Einleitung
Einleitung
Es sollen im Folgenden beispielhaft verschiedene Indikationen für den Einsatz der
Kryoextraktion zur raschen Atemwegsrekanalisation präsentiert werden. Andere Verfahren
mit Soforteffekt wie Laser, Argon-Plasma-Koagulation, Schlinge, Microdebrider, Zange
oder Absaugung verfügen über ein schmaleres Indikationsspektrum. Es wird zudem auf
die hohe diagnostische Wertigkeit der Kryobiopsie hingewiesen.
Fall 1
Fall 1
Eine 71-jährige Frau mit allergischer bronchopulmonaler Aspergillose wurde mit Dyspnoe,
einer Hypoxämie und radiologisch einer subtotalen linksseitigen Atelektase vorgestellt.
Bronchoskopisch wurde über das starre Bronchoskop das flexible Bronchoskop vorgeschoben.
Das linke Bronchialsystem war bis in den Hauptbronchus hinein mit grauem, kautschukartigem
Sekret ausgekleidet, das auch durch Einführen eines großlumigen Absaugschlauches nicht
zu mobilisieren war. Über den Arbeitskanal des Fiberskops wurde eine Kryosonde mit
einem Durchmesser von 2,4 mm vorgeschoben und innerhalb von 3 – 5 Minuten konnten
die bolusartigen Schleimkondensate im Sinne einer mucoid impaction in mehreren Einzelschritten
extrahiert werden. Dabei wurde folgende Technik angewandt: Die Sondenspitze wurde
in den Mukussee getaucht, unter Kälteapplikation hin und her bewegt und mit dem anhaftenden
Schleimballen zusammen mit dem flexiblen Bronchoskop entfernt ([Abb. 1]). Im Verlauf der folgenden Wochen war unter Kortikosteroid-Therapie keine endoskopische
Intervention mehr notwendig.
Abb. 1 Linker Hauptbronchus. Anhaften von Mucus am distalen Ende der Kryosonde. Zur Kälteapplikation
wird mit hohem Druck CO2 durch den zentralen Gaskanal der Sonde gepresst. Beim Austritt des Gases an der Sondenspitze
entstehen Temperaturen bis zu – 50 ° C.
Fall 2
Fall 2
Ein 76 Jahre alter Mann, der einen seit mehr als 4 Wochen bestehenden Husten beklagte,
zeigte im endoskopischen Bild einen im rechten Hauptbronchus befindlichen Fremdkörper
sowie ausgeprägt entzündliche Schleimhautveränderungen. Im Rahmen der durchgeführten
starren Bronchoskopie misslang ein Greifen mit der Fremdkörperfasszange, weil die
Branchen der Zange nicht zwischen Fremdkörper und Bronchialwand plaziert werden konnten.
Nach Vorspiegeln mit dem Fiberskop wurde das distale Ende der flexiblen Kältesonde
in Kontakt mit dem Fremdkörper gebracht, dieser angefroren und mobilisiert. Aufgrund
seiner Größe konnte der Fremdkörper nicht in das starre Bronchoskop (Innendurchmesser
12,0 mm) hineingezogen werden, eine Entfernung durch die Stimmritze zusammen mit diesem
war aber problemlos möglich. Histologisch handelte es sich um ein teilweise nekrotisches
Knochenfragment mit granulozytärer Überlagerung sowie Fibrinkondensat mit Plattenepitheleinschlüssen.
Fall 3
Fall 3
Es wurde ein 50-jähriger Patient nach Langzeitbeatmung über ein dilatativ angelegtes
Tracheostoma vorgestellt zur Entfernung der Trachealkanüle. Endoskopisch fand sich
eine subglottische Stenose mit von ventral sich vorwölbendem Granulationsgewebe und
mäßiger trachealer Instabilität ([Abb. 2 a]).
Abb. 2 a Endoskopischer Blick auf die subglottische Region mit Bildung von Granulationsgewebe.
Die einliegende Trachealkanüle ist nicht sichtbar. b Identische Einstellung nach Kryoextraktion. Das Granulationsgewebe wurde komplett
entfernt. Die Trachealkanüle ist wieder sichtbar.
Nach Dekanülierung und Verschluss des Tracheostomas trat ein ausgeprägter Stridor
auf. Es erfolgte das Wiedereinlegen der Trachealkanüle und die Abtragung des Granulationsgewebes
durch Kryoextraktion. Dazu wurde zusätzlich ein Tracheoskop subglottisch plaziert
und das Granulationsgewebe in 5 Teilstücken entfernt ([Abb. 2 b]). Die Dauer der Prozedur betrug 15 Minuten. Eine Argon-Plasma-Koagulation zur Blutungsstillung
war nicht notwendig. Nach erneuter Dekanülierung war der Patient klinisch unauffällig.
Auf ein thermisches Verfahren zur Gewebeabtragung suprastomal wurde verzichtet, um
das Risiko einer Trachealwandschädigung sowie einer Trachealkanülenbeschädigung zu
minimieren.
Fall 4
Fall 4
Ein 66 Jahre alter Patient kam zur stationären Aufnahme mit Ruhedyspnoe und radiologisch
einer Totalatelektase links. Der bronchoskopische Befund erbrachte einen linksseitigen
Hauptbronchusverschluss, eine hochgradige Trachealstenose des unteren Trachealdrittels
([Abb. 3 a]) und eine hochgradige Hauptbronchusstenose rechts bis cranial des Abganges des rechten
Oberlappenbronchus durch exophytisches Tumorwachstum.
Abb. 3 a Blick auf die distale Trachea. Karzinosarkom mit Trachealstenose. Mit der Entfernung
des Fremdgewebes wurde bereits begonnen. b Nach Rekanalisation noch flaches Tumorwachstum, vor allen Dingen an der Hauptbifurkation,
in der dorsalen Trachea und im linken Hauptbronchus medial.
Es wurden sowohl Zangen- als auch Kryobiopsate entnommen, sodann in der Kombination
aus starrer und flexibler Bronchoskopie mit der flexiblen Sonde Kryoextraktionen durchgeführt.
Die daraufhin erfolgte Computertomographie des Thorax ergab einen Normalbefund. Endoskopisch
war lediglich noch flach exophytisches Tumorwachstum sichtbar ([Abb. 3 b]). Die Rekanalisation dauerte 35 Minuten. Es trat keine Blutung auf, die eine Argon-Plasma-Koagulation
notwendig gemacht hätte. Die Zangenbiopsate erbrachten den Befund eines Lungenkarzinoms
mit herdförmig neuroendokriner Differenzierung. Die Kryobiopsate ergaben den Befund
eines Karzinosarkoms.
Diskussion
Diskussion
Die vorliegenden Fälle zeigen für unterschiedliche Formen der Atemwegsverlegung die
Möglichkeit der Rekanalisation mittels Kryoextraktion. Im Vergleich zum Laser besteht
bei Gewebeentfernung nicht die Notwendigkeit einer clean-up Bronchoskopie, ohne Risiko
können hohe Sauerstoffkonzentrationen verabreicht werden und die Gefahr einer Schädigung
von Knorpel als bradytrophem Gewebe ist gering [1]
[2]. Darüber hinaus handelt es sich um ein sehr kostengünstiges Verfahren, das gesamte
System ist für rund 7000 EUR zu erwerben. Ein Nachteil ist, dass die Kältesonde nicht
mit dem anhaftenden Gewebestück durch den Arbeitskanal des Fiberskopes gezogen werden
kann, weshalb ein Vorspiegeln über ein starres Bronchoskop oder einen Tubus notwendig
ist.
Das Anhaften an der Kryosonde ist vom Wassergehalt der Zielstruktur abhängig [3]. Daher ist eine Extraktion von Mukus mit dieser Methode sehr leicht möglich. Fremdkörper
aber können in der Regel nur entfernt werden, wenn ihnen durch eine entzündliche Reaktion
Gewebe anhaftet.
Das Verfahren der Kryobiopsie liefert im Vergleich zur Zangenbiopsie relativ große
Biopsate [4], zudem finden sich keine Quetschartefakte [5]
[6]. Hierdurch ist die gelungene histologische Diagnose eines pulmonalen Karzinosarkoms
zu erklären. Denn normalerweise enthalten präoperative Biopsate dieses seltenen Tumors
lediglich epitheliale Anteile [7].
Interessenkonflikte
Interessenkonflikte
Die Datenerhebung zu der in Lung 2009 publizierten Studie „Experimental study on biopsy
sampling using new flexible cryoprobes: influence of activation time, probe size,
tissue consistency, and contact pressure of the probe on the size of the biopsy specimen”
erfolgte in Zusammenarbeit zwischen Dr. Karl-Josef Franke, Dr. Georg Nilius und Professor
Dr. Karl-Heinz Rühle mit Frau Dr. Szyrach und Herrn PD Dr. Enderle der Abteilung Forschung
der Firma Erbe Elektromedizin GmbH. Finanzielle oder Zuwendungen anderer Art fanden
nicht statt.