Anästhesiol Intensivmed Notfallmed Schmerzther 2010; 45(4): 230-237
DOI: 10.1055/s-0030-1253089
Fachwissen
Anästhesiologie
© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Narkosetiefenmessung in der Anästhesie – Neue Möglichkeiten und Ziele der Narkoseüberwachung

Neuromonitoring in anaesthesiaLuc Aniset, Rebekka Knitschke, Thomas Frietsch
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Publication Date:
12 April 2010 (online)

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Zusammenfassung

Moderne computergestützte Verfahren zum Monitoring der Anästhesietiefe sind vielerorts in Gebrauch. Sie werden eingesetzt mit dem Ziel intraoperative Wachheit (Awareness) zu vermeiden, Anästhetika einzusparen, Erholungszeiten zu optimieren, prolongierte tiefe Anästhesie im Hinblick auf Immunsuppression, Mortalität und Morbidität zu vermeiden und Ischämien zu detektieren. Dieser Artikel versucht die Evidenz darzustellen, mit der diese Ziele auch bislang erreicht werden konnten. Schließlich wird versucht, dem Leser eine abschließende Empfehlung zur jeweiligen Indikation zu vermitteln. Die Anwendung von EEG-Monitoring vermag Awareness zu vermeiden und hilft bei der Einsparung von Anästhetika. Ob mit einer kumulierten Zeit an zu tiefer Anästhesie eine erhöhte Mortalität und Morbidität einhergeht, ist eventuell von zukünftiger Bedeutung.

Abstract

Modern computer-based methods to monitor anesthesia are widespread. They are used in order to avoid awareness, to reduce consumption of anesthetics, to optimize recovery times and to detect prolonged times of deep anesthesia and associated immunsuppression, mortality and morbidity. This review illustrates the evidence with which these goals were achieved until now. Finally, a recommendation for each indication is given. The useage of EEG-monitoring may help to avoid awareness and allows a reduced of consumption of anesthetics. The question if a cumulated time of deep anesthesia is associated with elevated mortality might be of a certain importance in the future.

Kernaussagen

  • Die Inzidenz von intraoperativer Wachheit beträgt bei Hochrisikopatienten bis zu 1 %.

  • Eine Einschätzung der Narkosetiefe anhand rein klinischer Parameter ist nicht möglich.

  • Plötzliche Veränderungen der Narkosetiefe werden erst mit einer gewissen Latenz angezeigt. Eine unerwünschte Wachheit kann daher nicht immer verhindert werden.

  • EEG-Monitoring kann die Inzidenz von Awareness deutlich reduzieren.

  • Awareness hat vielfältige Ursachen. Die zusätzliche Ableitung des Roh-EEGs ist vorteilhaft.

  • Unabhängige Prädiktoren der postoperativen Mortalität sind: erhöhte Komorbidität, intraoperative Hypotension und eine kumulative Zeit in tiefer Narkose.

  • Eine zu tiefe Narkose beeinflusst kardiovaskuläre und neurologische Komplikationen ebenso wie eine Immunsuppression.

  • Bei der Verwendung von Propofol im Rahmen einer TIVA konnten sowohl Einsparungen im Medikamentenverbrauch als auch bei den Erholungszeiten nachgewiesen werden.

  • Die Einsparungen bei den Anästhetika sind umso geringer, je kürzer wirksam die Pharmaka sind.

  • Die kombinierte Überwachung beider Hirn-Hemisphären bietet Vorteile in der Beurteilung der zerebralen Durchblutung und Emboliedetektion.

Weiteres Material zum Artikel

Literatur

Dr. med. Luc Aniset
Rebekka Knitschke
Prof. Dr. med. Thomas Frietsch

Email: luc.aniset@med.uni-marburg.de

Email: rebekka.knitschke@med.uni-marburg.de

Email: thomas.frietsch@med.uni-marburg.de