Intensivmedizin up2date 2010; 6(1): 65-77
DOI: 10.1055/s-0029-1243811
Operative Intensivmedizin

© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Ogilvie-Syndrom – akute idiopathische Kolondilatation

Johanna  Kirchberg, Katja  Ott, Markus  W.  Büchler
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Publikationsdatum:
09. Februar 2010 (online)

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Kernaussagen

Auch nach abdomenfernen Operationen muss man bei einer abdominellen Distension an die seltene Diagnose „Ogilvie-Syndrom” denken und eine entsprechende Diagnostik durchführen. Bei bestätigtem Verdacht werden zunächst konservative Therapiemaßnahmen eingeleitet. Deren Erfolg muss engmaschig im interdisziplinären Team unter Einbeziehung eines Viszeralchirurgen beurteilt werden, um beim Versagen der konservativen Maßnahmen oder dem Auftreten von Komplikationen den optimalen Operationszeitpunkt nicht zu verpassen.

Für den Viszeralchirurgen ist es wichtig, das klinische Bild des Ogilvie-Syndrom nicht mit dem häufigen und in aller Regel selbstlimitierenden postoperativen Ileus nach abdominellen oder retroperitonealen Operationen zu verwechseln.

Die Primärmaßnahmen wie Flüssigkeitszufuhr, Legen einer Magensonde und Einläufe sind bei beiden Krankheitsbildern zunächst dieselben. Während der postoperative Ileus jedoch unter diesen Maßnahmen einen stabilen und schließlich regredienten Verlauf nimmt, ist beim Ogilvie-Syndrom die Gefahr der Progression zur Kolonischämie, Perforation, Peritonitis und zum Vollbild der Sepsis hoch.

Neben den Allgemeinmaßnahmen sind medikamentöse und schließlich endoskopische Therapieversuche indiziert. Ist die konservative Therapie erfolglos oder kommt es zu Komplikationen wie Ischämie, Perforation und Peritonitis, so ist die Indikation zur Operation zu stellen. Der optimale Operationszeitpunkt ist schwer festzulegen. Wird die Operationsindikation ohne vorherige konservative Therapiemaßnahmen zu früh gestellt, setzt man den Patient unnötig dem Risiko eines operativen Eingriffs aus. Stellt man die Indikation dagegen zu spät – also beim bereits septischen Patienten oder bei ausgedehnter Kolonischämie, Perforation oder Peritonitis – dann ist die Letalität deutlich erhöht. Evidenzbasierte Entscheidungshilfen zur Operationsindikation beim Ogilvie-Syndrom gibt es nicht. Wichtiges Kriterium bei der Entscheidung ist neben Klinik, Laborparametern und dem Durchmesser des dilatierten Kolons die klinische Erfahrung des Arztes.

Literatur

Johanna Kirchberg

Klinik für Allgemein-, Viszeral- und Transplantationschirurgie
Universitätsklinikum Heidelberg

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69120 Heidelberg

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