Krankenhäuser in öffentlich-rechtlicher Trägerschaft erhoffen sich von Privatklinikausgründungen
lukrative Geschäfte. Die Einrichtungen sollen Privatpatienten anziehen und für höhere
Erlöse sorgen. Doch das Konstrukt ist heikel. Denn der Verband der privaten Krankenversicherungen
(PKV) wehrt sich dagegen, die oftmals stark überhöhten Preise für die medizinischen
Leistungen der Privatkliniken zu übernehmen. Da die Ausgründungen aus Sicht des PKV
keine eigenständigen Einrichtungen sind, unterlägen sie dem Entgeltrecht für öffentliche
Krankenhäuser. In 2 gerichtlichen Vergleichen konnte sich der Verband mit seiner Meinung
bereits durchsetzen.
In der HSK Plus, einer privaten Ausgründung der Dr. Horst-Schmidt-Kliniken GmbH Wiesbaden
mit rund 90 Betten, stehen eine exzellente, patientenorientierte Medizin, herausragende
Serviceleistungen und ein hotelähnliches Ambiente laut Eigenwerbung ganz oben auf
der Angebotsskala. Dass Komfort und Betreuung nicht umsonst zu haben sind, versteht
sich von selbst. Allerdings hat die aus dem Plankrankenhaus ausgegründete Einrichtung
ihren Privatpatienten für medizinische Leistungen zum Teil deutlich überhöhte Summen
in Rechnung gestellt. Im Schnitt kassierte die HSK Plus das Doppelte von dem, was
die Dr. Horst-Schmidt-Kliniken für identische Leistungen nach dem Entgeltkatalog einnehmen
darf.
Klage gegen sogenannte Scheinausgründungen
Klage gegen sogenannte Scheinausgründungen
Damit ist nun Schluss. In einem Vergleich mit dem Verband der privaten Krankenversicherungen
(PKV) entschied das Landgericht Frankfurt Anfang März dieses Jahres, dass die Privatstation
ihren Patienten für medizinische Leistungen nicht mehr in Rechnung stellen darf als
das Mutterhaus. Für den zusätzlichen Komfort, den die Ausgründung ihren Patienten
bietet, zum Beispiel in Form von Essen à la carte, darf die HSK Plus im Gegenzug höhere
Zimmerzuschläge verlangen. Als "angemessen" gelten nach dem Vergleich 130 Euro für
ein Einzel- und 55 Euro für ein Doppelzimmer.
Mit dieser Einigung kann die PKV leben. Der Verband schätzt, dadurch künftig eine
Million Euro im Jahr sparen zu können. Verbandssprecher Dirk Lullies glaubt zudem,
dass von der Entscheidung eine Signalwirkung ausgehen wird.
Denn die Klage, die der PKV gegen die HSK geführt hat, ist nicht die einzige dieser
Art. Vielmehr gehen die Privatversicherer seit geraumer Zeit quer durch die Republik
gegen sogenannte Scheinausgründungen von Kliniken an öffentlichen Krankenhäusern vor.
Etwa 100 der rund 2 100 deutschen Krankenhäuser halten Einrichtungen wie die HSK Plus
vor, in denen ausschließlich Privatpatienten behandelt werden. Mit 15 von ihnen liegen
die Privatversicherer vor Gericht. In 2 Fällen (HSK Plus und Vivantes Berlin) konnte
bereits ein Vergleich erzielt werden.
Fragwürdige Deklaration von Abteilungen oder Gebäuden
Fragwürdige Deklaration von Abteilungen oder Gebäuden
Das hört sich, gemessen an der Gesamtzahl deutscher Krankenhäuser, zwar nicht gewaltig
an. Dem PKV geht es aber ums Prinzip. Denn die rechtlich fragwürdige Deklaration von
Abteilungen oder Gebäuden kommunaler Einrichtungen zu Privatkliniken kosten die Versicherungen
rund 100 Millionen Euro jährlich.
"Im günstigsten Fall schlagen die Privatabteilungen nur den Mehrwertsteuerzuschlag
von 19 % oben drauf", so Lullies. Im ungünstigsten Fall kämen horrende Zimmerzuschläge
und überhöhte Rechnungen für Behandlungsleistungen hinzu. Teilweise betrage der Erlös
ein Dreifaches dessen, was im Vergleich zu einer Behandlung im Plankrankenhaus realisiert
wird. Für Lullies steht fest: "Aus Menschenliebe macht das keiner." Hinter den Ausgründungen
stecke vielmehr Profitgier.
Vorreiter der Entwicklung waren die privaten Klinikkonzerne Helios und Asklepios.
Nach und nach fanden dann auch kommunale Träger Gefallen an dem Konstrukt. Den Trend
zu Ausgründungen befördert hat zudem ein Urteil des Bundesgerichtshofs aus dem Jahr
2003, wonach eine Privatklinik grundsätzlich jeden Preis mit ihren Patienten zu Lasten
der privaten Krankenversicherungen vereinbaren und durchsetzen kann.
Ein Rechtsgutachten des Kölner Staatsphilosophen und Rechtspolitiker Professor Dr.
Otto Depenheuer besagt indes, dass es "Trägern eines Plankrankenhauses [...] grundsätzlich
versagt [ist], neben und in Konkurrenz zum Plankrankenhaus Privatkliniken zu gründen
und zu unterhalten." Ausgründungen seien überdies unzulässig, wenn "alle oder jedenfalls
ein Teil der Privatpatienten der Privatklinik zugeführt werden, oder die Privatklinik
ganz oder teilweise an den Ressourcen des Plankrankenhauses partizipiert." Quersubventionen
müssten ausgeschlossen sein.
Zeche zahlen letztlich die Patienten
Zeche zahlen letztlich die Patienten
Genau das aber passiert nach Meinung des PKV. Denn das Mutterkrankenhaus und die Ausgründung
seien in aller Regel institutionell miteinander vermischt und teilten sich Personal
und Geräte. "Und die Zeche dafür zahlen letztlich die Patienten", so Lullies. Für
den Verband ist es daher nicht hinnehmbar, dass kommunale Einrichtungen durch die
Ausgründungen das Krankenhausentgeltrecht umgehen. Verhandelbar seien lediglich die
Wahlleistungsentgelte.
Inzwischen ist das Thema auch auf der Bundesebene angekommen. In einer kleinen Anfrage
vom Februar dieses Jahres will die SPD-Fraktion im Deutschen Bundestag wissen, ob
die Bundesregierung plant, "wie von der PKV gefordert, mit gesetzlichen Maßnahmen
gegen die Tendenz in der stationären Versorgung vorzugehen, wonach durch sogenannte
Ausgründungen von Privatkliniken aus Plankrankenhäusern die dort vorgesehene Abrechnung
nach den Fallpauschalen der GKV umgangen wird, um so wesentlich höhere Preise in Rechnung
stellen zu können." In ihrer Antwort verspricht die Bundesregierung, entsprechenden
Hinweisen nachzugehen.