Notfall & Hausarztmedizin 2009; 35(10): 506
DOI: 10.1055/s-0029-1242511
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Chronisch-obstruktive Lungenerkrankung - Protektive Therapieeffekte frühzeitig nutzen

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01 November 2009 (online)

 
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Wer noch immer davon ausgeht, dass die chronisch-obstruktive Lungenerkrankung (COPD) hauptsächlich ältere, männliche Raucher betrifft, irrt gewaltig. "Die Realität sieht inzwischen ganz anders aus", betonte Dr. Alan Kaplan, Ontario (Kanada). " Die Zahl der Frauen mit COPD steigt exponentiell. Tatsächlich werden Sie heute sogar mehr junge Frauen als Männer mit dieser Diagnose in Ihrer Praxis sehen."

Falsch sei darüber hinaus auch die Annahme, dass eine Behandlung früher Stadien der Erkrankung wenig Erfolg verspricht. "Schon in frühen Stadien gibt es viel, was Sie für die Betroffenen tun können, auch für Raucher", stimmte Prof. Roland Buhl, Mainz, zu. Die Patienten profitieren durchaus von einer frühzeitigen Therapie.

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Frühzeitige Dauertherapie mit signifikanten Vorteilen assoziiert

Bis vor Kurzem war die wissenschaftliche Basis für eine solche Empfehlung eher "dünn", meinte Buhl. Dies aber hat sich aber mit den Ergebnissen der UPLIFT[1]-Studie [1] - eine langfristig angelegte, placebokontrollierte Untersuchung mit fast 6000 Patienten - geändert. Drei aktuelle präspezifzierte Subanalysen belegen jetzt einen signifikanten Effekt einer Behandlung von

  • COPD-Patienten unter 50 Jahren [2]

  • COPD-Patienten im GOLD[2]-Stadium II [3] sowie von

  • behandlungsnaiven COPD-Patienten [4]

mit einem lang wirksamen Bronchodilatator. "Alle 3 Subanalysen haben dieselbe Botschaft", fasste Buhl zusammen, "eine frühzeitige Behandlung der chronisch-obstruktiven Lungenerkrankung mit Tiotropium bringt signifikante Vorteile."

So verringerte sich beispielsweise bei den unter 50-Jährigen (n = 356) der Lungenfunktionsverlust im Verlauf der 4-jährigen Therapie mit Tiotropium im Vergleich zur Kontrollgruppe um 34 % (p < 0,05). Zudem sank das Risiko für eine akute Exazerbation der Erkrankung um 27 % (p = 0,02) [2].

Ähnlich gut schnitten auch Patienten mit einer noch als moderat geltenden Einschränkung ihrer Lungenfunktion (GOLD-Stadium II) ab. In dieser Subgruppenanalyse von UPLIFT mit 2739 Patienten [3] sank das Exazerbationsrisiko unter der Tiotropiumtherapie um 18 %, die Zahl der Exazerbationen verringerte sich um 20 % (p < 0,001). Zudem konnte in dieser Subgruppenanalyse die Gabe von Tiotropium die jährliche Abnahme der forcierten exspiratorischen Einsekundenkapazität (FEV1) im Vergleich zu Placebo deutlich verringern (43 versus 49 ml; p = 0,024) - ein anhaltender Effekt, wie Buhl betonte. "Auch am Ende der 4-jährigen Beobachtungszeit fühlten sich die mit Tiotropium behandelten Patienten noch besser als noch vor Beginn der Studie."

Die 810 therapienaiven Patienten der UPLIFT-Studie profitierten ebenfalls von der Applikation des Bronchodilatators [4]. Auch bei diesen Patienten verringerten sich der jährliche Verlust der Lungenfunktion und die jährliche Rate an Exazerbationen signifikant. Zudem verlängerte sich die Zeit bis zur ersten stationären Einweisung aufgrund einer akuten Exazerbation deutlich (43,3 versus 27,4 Monate, Odds Ratio 0,77; p = 0,01).

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Therapieeffekt scheint in frühen COPD-Stadien ausgeprägter zu sein

In der Gesamtpopulation von UPLIFT waren diese Therapieeffekte zwar zu sehen, allerdings verfehlte der primäre Endpunkt der Studie, der jährliche Verlust an der Lungenfunktion, das Signifikanzniveau. "Tiotropium hat zwar über die gesamte Studiendauer von 4 Jahren einen konstanten bronchodilatatorischen Effekt bewiesen, den Verlust der Lungenfunktion konnte man durch die Behandlung jedoch nicht aufhalten", meinte Buhl.

Eine mögliche Erklärung hierfür ist sicher, dass die Patienten im Kontrollarm - anders als in früheren COPD-Studien - mit einer suffizienten Basistherapie versorgt waren. Zudem jedoch könnte nach Ansicht Buhls die Lunge bei vielen Patienten schon zu stark geschädigt gewesen zu sein, sodass die Therapie im Gesamtkollektiv von UPLIFT ihr volles Potenzial nicht hatte ausspielen können.

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Voraussetzung: die frühe Diagnose!

Je früher ein COPD-Patient behandelt werden kann, desto größer ist also die Chance, seine Lungenfunktion möglichst lange zu erhalten. Hier ist der Hausarzt gefordert. In der Regel stellen sich COPD-Patienten bei ihm vor, wenn sie unter körperlicher Belastung zu schnell außer Atem kommen - ein erster diagnostischer Hinweis auf eine mögliche chronisch-obstruktive Lungenerkrankung, den es jedoch richtig zu interpretieren gilt. Demzufolge hat der Hausarzt bei der frühzeitigen, korrekten Diagnostik der Erkrankung eine Schlüsselfunktion. "Über 50 % der COPD-Patienten sind nicht diagnostiziert, und nur der Hausarzt hat die Chance, diese Rate zu verringern", so Prof. Otto Burghuber, Wien (Österreich).

Den sichersten diagnostischen Hinweis liefere zwar immer noch die Spirometrie in Kombination mit einer Auskultation der Lunge - was bereits ein Staging der Patienten ermöglicht. "Viel wichtiger ist aber zunächst, die richtigen Fragen zu stellen", meinte Burghuber. "Fragen Sie Ihren Patienten, ob er Raucher ist, ob er hustet, ob dieser Husten produktiv ist und ob er an Atemnot leidet", riet er. Auch die Frage nach dem Alter ist wichtig, solange man im Kopf behält, dass die chronisch-obstruktive Lungenerkrankung inzwischen zu einer Krankheit auch von jüngeren Patienten geworden ist.

sts

Quelle: Satellitensymposium "Insights on optimising COPD treatment", internationale Pressekonferenz "COPD: Improving patient outcomes in primary care" und Meet-the-Expert-Session, veranstaltet von Pfizer Inc., und der Boehringer Ingelheim GmbH, Ingelheim

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Literatur

  • 01 Tashkin DP . et al . N Engl J Med. 2008;  359 1543-1554
  • 02 Morice AH . et al . ERS. 2009;  P3801
  • 03 Decramer M . et al . Lancet. 2009;  374 1171-1178
  • 04 Troosters T . et al . ATS. 2009;  abstract A2467

01 Understanding Potential Long-term Impacts on Function with Tiotropium

02 Global Initiative for Chronic Obstructive Lung Disease

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Literatur

  • 01 Tashkin DP . et al . N Engl J Med. 2008;  359 1543-1554
  • 02 Morice AH . et al . ERS. 2009;  P3801
  • 03 Decramer M . et al . Lancet. 2009;  374 1171-1178
  • 04 Troosters T . et al . ATS. 2009;  abstract A2467

01 Understanding Potential Long-term Impacts on Function with Tiotropium

02 Global Initiative for Chronic Obstructive Lung Disease