Gastroenterologie up2date 2010; 6(4): 234-235
DOI: 10.1055/s-0030-1255881
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Nicht alkoholische Fettleber – Assoziation mit Apolipoprotein-C3-Genvarianten nachgewiesen

Marie-Luise  Berres, Christian  Trautwein
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Publication Date:
16 December 2010 (online)

Kommentar zu: Apolipoprotein-C3-Genvarianten bei nicht alkoholischer Fettleber

Apolipoprotein C3 gene variants in nonalcoholic fatty liver disease

Petersen KF, Dufour S, Hariri A, Nelson-Williams C, Foo JN, Zhang XM, Dziura J, Lifton RP, Shulman GI; Department of Internal Medicine, Yale University School of Medicine, New Haven, CT, USA.

Hintergrund: Einige Studien konnten einen Zusammenhang zwischen nicht alkoholischer Fettlebererkrankung (NASH), hepatischer Insulinresistenz und Diabetes mellitus zeigen. Ob es dafür eine gemeinsame genetische Basis gibt, ist unklar. K. F. Petersen et al. gingen dem auf den Grund. In der Vergangenheit hatten Arbeiten nahegelegt, dass 2 Einzelnukleotidpolymorphismen (SNP) des für Apolipoprotein C3 (APOC3) kodierenden Gens mit einer Hypertriglyzeridämie assoziiert sein könnten. Die Autoren untersuchten daher, ob diese SNP eventuell für NASH und Insulinresistenz prädisponieren.

Methoden: Als Probanden wählten sie 95 gesunde asiatisch-stämmige indische Männer, da bei ihnen eine NASH recht häufig vorkommt. Neben anthropometrischen Maßen bestimmten die Autoren bei ihnen Blutglukose, Insulin, Insulinsensitivität, die Plasmakonzentrationen von APOC3 und Blutfetten sowie den Triglyzeridgehalt der Leber. Daneben ermittelten sie die Triglyzeridkonzentration im Plasma, die Absorption von Retinyl-Fettsäureestern und die Plasma-Triglyzerid-Clearance nach oralen und intravenösen Fetttoleranztests. Die Teilnehmer führten darüber hinaus Ernährungsprotokolle. Mittels Genanalysen wurde im APOC3-Gen nach den SNP rs 2854116 (T-455C) und rs 2854117 (C-482T) gesucht. Triglyzeridgehalt der Leber und APOC3-Genotypen wurden ferner bei 163 gesunden, nicht asiatisch-stämmigen indischen Männern bestimmt. Das Durchschnittsalter der Teilnehmer lag bei 32 Jahren, der mittlere Body-Mass-Index (BMI) bei 24,7. 19 von ihnen hatten einen APOC3-Wildtyp, 76 Genmutationen (C-482T, T-455C oder beide).

Ergebnisse: Im Falle der Mutationen waren die Plasmakonzentrationen von APOC3 rund 30 % höher als beim Wildtyp, außerdem lagen die Nüchternkonzentrationen der Triglyzeride etwa 60 % höher. Bezüglich HDL-, LDL- und Gesamtcholesterin gab es zwischen beiden Gruppen keinen signifikanten Unterschied. Teilnehmer mit Genmutationen wiesen im Vergleich zum Wildtyp darüber hinaus rund doppelt so hohe Werte für Triglyzeride und Retinyl-Fettsäureester im Plasma nach einem oralen Fetttoleranztest auf sowie eine Reduktion der Plasma-Triglyzerid-Clearance um 46 %. Zudem betrug bei ihnen die Prävalenz für eine NASH 38 %, während sie bei Teilnehmern mit Wildtyp 0 % betrug. Im Falle einer NASH bestand auch eine deutliche Insulinresistenz. Bei der Kontrollgruppe ließ sich der Zusammenhang zwischen APOC3-Genvarianten und NASH bestätigen.

Folgerung: Die Polymorphismen C-482T und T-455C im APOC3-Gen sind mit NASH und Insulinresistenz assoziiert, resümieren die Autoren.

N Engl J Med 2010; 362: 1082 – 1089

(zusammengefasst von Dr. med. Johannes Weiß, Bad Kissingen)

Nicht alkoholische Fettlebererkrankung. Die nicht alkoholische Fettlebererkrankung ist die häufigste Lebererkrankung der westlichen Welt mit einer geschätzten weltweiten Prävalenz von 10 – 24 % [1] [2]. Der Begriff umfasst ein breites Spektrum an Lebererkrankungen von der einfachen hepatischen Steatose über die nicht alkoholische Steatohepatitis (NASH) bis hin zur NASH-assoziierten Leberfibrose bzw. -zirrhose [3]. Dabei geht das Vorliegen einer Fettleber mit einer deutlich erhöhten Mortalität durch kardiovaskuläre Erkrankungen, Krebserkrankungen oder Lebererkrankungen einher, unabhängig von anderen Risikofaktoren wie Adipositas oder Diabetes mellitus Typ 2 [4].

Ätiologie. Als Hauptrisikofaktoren für die Entstehung einer nicht alkoholischen Fettleber konnten Adipositas, Diabetes mellitus Typ 2 und Hyperlipidämie identifiziert werden [3]. Die unterschiedliche Inzidenz und Ausprägung zwischen verschiedenen ethnischen Gruppen [5] [6] und das gehäufte familiäre Auftreten [7] legen zudem eine genetische Prädisposition nahe.

Genetische Varianten des Apolipoproteins C3. Peterson et al. konnten zeigen, dass Single Nucleotide Polymorphisms (SNP) des für Apolipoprotein C3 (APOC3) kodierenden Gens für die Ausbildung einer Fettleber von Bedeutung sind. Sie untersuchten zwei Polymorphismen im Bereich der Promotorregion des Gens in zwei Kollektiven normalgewichtiger Männer mit unterschiedlichem ethnischem Hintergrund ohne typische Risikofaktoren wie Adipositas, Diabetes mellitus oder exzessivem Alkoholkonsum. In beiden Kohorten zeigte keiner der Träger der Wildtyp-Varianten eine signifikante Steatose (hepatischer Triglyzeridgehalt > 5 %), wohingegen 38 % bzw. 9 % der Träger mindestens einer Variante eine Steatose aufwiesen. Diese Steatose ging einher mit erhöhten Plasmaspiegeln von Apolipoprotein C3, einer Hypertrigylzeridämie sowie einer erhöhten Insulinresistenz. Diese Ergebnisse betonen zum einen den Einfluss der genetischen Varianten und somit der Expression von Apolipoprotein C3 auf den hepatischen Triglyzeridgehalt und weitere metabolische Parameter, zum anderen aber auch die Bedeutung ethnischer Faktoren bei gleicher Prävalenz der genetischen Varianten in beiden Kollektiven.

Einfluss auf Erkrankungsverlauf? Im klinischen Alltag kommt der Abgrenzung einer reinen hepatischen Steatose von einer Steatohepatitis eine große Bedeutung zu, da Letztere mit einer signifikant erhöhten Komplikationsrate und Mortalität einhergeht [4]. Über den Einfluss der APOC3-Polymorphismen auf unterschiedliche Stadien der Fettlebererkrankungen, wie dies bereits für andere genetische Polymorphismen – wie z. B. für das für PNPLA3 (patatin-like phospholipase domain-containing 3) kodierende Gen – gezeigt werden konnte [8], kann anhand der vorliegenden Daten zurzeit keine Aussage getroffen werden. Außerdem umfassen die untersuchten Kollektive lediglich gesunde, normalgewichtige Probanden, die nur einen geringen Anteil des gesamten Patientenkollektivs nicht alkoholischer Fettlebererkrankungen ausmachen.

Fazit. Peterson et al. konnten genetische Polymorphismen des Apolipoproteins C3 als unabhängigen Risikofaktor für die Entstehung einer nicht alkoholischen Fettlebererkrankung bei gesunden, normalgewichtigen Männern identifizieren. Ob die beschriebenen Polymorphismen auch bei adipösen Patienten mit typischen Risikofaktoren für eine Fettlebererkrankung wie Diabetes mellitus oder Hyperlipidämie eine prognostische Rolle spielen und ob sie als unabhängige Risikofaktoren die Entwicklung einer nicht alkoholischen Steatohepatitis auf dem Boden einer Steatosis begünstigen, bleibt Gegenstand weiterer Studien.

Literatur

  • 1 Sass D A, Chang P, Chopra K B. Nonalcoholic fatty liver disease: a clinical review.  Dig Dis Sci. 2005;  50 171-180
  • 2 Berres M L, Nellen A, Wasmuth H E. Chemokines as immune mediators of liver diseases related to the metabolic syndrome.  Dig Dis. 2010;  28 192-196
  • 3 Angulo P. Nonalcoholic fatty liver disease.  N Engl J Med. 2002;  346 1221-1231
  • 4 Rubinstein E, Lavine J E, Schwimmer J B. Hepatic, cardiovascular, and endocrine outcomes of the histological subphenotypes of nonalcoholic fatty liver disease.  Semin Liver Dis. 2008;  28 380-385
  • 5 Mohanty S R, Troy T N, Huo D. et al . Influence of ethnicity on histological differences in non-alcoholic fatty liver disease.  J Hepatol. 2009;  50 797-804
  • 6 Browning J D, Kumar K S, Saboorian M H. et al . Ethnic differences in the prevalence of cryptogenic cirrhosis.  Am J Gastroenterol. 2004;  99 292-298
  • 7 Schwimmer J B, Celedon M A, Lavine J E. et al . Heritability of nonalcoholic fatty liver disease.  Gastroenterology. 2009;  136 1585-1592
  • 8 Valenti L, Al-Serri A, Daly A K. et al . Homozygosity for the patatin-like phospholipase-3/adiponutrin I148M polymorphism influences liver fibrosis in patients with nonalcoholic fatty liver disease.  Hepatology. 2010;  51 1209-1217

Prof. Dr. med. Christian Trautwein

Medizinische Klinik III
Universitätsklinikum Aachen

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Email: ctrautwein@ukaachen.de

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