Frauenheilkunde up2date 2010; 4(2): 95-109
DOI: 10.1055/s-0030-1247336
Gynäkologische Spezialgebiete und Methoden

© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart ˙ New York

Fetomaternale Blutgruppenunverträglichkeiten

A. Redlich
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Publikationsdatum:
12. April 2010 (online)

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Kernaussagen

Die erythrozytären Alloimmunerkrankungen lösen das Krankheitsbild eines Morbus hämolyticus fetalis aus. Dabei kann es bereits intrauterin zu fetaler Anämie, Hydrops und Fruchttod kommen. Extrauterin bestehen häufig eine schwere Anämie und ein neonataler prolongierter Ikterus.

Die Mutterschaftsrichtlinien verlangen die routinemäßige Untersuchung auf mütterliche irreguläre erythrozytäre Antikörper. Die erste Antikörperbestimmung sollte zu einem möglichst frühen Zeitpunkt der Schwangerschaft durchgeführt werden, die zweite Bestimmung zwischen der 24. und 27. SSW. Neben irregulären Antikörpern gegen die Rhesusantigene D, c, C, e, E können auch Antikörper gegen die Blutgruppenantigene Kidd, Kell, Duffy, MN eine Blutgruppenunverträglichkeit zwischen Mutter und Fetus auslösen.

Durch die Ende der 60er-Jahre eingeführte Rhesusprophylaxe ist die Inzidenz zwar gesunken, dennoch stehen Rhesus-D-Inkompatibilitäten zahlenmäßig weit im Vordergrund.

Die mütterlichen irregulären erythozytären IgG-Antikörper induzieren nach ihrer Plazentapassage den Zerfall fetaler rhesuspositiver Erythrozyten und lösen beim Feten eine Anämie aus, die bei starker Ausprägung zur Hypoxie und zur verminderten Eiweißsynthese führt, die die Entstehung eines fetalen Hydrops begünstigt. Ein Teil des durch den Erythrozytenzerfall gebildeten Bilirubins gelangt ins Fruchtwasser.

Bei Vorliegen schwangerschaftsrelevanter mütterlicher erythrozytärer Antikörper sollte die Bestimmung des betreffenden paternalen Blutgruppenantigens einschließlich des Heterozygotenstatus erfolgen. Daran schließt sich die fetale Blutgruppentypisierung an, die mittels PCR an Amnionzellen nach Amniozentese oder nicht invasiv im maternalen Plasma an zellfreier DNA durchgeführt werden kann.

Ist der Fet Merkmalsträger und besteht damit eine Blutgruppeninkompatibilität zwischen Mutter und Fetus, so muss die Schwangerschaft intensiv überwacht werden. Dazu eigenen sich regelmäßige Kontrollen des mütterlichen Antikörpertiters in Verbindung mit der dopplersonografischen Bestimmung der systolischen Maximalgeschwindigkeit der Arteria cerebri media (MCA-PSV). Letztere Methode ist der Goldstandard der nicht invasiven Überwachung und hat die serielle Amniozentese zur Delta-OD450-Bestimmung verdrängt. Bei Überschreiten eines MoM-Wertes für die systolische Maximalgeschwindigkeit der A. cerebri media von 1,5 muss eine Cordozentese mit Bestimmung des fetalen Hb und Hk zur Einschätzung des Ausmaßes der fetalen Anämie erfolgen. Bei Notwendigkeit kann gleichzeitig als lebensrettende therapeutische Maßnahme die Transfusion von Blut in die Nabelvene vorgenommen werden. Bei optimaler Gestaltung des Managements in einem Zentrum mit entsprechender Erfahrung können heutzutage letale Verläufe vermieden werden.

Literatur

Dr. med. Anke Redlich

Frauenklinik der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg

Gerhart-Hauptmann-Str. 35

38108 Magdeburg

eMail: Anke.Redlich@med.ovgu.de