Psychiatr Prax 2010; 37(3): 134-141
DOI: 10.1055/s-0029-1223507
Originalarbeit

© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

„Ein Kind wäre schon ein Wunsch …” – Psychische Erkrankung und Kinderwunsch aus der subjektiven Sicht betroffener Frauen – Eine qualitative Untersuchung

Mentally Ill Women's Subjective Views on Desire for Children and Mental Illness – A Qualitative ApproachSilvia  Krumm1 , Reinhold  Kilian1 , Thomas  Becker1
  • 1Universitätsklinikum Ulm, Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie II, Bezirkskrankenhaus Günzburg
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Publikationsverlauf

Publikationsdatum:
25. März 2010 (online)

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Zusammenfassung

Anliegen Der Kinderwunsch psychisch kranker Frauen kann durch Risiken für die eigene Gesundheit und die psychosoziale Entwicklung des potenziellen Kindes beeinflusst sein. Zum Kinderwunsch und zum Umgang mit möglichen Problemen liegen keine Befunde vor. Methode Rekonstruktive Auswertung von 15 narrativ-biografischen Interviews mit psychisch kranken Frauen im Alter zwischen 26 und 42 Jahren. Ergebnisse / Schlussfolgerungen Der Kinderwunsch wird aufgrund der psychischen Erkrankung überwiegend problematisiert. Zentrale Dilemmata bestehen hinsichtlich der Medikamenteneinnahme während der Schwangerschaft sowie der eingeschränkten Fähigkeiten zur Berücksichtigung kindlicher Bedürfnisse. Weitere Belastungen ergeben sich aus dem Risiko der Weitergabe der psychischen Erkrankung an das Kind sowie der mangelnden Planbarkeit des Kinderwunsches. Individuelle Erfahrungen im Umgang mit der Erkrankung werden aber auch als Erziehungsressource wahrgenommen. Im Umgang mit dem Kinderwunsch lassen sich 3 Formen differenzieren: Ausschluss, Aufschub und Relativierung bzw. Vernachlässigung reproduktiver Risiken.

Abstract

Objective The desire for children among women with mental disorders may be influenced by the perception of reproductive risks for the person herself as well as for the potential child. There is a lack of research regarding the desire for children among this group. Methods 15 narrative-biographical interviews with women with mental illness aged 26–42 years. Verbatim transcripts were analyzed using a reconstructive approach. Results / Conclusions Desire for children is considered problematic by the women interviewed. Taking psychotropic drugs during pregnancy and limitations in parenting capabilities are described as dilemmata. Transmission of the mental disorder to the potential child and the limitations of planning motherhood are reported as further problems. However, individual experiences with mental disorder are also considered a parenting resource. Three different forms of coping were extracted: exclusion of motherhood, postponing motherhood, and neglecting reproductive risks.

Literatur

1 Personen mit Suchterkrankungen wurden aufgrund der zusätzlichen, möglicherweise gesondert zu behandelnden Problemdimensionen ausgeschlossen.

2 Seit 1999 werden im European Registry for Anticonvulsants in Pregnancy (EURAP) die prospektiven Verläufe von Schwangerschaften unter Antiepileptika erfasst (http://www.eurap.de/eurap.html).

Silvia Krumm, MA soz

Universitätsklinikum Ulm, Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie II, Bezirkskrankenhaus Günzburg

Ludwig-Heilmeyer-Straße 2

89312 Günzburg

eMail: silvia.krumm@bkh-guenzburg.de