Schamanenkliniken in Tyva – neue Wege alter Heiltraditionen

Im mit Eisenschellen bestückten Schamanenmantel und ausgerüstet mit Bärenkrallen und Heilkräutern behandeln die Schamanen in der schamanischen Poliklinik im sibirischen Tyva ihre Patienten. Diese kommen mit Depressionen, Eheproblemen oder lassen sogar ihre neuen Autos segnen. Die Ethnologin Ulrike Bohnet nimmt Sie mit auf eine Reise zu den Schamenenkliniken in Tyva und zeigt Ihnen das heutige Leben in dieser faszinierenden Medizinwelt.

Seit knapp zwei Jahrzehnten praktizieren bei einigen indigenen Bevölkerungsgruppen Sibiriens wieder Schamaninnen und Schamanen. Diese Wiederbelebung der während der Sowjetzeit unterdrückten Weltsicht knüpft an traditionelle Konzepte und Behandlungsweisen an, findet dabei aber auch neue Organisationsformen. So entstanden vor allem im südsibirischen Tyva kollektiv verwaltete Schamanenkliniken, in denen die Schamanen neben tradierten auch ganz neuartige Behandlungsweisen anbieten und sich zwischen Medizin, Magie und Management neu bewähren. Dabei gestalten sich Ablauf, Dauer und Art der Behandlung so individuell unterschiedlich, wie auch jeder Schamane ein eigenes Universum darstellt. Die Interaktion mit unterschiedlichen Anliegen und Nöten der Patienten erfordert ein weites Spektrum an Heilwissen und Methoden, um mit Menschenkenntnis und Hilfe der Geister eine zutreffende Diagnose und erfolgreiche Behandlung vornehmen zu können. Dabei spielen immer wieder rituelle Reinigungen von Menschen, Orten und Objekten sowie Gesänge, Anrufungen und Zwiegespräche eine wichtige Rolle.

Weiterführende Literatur

• 1 Bohnet U.. Magier, Mittler, Manager. In: Schamanen Sibiriens – Magier, Mittler, Heiler (Ausstellungskatalog). 2009
• 2 Rytcheu J.. Der letzte Schamane. Zürich; Unionsverlag 2002
• 3 Schenk A.. Der Gesang des Himmels. Galbe – Schamanin des Altai. Frankfurt a.M.; O.W. Barth 2007