Aktuelle Dermatologie 2010; 36(8/09): 316-319
DOI: 10.1055/s-0029-1244234
Kasuistik

© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Kutane Leishmaniase der Alten Welt nach Spanienaufenthalt

Lokaltherapie mit intraläsionalem Glucantine und Paromomycin-SalbeCutaneous Leishmaniasis of the Old WorldK.  Feise1 , C.  Müllerschön1 , C.  Steigleder1 , J.  Keller1
  • 1Klinik für Dermatologie, Phlebologie und Ästhetische Chirurgie, Klinikum Stuttgart
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Dr. K. Feise

Klinik für Dermatologie, Phlebologie und Ästhetische Chirurgie
Klinikum Stuttgart

Prießnitzweg 24
70374 Stuttgart

Email: konstantin_feise@yahoo.com

Publication History

Publication Date:
18 June 2010 (online)

Table of Contents #

Zusammenfassung

Die kutane Leishmaniase der Alten Welt kommt endemisch im Mittelmeerraum vor und weist eine steigende Inzidenz auf. Oft kommt es durch diagnostisch schwierige Verläufe zu einer Therapieverschleppung. Wir berichten über einen 27-jährigen Patienten mit kutaner Leishmaniase der Nase nach Spanienaufenthalt. Nach langwieriger Diagnostik konnte die Therapie mit intraläsionalen Injektionen von Meglumin-Animonat in Kombination mit topischem Paromomycin erfolgreich durchgeführt werden.

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Abstract

Cutaneous leishmaniasis of the old world is endemic in the Mediterranean area and shows a raising incidence. Due to diagnostically difficult courses it might come to delayed therapies. We report on a 27 year old male patient with a cutaneous leishmaniasis of the nose after a stay in Spain. After long-winded diagnostics, a therapy with intralesional meglumine antimonite injections and topical paromomycin was successful.

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Anamnese

Der 27-jährige Patient stellte sich mit einer seit ca. 2 Monaten bestehenden Ulzeration im Bereich des Nasenrückens mit erythematösem Randsaum vor. Seit 3 Tagen Kopfschmerzen. Externe Therapie bei Verdacht auf einen Furunkel mit teerhaltigen Salben sine effectu. Keine Vorerkrankungen, keine Medikamenteneinnahme. Auslandsaufenthalte in Italien/Apulien, Spanien/Katalonien und auf Malta während der letzten Monate.

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Befund

Klinischer Befund. Am Nasenrücken zeigte sich eine unscharf begrenzte, 1,8 × 2 cm große Ulzeration mit erythematösem Randsaum (siehe [Abb. 1]).

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Abb. 1 Initialbefund.

Histologie. Erste Biopsie: Erosion der Epidermis. Korial perifollikuläres Infiltrat aus Lymphozyten, Plasmazellen, Makrophagen, stellenweise granulomatös mit kleineren Einschmelzungen. In der Giemsa-Färbung keine Donovankörperchen (Leishmanien-Körperchen) nachweisbar. PAS-Färbung, Ziehl-Neelson unauffällig.

In der Kontrollbiopsie konnte in der Übersicht ein diffuses, angedeutet knotiges, gemischtzelliges Infiltrat mit granulomatöser Entzündungsreaktion nachgewiesen werden (siehe [Abb. 2]).

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Abb. 2 Histologische Übersicht.

In der Vergrößerung sah man ein dichtes makrophagenreiches, entzündliches Infiltrat mit Plasmazellen. Zahlreiche Amastigoten (Donovan-Körperchen) in den Makrophagen (siehe [Abb. 3]).

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Abb. 3 Histologie Detail.

Die molekularbiologischen Untersuchungen auf Strepotokokken-, Staphylokokken-, Pseudomonas-, HSV I-/II-, Varizella-Zoster-Virus-, Mykobakterien- und Borrelien-DNA in der PCR waren negativ. Trotz des eindeutigen konventionell histologischen Nachweises von Leishmanien gelang zweimalig keine Isolierung von Leishmanien-DNA in der PCR.

Labor. Anti-Streptolysin 562 U/ml (Referenzwert < 200), ansonsten biochemisches Serumprofil mit Blutbild, TSH basal, CRP, Anti-Streptodornase, Anti-Staphylolysin-Titer, Angiotensin I-Converting Enzyme und HIV normwertig. T-Spot-Test auf M. tuberculosis spez. T-Zellen negativ.

Mikrobiologie. Im Nasenabstrich vereinzelt Serratia macescens. Im Wundabstrich kein Wachstum von Bakterien und Pilzen.

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Diagnose

Kutane Leishmaniase (der Alten Welt), am wahrscheinlichsten erworben während eines Auslandsaufenthaltes in der Nähe von Barcelona.

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Therapie und Verlauf

Die initiale Therapie erfolgte bei Verdacht auf eine bakterielle einschmelzende Perifollikulitis mit sekundärem Erysipel zunächst antibiotisch mit Penicillin G per os, später bei fehlendem Ansprechen mittels Rocephin und Ciprobay intravenös. Darunter keine eindeutige Befundverbesserung. Die erste Gewebeprobe erbrachte keine weiteren Hinweise.

Im Verlauf Durchführung einer zweiten Probebiopsie mit Nachweis einer granulomatösen Entzündungsreaktion mit Donovan-Körperchen/Amastigoten. Somit Diagnose einer kutanen Leishmaniase der Alten Welt.

Therapiebeginn mit Meglumin-Antimonat (Glucantime®) zweimal/Woche 3 – 4 ml intraläsional inklusive Ulkusrand für 4 Wochen, danach einmal wöchentlich für weitere 2 Wochen. Zudem topisch zweimal täglich Paromomycin, ein Aminoglykosid, über 8 Wochen (Rezeptur: Paromomycinsulfat 15,0, Urea pura 10,0, Vaselinum album ad 100,0 – Fertigpräparat aus Israel in Deutschland nicht erhältlich!).

Anfänglich kam es unter der Lokaltherapie zu einer irritativ-toxischen Hautreaktion auf Paromomycin (siehe [Abb. 4]). Diese bildete sich bereits während der fortlaufenden Therapie zurück. Nach 4 Wochen deutlicher Therapieeffekt mit beginnender Abheilung der Ulzeration, nach sechs Wochen Rückbildung der infiltrationsbedingten Schwellung ([Abb. 5]). Drei Monate nach Therapiebeginn zeigte sich ein komplett abgeheilter Befund (siehe [Abb. 6]).

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Abb. 4 2 Wochen nach Therapiebeginn.

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Abb. 5 6 Wochen nach Therapiebeginn.

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Abb. 6 Therapieende.

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Diskussion

Die kutane Leishmaniase der Alten Welt ist eine Anthropozoonose, welche durch L. major, L. tropica, L. aethiopica und L. infantum verursacht wird. Die Übertragung erfolgt durch den Stich weiblicher Sandmücken vornehmlich in der Abenddämmerung und nachts an unbekleideten Arealen. Endemiegebiet stellt neben dem vorderasiatischen Raum der komplette Mittelmeerraum bis in die Sahelzone dar. Hunde, Füchse, Schakale, Ratten, Klippspringer, Felsenklippschliefer stellen je nach Leishmanienstamm das Reservoir. Nur eine geringe Anzahl der Infektionen führt zu einer manifesten Erkrankung. Nach Abheilen der Läsion besteht im Allgemeinen eine mehrjährige Immunität gegen die auslösende Spezies [8].

Die Inkubationszeit beträgt 1 – 12 Wochen [4]. Danach kommt es zu einer roten Papel, die zu einem Knoten oder einer Plaque heranwächst und ulzerieren kann. Eine spontane Ausheilung stellt sich oft nach mehreren Monaten bis 2 Jahren ein. Diese sollte bei kosmetisch bedeutsamen Lokalisationen (z. B. fazial) jedoch nicht abgewartet werden, um die Narbenbildung zu minimieren [4].

Diagnostisch sollte eine Probebiopsie aus dem Randwall der Läsion – nicht dem Ulkusgrund – erfolgen, wenn möglich mit PCR auf leishmanienspezifische DNS. Alternativ kann ein Ausstrich versucht werden (Färbung nach Romanowsky: Giemsa, Field, Leishman, Wright). Allerdings ist der Nachweis von Parasiten abhängig vom Alter der Infektion, Immunitätslage und Immunantwort des Wirtes, stattgehabter Sekundärinfektion sowie erfolgter Anbehandlung. Spezifische Serumantikörper sind in der Regel nur in geringer Konzentration nachweisbar [8].

In der Literatur findet man eine Vielzahl an Therapiemöglichkeiten. Die pentavalenten Antimone Natrium-Stibogluconat und Meglumin-Antimonat stellen die Therapie der 1. Wahl dar [2] [3] [6] [9] [11] und weisen Erfolgsraten von bis zu 92 % auf [13]. Beide Verbindungen haben die gleiche Effektivität und das gleiche Nebenwirkungsprofil [13]. Die systemische Applikation weist bei stärkeren Nebenwirkungsraten [4] und diversen Kontraindikationen (kardiologische Vorerkrankungen, Niereninsuffizienz, Schwangerschaft und Stillzeit) keine höhere Effektivität im Vergleich zur intraläsionalen Therapie auf [1] [5]. Wichtig ist hierbei, die komplette Läsion zu unterspritzen (auch periläsional) [2] [13]. Ausschließliche Injektionen in den Ulkusgrund führen zu keiner Abheilung. Systemische Nebenwirkungen treten hierbei selten auf [2] [12], jedoch können die intrafokalen Injektionen schmerzhaft sein.

Alternativ [7] oder aufgrund der beschriebenen Antimonresistenzen [13] zusätzlich ist eine Lokaltherapie mit Paromomycin 15 % zweimal täglich möglich [9] [10]. Nach mehrwöchiger Anwendung liegt die Heilungsrate bei ca. 75 %. Bei kleinen Läsionen kann alternativ eine Exzision durchgeführt werden, bei gering oder nicht exulzerierten Formen eine Kryotherapie. Besonders auf dem indischen Subkontinent ist eine systemische Therapie mit Dapson 200 mg/Tag 6 Wochen sowie Ketokonazol 600 mg/Tag 4 Wochen erfolgreich [13].

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Fazit für die Praxis

Die kutane Leishmaniase verzeichnet bei zunehmender Anzahl an Reisen in die Tropen/Subtropen eine steigende Inzidenz. Auch bei Reisenden in den Mittelmeerraum sollte gemäß dem Endemiegebiet differenzialdiagnostisch eine kutane Leishmaniase bedacht werden. Die Lokaltherapie mit Meglumin-Antimonat und Paromomycin stellt eine adäquate, ambulant durchführbare und sichere Therapie dar. Wichtig ist die ausreichende intra- bzw. periläsionale Applikaton der Injektionen. Eine irritativ-toxische Reaktion auf Paromomycin zu Beginn der Therapie kann vorkommen.

Interessenkonflikt: Der Autor gibt an, dass kein Interessenkonflikt besteht.

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Literatur

  • 1 Alkhawajah A M, Larbi E, al-Gindan Y, Abahussein A, Jain S. Treatment of cutaneous leishmaniasis with antimony: intramuscular versus intralesional administration.  Ann Trop Med Parasitol. 1997;  91 899-905
  • 2 Aste N, Pau M, Ferreli C, Biggio P. Intralesional treatment of cutaneous leishmaniasis with meglumine antimoniate.  Br J Dermatol. 1998;  138 370-371
  • 3 Davidson R N. Practical guide for the treatment of Leishmaniasis.  Drugs. 1998;  56 1009-1018
  • 4 Enk C D, Gardlo K, Hochberg M, Ingber A, Ruzicka T. Kutane Leishmaniose.  Hautarzt. 2003;  54 506-512
  • 5 Faris R M, Jarallah J S, Khoja T A, al-Yamani M J. Intralesional treatment of cutaneous leishmaniasis with sodium stibogluconate antimony.  Int J Dermatol. 1993;  32 610-612
  • 6 Firdous R, Yasinzai M, Ranja K. Efficacy of glucantime in the treatment of Old World cutaneous leishmaniasis.  Int J Dermatol. 2009;  48 758-762
  • 7 Flaig M J, Rupec J, Ruzicka T, Rupec R A. Topische Therapie einer persistierenden kutanen Leishmaniase mit Paromomycin.  Hautarzt. 2007;  58 689-692
  • 8 Harms-Zwingenberger G, Bienzle U. Leishmaniosen.  In: Lang W, Löscher T (Hrsg). Tropenmedizin in Klinik und Praxis. Stuttgart; Thieme 2000: 37-49
  • 9 Hepburn N C. Cutaneous leishmaniasis.  Clin Exp Dermatol. 2001;  25 363-370
  • 10 Iraji F, Sadeghinia A. Efficacy of paromomycin ointment in the treatment of cutaneous leishmaniasis: results of a double-blind, randomized trial in Isfahan, Iran.  Ann Trop Med Parasitol. 2005;  99 3-9
  • 11 Lee S A, Hasbun R. Therapy of cutanous leichmaniasis.  Int J Infect Dis. 2003;  7 86-93
  • 12 Masmoudi A, Maalej N, Boudaya S, Turki H, Zahaf A. Adverse effects of intralesional Glucantime in the treatment of cutaneous leishmaniasis.  Med Mal Infedt. 2006;  36 226-228
  • 13 S 1 Leitlinien „Diagnostik und Therapie der kutanen und mukokutanen Leishmaniasis in Deutschland” der Deutschen Gesellschaft für Tropenmedizin und Internationale Gesundheit (DTG), der Paul-Ehrlich-Gesellschaft für Chemotherapie (PEG) und der Deutschen Dermatologischen Gesellschaft (DDG): . http://www.dtg.org/uploads/media/Leitlinie_Leishmaniasis.pdf

Dr. K. Feise

Klinik für Dermatologie, Phlebologie und Ästhetische Chirurgie
Klinikum Stuttgart

Prießnitzweg 24
70374 Stuttgart

Email: konstantin_feise@yahoo.com

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Literatur

  • 1 Alkhawajah A M, Larbi E, al-Gindan Y, Abahussein A, Jain S. Treatment of cutaneous leishmaniasis with antimony: intramuscular versus intralesional administration.  Ann Trop Med Parasitol. 1997;  91 899-905
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  • 12 Masmoudi A, Maalej N, Boudaya S, Turki H, Zahaf A. Adverse effects of intralesional Glucantime in the treatment of cutaneous leishmaniasis.  Med Mal Infedt. 2006;  36 226-228
  • 13 S 1 Leitlinien „Diagnostik und Therapie der kutanen und mukokutanen Leishmaniasis in Deutschland” der Deutschen Gesellschaft für Tropenmedizin und Internationale Gesundheit (DTG), der Paul-Ehrlich-Gesellschaft für Chemotherapie (PEG) und der Deutschen Dermatologischen Gesellschaft (DDG): . http://www.dtg.org/uploads/media/Leitlinie_Leishmaniasis.pdf

Dr. K. Feise

Klinik für Dermatologie, Phlebologie und Ästhetische Chirurgie
Klinikum Stuttgart

Prießnitzweg 24
70374 Stuttgart

Email: konstantin_feise@yahoo.com

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Abb. 1 Initialbefund.

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Abb. 2 Histologische Übersicht.

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Abb. 3 Histologie Detail.

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Abb. 4 2 Wochen nach Therapiebeginn.

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Abb. 5 6 Wochen nach Therapiebeginn.

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Abb. 6 Therapieende.