Gesundheitswesen 2009; 71(10): 656-662
DOI: 10.1055/s-0029-1239512
Originalarbeit

© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Screening des Entwicklungsstandes bei der Einschulungsuntersuchung: Validität der kognitiven Skalen des SOPESS

Social Pediatric Screening of Developmental Status for School Entry (SOPESS): Validity in the Cognitive DomainH.-C. Waldmann1 , M. Oldenhage1 , F. Petermann1 , M. Daseking1
  • 1Zentrum für Klinische Psychologie und Rehabilitation der Universität Bremen
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Publication Date:
02 November 2009 (online)

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Zusammenfassung

Das Sozialpädiatrische Entwicklungsscreening für Schuleingangsuntersuchungen (SOPESS) umfasst unter anderem die Merkmalsbereiche Visuomotorik, Selektive Aufmerksamkeit, Zahlen- und Mengenvorwissen sowie Visuelles Wahrnehmen und Schlussfolgern. Diese werden in verschiedenen Validierungsstudien zu inhaltlich entsprechenden Skalen etablierter psychometrischer Tests in Beziehung gesetzt. Neben der korrelativen Validierung erfolgt eine erste Bewertung der Screener-Performance (Sensitivität, Spezifität, prädiktive Werte). Das SOPESS weist für alle Merkmalsbereiche durchgängig sehr gute Spezifitäten auf und kann unauffällige Kinder sicher ausschließen. Eine leichte Neigung zu Falsch-Positiv-Beurteilungen ist im Anwendungsfeld des SOPESS zu tolerieren und könnte sich auch durch die herabgesetzte Reliabilität der Validierungstests im unteren Leistungsbereich erklärt werden.

Abstract

The newly developed social paediatric screening of developmental status for school entry (SOPESS) comprises assessments in visuomotor coordination, selective attention, precursors of number and set comprehension as well as visual cognition and reasoning. In various validation studies, these domains are correlated to coextensive scales of well-established psychometric instruments. In addition, a preliminary evaluation of screener performance in terms of sensitivity, specifity and predictive capability is given. The SOPESS features high speficity and results in reliable true negative findings. In the intended field of application, a mild proneness to false positive findings is tolerable, and may also be attributed to a limited reliability of the criteria instuments in the lower ranges of performance.

Literatur

Buchbesprechung

Der Patients’ Experience Questionnaire – Patientenerfahrungen vergleichbar machen

Christoph Gehrlach , Thomas Altenhöner und David Schwappach

(Hrsg.)

Verlag Bertelsmann-Stiftung: Gütersloh; 2009

Kartoniert, 227 Seiten

25,00 Euro

ISBN: 978-3-86793-021-5

Was ist Qualität im Gesundheitswesen? Und welche Rolle spielt die Sichtweise der Patienten bei der Frage nach der Qualität von gesundheitlichen Dienstleistungen? Ein Projektkonsortium von schweizerischen und deutschen Experten der Bertelsmann-Stiftung und des schweizerischen Vereins Outcome hat mit der strukturierten Entwicklung und Prüfung eines neuen, gestrafften Befragungsinstruments für Krankenhauspatienten zu diesen Fragen einen wichtigen Beitrag geliefert, der in dieser Publikation ausführlich und aus verschiedenen Perspektiven – von insgesamt mehr als 30 Autoren – dokumentiert und diskutiert wird. Dabei ist die Bedeutung der Patientenerfahrungen als Qualitätskriterium schon länger bekannt, noch hat diese Perspektive aber keinen Eingang z. B. in die strukturierte veröffentlichte Qualitätsberichterstattung von Krankenhäusern gefunden.

Ziel des Buches ist es, den Entwicklungsprozess des „Patients’ Experience Questionnaire” (PEQ) im Kontext von Ansätzen der Qualitätssicherung im Gesundheitswesen zu beschreiben und Grundlagen für die stärkere Berücksichtigung von Patientenerfahrungen im Qualitätsmanagement zu schaffen. Der „Patients’ Experience Questionnaire” ist ein nur 15 Fragen umfassendes standardisiertes und in ersten Pilotprojekten in der Schweiz und Deutschland validiertes Befragungsinstrument. Ausgangslage und Entwicklungsschritte bis zur Erstellung des endgültigen Fragebogens (einschließlich einer Version zum Einsatz in der Geburtshilfe) lassen sich anhand der informativen Darstellung der Autoren (Kapitel 2 und 3) gut nachvollziehen. Dabei ist besonders die Diskussion über die Verwendung integrierter versus einfacher Items aufschlussreich und anhand der Darstellung von Beispielen gut nachvollziehbar. Der endgültige Fragebogen wird als robustes Instrument mit guten psychometrischen Eigenschaften vorgestellt, wobei bei der Validierung gegen ausgewählte Skalen des Kölner Patientenfragebogens von Pfaff und Kollegen nicht alle PEQ-Items optimal mit den KPF-Skalen vergleichbar sind. Aussagen zur Diskriminationsfähigkeit des Instruments (z. B. zwischen Patientenkollektiven) können anhand der bisherigen Validierung noch nicht abschließend getroffen werden. Die Autoren betonen zu Recht, dass der Einsatz des kurzen PEQ detailliertere und gezieltere Befragungen mit anderen Instrumenten nicht ersetzen kann, stellen dagegen aber die Vorteile u. a. der Vergleichbarkeit von Befragungsergebnissen, die beim PEQ sogar direkte Vergleiche zwischen der Schweiz und Deutschland zulassen werden.

Besonders wertvoll für die Praxis ist dann das Kapitel 4, das die Einsatzmöglichkeiten des PEQ beschreibt. In beiden Ländern wird das Instrument kostenfrei zur Verfügung gestellt, die Befragungen müssen allerdings in Deutschland durch ein akkreditiertes Befragungsinstitut durchgeführt werden, damit sie Eingang in das Informationsportal „Weisse Liste” finden können. Zudem werden Hinweise gegeben, wie derartige Institute zu finden sind, sodass der praktische Einsatz des PEQ als unproblematisch umsetzbar erscheint. In der Schweiz führt primär der Verein Outcome die Befragungen durch. Abgerundet wird der Band durch ein „Perspektiven” – Kapitel, das die Bedeutung von Patientenerfahrungen als Qualitätsmesser und speziell des PEQ aus der Sicht verschiedener Akteure im Gesundheitswesen präsentiert. Einige dieser Beiträge, z. B. derjenige von Scheibler und Eyding zu wissenschaftlichen Grundlagen von Patientenbefragungen, hätten vermutlich besser an den Anfang des Buches gepasst.

Mit dem Wunsch, eine einheitliche und standardisiert beurteilbare Datenbasis bezüglich der Patientenerfahrungen im Gesundheitswesen zu schaffen, versuchen die Autoren einen Missstand im deutschen und schweizerischen Gesundheitssystem aufzugreifen. Der neue PEQ – Patientenfragebogen kann hierbei eine wichtige Funktion übernehmen. Kliniken werden sich vermutlich auf diese Form der Qualitätsbeurteilung besonders dann einlassen, wenn es gelingt, Verbesserungspotenziale zu ermitteln, ohne dass es zu einer „Abstrafung” weniger erfolgreicher Hospitäler kommt. Das vorliegende, auch für interessierte Laien gut lesbare Buch sollte auf den Tisch jedes Klinikmanagers, der sich für moderne und wissenschaftlich begründete, dabei unaufwändige Wege der patientenorientierten Qualitätsverbesserung interessiert. Zu hoffen ist, dass der eher hohe Kaufpreis des Buches seiner weiten Verbreitung nicht im Wege steht.

Hajo Zeeb und Desiree Debling, Mainz

Korrespondenzadresse

PD Dr. H.-C. Waldmann

Zentrum für Klinische Psychologie und Rehabilitation

Universität Bremen

Grazer Straße 6

26359 Bremen

Email: waldmann@samson.fire.uni-bremen.de