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DOI: 10.1055/s-0029-1243477
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart ˙ New York
Schlaganfalltherapie - Neuroradiologen fordern effektiveres Vorgehen mit Einsatz von Kathetern und Stents
Publication History
Publication Date:
01 December 2009 (online)


Bild: MEV: nachgestellte Szene
Die Thrombolyse, kurz Lyse, sorgt nach einem Schlaganfall dafür, dass sich Blutgerinnsel im Gehirn auflösen. "Der größte Teil der Schlaganfallpatienten kann jedoch gar nicht mit der Lyse behandelt werden", berichtete Prof. Rüdiger von Kummer, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Neuroradiologie auf der 44. Jahrestagung seiner Gesellschaft, der neuroRAD.
Hierfür gebe es vielfältige Gründe: Oft erreichen Betroffene die Klinik erst nach viereinhalb Stunden - dem Zeitfenster, in dem die Thrombolyse wirkt. In anderen Fällen hat eine Hirnblutung den Schlaganfall ausgelöst oder kann nicht ausgeschlossen werden, da kein Computer- oder Magnetresonanztomograf zur Verfügung steht. Auch hier hilft eine Lysetherapie nicht, da sie die Blutung verstärken würde.
#Infusionsbehandlung allein hilft nur wenigen
Aber auch bei den Patienten, die heute eine Lysetherapie erhalten, bleibt der Erfolg in den meisten Fällen aus. "Der Anteil der Patienten, die dann wirklich einen Nutzen aus der Lysetherapie ziehen, liegt bei maximal 13 %", sagte von Kummer [1]. "Unter den 87 %, die leer ausgehen, sind glücklicherweise zwischen 25 und 45 %, die die Behandlung nicht nötig haben und sich spontan bessern. Doch was ist mit den verbleibenden Patienten?".
Generell zeige eine Lysetherapie nur eine kurzzeitige Wirkung, wenn der Gefäßverschluss durch eine Arteriosklerose hervorgerufen wurde. "Da hat sich dann noch ein kleiner Thrombus draufgesetzt. Diesen kann man mit einer Lysetherapie vielleicht kurzfristig auflösen. Allerdings wird sich das Gefäß sehr schnell wieder verschließen", erklärte von Kummer. Deshalb sollte bei diesen Patienten neben der Lyse auch eine Gefäßerweiterung per Katheter durchgeführt werden - eventuell auch zusätzlich unterstützt durch einen Stent. Damit lässt sich die Rekanalisationsrate im Vergleich zur reinen Lyse verdoppeln. Bei der Behandlung des Herzinfarkts ist eine solche invasive Vorgehensweise an den Herzkranzgefäßen seit Jahren üblich.
#Gefäßdiagnostik in den Vordergrund stellen
Welchen Patienten eine Katheterbehandlung helfen würde, lässt sich nach Auskunft des Neuroradiologen heute gut computer- und magnetresonanztomografisch feststellen. Im Vordergrund müsse hier allerdings die Gefäßdiagnostik stehen. "Die Ursache des Schlaganfalls sind Gefäßkrankheiten. Doch bislang hat man sich bei der Diagnostik viel zu sehr auf das Gehirn selbst konzentriert und die Gefäße vernachlässigt", erklärte von Kummer.
Viele Kliniken seien in der Lage, Diagnostik und Katheterbehandlung ohne große zeitliche Verzögerung durchzuführen. Bei einigen Patienten mit schweren Hirninfarkten müsse auch überlegt werden, ob eine Druckentlastung über die Öffnung der Schädeldecke sinnvoll sei. "Studien zeigen, dass dadurch eine weitere Ausdehnung des Infarkts verhindert und die Überlebensfähigkeit des Patienten gesteigert werden kann" berichtete von Kummer.
#Literatur
Literatur


Bild: MEV: nachgestellte Szene