Subscribe to RSS
DOI: 10.1055/s-0030-1247184
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart ˙ New York
Sprachentwicklungsstörungen - Patienteninformation
Publication History
Publication Date:
15 January 2010 (online)
Eine Sprachentwicklungsstörung (SES)kann zu Beginn oder während der kindlichen Entwicklung auftreten. Sie kann ohne erkennbare Ursache auftreten oder aber z.B. durch eine Behinderung (z.B. Lippen-Kiefer-Gaumenspalte) oder durch Erkrankungen wie beispielsweise lang anhaltende Mittelohrentzündungen verursacht werden. Sie tritt sowohl bei einsprachig als auch bei mehrsprachig aufwachsenden Kindern auf. Bei mehrsprachigen Kindern zeigt sich die Störung sowohl in der Erst(Mutter)- als auch in den Zweitsprache.
#Symptome
Eine Sprachentwicklungsstörung zeigt sich in der Kommunikation, im Sprachverständnis und der Laut-, Wort- und Satzbildung. Bei einer Sprachverständnisstörung hat das Kind Probleme, Laute, Wörter, Sätze oder Texte zu verstehen, z.B. zwischen "Kanne-Tanne-Wanne" unterscheiden zu können. Die Störung kann aber auch beinhalten, dass sprachliche Äußerungen mit einem Bezug zu einer Situation nicht verstanden werden, z.B. die Bedeutung des Wortes "Birne" je nach Situation als "Obst" oder "Leuchtkörper/Licht". Kennzeichnend für eine expressive Sprachentwicklungsstörung sind ein später Sprechbeginn, ein für das Alter zu geringer und wenig differenzierter Wortschatz und eine mangelnde Verständlichkeit der Äußerungen bedingt durch artikulatorische und/oder Lauterwerbsprobleme. Auch der Erwerb der Grammatik kann betroffen sein, z.B. die Stellung des konjugierten Verbs (Max das haben will).
#Tipps für die betroffene Familie
Eltern können die sprachliche Entwicklung ihrer Kinder in der Regel sehr gut einschätzen, daher werden häufig Elternfragebögen eingesetzt, wenn ein Kind nicht bereit oder in der Lage ist, sich mit einem Testverfahren untersuchen zu lassen.
Immer dann, wenn sich Eltern Sorgen wegen der sprachlichen Entwicklung ihres Kindes machen, sollten sie den behandelten Arzt, z. B. den Kinderarzt aufsuchen und um Aufklärung bitten. Kennzeichen einer auffälligen sprachlichen Entwicklung können z.B. folgende Beobachtungen sein:
-
Das Kind nimmt keinen Blickkontakt mit den Eltern auf und reagiert wenig oder gar nicht auf Kommunikationsversuche.
-
Im frühen Kindesalter (mit 12-24 Monaten) spricht das Kind auf einmal unverständlich oder sehr nuschelig und gebraucht keine neuen Wörter.
-
Wenn Eltern den Eindruck haben, ihr Kind hört auf einmal nicht mehr richtig, ist dies nicht unbedingt ein Ausdruck von Ungehorsam, sondern kann durch Erkältungen bedingt sein. Das heißt, die Ohren des Kindes sind nicht mehr frei und es hört tatsächlich nicht, was gesprochen wird. Beim HNO-Arzt oder Pädaudiologen können die Ohren untersucht und Hörtests erstellt werden.
-
Bei Kindern (ab 3. Lebensjahr) im Kindergarten kann es passieren, dass sie auf einmal nicht mehr so gerne mit anderen spielen möchten, den Spielplatz meiden und lieber zuhause bleiben. Hier sollte versucht werden herauszufinden, woran dies liegt. Vielleicht kann sich das Kind sprachlich nicht verständlich machen, vielleicht hat es aber auch soziale Probleme. Hier sollte das Gespräch mit den Erzieherinnen gesucht werden, bevor der Kinderarzt das Kind untersucht.
-
Auch Wutanfälle von Kindern können Ausdruck einer zugrundeliegenden Sprachentwicklungsstörung sein, z.B. wenn sich das Kind unverstanden fühlt und keine anderen Mittel zur Verfügung hat, dies zum Ausdruck zu bringen. Kinder sind sich meistens darüber im Klaren, dass sie unverständlich sprechen, d.h. sie haben ein Störungsbewusstsein, das in ihrem Verhalten zum Ausdruck kommt.
Ist ein Kind in logopädischer Therapie, wird es sein Verhalten kontinuierlich ändern. Damit dies nicht zu Konflikten führt, werden die Eltern beraten und auch aufgefordert, die Therapien zu begleiten. Eltern, die die Gelegenheit haben und nutzen, der Therapie regelmäßig zuzuschauen, können den Lernprozess ihres Kindes mitverfolgen, sich auf die therapiebedingten Veränderungen einstellen und den Therapieprozess auf diese Weise unterstützen. Diese Eltern können angemessen reagieren, indem sie, wenn z.B. ihr Kind einen Laut, den es in der Therapie gelernt hat, auf einmal in allen möglichen Wörtern einsetzt, das Wort aufgreifen und noch einmal korrekt aussprechen und sich darüber freuen, dass das Kind einen Entwicklungsschritt vollzogen hat.
#Fazit
Eine Sprachentwicklungsstörung (SES) zeigt sich in der Kommunikation und auf Laut-, Wort- und/oder Satzebene. Dabei kann sowohl das Sprachverständnis als auch die Sprachproduktion betroffen sein, wobei je nach Art und Schweregrad der Störung die alltägliche Kommunikation in und außerhalb der Familie beeinträchtigt ist. Je nach Veranlagung des Kindes kann eine SES sich auf das Verhalten des Kindes nachteilig auswirken. Eltern, die sich Sorgen wegen der sprachlichen Entwicklung ihres Kindes machen, sollten den AKinderarzt oder eine Beratungsstelle aufsuchen, damit frühzeitig festgestellt werden kann, ob eine Entwicklungsstörung vorliegt oder nicht und welche Maßnahmen getroffen werden sollten, um die Entwicklung des Kindes optimal zu unterstützen.
Dietlinde Schrey-Dern, Aachen