ergopraxis 2009; 02(7/08): 13
DOI: 10.1055/s-0030-1253334
wissenschaft

Alzheimerdemenz – Mangelnde Krankheitseinsicht in Therapie berücksichtigen

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26 April 2010 (online)

 
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    Mangelnde Krankheitseinsicht, die sogenannte Anosognosie, tritt bei Alzheimerdemenz häufig auf und beeinträchtigt die Selbsteinschätzung der Patienten. Zu diesem Ergebnis kamen Hanna Leicht von der medizinischen Fakultät und Hermann-Josef Gertz von der Klinik für Psychiatrie der Universität Leipzig innerhalb einer Literaturübersicht.

    Mithilfe der Datenbank Pubmed fanden sie insgesamt 55 Publikationen, die Anosognosie von Menschen mit Alzheimerdemenz untersuchten. Sie fanden darin drei Erhebungsmethoden, die auf unterschiedliche Art die Fähigkeiten des Patienten festhalten: das klinische Urteil (KLI), die Fragebogendiskrepanz (FB) und die Leistungsdiskrepanz (LD). Das KLI beruht auf Beobachtungen eines Arztes oder Psychologen und den Auskünften der Patienten oder Angehörigen. Die FB stellt die Selbsteinschätzung des Patienten der Fremdeinschätzung der Angehörigen gegenüber. Im Vergleich dazu ermittelt die Therapeutin die LD, indem sie die Leistung des Patienten bei einem kognitiven Test mit seiner Einschätzung vergleicht. Studien, bei denen Forscher eine oder mehrere dieser Methoden eingesetzt haben, können beeinträchtigte Fähigkeiten im Bereich der Kognition, der ADL und des Verhaltens eingrenzen. Die Gründe für eine Anosognosie können diese Methoden nicht herausfiltern. Die Einschätzung der Krankheitseinsicht durch Patienten- und Angehörigeninterviews reicht für die klinische Praxis aus, wobei letztere verlässlichere Angaben zu den Fähigkeiten des Betroffenen liefern. FB und LD sind aufwendig und eher für wissenschaftliche Fragen wichtig.

    Ob und inwiefern Anosognosie therapiebedürftig ist, ist noch unklar. Therapeuten sollten sie jedoch wegen ihrer Bedeutung für die Therapiemotivation stärker als bisher berücksichtigen.

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    Psychiatrische Praxis 2009; 36: 58–66