Aktuelle Ernährungsmedizin 2009; 34(5): 226-233
DOI: 10.1055/s-0029-1220431
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© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Ernährungsintervention nach Schlaganfall

Nutrition Intervention in Stroke PatientsD.  Volkert1
  • 1Theo und Friedl Schöller-Stiftungsprofessur für Klinische Ernährung im Alter, Institut für Biomedizin des Alterns, Universität Erlangen-Nürnberg
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Publication Date:
07 September 2009 (online)

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Zusammenfassung

Schlaganfälle zählen zu den häufigsten Erkrankungen und Todesursachen in westlichen Ländern und sind die häufigste Ursache für bleibende Behinderungen und Pflegebedürftigkeit im Erwachsenenalter. Die mit der Krankheit einhergehenden neurologischen Ausfälle und einsetzenden Beschwerden sind von der betroffenen Hirnregion und vom Ausmaß der Schädigung abhängig und beeinträchtigen meist auch die Ernährung. Insbesondere Schluckstörungen (Dysphagien), aber auch Bewusstseins- und Bewegungseinschränkungen und Wahrnehmungsdefizite, kognitive Störungen und psychische Belastungen können zu Ess- und Trinkproblemen führen, und die Entstehung von Dehydration und Malnutrition begünstigen. Vorrangiges Ziel der Ernährungstherapie ist die Sicherstellung einer bedarfsgerechten Energie- und Nährstoffzufuhr, um Malnutrition und Dehydration zu vermeiden und durch Erhalt bzw. Verbesserung des Ernährungszustands die Rehabilitation optimal zu unterstützen. Art und Dauer der Ernährungsmaßnahmen sind in Abhängigkeit von den bestehenden Funktionseinschränkungen, vom Ernährungszustand und vorliegenden Begleiterkrankungen individuell festzulegen. Generell kommen alle Stufen der Ernährungstherapie infrage – von normaler oraler Ernährung über konsistenzmodifizierte Kostformen bis zur vollständigen enteralen oder auch parenteralen Ernährung. Da die orale Ernährung bei Schluckstörungen durch die bestehende Aspirationsgefahr lebensbedrohlich sein kann, muss vom erfahrenen Schlucktherapeuten sorgfältig geprüft werden, ob und welche Nahrungskonsistenzen gefahrlos geschluckt werden können. Ist die orale Ernährung nicht ausreichend oder gar nicht möglich, muss die Nährstoffzufuhr auf enteralem Weg durch Trink- und / oder Sondennahrung sichergestellt werden. Neben den direkten Ernährungsmaßnahmen benötigen viele Schlaganfallpatienten pflegerische Unterstützung beim Essen und rehabilitative Maßnahmen, um die selbstständige Ernährung wieder zu ermöglichen. Ernährungstherapie kann bei Schlaganfallpatienten somit nur durch enge interdisziplinäre Zusammenarbeit gelingen. Aufgrund der oft anhaltenden Ernährungsprobleme sollte die Ernährungssituation auch nach der Entlassung kontinuierlich überwacht und Ernährungsmaßnahmen gegebenenfalls angepasst werden. Ob Schlaganfallpatienten von einer bestimmten Zusammensetzung der Nahrung besonders profitieren, und inwieweit eine Modifikation der Ernährung zu einer Reduktion der Rezidivrate beitragen könnte, ist bisher nicht geklärt.

Abstract

Stroke is one of the most common diseases and causes of death in western societies and the most important cause of disability and need of care in adulthood. Concomitant neurologic deficits and discomfort depend on the location and size of the affected brain region and very often impair nutrition and the ability to eat. Dysphagia in particular, but also reduced consciousness and motivity, perception disorders, cognitive as well as emotional problems may induce eating and drinking difficulties, that can cause complications such as malnutrition, dehydration, aspiration, suffocation, pneumonia and death. Primary aim of nutritional interventions is the provision of adequate amounts of energy and nutrients in order to avoid malnutrition and dehydration. Nutritional status should be maintained or improved as a prerequisite for functional improvement and successful rehabilitation. Kind and duration of nutrition interventions depend on specific functional deficits, nutritional status and comorbidity, and should be determined individually. Generally, in stroke patients all kinds of nutritional support come into consideration – ranging from standard oral nutrition and texture-modified diets to complete enteral and parenteral nutrition. Since oral nutrition may be life-threatening in case of severe dysphagia and aspiration, the consistency of foods and fluids, that can be swallowed without danger, has to be carefully examined by an experienced swallowing therapist. If oral nutrition is insufficient or impossible, enteral nutrition (oral supplements and / or tube feeding) is indicated. Besides direct nutrition interventions, many stroke patients require nursing assistance and rehabilitative measures in order to regain the ability to eat and drink independently. Thus, nutritional therapy can only be successful in case of close interdisciplinary cooperation. Since nutritional problems are often longstanding, continuous monitoring after hospital discharge and, if indicated, adaption of nutritional therapy, are recommended. Whether stroke patients may benefit from a specific nutrient composition of the diet, and whether dietary modifications may contribute to reduce the recurrence rate of stroke is presently not known.

Literatur

Prof. Dr. rer. nat. Dorothee Volkert

Theo und Friedl Schöller-Stiftungsprofessur für Klinische Ernährung im Alter, Institut für Biomedizin des Alterns, Universität Erlangen-Nürnberg

Heimerichstraße 58

90419 Nürnberg

Phone: 0911/30005-17

Fax: 0911/30005-25

Email: dorothee.volkert@aging.med.uni-erlangen.de