ergopraxis 2010; 3(4): 15
DOI: 10.1055/s-0030-1253250
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Wissenschaft erklärt: Randomisierte kontrollierte Studie – Der Star unter den Studien

Jan Mehrholz
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Publication Date:
09 April 2010 (online)

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Mit dem Vorzeige-Studiendesign der medizinischen Experimentalforschung erhält man bei einer eindeutigen Frage eine eindeutige Aussage. Zum Beispiel, ob eine Therapie in einer bestimmten Situation wirkt oder nicht. Lesen Sie hier, was sich hinter RCTs verbirgt.

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Prof. Dr. Jan Mehrholz, Leiter des Wissenschaftlichen Instituts der Privaten Europäischen Medizinischen Akademie in Kreischa und in Gera Professor für Therapiewissenschaften

Die randomisierte kontrollierte Studie (engl.: randomized controlled trial, RCT) ist eine experimentelle Studie. Das Besondere am Experiment RCT ist die Randomisierung und die Kontrolle. Dieses Studiendesign ist das einzige, das eine Aussage zur Therapieeffektivität treffen kann. Zum Beispiel, wenn man nachweisen möchte, ob Ergotherapie ursächlich bestimmte Leistungen von Klienten verbessern kann.

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Wie es der Zufall will

„Randomisiert” ist eine Studie, wenn die Forscher die Probanden nach dem Zufallsprinzip auf zwei oder mehrere Gruppen verteilen, die unterschiedliche Therapieformen erhalten. Die Randomisierung gewährleistet, dass bekannte Einflussfaktoren (zum Beispiel Bewegungsmangel bei Rückenschmerzen) sowie unbekannte Faktoren auf das Behandlungsergebnis höchstwahrscheinlich gleichmäßig in den Gruppen verteilt sind. Die Probanden in den verschiedenen Gruppen einer RCT haben also vor Studienbeginn im Durchschnitt vergleichbare Ausgangsdaten. Eine Randomisierung lässt sich leicht durchführen: Man nutzt dazu Zufallstabellen, Lose oder einen Computer [1].

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Therapien kontrolliert vergleichen

Das „C” im Kürzel RCT bedeutet „controlled” – also kontrolliert. Bei einer RCT vergleicht man die Effekte von zwei oder mehr Therapien miteinander. Somit kann man kontrollieren, ob die zu untersuchende Therapie besser ist als eine andere oder als keine Therapie. Die Experimentalgruppe erhält zum Beispiel eine neue Therapie, ein neues Medikament oder präventive Maßnahmen, die Kontrollgruppe ein Placebo oder das übliche Behandlungsregime. Nach Ablauf der Behandlungsperiode vergleicht man die Ergebnisse der Gruppen miteinander. Die Intervention ist dann erfolgreich, wenn die Therapieeffekte in der Experimentalgruppe besser sind als in der Kontrollgruppe [2].

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Eine Verblindung erhöht die Qualität

Um die Qualität einer RCT zu erhöhen, hält man die Gruppenzuteilung vor Probanden und/oder Untersuchern geheim (= Verblindung). So kann man verhindern, dass ein sogenannter Bias oder – auf Deutsch – Fehler entsteht. Ein Bias ist eine Verzerrung des Behandlungsergebnisses, zum Beispiel weil sich der Forscher einen positiven Effekt wünscht. Um in diesem Fall den Bias gering zu halten, verblindet man den Untersucher. Er weiß also nicht, in welcher Gruppe die Probanden sind, die er nach der Studie untersucht. Ebenso kann man Probanden verblinden. Sie sind verblindet, wenn sie nicht wissen, welche Therapie sie erhalten: die Interventions- oder Kontrollmaßnahme [3].

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Trotz Goldstandard ist Vorsicht geboten

RCTs gelten als wissenschaftlicher Goldstandard in der medizinischen Forschung. Dennoch sollte jeder Leser von RCTs prüfen, ob man die Ergebnisse auf die eigenen Klienten übertragen kann. Denn nur, wenn das in der Studie angegebene Klientenprofil mit den eigenen Klienten vergleichbar ist, sind auch die Ergebnisse der Studie bei diesen zu erwarten. Nachteile von RCTs sind die lange Studiendauer sowie der hohe finanzielle und personelle Aufwand.

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Der Aufwand lohnt sich!

Dass sich diese Studien trotzdem lohnen, zeigt das Ergebnis einer kürzlich publizierten doppelblinden randomisierten Studie von Iona Novak und ihren Kollegen aus Australien [4]. Die Arbeitsgruppe konnte statistisch und klinisch bedeutsame Verbesserungen durch vier bis acht Wochen Ergotherapie bei Kindern mit Zerebralparese nachweisen. Hauptzielparameter war das COPM. Auch die Zufriedenheit der Eltern mit dem Ergebnis war in der Gruppe, welche Ergotherapie erhielt, deutlich besser als bei den Kindern, welche kein Ergotherapieprogramm erhielten. Diese Studie belegt somit eindrucksvoll die Wirksamkeit beziehungsweise Effektivität von Ergotherapie bei Kindern mit Zerebralparese.

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