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DOI: 10.1055/s-0029-1239626
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart ˙ New York
Schlafqualität physiologisch normalisieren - Was tun, wenn der Schlaf keine Erholung bringt?
Publication History
Publication Date:
11 September 2009 (online)
- Häufiges Problem mit schwerwiegenden Folgen
- Ersatz des endogenen Melatonins fördert den erholsamen Schlaf
- Erfahrungen aus der Praxis
"Das individuelle, genetisch determinierte Schlafmuster eines jeden Menschen prägt sich etwa um das 20. Lebensjahr aus und ändert sich dann nur noch relativ wenig", konstatierte Dr. Dieter Kunz, Berlin, im Rahmen des diesjährigen Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin (DGIM). So gebe es eben Menschen, die mit weniger Schlaf auskommen als andere. Generell gilt jedoch: Nur wer erholsam schläft, kann am nächsten Tag auch leistungsfähig sein. "Die moderne Insomnietherapie setzt Qualität vor Quantität", meinte Prof. Dieter Riemann, Freiburg.
#Häufiges Problem mit schwerwiegenden Folgen
Doch genau dies - nämlich erholsam schlafen - können viele Menschen nicht. Studienergebnissen zufolge klagen hierzulande 15-35 % der Bevölkerung über chronische Schlafstörungen, berichtete Kunz. In der Altersgruppe der über 55-Jährigen seien dies sogar 13-47 %.
Eine mögliche Ursache sind sekundäre Insomnien, die auf bestimmte Grunderkrankungen zurückzuführen sind. Häufiger jedoch sind primäre Insomnien. Für ihre Zunahme im Alter sind möglicherweise veränderte Lebensumstände mitverantwortlich (z. B. der Verlust des Partners oder der Wegfall der Tagesstruktur durch Berentung). Als weitere potenzielle Ursache für diese Form der häufig chronisch verlaufenden Schlafstörung diskutieren Experten derzeit unter anderem eine im Verlauf des Älterwerdens nachlassende Melatoninproduktion.
Dann reicht der nächtliche Melatoninanstieg nicht mehr aus, um das zirkadiane System, also die Innere Uhr, in Gang zu halten, indem er die MT1- und MT2-Rezeptoren vor allem im hypothalamischen Nucleus suprachiasmaticus aktiviert bzw. um den Abfall der Körperkerntemperatur, den stärksten bekannten Einschlafmechanismus, zu induzieren.
In letzter Zeit ist auch die Zirbeldrüse als Produktionsstätte des Melatonins in das Forschungsinteresse gerückt. "Je stärker das Corpus pineale verkalkt ist", erklärte Kunz, "desto mehr sind die Gesamtschlafdauer, der Anteil des REM-Schlafs und die Schlafeffizienz beeinträchtigt."
Auf die leichte Schulter nehmen sollte man chronische Schlafstörungen keinesfalls, denn der gestörte Schlaf selbst kann mit einem erhöhten Risiko für Folgeerkrankungen verbunden sein. Beispielsweise ist die Rate der Depressionen bei Insomniepatienten um das 4-Fache erhöht, Angsterkrankungen treten immerhin doppelt so häufig auf wie in Kontrollkollektiven. Neuere Daten legen zudem einen direkten Zusammenhang zwischen Schlafmangel und verschiedenen Stoffwechselstörungen nahe - wie zum Beispiel bei Übergewicht oder einem Diabetes mellitus.
#Ersatz des endogenen Melatonins fördert den erholsamen Schlaf
Aufgrund dieser drohenden Folgen sollten Menschen mit Schlafstörungen stets behandelt werden, forderte Prof. Göran Hajak, Regensburg. Kunz beklagte angesichts des verbreiteten Einsatzes von Benzodiazepinen: "Diese Substanzen induzieren keinen gesunden Schlaf." Sie könnten sich zum Beispiel auf die kognitive und die psychomotorische Leistung negativ auswirken.
Kunz stellte dem gegenüber den Einsatz von Melatonin-Rezeptor-Agonisten wie Circadin® als wichtige Therapiealternative vor. Circadin® ist zur kurzzeitigen Behandlung von Patienten ab 55 Jahren mit primärer Insomnie, die unter schlechter Schlafqualität leiden, zugelassen. Es wirkt als Taktgeber der Inneren Uhr, ohne die gesunde Schlafarchitektur - ein Wechselspiel zwischen Phasen des REM-Schlafs (REM = "rapid eye movement") und der für einen erholsamen Schlaf besonders wichtigen Tiefschlafphasen - zu beeinträchtigen. 1-2 Stunden vor dem Zubettgehen eingenommen, imitiert der Wirkstoff das nächtliche Sekretionsprofil des endogenen Neurohormons. Dieses Sekretionsprofil wird durch die retardierte Formulierung ermöglicht, die den Wirkstoff nach und nach freisetzt. Melatonin in unretardierter Form hat eine Halbwertszeit von 30-45 Minuten und kann damit keine suffiziente nächtliche Abdeckung gewährleisten (Abb. [1]).


Abb. 1 Melatoninspiegel nach der Gabe von retardiertem versus schnell freigesetztem Melatonin.
Die Studienergebnisse für das retardierte Melatonin sind überzeugend: "Nach einer 3-wöchigen Therapie verbesserten sich die Schlafqualität und die morgendliche Wachheit gegenüber Placebo signifikant", berichtete Hajak. In dieser Zulassungsstudie war die Responderrate unter Verum fast doppelt so hoch wie unter Placebo (47 versus 27 %). Dabei lag die Rate an Nebenwirkungen unter der Melatoninbehandlung auf Placeboniveau, ergänzte Kunz. Hinweise auf eine Abhängigkeit gibt es nicht, auch Kognition und Fahrtüchtigkeit bleiben erhalten.
#Erfahrungen aus der Praxis
In seiner Praxis hat Kunz bereits gute Erfahrungen mit der Behandlung seiner Insomniepatienten mit dem retardierten Melatonin gemacht. Seiner Erfahrung nach wirkt die Behandlung auch über die eigentliche Dauer der Applikation von Melatonin hinaus.
sts
Quelle: Satellitensymposium "Therapieziel: Erholsamer Schlaf" und Meet-the-Expert "Schlaflos im Alter - ein notwendiges Übel?", veranstaltet im Rahmen des 115. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin (DGIM) von der Lundbeck GmbH, Hamburg. Dieser Bericht entstand mit freundlicher Unterstützung der Lundbeck GmbH, Hamburg. Die Autorin, Stephanie Schikora (sts), ist Redakteurin im Karl Demeter Verlag im Georg Thieme Verlag KG, Stuttgart. |


Abb. 1 Melatoninspiegel nach der Gabe von retardiertem versus schnell freigesetztem Melatonin.