG-Schweißen, insbesondere mit
Fülldraht
-
Fülldrahtschweißen ohne Schutzgas (mit
selbstschützenden Fülldrähten)
-
Laserstrahlschweißen mit und ohne Zusatzwerkstoff von
verzinkten Blechen
-
Plasmaschneiden (ohne Wasserabdeckung)
-
Laserstrahlschneiden
-
thermisches Spritzen (Flamm-, Lichtbogenspritzen), sofern
nicht in vollständig geschlossenen Kabinen automatisiert
-
Brennfugen
-
Lichtbogen-Druckluftfugen
-
Abbrennstumpf-Schweißen
-
Schweißtechnische Arbeiten in engen Räumen oder
Bereichen mit geringem Luftaustausch
-
Schweißtechnische Arbeiten in Zwangshaltung, bei denen
Schweißrauche unmittelbar in hohen Konzentrationen in den Atembereich des
Schweißers gelangen.
Die Exposition gegenüber Schweißrauchen ist
abhängig von den eingesetzten Schweißverfahren unter
Berücksichtigung persönlicher Schutzausrüstungen, von den
Lüftungsverhältnissen und von den verwendeten
Zusatzwerkstoffen.
Eine Schweißrauchexposition kann bei
prädisponierten Personen (mit unspezifischer bronchialer
Hyperreaktivität, chronischer Bronchitis, chronischer obstruktiver
Atemwegserkrankung) zu akuten irritativen Wirkungen im Sinne einer
Atemwegsobstruktion und Verschlimmerung der vorbestehenden Erkrankung
führen [128] im Sinne einer BK der Nr. 4302 BKV.
Als Folge langjähriger extremer Schweißrauchbelastung werden in
seltenen Fällen vor allem die chronische Bronchitis und die Entwicklung
eines Lungenemphysems beobachtet, noch seltener die Entstehung eines
Bronchialasthmas oder einer Siderofibrose bzw. Schweißerlungenfibrose im
Sinne der BK der Nr. 4115 BKV [129]
[130]
[131]
[132]. Synergistische Effekte des Zigarettenrauchens sind
zu berücksichtigen [133].
Bei der Ver- und Bearbeitung hochlegierter Stähle besteht
eine Gefährdung infolge kanzerogener Chromate und Nickeloxide.
Arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchungen, die sich inhaltlich an den
berufsgenossenschaftlichen Grundsätzen G 15 bzw. G 38 orientieren, sind
zusätzlich erforderlich. Krebserkrankungen der oberen Atemwege werden
unter den Nrn. 1103 und 4109 BKV subsummiert.
Handlungsanleitung
Solange es für Ultrafeinstäube (Nanopartikel) keine
Sonderregelung gibt, wird empfohlen, mindestens den allgemeinen Staubgrenzwert
für alveolengängigen Staub nach TRGS 900 Arbeitsplatzgrenzwerte einzuhalten
(3 mg/m3 als Schichtmittelwert). Abhängig von den
verwendeten Zusatzwerkstoffen sind weitere Gefährdungen, z. B.
durch Chrom und Nickel beim Schweißen von Edelstählen zu
beurteilen.
Zielsetzungen für die Gefährdungsbeurteilung
finden sich in der Gefahrstoffverordnung in Verbindung mit der TRGS 528
Schweißtechnische Arbeiten, der Regel GUV-R 220
Schweißrauche und der BGI 593
Schadstoffe beim Schweißen und verwandten
Verfahren: Die Arbeitsplätze müssen unter Berücksichtigung
des Schweißverfahrens, der Werkstoffe und der Einsatzbedingungen so
beschaffen sein, dass die Atemluft der Beschäftigten von
gesundheitsgefährdenden Stoffen freigehalten wird.
In der Praxis
geschieht das durch:
-
Absaugung der Schweißrauche im
Entstehungsbereich = Punktabsaugung
-
allgemeine technische Lüftung = allgemeine
Hallen- bzw. Raumlüftung
-
freie Lüftung = Schweißarbeiten im
Freien
-
Kombination aus 1 – 3.
Gerade Schweißarbeiten an ortsveränderlichen
Arbeitsplätzen und unter engen räumlichen Verhältnissen
erfordern größere organisatorische und technische Anstrengungen.
Gefährdungsermittlung und -beurteilung
Auf der Grundlage der TRGS 400 und des
Gefährdungs-/Belastungskataloges der Arbeitsgemeinschaft der
Metall-Berufgenossenschaften sollte ein an die Struktur des Betriebes
angepasstes Formular entwickelt werden, anhand dessen vorgegangen werden
kann.
Neben Werten des Ambientmonitorings sind Ergebnisse des
Biomonitorings (z. B. Edelstahlverarbeitung) sowie verfahrensspezifische
Kriterien für die Beurteilung des Schweißerarbeitsplatzes
heranzuziehen.
Erfahrungsgemäß stellen
Schweißverfahren wie Wolframinertgasschweißen und
Unterpulverschweißverfahren eine Gruppe mit vergleichsweise geringer
Belastung mit Schweißrauchen und -gasen dar, während Verfahren wie
Elektrodenhandschweißen und Schutzgasschweißverfahren zu
erheblichen Belastungen führen können [134].
Dies gilt insbesondere für ungünstige arbeitshygienische Bedingungen,
z. B. für das Schweißen in engen räumlichen
Verhältnissen (Behälterbau, Schiffbau, Pipelinebau etc.).
Ableitung von Maßnahmen
Die technischen und organisatorischen Maßnahmen zum
Schutz vor Gesundheitsgefährdungen durch Schweißrauche und -gase
beinhalten:
-
Überprüfung und Auswahl schadstoffarmer
Verfahren und Werkstoffe,
-
Optimierung der Schweißparameter (z. B.
Schweißspannung, -stromstärke und Schutzgasmenge) und der
Umgebungsbedingungen (Oberflächenzustand der Werkstücke)
-
Anpassung und Wirksamkeitsüberprüfung
technischer Schutzeinrichtungen (z. B. Wasserabdeckung beim
Brennschneiden, Schweißwerkzeuge mit integrierter Absaugung),
-
Einsatz von Atemschutzgeräten, fremdbelüfteten
Schweißerschutzhelmen.
Das Zusammentreffen von Belastungen durch toxische,
physikalische und klimatische Einflüsse, durch Arbeitszeitfaktoren und
auch durch persönliche Schutzausrüstungen erfordert ganz besonders
hohen Beratungsaufwand.
Die Notwendigkeit arbeitsmedizinischer
Vorsorgeuntersuchungen ist auf Basis der Gefährdungsbeurteilung
abzuleiten. Je nach Expositionsumfang und Schweißrauchkonzentration wird
dies als Pflichtuntersuchung bei Überschreitung der
3 mg/m3 Schweißrauch oder Angebotsuntersuchung bei
Einhaltung der Luftkonzentration 3 mg/m3 Schweißrauch
durchgeführt – entsprechend Anhang der Arbeitsmedizinischen
Vorsorgeverordnung (ArbMedVV) [91]. Die
Handlungsanleitungen für die arbeitsmedizinische Vorsorge (BGI 504-39; in
speziellen Fällen BGI 504-15 und/oder 38) geben zusätzlich Hinweise,
unter welchen Bedingungen mit einer Gefährdung zu rechnen
ist.
Arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchungen, z. B. nach
dem DGUV-Grundsatz unter Beachtung der TRGS 710 Biomonitoring können Gesundheitsstörungen im
Stadium der Reversibilität (Anamnese, Lungenfunktionsstörungen) sowie
aktuelle Gefahrstoffaufnahmen (Biomonitoring) erfassen und dazu beitragen,
Maßnahmen der Verhältnis- und der Verhaltensprävention zu
verbessern. Prinzipiell ist dabei aber der Untersuchungsumfang der jeweiligen
Belastung anzupassen; z. B. wird der im G 39 empfohlene
routinemäßige Einsatz der Röntgendiagnostik von einigen
Fachleuten kritisch gesehen.
Literatur
[82]
[93]
[111]
[128]
[129]
[130]
[131]
[132]
[133]
[134]
[135]
[136]
6.4.4 Isocyanate
Isocyanate sind moderne Syntheseausgangsstoffe, die sich durch
meist mehrere hochreaktive Gruppen der Struktur -N = C = O
auszeichnen. Sie werden für die Herstellung von Weich-, Hart-, Integral-,
Isolierschaumstoffen und anderen Kunststoffen, Lacken und sonstigen
Oberflächenbeschichtungen, Vergussmassen, Elastomeren, Klebern,
Pharmazeutika, Pestiziden und weiteren Erzeugnissen der chemischen Industrie
verwendet. Nukleophile Verbindungen wie Wasser, Alkohole, Amine reagieren mit
den positiv geladenen C-Atomen der Isocyanat-Gruppen. Das Reaktionsprodukt
(Carbaminsäureester) wird als Polyurethan (PUR) bezeichnet, wenn es auf
der Basis der üblicherweise verwendeten mehrwertigen Isocyanate und
Alkohole hergestellt wurde. Isocyanate werden aber auch mit anderen Systemen
verbunden, z. B. Epoxiden und Alkyden.
Anwendungsbereiche sind vor allem die Kraftfahrzeug-, Flugzeug-,
Metall-, Möbel-, Textil-, Bekleidungs- und holzverarbeitende Industrie,
das Baugewerbe, der Bergbau (Gebirgsverfestigung), Gießereien und der
Sportbahnbau.
Im Rahmen der Anwendung von isocyanathaltigen Produkten,
teilweise auch bei starker Erhitzung bzw. Verbrennung von Polyurethanen, kommt
es in Abhängigkeit von dem Dampfdruck der jeweiligen Verbindung und der
Temperatur zur Bildung gasförmiger Isocyanate, d. h. zum Risiko
einer inhalativen Belastung. Daneben spielt die Exposition gegenüber
isocyanathaltigen Aerosolen, insbesondere beim Spritzlackieren, eine wichtige
Rolle. Neben der inhalativen Aufnahme kann Hautkontakt zu einer
Isocyanat-Inkorporation führen.
Isocyanate sind chemisch-irritativ und sensibilisierend.
Mit einer Gesundheitsgefährdung muss insbesondere bei
Überschreitung der Arbeitsplatzgrenzwerte bzw. biologischen Grenzwerte
gerechnet werden. Suszeptible Personen können auch unter geringerer
Exposition Überempfindlichkeitsreaktionen entwickeln. Im Vordergrund steht
das Isocyanat-Asthma, aber auch chronisch obstruktive Lungenerkrankungen,
Isocyanat-Alveolitis und Dermatitiden werden beobachtet. Das Erkrankungsrisiko
ist von der Höhe der Belastung abhängig.
Pathophysiologisch stehen die irritativen Wirkungen im
Vordergrund, 15 – 45 % der Erkrankten weisen
eine IgE-vermittelte spezifische Sensibilisierung auf.
Handlungsanleitung
Da das Erkrankungsrisiko konzentrationsabhängig ist,
sollte die Belastung so gering wie möglich gehalten werden.
Die TRGS 430 Isocyanate –
Gefährdungsbeurteilung und Schutzmaßnahmen
gibt Anleitungen zu allgemeinen, technischen, organisatorischen und
persönlichen Schutzmaßnahmen. Weitere Hinweise finden sich in der
TRGS 500 Schutzmaßnahmen.
Gefährdungsermittlung und -beurteilung
Auf der Grundlage der TRGS 430 und dem ergänzenden
„Katalog der Expositionsszenarien zur TRGS 430” lassen sich im
Einzelfall wichtige Informationen gewinnen. In den sog. Bewertungsindex
(s. u.) gehen die Anzahl der Isocyanatgruppen und auch Isocyanate ohne
Arbeitsplatzgrenzwert ein. Der sog. Expositionsermittlungswert
berücksichtigt die tierexperimentell ermittelte akute Reizwirkung
polymerer Isocyanate. Zusätzlich sollten Messungen der Luftkonzentration
an den Arbeitsplätzen oder unter vergleichbaren Bedingungen erfolgen und
berücksichtigt werden. Ein besonderes Gefährdungspotenzial kommt der
Generierung von isocyanathaltigen Aerosolen sowie Hautkontakt, ferner der
starken Erhitzung bzw. Verbrennung von Polyurethanprodukten zu (s. auch
[137]
[138]).
Ableitung von Maßnahmen
Die Berücksichtigung der in der TRGS 430 angeführten
Maßnahmen reduziert die Belastung erheblich und senkt das
Erkrankungsrisiko. Es sollte gewährleistet sein, dass die Luftgrenzwerte
und der biologische Grenzwert unterschritten werden. Für Isocyanate ohne
solche Grenzwerte wird eine Orientierung an den Grenzwerten der anderen
Isocyanate empfohlen. Es sollten alle auftretenden Isocyanate integrativ
betrachtet und berücksichtigt werden. Einzelne, geeignete
Schutzmaßnahmen sind:
-
Einsatz geschlossener Systeme
-
suffiziente Luftabsaugungen
-
Verwendung von modernen Polyisocyanaten mit geringem
Dampfdruck und/oder gekappten Isocyanat-Gruppen
-
Expositionsmessungen
-
Vermeidung des Hautkontakts, Hautschutzplan
-
Anwendung geeigneter persönlicher
Schutzausrüstungen (v. a. Masken mit Kombifiltern, geeignete
Schutzhandschuhe, ggf. Augenschutz)
-
Berücksichtigung des Beurteilungsindex (bezogen auf
alle Isocyanate am Arbeitsplatz [s. o.]) sowie Einhaltung von
biologischem Grenzwert und Arbeitsplatzgrenzwerten, ggf. auch durch
organisatorische Maßnahmen. Arbeitsplatzgrenzwerte liegen für
mehrere Diisocyanate (HDI, TDI, MDI, NDI, IPD, IPDI, NBDI; jeweils
0,005 ppm [mL/m3] bzw.
50 µg/m3) und Monoisocyanate (MIC, PhI; jeweils
0,01 ppm) vor. Für die industriell ganz im Vordergrund stehenden
oligo- und polymeren Isocyanate wurden in Deutschland bisher keine
Arbeitsplatzgrenzwerte festgesetzt. Die American Conference of Governmental
Industrial Hygienists [139] schlug kürzlich
für TDI einen deutlich niedrigeren Arbeitsplatzgrenzwert (TWA, 8
Stunden-Mittelwert) vor, nämlich von 0,001 ppm, ferner einen
15-Minuten-Kurzzeitwert von 0,003 ppm.
-
Durchführung der speziellen arbeitsmedizinischen
Vorsorgeuntersuchung nach G 27. Es handelt sich um Pflichtuntersuchungen,
wenn
eine Luftkonzentration von 0,05 Milligramm pro Kubikmeter überschritten
wird oder wenn regelmäßiger Hautkontakt nicht vermieden werden kann
[91]
[140]. Diese
Vorsorgeuntersuchungen werden auch empfohlen, wenn der Beurteilungsindex
für die Gesamtisocyanatkonzentration von 1 überschritten wird bzw. es
sich um Arbeitsverfahren/-bereiche und Tätigkeiten mit höherer
Exposition handelt [141].
-
TRGS 430: In den technischen Regeln für Gefahrstoffe
(TRGS) 430 Isocyanate – Exposition und
Überwachung werden Hinweise zur Gefährdungsbeurteilung unter
Berücksichtigung der Gesamtisocyanat-Exposition gegeben, wobei allerdings
ein etwas umständlich zu ermittelnder Bewertungsindex zugrunde gelegt
wird. Dabei werden ein sogenannter Aerosolpenetrationsfaktor (APF), der den
Durchmesser der Aerosole berücksichtigt, und bei oligomeren und polymeren
Isocyanaten ein Expositionsbeurteilungswert (EBW; erfasst ausschließlich
die lokale Reizwirkung und ist vom Hersteller anzugeben) zugrunde gelegt.
Der
Beurteilungsindex (BI) für den jeweiligen Arbeitsplatz leitet sich nach
der TRGS 430 aus der Summe der Verhältniszahlen a) der Konzentration der
monomeren Isocyanate (i)/AGW und b) der Konzentration der oligo- und polymeren
Isocyanate (poly) × APF/EBW: BI ist = Σ
Ci/AGWi + Cpoly ×
APF/EBW.
Neu ist die in der TRGS 430 vorgenommene Festlegung eines
Expositionsleitwertes, der alle Isocyanate in der Raumluft berücksichtigt
und 0,018 mg/m3 beträgt. Der Bewertungsindex stellt eher
einen sicherheitstechnischen Standard dar und berücksichtigt nur die
lokale, tierexperimentell ermittelte Atemwegsirritation; anzunehmende
verzögerte Reizwirkungen, Immunreaktionen und eventuelle
Kanzerogenität bleiben hierbei unberücksichtigt.
-
Biomonitoring in gefährdenden Arbeitsbereichen: Es
gibt derzeit nur für das Isocyanat MDI einen biologischen Grenzwert;
dieser beträgt 10 µg/g Kreatinin für den im Urin
nachweisbaren Metaboliten 4,4-Diaminodiphenylmethan, MDA (TRGS 903).
Literatur
[137]
[138]
[139]
[140]
[142]
[143]
6.4.5 Landwirtschaft
Allergene von Nutztieren, Getreide und Vorratsmilben zählen
zu den häufigen Auslösern allergischer Atemwegserkrankungen in der
Landwirtschaft [144]. Neben den Nutztieren stellen
Futtermittel- und Einstreubestandteile, Pflanzenteile, Pollen, Schimmelpilze,
Actinomyceten und Vorratsmilben eine wichtige Quelle für luftgetragene
Arbeitsstoffe im landwirtschaftlichen Arbeitsbereich dar und können bei
Tätigkeiten in der Landwirtschaft zu allergischen Symptomen führen.
Die Früherkennung berufsbedingter Atemwegserkrankungen in der
Landwirtschaft kann sich aufgrund der ausgeprägten Heterogenität der
Exposition und in Abhängigkeit vom auslösenden Stoff schwierig
gestalten: dies zeigt sich etwa in der Diagnostik der Rinderallergie
[145]
[146]
[147]
[148]
[149]
[150]
[151].
Die Auswertungen der Berufskrankheitenverfahren der letzten
Jahre zeigen, dass in der Rinderhaltung nicht nur in herkömmlichen
Anbindeställen (Warmstall), sondern auch unter modernen
Haltungsbedingungen mit gut belüfteten Boxenlaufställen
(Außenklimastall) die Entwicklung allergischer Atemwegserkrankungen durch
Rinderallergene bereits bei jungen Landwirten zu beobachten ist
[152]. In allen Haltungsformen, auch im offen
gestalteten Boxenlaufstall mit Außenklima, sind hohe Rinderallergenmengen
in der Luft zu detektieren [153]
[154].
Daneben haben Irritanzien wie Ammoniak, Schwefelwasserstoff
(v. a. in Stallungen), Düngemittel, Feldstäube und Endotoxine
(Dresch- und Getreidestaub) Bedeutung bzgl. der Auslösung chronischer
obstruktiver Atemwegserkrankungen [155]
[156]
[157].
Untersuchungen zur Dosis-Wirkungs-Beziehung an
landwirtschaftlichen Arbeitsplätzen liegen nur teilweise vor. So werden
von der Gesamtstaubbelastung abhängige akute und subakute
Verschlechterungen der Lungenfunktion unter Getreidearbeitern sowie in der
Schweine- und Geflügelhaltung beobachtet [158]
[159]
[160]
[161]. Entsprechende akute Veränderungen fanden sich
für Ammoniak [158] sowie für
Endotoxinbelastungen in verschiedenen landwirtschaftlichen Bereichen
[162]
[163]
[164]
[165]
[166]
[167].
Handlungsanleitung
Eine wesentliche Handlungsanleitung im Sinne der
Primärprävention Atemwegserkrankungen in der Landwirtschaft stellt
die TRBA 230 Schutzmaßnahmen bei Tätigkeiten mit
biologischen Arbeitsstoffen in der Land- und Forstwirtschaft, Binnenfischerei
sowie angrenzenden Wirtschaftszweigen dar. Neben den zur Minimierung der
Exposition gegenüber landwirtschaftlichen Stäuben und
gasförmigen Irritanzien erforderlichen baulichen, technischen,
organisatorischen und persönlichen Schutzmaßnahmen kommt den
allgemeinen Hygienemaßnahmen besondere Bedeutung zu: Die strukturellen
und baulichen Besonderheiten landwirtschaftlicher Betriebe begünstigen die
Verschleppung landwirtschaftstypischer Stoffe in den nahen Wohnbereich und
bedingen dadurch eine über die eigentliche Arbeitszeit hinausgehende
Exposition, die geeignet ist, allergische Symptome aufrecht zu erhalten
[104]. Die in der TRBA 230 aufgeführten
Maßnahmen sollen dazu beitragen, sowohl die Exposition am Arbeitsplatz zu
minimieren als auch eine strikte Trennung von Arbeits- und Wohnbereich zu
realisieren. Zu den wichtigsten Maßnahmen, die auch im Sinne der
Prävention der Exposition zu sehen sind [168],
zählen:
-
Minimierung der Aerosolbildung durch staubmindernde
Technologien
-
optimale Belüftung der Arbeitsplätze
-
leicht zu reinigende Oberflächen
-
Einrichtung von Umkleiden mit Wasch-/Duschgelegenheit und
Möglichkeit zur strikten Trennung von Arbeits- und Freizeitkleidung in
Form getrennter Spinde
-
geeigneter Körperschutz.
Um durch die genannten Maßnahmen eine
Expositionsminderung effektiv zu erreichen, ist eine Unterweisung aller im
Betrieb Tätigen, auch der nur gelegentlich mitarbeitenden
Familienmitglieder, notwendig. Die Vielfältigkeit der Betriebsstrukturen,
Tätigkeiten und damit Gefährdungen in der landwirtschaftlichen
Branche stellt allerdings die Umsetzung von präventivem Arbeitsschutz vor
hohe logistische Herausforderungen. Ein Beispiel ist die auch in
landwirtschaftlichen Betrieben durchzuführende
Gefährdungsbeurteilung.
Der Einbindung der Arbeitsmedizin kommt ein wichtiger Part in
der Wissensvermittlung zur Prävention obstruktiver Atemwegserkrankungen in
der Landwirtschaft zu. Die arbeitsmedizinische Prävention nach ArbMedVV
und Arbeitssicherheitsgesetz ergibt sich auf Grundlage der
Gefährdungsbeurteilung.
Anzumerken ist, dass ein Großteil der
landwirtschaftlichen Betriebe als reine Familienbetriebe geführt werden
und somit nicht der staatlichen Gesetzgebung unterliegen. Durch das autonome
Satzungsrecht der landwirtschaftlichen Unfallversicherung besteht jedoch die
Möglichkeit, den Arbeits- und Gesundheitsschutz entsprechend auch auf
diese Betriebe zu übertragen.
Informationen in Form von Broschüren und spezielle
Handlungshilfen für Unterweisungen liegen beim Spitzenverband der
landwirtschaftlichen Sozialversicherungsträger, Kassel, vor (http://www.lsv.de/spv/13_praevention/04_fachinformationen/22_gbu/20_gef__hrdungsbeurteilungen/index.html,
http://www.lsv.de/spv/13_praevention/04_fachinformationen/info/26_broschueren/index.html,
zielgruppenorientierte Unterrichtseinheiten [auf Anfrage]).
Gefährdungsermittlung und -beurteilung
Betroffen sind Tätigkeiten in der Land- und
Forstwirtschaft und angrenzenden Bereichen. Unter Berücksichtigung der
technischen Regeln liegen spezielle Handlungshilfen für die
Gefährdungsbeurteilung beim Spitzenverband der landwirtschaftlichen
Sozialversicherungsträger vor (http://www.lsv.de/spv/13_praevention/04_fachinformationen/22_gbu/20_gef__hrdungsbeurteilungen/index.html).
Ableitung von Maßnahmen
Um einer möglichen Gefährdung entgegenzuwirken, hat
der Arbeitgeber auf der Basis der Gefährdungsbeurteilung die zur
Minimierung der Exposition landwirtschaftlicher Stäube erforderlichen
baulichen, technischen, organisatorischen und persönlichen
Schutzmaßnahmen zu veranlassen. In der allgemeinen arbeitsmedizinischen
Beratung sind die Arbeitnehmer über möglicherweise auftretende
Gesundheitsgefahren zu unterrichten und ggf. auf das Angebot von
arbeitsmedizinischen Vorsorgeuntersuchungen hinzuweisen.
Literatur
[104]
[144]
[145]
[146]
[147]
[148]
[149]
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[163]
[164]
[165]
[166]
[167]
[168]
[169]
[170]
Die Autoren geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht.