Inhalt
1.
Struktur der Leitlinie e6
1.1.Vorwort e6 1.2. Ziele
der Leitliniee6 1.3. Erstellung der Leitliniee7 1.3.1.
Literaturrecherchee7 1.3.2. Formulierung der
Empfehlungene7 1.4. Finanzierunge8 1.5.
Implementierung/Publikatione8 1.6. Planmäßige
Überarbeitunge8 1.7. Prozessqualität e8
2.
Definitionen e8
3.
Epidemiologie und sozialmedizinische Bedeutung e9
4.
Erregerspektrum e9
5.
Resistenzsituation e10
5.1. Resistenzsituation bei Streptococcus
pneumoniae e10 5.1.1. Resistenz gegenüber Penicillin G
e10 5.1.2. Resistenz gegenüber Makroliden e10 5.1.3.
Resistenz gegenüber Fluorchinolonen e11 5.1.4. Resistenz
gegenüber Tetracyclinen e11 5.2. Resistenzsituation bei
Haemophilus influenzae e11 5.3. Resistenzsituation bei Moraxella
catarrhalis e11 5.4. Resistenzsituation bei Enterobacteriaceae und
Pseudomonas aeruginosa e11 5.5. Resistenzsituation bei
Influenza-Viren und nicht primär respiratorischen Viren e12
6.
Mikrobiologische Diagnostik e12
6.1. Diagnostik schnell
wachsender Bakterien e12 6.2. Diagnostik spezieller Erreger
e13 6.2.1. Diagnostik von Legionella pneumophila e13 6.2.2.
Diagnostik von Mycoplasma pneumoniae e14 6.2.3. Diagnostik von
Chlamydophila pneumoniae e15 6.2.4. Diagnostik respiratorischer Viren
e15
7.
Antiinfektiva zur Behandlung tiefer Atemwegsinfektionen e16
7.1.
Betalaktamantibiotika e16 7.1.1. Orale Basispenicilline: Penicillin V
und Amoxicillin e16 7.1.2. Parenterale Basispenicilline: Penicillin G
und Ampicillin e16 7.1.3.
Aminopenicillin-Betalaktamaseinhibitor-Kombinationen e16 7.1.4.
Oralcephalosporine e16 7.1.5. Parenterale Cephalosporine
e17 7.1.6. Ertapenem e17 7.1.7. Pseudomonaswirksame
Betalaktame e18 7.2. Tetracycline: Doxycyclin e18 7.3.
Makrolide und Azalide e18 7.4. Lincosamide: Clindamycin
e19 7.5. Fluorchinolone e19 7.5.1. Levofloxacin und
Moxifloxacin e19 7.5.2. Ciprofloxacin e20 7.6.
Oxazolidinone: Linezolid e20 7.7. Influenzaviruswirksame Virustatika
e20 7.8. Aciclovir e21
8.
Symptomatik und Befunde bei unteren Atemwegsinfektionen e21
8.1.
Symptomatik e21 8.2. Untersuchung e22
9.
Behandlung Non-CAP: akute Bronchitis, Influenzainfektion, andere
respiratorische Virusinfektionen e22
9.1. Akute Bronchitis
e22 9.2. Influenzainfektion e23 9.3. Andere respiratorische
Virusinfektionen e24
10.
Akute Exazerbation der COPD (AECOPD) e24
10.1. Definition der
AECOPD e24 10.2. Ätiologie der AECOPD e24 10.3.
Klinische Symptomatik der AECOPD e25 10.4. Mikrobiologische
Diagnostik der AECOPD e26 10.5. Indikation zur antimikrobiellen
Therapie bei AECOPD e26 10.5.1. Pathogenetische Überlegungen zur
Therapieindikation bei AECOPD e26 10.5.2. Begründung der
Therapieempfehlung e27 10.6. Auswahl der antimikrobiellen Therapie
bei AECOPD e28 10.7. Verlauf der antimikrobiellen Therapie bei AECOPD
e29
11.
Risikostratifizierung der CAP e30
11.1. Entscheidung zur
stationären Einweisung e30 11.2. Entscheidung zur Aufnahme auf
eine Intensivstation (ITS), Intermediärstation bzw. Station mit
intensivierter Überwachung e30 11.3 Einteilung der CAP e32
12.
Ambulantes Management der CAP e32
12.1. CAP bei ambulanten
Patienten ohne Risikofaktoren e32 12.1.1. Erregerspektrum bei
ambulanten CAP-Patienten ohne Risikofaktoren e32 12.1.2. Diagnostik
bei ambulanten Patienten ohne Risikofaktoren e33 12.1.3. Therapie bei
ambulanten CAP-Patienten ohne Risikofaktoren e33 12.1.4. Verlauf bei
ambulanten CAP-Patienten ohne Risikofaktoren e33 12.2. CAP bei
ambulanten Patienten mit Risikofaktoren e34 12.2.1. Erregerspektrum
bei ambulanten CAP-Patienten mit Risikofaktoren e34 12.2.2.
Diagnostik bei ambulanten CAP-Patienten mit Risikofaktoren
e34 12.2.3. Therapie bei ambulanten CAP-Patienten mit Risikofaktoren
e34 12.2.4. Verlauf bei ambulanten CAP-Patienten mit Risikofaktoren
e35
13.
Management bei hospitalisierten CAP-Patienten e35
13.1.
Erregerspektrum bei hospitalisierten CAP-Patienten e35 13.2.
Diagnostik bei hospitalisierten CAP-Patienten e36 13.3. Therapie bei
hospitalisierten CAP-Patienten e36 13.4. Verlauf bei hospitalisierten
CAP-Patienten e39
14.
Management der schweren ambulant erworbenen Pneumonie (schwere CAP)
e40
14.1. Erregerspektrum der schweren ambulant erworbenen
Pneumonie (sCAP) e40 14.2. Diagnostik bei schwerer ambulant
erworbener Pneumonie (sCAP) e41 14.3. Therapie der schweren ambulant
erworbenen Pneumonie (sCAP) e42
15.Therapieversagen bei CAP e45
15.1.
Häufigkeit und Ursachen des Therapieversagens e45 15.2.
Diagnostisches Vorgehen e45 15.3. Antibiotikatherapie bei
Therapieversagen e46
16.
Besondere Verlaufsformen der CAP e46
16.1. Pleuraerguss
e46 16.2. Aspirationspneumonie e47 16.3.
Retentionspneumonie e47 16.4. Lungenabszess e47 16.5.
Pseudo-Therapieversager durch nichtinfektiöse Lungenerkrankungen, die
initial wie eine Pneumonie imponieren e48
17.
Besonderheiten der Therapie der CAP bei bekanntem Erreger
e48
17.1. Legionellen e48 17.2. Chlamydien und
Mykoplasmen e49 17.3. Ambulant erworbener methicillin-resistenter
Staphylococcus aureus e49 17.4. Pseudomonas aeruginosa
e49 17.5. Coxiella burnetii e50
18.
Prävention der CAP e50
18.1. Influenzavirus-Impfung
e50 18.2. Pneumokokken-Impfung e50 18.3. Sonstige
präventive Maßnahmen e51
19.
Pharmakoökonomische Bewertung der Evidenzlage zur CAP e51
20. CAP
als terminales Ereignis bei hohem Lebensalter und/oder schwerer
fortgeschrittener Komorbidität e52
21.
Anhang e55
21.1. Autoren der Leitlinie e55 21.2. Zur
Konsensuskonferenz am 9. 12. 2008 eingeladene und vertretene
Fachgesellschaften und Einrichtungen e55 21.3. Teilnehmer der
Konsensuskonferenz e55 21.4. Erklärung über mögliche
Interessenkonflikte e56 21.5. Abkürzungsverzeichnis e56
22.
Literaturverzeichnise57
Die nach der Literaturstelle in Klammern
gesetzte Ziffer mit Buchstaben bezieht sich auf die Evidenzbewertung nach
Oxford Centre of Evidence Based Medicine (1999).
Zusammenfassung
Zusammenfassung
Definition: Inhalt der Leitlinie sind
Epidemiologie, Diagnostik, Therapie und Management von akuten unteren
Atemwegsinfektionen (akute Bronchitis, akute Exazerbation einer chronischen
Bronchitis, akute virale Atemwegsinfektionen durch Influenza- und
Non-Influenzaviren) mit Schwerpunkt der ambulant erworbenen Pneumonie (CAP
– englisch: community-acquired pneumonia), definiert als akute
mikrobielle Infektion des Lungenparenchyms des erwachsenen Patienten ohne
Abwehrschwäche und unter Ausschluss einer im Krankenhaus bzw. innerhalb
der ersten vier Wochen nach Entlassung erworbenen Pneumonie (Kap. 2).
Epidemiologie: Die Daten des Bundesinstituts
für Qualitätssicherung dokumentieren jährlich etwa
200 000 Patienten, die wegen einer CAP in Deutschland im Krankenhaus
behandelt werden. Die Gesamthäufigkeit der CAP in Deutschland kann auf
400 000 bis 600 000 Patienten pro Jahr geschätzt werden. Die
Letalität liegt bei stationär behandelten Patenten bei
13 – 14 %, bei ambulant behandelten Patienten
ist sie mit < 1 % dagegen gering (Kap. 3).
Erregerspektrum: Das Erregerspektrum der CAP
weist in Abhängigkeit regionaler, saisonaler, epidemiologischer und
demografischer Faktoren große Variationen auf, die durch klinische und
pathophysiologische Parameter zusätzlich modifiziert werden. In
Deutschland wurde durch die Daten von CAPNETZ die herausragende Bedeutung von
S. pneumoniae als Haupterreger der CAP bestätigt.
Deutlich seltener sind Infektionen durch M.
pneumoniae , H. influenzae, Enterobacteriaceae ,
Legionella spp., S. aureus
oder respiratorische Viren (Kap. 4).
Erregerspezifische Variable: In der Regel ist
die Antibiotikatherapie der CAP empirisch. Faktoren wie Grunderkrankung, Alter,
Antibiotikavortherapie u. a. sind mit einem gehäuften Auftreten
bestimmter Erreger bzw. mit einem besonderen Erregerspektrum assoziiert, die
bei der Auswahl geeigneter Antibiotika berücksichtigt werden sollten. Die
Spezifität dieser Assoziation ist gering. Unter therapeutischen Aspekten
ist die Definition von Risikofaktoren für eine Pneumonie durch
P. aeruginosa von Bedeutung, dieser Erreger ist jedoch
in Deutschland bei CAP sehr selten und nur bei wenigen Patienten mit schwerer
CAP empirisch zu berücksichtigen (Kap. 4).
Resistenz: Antibiotikaresistenzen haben in
den letzten Jahren bei den klassischen Erregern von unteren Atemwegsinfektionen
wie S. pneumoniae oder H.
influenzae sowohl in Deutschland, Europa als auch weltweit zugenommen. In
Deutschland spielt die Penicillin-Resistenz der Pneumokokken zur Zeit eine
untergeordnete Rolle. Die Makrolidresistenz der Pneumokokken hat dagegen eine
höhere klinische Relevanz. Infektiologische Überwachungs- und
Verlaufsuntersuchungen sind notwendig, um die Bedeutung der
Resistenzentwicklung abschätzen zu können (Kap. 5).
Mikrobiologische Diagnostik: Ausmaß und
Intensität der Diagnostik bzw. Ausbeute und klinische Relevanz
mikrobiologischer Befunde orientieren sich am klinischen Schweregrad der CAP.
Die Daten bestimmen die lokale Kleinraumepidemiologie und bilden zusammen mit
überregional aus epidemiologischen Studien erhobenen Befunden die Basis
zur rationalen Formulierung empirischer Therapieempfehlungen. Die
Durchführung von epidemiologischen Untersuchungen wird dringend empfohlen
(Kap. 6).
Klinische Symptome und Befunde einer unteren
Atemwegsinfektion: Es gibt keine Symptom- bzw. Befundkonstellation mit
einer ausreichenden Aussagekraft, um die Diagnose CAP klinisch stellen zu
können. Der Anfertigung einer Röntgenthorax-Aufnahme kommt bei einem
lokalisierten Auskultationsbefund, bei Vorliegen von Begleiterkrankungen bzw.
Vitalfunktionsstörungen oder aus differenzialdiagnostischen und klinischen
Erwägungen eine wichtige Steuerungsfunktion zur Differenzierung von zwei
Krankheitsentitäten zu: Vorliegen einer CAP bzw. einer akuten unteren
Atemwegsinfektion (Non-CAP). Bei Patienten mit Non-CAP werden folgende
Erkrankungen unterschieden: akute Bronchitis, akute Exazerbation einer
chronischen Bronchitis (AECOPD) sowie andere virale Infektionen (z. B.
Influenzainfektion (Kap. 8) (Empfehlungsgrad B).
Management bei akuten unteren
Atemwegsinfektionen: Bei Patienten mit akuter Bronchitis ohne chronisch
obstruktive Lungenerkrankung sollte symptomatisch ohne antimikrobielle
Substanzen behandelt werden (Empfehlungsgrad A). Interventionsstrategien zur
Vermeidung unnötiger Antibiotikaverordnungen werden empfohlen (Kap.
9).
Bei Vorliegen einer Influenzainfektion sind antivirale Substanzen
nicht generell zu empfehlen, da die Diagnose nur bei einer aktuellen
Influenzaepidemie mit ausreichender Sicherheit klinisch zu stellen ist und den
nicht unbeträchtlichen Therapiekosten und der Möglichkeit einer
Resistenzselektion eine Verkürzung der Krankheitsdauer um höchstens
1,5 Tage gegenübersteht. Bei Hochrisikopatienten und bei schwerem Verlauf
kann die Gabe eines geeigneten Virustatikums erwogen werden (Kap. 9)
(Empfehlungsgrad D).
Für die Therapie einer Varizellen-Zoster-Virus- oder
Herpes-simplex-Virus-Infektion steht Aciclovir zur Verfügung.
Akute Exazerbation der chronischen Bronchitis
(AECOPD): Schwerpunkt dieser Leitlinie ist die antibakterielle Behandlung
der AECOPD. Annähernd die Hälfte aller AECOPD werden durch
infektiöse Ursachen ausgelöst, wobei nach neueren Untersuchungen
Viren die führende Ursache sind. Die häufigsten bakteriellen Erreger
sind H. influenzae, S . pneumoniae , M. catarrhalis ,
Enterobacteriaceae und P.
aeruginosa (Kap. 10.2).
Eine mikrobiologische Sputumuntersuchung wird nur bei Patienten mit
schwerem Verlauf, mit häufigen (> 2) Exazerbationen pro Jahr
oder bei Verdacht auf multiresistente Erreger empfohlen (Kap. 10.4)
(Empfehlungsgrad C).
Die Indikation zur Antibiotikatherapie bei AECOPD ist umstritten.
Bei Patienten mit leichter AECOPD, die ambulant behandelt werden können,
wird sie nur empfohlen bei zu Grunde liegender schwerer COPD und Vorliegen von
purulentem Sputum. Hospitalisierte Patienten sollten ebenfalls bei Vorliegen
von purulentem Sputum behandelt werden. Wurde die Serumkonzentration von
Procalcitonin bestimmt, kann bei einem Wert < 0,1 ng/ml auf
eine Antibiotikagabe verzichtet werden. Patienten mit einer schweren AECOPD,
die auf einer ITS behandelt werden, sollten generell eine antimikrobielle
Therapie erhalten (Kap. 10.5) (Empfehlungsgrad B).
Für Patienten mit leichter AECOPD (ambulante Behandlung) ist
ein Aminopenicillin ohne Betalaktamaseinhibitor das Mittel der Wahl.
Alternativen sind Makrolide und Doxycyclin (Empfehlungsgrad C).
Bei mittelschwerer oder schwerer AECOPD (hospitalisierte Patienten)
wird ein Aminopenicillin mit Betalaktamaseinhibitor oder ein parenterales
Cephalosporin der Gruppe II oder III empfohlen. Alternativen bestehen mit den
pneumokokkenwirksamen Fluorchinolonen (Empfehlungsgrad C).
Patienten mit bekannter Kolonisation durch P.
aeruginosa , Bronchiektasen oder maschineller Beatmung sollten eine
pseudomonaswirksame Therapie (Acylureidopenicillin plus Betalaktamaseinhibitor,
pseudomonaswirksames Carbapenem, pseudomonaswirksames Cephalosporin oder
pseudomonaswirksames Fluorchinolon) erhalten (Kap. 10.6) (Empfehlungsgrad
C).
Die Therapiedauer sollte 7 Tage betragen, für neuere Substanzen
sind kürzere Therapiezeiten möglich (Kap. 10.7) (Empfehlungsgrad
C).
Management der CAP: Das Management der CAP
umfasst die Einschätzung des individuellen Risikos eines Patienten
für krankheitsbedingte Komplikationen und der Pneumonie-assoziierten
Sterblichkeit, die Beurteilung seiner sozialen Situation, die Erfassung
individueller Risikofaktoren für bestimmte Erreger bzw. Erregerspektren,
die Antibiotikatherapie, die Festsetzung von Verlaufsuntersuchungen und der
Dauer der Therapie, die Bestimmung der notwendigen Dauer des
Krankenhausaufenthaltes sowie das Vorgehen bei Therapieversagen und bei
besonderen Verlaufsformen.
Krankenhauseinweisung: Die
Krankenhauseinweisung beruht auf dem klinischen Urteil des Arztes. Diese
Entscheidung kann objektiviert werden durch die Verwendung des CRB-65-Index,
bei einem Wert über 0 sollte die Notwendigkeit einer Einweisung erwogen
werden (Kap. 11.1) (Empfehlungsgrad B).
Entscheidung zur Aufnahme auf eine Intensivstation
(ITS), Intermediärstation bzw. Station mit intensivierter
Überwachung: Wesentlich für die Entscheidung zu einer
intensivierten Überwachung (ITS, Intermediärstation oder
ähnliche Einrichtungen) ist die klinische Einschätzung durch den
behandelnden Arzt, modifiziert durch lokale strukturelle Gegebenheiten. Zur
Unterstützung und Absicherung dieser Entscheidung wird die Verwendung des
modifizierten ATS-Scores, evtl. des CRB-65-Scores empfohlen (Kap. 11.2)
(Empfehlungsgrad B).
Einteilung der CAP: Die Einteilung der CAP
erfolgt unter Zuhilfenahme der genannten Scoresysteme in die Risikogruppen
leichtgradige CAP mit und ohne Risikofaktoren (Management im ambulanten Bereich
möglich), mittelschwere CAP (Management im Krankenhaus auf Normalstation)
und schwergradige CAP mit und ohne Indikation für eine empirische
antipseudomonale Therapie (Management im Krankenhaus auf einer
Überwachungs- oder Intensivstation) (Kap. 11.3).
Ambulantes Management der CAP (aCAP): CAP-Patienten, bei denen eine Behandlung ambulant durchgeführt wird,
werden in zwei Gruppen eingeteilt: Patienten ohne und Patienten mit den
Risikofaktoren Antibiotikavortherapie, chronische internistische und
neurologische Begleiterkrankungen oder Herkunft aus einem Pflegeheim, da diese
Faktoren Einfluss auf die Ätiologie und das diagnostische und
therapeutische Vorgehen besitzen (Kap. 12) (Empfehlungsgrad A).
Die Diagnostik bei aCAP-Patienten sollte sich auf eine
gründliche klinische Untersuchung, Anfertigen einer
Röntgenthorax-Aufnahme und einer Laboruntersuchung zur Erfassung wichtiger
biologischer Parameter begrenzen. Eine mikrobiologische Diagnostik wird nicht
empfohlen. Bei aCAP-Patienten mit Risikofaktoren sollte die Labordiagnostik
entsprechend der Risikokonstellation erweitert und eine mikrobiologische
Diagnostik (z. B. aus Sputum) erwogen werden (Kap. 12.1.2 und 12.2.2)
(Empfehlungsgrad A).
Als Therapie der Wahl für die unkomplizierte aCAP im ambulanten
Bereich bei Patienten ohne Risikofaktoren wird eine Monotherapie mit einem
hochdosierten Aminopenicillinpräparat empfohlen, bei
Penicillinunverträglichkeit kann mit einem neueren Makrolid oder
Doxycyclin behandelt werden. Fluorchinolone werden bei dieser Patientengruppe
nicht empfohlen (Kap. 12.1.3) (Empfehlungsgrad A).
Als Therapie der Wahl für die aCAP bei Patienten mit
Risikofaktoren wird eine Monotherapie mit einer hochdosierten
Aminopenicillin/Betalaktamaseinhibitor-Kombination empfohlen. Bei
Therapieversagen oder Penicillinunverträglichkeit kann ein
pneumokokkenwirksames Fluorchinolonen eingesetzt werden. Bei Verdacht auf eine
Infektion durch Mykoplasmen, Chlamydien oder Legionellen kann auch eine
Kombinationstherapie in Form einer Betalaktam-Makrolid-Kombination
durchgeführt werden (Kap. 12.2.3) (Empfehlungsgrad A).
Die antibiotische Therapie kann 48 – 72 h
nach klinischer Besserung mit Entfieberung, jedoch frühestens nach 5 Tagen
beendet werden. Eine Therapiedauer von mehr als 7 Tagen ist im Regelfall nicht
erforderlich (Empfehlungsgrad A).
Eine gute häusliche Versorgung und engmaschige Überwachung
der aCAP-Patienten, die Gewährleistung einer ausreichenden Oxygenierung,
einer stabilen Kreislaufsituation und einer sicheren Medikamenteneinnahme und
-resorption sind Voraussetzungen für eine ambulante Therapie. Im
Zweifelsfall sollte eine kurzfristige Hospitalisierung erwogen werden. Eine
Reevaluation der Patienten nach 48 (– 72) h ist notwendig
(Kap. 12.2.4) (Empfehlungsgrad B).
Management der CAP im Krankenhaus: Die
Diagnostik bei hospitalisierten CAP-Patienten umfasst neben der Anamnese und
der körperlichen Untersuchung die konventionelle Röntgenaufnahme des
Thorax in zwei Ebenen, laborchemische und Blutbilduntersuchungen mit
Differenzialblutbild, Bestimmung des C-reaktiven Proteins oder des
Procalcitonins zur Verlaufsbeurteilung sowie die Analyse der arteriellen oder
kapillären Blutgase bzw. der Sauerstoffsättigung (Kap. 13.2)
(Empfehlungsgrad A).
Eine antimikrobielle Therapie sollte so früh wie möglich
eingeleitet werden. Diagnostische Maßnahmen dürfen den
Therapiebeginn nicht verzögern (Kap. 13.3) (Empfehlungsgrad B).
Als gesicherte adjuvante Behandlungsmaßnahmen bei
hospitalisierten CAP-Patienten gelten eine Thromboseprophylaxe und eine
frühzeitige Mobilisierung und Atemtherapie; empfohlen wird zusätzlich
die Verabreichung von Sauerstoff bei Patienten mit arterieller Hypoxämie
(Kap. 13.3) (Empfehlungsgrad A).
Kriterien zur Entlassung von CAP-Patienten nach klinischer
Stabilisierung sind konstant stabile Vitalzeichen, Fähigkeit zur oralen
Nahrungsaufnahme, sichere orale Medikamenteneinnahme, normaler
Bewusstseinszustand sowie das Fehlen anderer klinischer oder psychosozialer
Gründe für eine stationäre Behandlung. Zur Beurteilung des
klinischen Zustandes wird eine kurzfristige klinische Verlaufskontrolle 3 bis
7
Tage nach Entlassung empfohlen (Kap. 13.4) (Empfehlungsgrad B).
Eine radiologische Abschlussuntersuchung frühestens 2 Wochen
nach Ende der Antibiotikatherapie sollte insbesondere bei aktiven Rauchern und
älteren Patienten (> 65 Jahre) bzw. Patienten mit schweren
Begleiterkrankungen zum Ausschluss von nichtinfektiösen Lungeninfiltraten
(z. B. Lungenkarzinom) erwogen werden (Kap. 13.4) (Empfehlungsgrad
B).
Management der CAP im Krankenhaus auf einer
Normalstation: Die klinische Bedeutung mikrobiologischer Untersuchungen
bei CAP-Patienten auf einer Normalstation hinsichtlich Therapieentscheidung
bzw. Prognose ist ungesichert. Empfohlen werden die Entnahme von zwei
Blutkulturen (Empfehlungsgrad C), eine diagnostische Pleurapunktion
(Empfehlungsgrad B), die Durchführung des L.
pneumophila -Antigentest aus Urin (Empfehlungsgrad B) sowie eine
mikrobiologische Sputumuntersuchung bei nicht antibakteriell vorbehandeltem
Patienten mit purulentem Sputum und Gewährleistung der notwendigen
logistischen Voraussetzungen (Kap. 13.2) (Empfehlungsgrad B).
Bei CAP-Patienten, die auf einer Normalstation behandelt werden,
wird eine Kombinationstherapie bestehend aus einem nicht pseudomonasaktiven
Betalaktamantibiotikum plus einem Makrolid empfohlen. Eine Monotherapie mit
einem Betalaktamantibiotikum ist ebenfalls möglich. Eine Alternative
stellt die Therapie mit einem pneumokokkenwirksamen Fluorchinolon dar (Kap.
13.3) (Empfehlungsgrad A).
In den ersten Tagen im Krankenhaus sollte die Verabreichung der
Antibiotika parenteral erfolgen. Ausnahmen bestehen – je nach klinischer
Konstellation – für Fluorchinolone aufgrund ihrer hohen oralen
Bioverfügbarkeit sowie für die orale Gabe von Makroliden im Rahmen
einer Kombinationstherapie mit gleichzeitiger parenteraler Verabreichung der
Betalaktamantibiotika (Kap. 13.3) (Empfehlungsgrad B).
Bei einer parenteralen Initialtherapie sollte eine frühe
Therapieumstellung auf eine orale Therapie angestrebt werden (Kap. 13.3)
(Empfehlungsgrad A).
Die antibiotische Therapie kann 48 – 72 h
nach klinischer Besserung mit Entfieberung, jedoch frühestens nach 5 Tagen
beendet werden. Eine Therapiedauer von mehr als 7 Tagen ist im Regelfall nicht
erforderlich (Kap. 13.3) (Empfehlungsgrad A).
Management der CAP im Krankenhaus auf einer
Intensivstation, Intermediärstation bzw. unter intensivierter
Überwachung (sCAP): Patienten mit sCAP werden in solche ohne und mit
Indikation für eine gegen P. aeruginosa wirksame
empirische Therapie unterteilt. Das Auftreten einer Pneumonie durch
P. aeruginosa ist in Deutschland selten und nur bei
Vorliegen von Risikofaktoren (insbesondere schwere strukturelle
Lungenerkrankung in Kombination mit Antibiotikavortherapien/vorangegangener
Hospitalisierung) anzunehmen. (Kap. 4, Kap. 14.1) (Empfehlungsgrad C).
Der mikrobiologischen Diagnostik kommt bei sCAP-Patienten eine
größere Bedeutung zu, da sowohl die diagnostische Ausbeute als auch
die klinische Relevanz höher ist. Folgende mikrobiologische Diagnostik
wird empfohlen: Blutkulturen, Sputum oder Trachealsekret, Pleurapunktion,
L. pneumophila -Antigentest aus Urin, Bronchoskopie
(BAL, geschützte Bürste) bei Verdacht auf Vorliegen eines seltenen
Erregers oder einer Bronchusstenose. Eine Verbesserung der Prognose der sCAP
durch routinemäßige bronchoskopische Diagnostik konnte bis jetzt
nicht nachgewiesen werden (Kap. 14.2) (Empfehlungsgrad B).
Da das Risiko eines ungünstigen Ausgangs durch eine
inadäquate Therapie wegen Vorliegen einer Resistenz bei sCAP besonders
hoch ist, sCAP-Patienten unter einer Monotherapie in einzelnen Studien eine
höhere Letalität aufwiesen, sowie zur Erfassung des breiten
bakteriellen Erregerspektrums der sCAP sollte grundsätzlich am Konzept der
Kombination von Betalaktamantibiotika mit Nicht-Betalaktamantibiotika
festgehalten werden (Empfehlungsgrad B).
Bei sCAP ohne Indikation für eine empirische Therapie gegen
P. aeruginosa wird eine Kombinationstherapie mit einem
Breitspektrum-Betalaktamantibiotikum und einem Makrolid empfohlen. Die
Monotherapie mit einem pneumokokkenwirksamen Fluorchinolon ist eine
mögliche Alternative für Patienten ohne septischen Schock bzw. ohne
invasive Beatmung (Kap. 14.3) (Empfehlungsgrad B).
Bei Patienten mit Indikation für eine empirische Therapie gegen
P. aeruginosa wird eine Kombinationstherapie mit einem
pseudomonaswirksamen Betalaktamantibiotikum und einem pseudomonaswirksamen
Fluorchinolon empfohlen. Die Kombination aus einem pseudomonaswirksamen
Betalaktamantibiotikum mit einem Aminoglykosid (für 3 Tage) und einem
Makrolid ist eine mögliche Alternative. Nach klinischer Besserung und/oder
Erregernachweis mit Empfindlichkeitsprüfung soll im Regelfall eine
Deeskalation auf eine Monotherapie erfolgen (Kap. 14.3) (Empfehlungsgrad
B).
Eine Therapiedauer von 8 – 10 Tagen bzw. 5 Tagen
nach Entfieberung wird bei Patienten ohne Komplikationen empfohlen. Bei
nachgewiesener Infektion durch P. aeruginosa sollte
die Therapiedauer 8 – 15 Tage betragen (Empfehlungsgrad
B).
Therapieversagen: Aus prognostischer und
therapeutischer Sicht ist die Unterteilung des primären Therapieversagens
in die progrediente Pneumonie und die klinisch verzögert ansprechende
Verlaufsform sinnvoll. Eine progrediente Pneumonie ist definiert als klinische
Zustandsverschlechterung mit Entwicklung einer respiratorischen Insuffizienz
und/oder einer schweren Sepsis oder eines septischen Schockes trotz empirischer
antimikrobieller Therapie, sie entwickelt sich bei
5 – 10 % aller hospitalisierten Patienten.
Eine verzögert ansprechende Pneumonie ist definiert als fehlendes
Erreichen klinischer Stabilität nach 72 h antimikrobieller
Therapie. Die möglichen Ursachen für ein Therapieversagen können
infektiöser oder nicht-infektiöser Natur sein, wobei in ⅔
infektiologische Probleme vorliegen (Kap. 15).
Das diagnostische Vorgehen bei Therapieversagen ist komplex und
beinhaltet neben einer gründlichen Anamnese, körperlichen
Untersuchung, Berücksichtigung epidemiologischer Daten und
Überprüfung der bisherigen Antibiotikaauswahl und -dosierung den
Ausschluss nichtinfektiologischer Ursachen durch geeignete bildgebende
Verfahren bzw. den Ausschluss einer Immunsuppression und von extrapulmonalen
Infektionen. Ferner können mikrobiologische Untersuchungen aus Sputum,
Trachealsekret, bronchoalveolärer Lavage, Blut, Urin, Pleurapunktat bzw.
Lungenbiopsat notwendig werden – in Abhängigkeit von der klinischen
Konstellation auch auf seltene Erreger wie Mykobakterien und Pilze (Kap. 15.2)
(Empfehlungsgrad B).
Bei der progredienten Pneumonie stehen die Überwachung und
rasche Stabilisierung der Organfunktionen sowie die prompte parenterale
Verabreichung einer adäquaten empirischen antibiotischen
Kombinationstherapie entsprechend der Empfehlungen für eine sCAP im
Vordergrund. Als Therapieoptionen bei Therapieversagen kommen in
Abhängigkeit von der Klinik eine Umstellung auf eine Antibiotikatherapie
gemäß den Empfehlungen dieser Leitlinie im Falle einer nicht
Leitlinien-gerechten initialen kalkulierten Behandlung, die
Überprüfung der Antibiotikatherapie auf bestehende Erregerlücken
im antimikrobiellen Spektrum, eine parenterale Verabreichung bzw. eine
Kombinationstherapie in Betracht. Eine Wirksamkeit gegen S.
pneumoniae sollte auf jeden Fall auch nach der Umstellung beibehalten und
Antibiotika-Kombinationen mit einem breiten antimikrobiellen Spektrum unter
Einschluss von P. aeruginosa , S.
aureus (MRSA), Legionella spp. und Anaerobiern
verabreicht werden (Kap. 15.3) (Empfehlungsgrad B).
Pleuraerguss: Die Risikostratifizierung
erfolgt anhand der Kriterien Ergussmenge, Bakteriologie und pH der
Ergussflüssigkeit. Folgende Optionen stehen in Abhängigkeit hiervon
zur Verfügung: Keine Intervention, Entlastungspunktion, Anlage einer
Thoraxsaugdrainage ohne lokale Fibrinolyse, Anlage einer Thoraxsaugdrainage mit
lokaler Fibrinolyse, Video-assistierte Thorakoskopie sowie Thorakotomie (Kap.
16.1) (Empfehlungsgrad C).
Aspirationspneumonie: Die Aspiration stellt
einen Risikofaktor für Enterobacteriaceae dar,
sodass eine kalkulierte Therapie diese Erreger berücksichtigen muss. Da
eine ätiologische Rolle von anaeroben Bakterien nicht grundsätzlich
ausgeschlossen ist, sollte ein Betalaktam-Antibiotikum mit einem
Betalaktamaseinhibitor kombiniert werden. Alternativ können eine
Kombination aus einem Cephalosporin mit Clindamycin, das Fluorchinolon
Moxifloxacin oder ein Carbapenem eingesetzt werden (Kap. 16.2) (Empfehlungsgrad
D).
Lungenabszess: Bakterielle Mischinfektionen
sind bei Lungenabszessen häufig, in
20 – 90 % werden obligate Anaerobier
nachgewiesen. Andere Ätiologien wie Pilze (z. B. nekrotisierende
Aspergillose) und Echinococcus spp. müssen jedoch
in Betracht gezogen werden.
Die Bronchoskopie ist bei Verdacht auf Lungenabszess
unerlässlich, um eine bronchiale Obstruktion auszuschließen und ggf.
auch zu beseitigen. Eine Ableitung des Sekretes ist notwendig. Die
Durchführung eines CT-Thorax wird empfohlen (Empfehlungsgrad C).
Zur Therapie des Lungenabszesses wird ein Aminopenicillin zusammen
mit einem Betalaktamasehemmer bzw. die Kombination eines Cephalosporins der
Gruppe 2 oder 3 mit Clindamycin empfohlen (Kap. 16.4) (Empfehlungsgrad B).
Besondere Erreger: Fluorchinolone sind Mittel
der Wahl bei der Legionellenpneumonie (Kap. 17.1).
Gegenüber Mykoplasmen und Chlamydien sind Makrolide,
Fluorchinolone und Tetracycline wirksam (Kap. 17.2).
Beim Nachweis von MRSA aus respiratorischen Sekreten von Patienten
mit CAP ist zwischen den häufigen nosokomial erworbenen Erregern und den
in Deutschland bisher sehr seltenen, „echten” ambulant erworbenen
MRSA (c-MRSA) zu unterscheiden. Bei nachgewiesener MRSA-Pneumonie sollte bei
intakter Nierenfunktion mit Vancomycin (bei
MHK < 2 mg/l), alternativ mit dem Oxazolidinon
Linezolid behandelt werden. Bei CAP durch Methicillin-sensible
S. aureus (MSSA) besitzt das Flucloxacillin als
Therapie die höchste Wirksamkeit (Kap. 17.3).
Bei einer gesicherten Pneumonie durch P.
aeruginosa wird zur Vermeidung einer inadäquaten empirischen Therapie
bei Infektion durch resistente Erreger bis zum Vorliegen des Resistogramms eine
Kombinationstherapie aus zwei pseudomonaswirksamen Antibiotika empfohlen. Als
Alternativen stehen Kombinationen von einem pseudomonaswirksamen
Betalaktamantibiotikum mit einem pseudomonaswirksamen Fluorchinolon oder einem
Aminoglykosid zur Verfügung (Kap. 17.4) (Empfehlungsgrad D).
Die empfohlenen Antiinfektiva bei Pneumonie durch
Coxiella burnetii (Q-Fieber) sind Tetracycline (Kap.
17.5).
Prävention der CAP: Studien und
Metaanalysen zeigen eine ausreichende Schutzwirkung der Influenza-Vakzine
für respiratorische Erkrankungen, für Pneumonien, für
Hospitalisation und für einen tödlichen Ausgang. Die absolute
Risikoreduktion ist dabei zwei- bis fünfmal höher bei
Hochrisiko-Gruppen als bei gesunden älteren Personen. Es wird in
Übereinstimmung mit der STIKO eine jährliche Influenza-Impfung im
Herbst für alle Personen mit einem erhöhten Risiko für
Influenza-Komplikationen empfohlen (Kap. 18.1) (Empfehlungsgrad A).
Studien zeigen, dass der 23-valente kapsuläre
Pneumokokken-Polysaccharid-Impfstoff wirksam invasive Pneumokokkenerkrankungen
verhindert. Es wird in Übereinstimmung mit der STIKO eine
Pneumokokkenschutzimpfung für alle Personen mit einem erhöhten Risiko
für eine Pneumokokkenerkrankung empfohlen (Kap. 18.2) (Empfehlungsgrad
A).
Inhalatives Zigarettenrauchen ist als Risikofaktor bekannt. Aufgabe
des inhalativen Tabakkonsums sollte daher angestrebt werden (Kap. 18.3)
(Empfehlungsgrad A).
Pharmakoökonomie: Die aktuell
vorhandenen pharmakoökonomischen Untersuchungen können die Erstellung
einer Empfehlung nur bedingt unterstützen, da nur eine kleine Menge
relevanter Therapieszenarien abgebildet werden, kaum Head-to-Head-Vergleiche
von in Deutschland konkurrierenden Therapien vorliegen, die Therapiebedingungen
nicht auf deutsche Verhältnisse übertragbar sind, die untersuchten
Patientengruppen keine validen Schlussfolgerungen für die Praxis zulassen
oder die gewählte Methodik intransparent oder im Sinne des Auftraggebers
der Studie ausgerichtet ist (Kap. 19).
CAP als terminales Ereignis bei hohem Lebensalter
und/oder schwerer fortgeschrittener Komorbidität: Eine Änderung
des Therapiezieles im Sinne eines palliativen Behandlungskonzeptes kann auf
vielen Ebenen, zum Beispiel durch Verzicht oder durch Initiierung bestimmter
medizinischer und pflegerischer Maßnahmen, erfolgen. Zur Identifizierung
der Patienten, bei denen eine palliative Behandlung als ärztlich und
medizinisch sinnvoll betrachtet wird, ist der Wille des Patienten entscheidend.
Eine gewissenhafte klinische und apparative Dokumentation des Zustands des
Patienten sowie der Entscheidung zu einer palliativen Behandlung wird
empfohlen. Für eine angemessene palliative medizinische und pflegerische
Versorgung des Patienten ist neben der Berücksichtigung der
psychologischen, spirituellen und sozialen Dimension des Leidens im Bereich der
physischen Beschwerden eine optimale Symptomenkontrolle wesentlich. Als
häufigste Symptome sind Dyspnoe, Fieber, Husten, Schwäche, Schmerzen
und neuropsychiatrische Beschwerden mit Verwirrtheit, Agitation und Unruhe zu
nennen (Kap. 20).
Planmäßige Überarbeitung: Die
Leitlinie hat eine Gültigkeit bis 31.12.2012. Bei neuen, relevanten und
anerkannten Erkenntnissen, die im Gegensatz zu Aussagen der Leitlinie stehen,
sind umgehende Berichtigungen in den Fachzeitschriften vorgesehen.
1. Struktur der Leitlinie
1. Struktur der Leitlinie
1.1.Vorwort
Im Namen der Paul-Ehrlich-Gesellschaft für Chemotherapie
e. V. (PEG), der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie und
Beatmungsmedizin e. V. (DGP), der Deutschen Gesellschaft für
Infektiologie e. V. (DGI) sowie des Kompetenz-Netzwerkes CAPNETZ
Deutschland wurde im Jahr 2005 eine gemeinsame Leitlinie über
„Ambulant erworbene Pneumonie/untere Atemwegsinfektionen”
publiziert. Die Leitlinien-Arbeitsgruppe setzte sich aus Vertretern der drei
beteiligten Fachgesellschaften sowie je einem Vertreter von CAPNETZ und der
Arbeitsgemeinschaft Wissenschaftlicher Medizinischer Fachgesellschaften (AWMF)
zusammen (s. Kapitel 21.1). Fachlich repräsentierten die Mitglieder die
Disziplinen Pneumologie, Infektiologie, Klinische Mikrobiologie, Epidemiologie,
Pharmakoökonomie sowie Internistische Intensivmedizin. Die personell
identische Arbeitsgruppe war für die geplante und routinemäßige
Aktualisierung der Leitlinie verantwortlich.
1.2. Ziele der Leitlinie
Ziel der S3-Leitlinie ist die Etablierung von Standards in
Diagnostik und Therapie von ambulant erworbenen Pneumonien/unteren
Atemwegsinfektionen zum rationalen Einsatz der antimikrobiellen und antiviralen
Substanzen, zur Reduktion des Gebrauchs von Antibiotika bei fehlender
Indikation und zur Vermeidung eines extensiven Einsatzes von Antibiotika bzw.
eines einseitigen Einsatzes von bestimmten Antibiotikaklassen und damit die
Vermeidung der Entwicklung von Resistenzen. Dies beinhaltet eine kritische
Würdigung der klinischen, radiologischen, mikrobiologischen und
virologischen Diagnostik, eine transparente Stadieneinteilung und
Risikostratifizierung und die Empfehlung einer risikoadaptierten
antimikrobiellen Therapie mit dem Ziel, einen bestmöglichen
Behandlungserfolg in Verbindung mit einem auf Wirtschaftlichkeit ausgerichteten
Management der Patienten zu ermöglichen. Die Erstellung erfolgte nach den
Kriterien der Arbeitsgemeinschaft Wissenschaftlicher Medizinischer
Fachgesellschaften e. V. (AWMF) für die Entwicklung einer
S3-Leitlinie, um eine nach Evidenz-basierten Kriterien orientierte, hochwertige
medizinische Versorgung und gutes ärztliches Handeln im Management
ambulant erworbener tiefer Atemwegsinfektionen zu ermöglichen sowie um
medizinische Entscheidungen in diesem Kontext auf eine rationale Basis zu
stellen.
Die Leitlinie soll dem behandelnden Arzt eine rationale und
evidenzbasierte Handlungsanweisung geben, um eine ausreichende, angemessene und
wirtschaftliche Therapie dieser Erkrankungen sicherzustellen. Die Leitlinie
fokussiert den „Standard”-Patienten und kann daher nicht auf alle
Möglichkeiten und spezifischen Fragen eine Antwort geben; sie ist als eine
strukturierte Matrix zu verstehen, unter deren Zuhilfenahme medizinische
Probleme und Fragen sachgerecht gelöst werden können.
Sie wendet sich an alle niedergelassenen und am Krankenhaus
tätigen Ärzte, an Krankenpflegekräfte sowie an Mitarbeiter von
Organisationen als auch an alle Akteure, die im Bereich des Gesundheitswesens
tätig sind bzw. in direkter oder indirekter Weise in die Behandlung und
Betreuung von Patienten mit akuten Atemwegsinfektionen eingebunden sind.
Gleichzeitig bildet die Leitlinie eine Grundlage zur Definition und
Fortschreibung der externen Qualitätssicherung für die ambulant
erworbene Pneumonie nach §137 SGB V.
1.3. Erstellung der Leitlinie
Die Entwicklung der Leitlinie wurde in zwei Stufen
durchgeführt. Das Resultat des Entwicklungsprozesses ist eine Leitlinie
der Stufe 3 im Kontext des Drei-Stufen-Konzeptes der Arbeitsgemeinschaft
Wissenschaftlicher Medizinischer Fachgesellschaften e. V. (s.
[Tab. 1 ]). Kernpunkt ist ein kombinierter formaler
Konsensusfindungsprozess aus nominalem Gruppen- und Konsensusprozess, der
multidisziplinär ausgerichtet war.
1.3.1. Literaturrecherche
Nach Auswahl und Definition des Leitlinienthemas und Gliederung
des Arbeitsprogramms wurden den Autoren Aufgabenbereiche mit einem Koreferenten
zugeordnet. Die Literaturrecherche wurde mittels Datenbanken, z. B.
Cochrane Library, DIMDI- Literaturdatenbanken-Superbases, Medline, NHS-Database
PubMed sowie mit der eigenen Handbibliothek, über Internetsuchmaschinen
und individueller Suche bei in Frage kommenden Einrichtungen und Organisationen
(Universitätsklinika, Forschungseinrichtungen, pharmazeutische Industrie)
durchgeführt. Die in Frage kommende Literatur wurde systematisch
gesammelt, gesichtet und nach einem einheitlichen Klassifikationsschema
bewertet.
Der vorliegenden Aktualisierung liegt eine systematische
Literaturrecherche zugrunde, die die neu erschienene Literatur im Zeitraum
02 / 2004 – 12 / 2007 erfasste.
Folgende Suchwörter (deutsch und englisch) wurden verwendet:
„Bronchitis, Pneumonia, Bronchiectasis, Whooping Cough, Influenza,
Legionellosis, Common Cold, Cough, Sputum, Community-Acquired Infections,
English, guideline, practice guideline, health planning guidelines, consensus
development conference, consensus development conference, nih consensus
development conferences, consensus development conferences, nih guidelines,
practice guidelines, consensus, statement, meta-analysis, quantitative review,
quantitative overview, systematic review, systematic overview, methodologic
review, methodologic overview, review, cohort studies, risk, odds ratio, case
control, case-control studies, relative risk, incidence, mortality, follow-up
studies, mortality, prognosis, predictive course, sensitivity and specificity,
sensitivity, diagnosis, diagnostic use, specificity, randomized controlled
trial, drug therapy, therapeutic use, randomization.”
Die Klassifizierung der Evidenz und des Empfehlungsgrades
erfolgte nach dem Oxford Centre of Evidence Based Medicine (1999) (
http://www.cebm.net/levels_of_evidence.asp ).
[Tab. 2 ] zeigt das Klassifizierungschema für
Therapiestudien, für Diagnose-Studien wurde die entsprechend modifizierte
Klassifikation des Oxford Centre of Evidence Based Medicine verwendet. Die
Literatur wurde von jedem Autor bewertet und mit dem Koreferenten abgeglichen.
Sie wurde gleichzeitig durch ein Mitglied der Leitlinien-Arbeitsgruppe
verblindet bewertet und abschließend mit der Bewertung der Autoren
verglichen. Bei Diskrepanzen wurde ein Konsens innerhalb der Arbeitsgruppe
erzielt.
1.3.2. Formulierung der Empfehlungen
Die vorliegende Aktualisierung der Leitlinie wurde am
9. 1. 2008 begonnen und am 17. 7. 2009 formal
abgeschlossen.
Die aktualisierte Fassung der Leitlinie ambulant erworbene
Pneumonie wurde nach Literaturrecherche zunächst von den Vertretern der
vier beteiligten Fachgesellschaften DGP, PEG, DGI und CAPNETZ Stiftung
vorformuliert und die neu eingearbeitete Literatur nach Evidenzlevel und
Empfehlungsgrad ([Tab. 2 ]) durch zwei Gutachter
unabhängig bewertet. Anschließend wurde in einem Delphi-Verfahren
diese Arbeitsversion den Autoren zur Überarbeitung vorgelegt, korrigiert
und neu formuliert.
Dieses Manuskript wurde unter Zurverfügungstellung der
relevanten Literatur in einer Konsensuskonferenz am 9. 12. 2008
(s. Anhang 21.2.) unter Beteiligung aller an der ursprünglichen Leitlinie
mitwirkenden Fachgesellschaften überarbeitet, verändert und
ergänzt. Mitglieder der Konsensuskonferenz waren Experten auf den Gebieten
der Infektiologie, Pneumologie, Intensivmedizin, Anästhesiologie,
Allgemeinmedizin, Pharmakologie, Mikrobiologie, Virologie, antibakteriellen
Chemotherapie, Epidemiologie, Pharmakoökonomie sowie
Qualitätsmanagement. Änderungen und Korrekturen erfolgten in einem
sich der Konsensuskonferenz anschließenden Delphi-Verfahren. Nach
Überprüfung und Begutachtung der Leitlinie durch die
federführenden Fachgesellschaften wurde die Leitlinie von den
Vorständen der vier federführenden sowie allen auf der
Konsensuskonferenz vertretenen Fachgesellschaften als offizielle Verlautbarung
autorisiert.
1.4. Finanzierung
Die Finanzierung der Leitlinien-Erstellung erfolgte über die
beteiligten Fachgesellschaften und die CAPNETZ-Stiftung sowie durch Verkauf
einer Kurzversion der Leitlinie an einen wissenschaftlichen Verlag. Alle
Mitglieder der Arbeitsgruppe arbeiteten ehrenamtlich, eine Vergütung
erfolgte nicht. Reisekosten und anderweitige Auslagen wurden entsprechend dem
Bundes-Dienstreisegesetz bzw. nach den im Hochschulbereich üblichen
Richtlinien abgerechnet. Themen und Inhalte der Leitlinie wurden in keiner
Weise beeinflusst. Um eine größtmögliche Unabhängigkeit zu
erreichen, wurde ausdrücklich auf eine Finanzierung durch die
pharmazeutische Industrie verzichtet.
1.5. Implementierung/Publikation
Die Leitlinie „Ambulant erworbene Pneumonie/untere
Atemwegsinfektionen” wird in den Fachzeitschriften
„Chemotherapie-Journal”, „Pneumologie” und als
englische Version in einer europäischen Zeitschrift der
Fachöffentlichkeit zur Kenntnis gebracht. Eine Kurzversion wird über
einen wissenschaftlichen Verlag in den Handel kommen. Eine englische Version
und Publikation wird angestrebt, um den wissenschaftlichen Dialog mit den
europäischen Fachgesellschaften zu gewährleisten. Die Leitlinie wird
im Internet auf den Seiten der AWMF (
http://awmf.org ) einsehbar
sein.
1.6. Planmäßige Überarbeitung
Die aktualisierte Leitlinie hat eine Gültigkeit bis
31. 12. 2012. Bei neuen, relevanten und anerkannten
Erkenntnissen, die im Gegensatz zu Aussagen der Leitlinie stehen, sind
umgehende Berichtigungen in den Fachzeitschriften vorgesehen.
1.7. Prozessqualität
Untersuchungen über die Bedeutung von Leitlinien in der
Medizin weisen darauf hin, dass die Implementierung von Leitlinien die Prognose
der Patienten verbessern kann [1 ]
[2 ]. Studien zur Kosteneffektivität von Leitlinien in
der Behandlung von Pneumonien zeigen unterschiedliche Effekte. In
Abhängigkeit von Alter und Grunderkrankungen und logistischen Bedingungen
vor Implementierung sind sowohl Kosteneinsparungen als auch Kostensteigerungen
bei Leitlinien-orientierter Behandlung beschrieben worden [1 ]
[3 ]. Günstig beeinflusst wurden
Endpunkte wie Dauer des stationären Aufenthaltes, Häufigkeit
parenteraler Antibiotikagaben, Dauer parenteraler Antibiotikagaben bzw. Rate an
Behandlungsfehlern und Letalität [1 ]
[4 ]
[5 ]. Diese eignen sich daher als
Qualitätsindikatoren für Outcome-Analysen. Nach Einführung und
Einsatz in der täglichen Praxis wird ein positiver, kosteneinsparender
Effekt der Leitlinie auf die Hospitalisierungsrate von Patienten mit unteren
Atemwegsinfektionen, auf die Dauer der stationären Behandlung sowie auf
Letalität und Mortalität im weiteren Verlauf erwartet.
Tab. 1 Drei-Stufen-Konzept
der Leitlinienentwicklung der AWMF.
1.
Stufe (S1):
Expertengruppe
Eine repräsentativ
zusammengesetzte Expertengruppe der Wissenschaftlichen Medizinischen
Fachgesellschaften erarbeitet im formellen Konsens eine Leitlinie, die vom
Vorstand der Fachgesellschaft verabschiedet wird.
2.
Stufe (S2):
Formale Konsensusfindung
Vorhandene Leitlinien
der Stufe 1 werden in einem der bewährten formalen Konsensusverfahren
beraten und als Leitlinien der Stufe 2 verabschiedet. Formale
Konsensusfindungsmethoden sind nominaler Gruppenprozess, Delphimethode und
Konsensuskonferenz. Sie enthalten eine Diskussion der Evidenz für die
verabschiedeten Statements. Für die Durchführung ist die Mitarbeit
von Methodikern hilfreich.
3.
Stufe (S3):
Leitlinie mit allen Elementen systematischer
Erstellung
Der
formale Konsensusprozess wird durch folgende systematische Elemente
erweitert:
– logische Analyse (klinischer
Algorithmus) – Evidenz-basierte Medizin –
Entscheidungsanalyse – Outcomeanalyse
Tab. 2 Klassifizierung der
Evidenz: Evidenzlevel (1 – 5) und Empfehlungsgrade
(A – D) nach Oxford Centre of Evidence Based Medicine
(1999) [6 ].
Empfehlungsgrad
Evidenzgrad
Beschreibung
A
1a
Evidenz durch
systematisches Review randomisierter kontrollierter Studien (RCT)
1b
Evidenz durch eine
geeignet geplante RCT
1c
Alle-oder-Keiner-Prinzip
B
2a
Evidenz durch
systematisches Review gut geplanter Kohortenstudien
2b
Evidenz durch eine gut
geplante Kohortenstudie/RCT mäßiger Qualität (z. B.
< 80 % Follow-up)
2c
Evidenz durch
Outcome-Research-Studien
3a
Evidenz durch
systematisches Review gut geplanter Fall-Kontrollstudien
3b
Evidenz durch eine
Fall-Kontrollstudie
C
4
Evidenz durch
Fallserien/Kohorten- und Fall-Kontrollstudien mäßiger Qualität
D
5
Expertenmeinung ohne
explizite kritische Bewertung oder basierend auf physiologischen Modellen,
Laborforschungsresultaten oder „first principles”
2. Definitionen
2. Definitionen
Schwerpunkt der Leitlinie ist die Epidemiologie, Diagnostik,
Therapie und das Management der ambulant erworbenen Pneumonie (CAP –
englisch: community-acquired pneumonia) des erwachsenen Patienten, definiert
als eine akute mikrobielle Infektion des Lungenparenchyms und angrenzender
Organe. Der Ausdruck „ambulant erworben” grenzt sich von einer im
Krankenhaus erworbenen Pneumonie in der Weise ab, dass die Infektion im
privaten oder beruflichen Umfeld „zu Hause” erworben wurde,
während sich die klinische Symptomatik bei Vorliegen einer nosokomial
erworbenen Pneumonie nach stationärer Aufnahme im Krankenhaus entwickelt
haben muss [7 ]. Pneumonien, die nach stationärer
Entlassung auftreten, werden auch als ambulant erworben definiert, wobei diese
Unterscheidung unscharf ist. Daher werden alle Patienten, die innerhalb der
ersten vier Wochen nach stationärer Entlassung eine Pneumonie entwickeln,
in dieser Leitlinie nicht berücksichtigt; aufgrund eines höheren
Risikos für das Auftreten multiresistenter Erreger gelten für sie die
Empfehlungen analog zur im Krankenhaus erworbenen Pneumonie [8 ]
[9 ]
[10 ].
Die Leitlinie gilt hingegen für Patienten mit CAP in Alten- und
Pflegeeinrichtungen. Für die Einführung einer eigenen Subgruppe
für Pneumoniepatienten mit regelmäßigem Kontakt zum
Gesundheitssystem, der sogenannten „health care-associated
pneumonia” (HCAP), wie sie die aktuellen Leitlinien aus den USA
vornehmen (Kriterien: stationärer Aufenthalt > 2 Tage in den
vorausgegangenen 90 Tagen; Bewohner eines Pflegeheimes; häusliche
Antibiotika-Infusionstherapie oder Chemotherapie oder Wundpflege innerhalb der
letzten 30 Tage vor Auftreten der akuten Erkrankung; chronische
Hämodialyse) [8 ], gibt es in Deutschland keine
ausreichende Datenbasis. Sie beruht im Wesentlichen auf einer retrospektiven
amerikanischen Studie, die für diese Patienten ein häufigeres
Auftreten multiresistenter Erreger zeigte [11 ]. Diese
Studie weist jedoch methodische Mängel auf und ist nicht auf die Situation
in Deutschland übertragbar. Eine spanische Studie fand dagegen bei
Patienten mit HCAP ein insgesamt der CAP ähnliches Erregerspektrum mit
S. pneumoniae als dominierendem Erreger. Bei HCAP
fanden sich jedoch häufiger resistente Pneumokokken, Staphylokokken,
gramnegative Erreger und Aspirationspneumonien sowie ein höheres Risiko,
mit einer inadäquaten antibiotischen Initialtherapie behandelt zu werden
[12 ].
Risikofaktoren für das Auftreten multiresistenter Erreger bei
Patienten aus Alten- und Pflegeeinrichtungen sind ein eingeschränkter
funktioneller Status (z. B. chronische Bettlägerigkeit) und eine
antibiotische Vortherapie [13 ]. Die Besonderheiten
dieser Patientengruppe sind daher durch Einbeziehung von Alter und
Grunderkrankung sowie Antibiotikavortherapie in die Empfehlungen zur Behandlung
der CAP in dieser Leitlinie wahrscheinlich hinreichend berücksichtigt
[14 ].
Da in der Praxis nicht routinemäßig eine Differenzierung
zwischen akuter tiefer Atemwegsinfektion und Pneumonie erfolgt, wurde die
Leitlinie auf akute Infektionen im Bereich der unteren Atemwege mit Betonung
der antimikrobiellen Therapie erweitert. Für alle nichtinfektiologischen
Aspekte wird auf die Leitlinie der Deutschen Atemwegsliga und der Deutschen
Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin zur Diagnostik und
Therapie von Patienten mit chronisch-obstruktiver Bronchitis und Lungenemphysem
verwiesen [15 ]
[16 ].
Die Leitlinie bezieht sich auf Patienten ohne Abwehrschwäche.
Patienten mit primären oder sekundären Immundefekten nach
Organtransplantation, mit Neutropenie < 1.0/nl, HIV-Infektion,
hämatologischen Systemerkrankungen bzw. unter medikamentöser
Immunsuppression sind ausdrücklich ausgenommen. Es wird auf die
Empfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie und
Beatmungsmedizin sowie der Deutschen Gesellschaft für Hämatologie und
Onkologie verwiesen [17 ]. Ebenfalls ausgenommen sind
Patienten mit behandlungsbedürftiger Tuberkulose. Patienten, bei denen
eine Therapiebegrenzung oder Therapiebeendigung vorgesehen ist, sollen nach den
in Abschnitt 20 formulierten palliativmedizinischen Grundsätzen betreut
und dokumentiert werden.
3. Epidemiologie und sozialmedizinische Bedeutung
3. Epidemiologie und sozialmedizinische Bedeutung
Die CAP ist die häufigste registrierte Infektionserkrankung
weltweit [18 ]. Ergebnisse der externen stationären
Qualitätssicherung in Deutschland, die durch die
Bundesgeschäftsstelle für Qualitätssicherung BQS erhoben werden,
zeigen für die Jahre 2005 bis 2007 erstmals exakte Daten über die
Häufigkeit einer im Krankenhaus behandelten ambulant erworbenen Pneumonie
von jeweils etwa 200 000 Patienten. Die Gesamthäufigkeit einer CAP
kann daher auf ca. 400 000 bis 600 000 Patienten pro Jahr
geschätzt werden, wenn eine Hospitalisierungsrate von
30 – 50 % angenommen wird [19 ]. Weiterhin zeigen die in Deutschland im Rahmen der
externen Qualitätssicherung gewonnenen Daten, dass mit zunehmendem Alter
die Inzidenz von CAP ansteigt. Die Letalität an CAP im ambulanten Bereich
ist nach Daten von CAPNETZ gering und lag in einer ersten Auswertung bei
0,6 % (3 / 538 Patienten) [20 ]. Bei stationär behandelten Patienten steigt die
Letalität jedoch deutlich an. Nach den in Deutschland im Rahmen der
externen Qualitätssicherung gewonnenen Daten liegt in sie bei 13,7 bis
14,4 % und zeigt eine signifikante Altersabhängigkeit
(BQS-Qualitätsreport 2007. ISBN 978-3-9-812-495-0-7).
Verlässliche epidemiologische Daten zur akuten Exazerbation
(AECOPD) einer chronisch obstruktiven Lungenerkrankung (englisch:
„chronic obstructive pulmonary disease”, COPD) aus Deutschland
sind wegen der unterschiedlich verwendeten Definitionen nur eingeschränkt
vorhanden. Zudem ist von einer hohen Dunkelziffer von Patienten, die noch nicht
diagnostiziert wurden, auszugehen. Neuere Untersuchungen aus Deutschland
belegen bei über 40-Jährigen eine COPD-Prävalenz von
13,3 % (5,9 % mit mittelschwerer bis schwerer
Obstruktion GOLD II – IV), was die volkswirtschaftliche
Bedeutung dieser Erkrankung unterstreicht [21 ]. Die
durchschnittliche Anzahl an akuten Exazerbationen ist nicht exakt bekannt und
dürfte bei 0,6 – 2,7 Exazerbationen pro Patient und
Jahr liegen [22 ].
4. Erregerspektrum
4. Erregerspektrum
Das Erregerspektrum der CAP weist erhebliche Variationen auf, die
auf geografische und saisonale Unterschiede, die lokale epidemiologische
Situation sowie auf Unterschiede hinsichtlich der untersuchten
Patientenpopulationen (Alter, Begleiterkrankungen, Art der häuslichen
Unterbringung), Einsatz diagnostischer Verfahren bzw. Schweregrad und Ort der
Behandlung zurückzuführen sind. Die meisten publizierten Daten zur
Ätiologie der CAP wurden in Untersuchungen in den USA [23 ], Großbritannien [24 ] und
Spanien [25 ] erhoben; es handelte sich überwiegend
um stationäre Patienten. Auch wenn sich dabei in Teilbereichen nationale
Besonderheiten zeigen, ist die Grundtendenz in allen Ländern ähnlich.
S. pneumoniae
(25 – 45 % aller gesicherten Fälle) ist
der wichtigste Erreger. Bei jüngeren Patienten kommt M. pneumoniae eine nennenswerte Bedeutung zu.
Für Deutschland bestätigen die Daten von CAPNETZ die
herausragende Bedeutung von S. pneumoniae als
Haupterreger der CAP für ambulante und stationäre Patienten, sie sind
für bis zu 50 % der Fälle verantwortlich. Wesentlich
seltener werden M. pneumoniae , H.
influenzae, Enterobacteriaceae oder S. aureus
nachgewiesen [26 ]. Legionellen sind ebenfalls seltene
Erreger einer CAP. Neuere CAPNETZ-Daten sprechen dafür, dass im Gegensatz
zu früheren Vorstellungen Legionellen sowohl mit leichten als auch mit
schweren Verläufen assoziiert sein können [26 ]
[27 ]. Die Inzidenz von
Chlamydieninfektionen ist dagegen unter Anwendung einer validen Diagnostik sehr
gering (< 1 %) [28 ]. Im
Unterschied zu Studien aus Spanien [29 ]
[30 ] kommt P. aeruginosa als
Erreger einer CAP in Deutschland keine größere Bedeutung zu
[26 ]. Eine Berücksichtigung in der empirischen
Therapie ist daher im Regelfall nicht erforderlich und wird nur bei schwer
erkrankten Patienten mit Risikofaktoren, insbesondere bei struktureller
Lungenerkrankung, empfohlen (siehe [Tab. 5 ])
[29 ]
[30 ]. Auch die Rolle von
Anaerobiern als Pneumonieerreger ist umstritten [31 ].
[Tab. 3 ] zeigt das Erregerspektrum der
ambulant erworbenen Pneumonie in Deutschland anhand der aktuellen Daten von
CAPNETZ. In [Tab. 4 ] ist der Einfluss
demografischer, epidemiologischer und klinischer Konstellationen auf das
Erregerspektrum exemplarisch dargestellt. [Tab. 5 ]
listet die Indikationen für eine gegen P.
aeruginosa wirksame empirische antimikrobielle Therapie bei CAP auf.
Ein Überblick über das Erregerspektrum der anderen in
dieser Leitlinie behandelten unteren Atemwegsinfektionen ist in den einzelnen
Kapiteln angeführt.
Tab. 3 Häufigkeit von
Erregern der ambulant erworbenen Pneumonie in Deutschland im Rahmen des CAPNETZ
[26 ].
Häufigkeit
Erreger
sehr häufig
(40 – 50 %)
S.
pneumoniae
gelegentlich
(5 – 10 %)
H.
influenzae M.
pneumoniae Enterobacteriaceae
Respiratorische Viren:
RS-Viren, Adenoviren, Influenzaviren
selten
(< 5 %)
Legionella spp.
S.
aureus
C. pneumoniae
ca.
20 – 25 %
Erreger ungeklärt
Tab. 4 Zusammenhang zwischen
Erregerspektrum und anamnestischen Angaben.
Antibiotika-Vortherapie: Der sorgfältigen Evaluation
vorausgegangener Antibiotikatherapien kommt in der Anamnese eine besondere
Bedeutung zu. Eine Antibiotika-Vortherapie innerhalb der letzten 3 Monate
prädisponiert zu Infektionen durch resistente Erreger besonders
gegenüber der verwendeten Substanzgruppe, dieser Zusammenhang ist für
Betalaktam-, Makrolid- und Fluorchinolonantibiotika belegt [32 ]
[33 ]
[34 ].
Eine Vortherapie mit Fluorchinolonen ist ferner mit dem vermehrten Auftreten
multiresistenter Erreger inkl. MRSA (letztere bisher für Deutschland ohne
klinische Relevanz), eine Vortherapie mit Cephalosporinen mit extended-spectrum
β-Laktamasen bildenden gramnegativen Erregern assoziiert
[34 ]
[35 ]
[36 ]
[37 ]
[38 ].
Reiseanamnese: Bei Reiseanamnese in Länder mit hoher
Legionellose-Prävalenz und/oder Exposition gegenüber Wasser aus
speziellen Aufbereitungsanlagen ist eine Infektion durch Legionella spp. differenzialdiagnostisch zu
berücksichtigen [39 ].
Alter: Bei älteren Patienten über 65 Jahren werden
vermehrt gramnegative Erreger gefunden, wobei diese Assoziation nicht konstant
in allen Untersuchungen beobachtet wird [40 ]
[41 ]
[42 ]
[43 ].
Es konnte bisher nicht überzeugend gezeigt werden, ob das Alter einen
unabhängigen Risikofaktor für diese Erreger darstellt oder ob die
Kofaktoren Komorbidität und Antibiotika-Vorbehandlung bzw. vorangegangene
Hospitalisation hierfür ausschlaggebend sind [30 ]
[44 ].
Alten-
und Pflegeeinrichtungen bzw. Krankenhausvorbehandlung: Bei Patienten aus
einem Pflegeheim/Altersheim ist vermehrt mit Infektionen durch resistente
bzw.
multiresistente Enterobacteriaceae und S. aureus sowie
mit Aspirationspneumonien zu rechnen [11 ]
[12 ]
[45 ]
[46 ].
Diese Assoziation wurde bisher vor allem in Untersuchungen in den USA gefunden.
Risikofaktoren für das Auftreten multiresistenter Erreger sind eine
bestehende Antibiotikavortherapie und ein eingeschränkter funktioneller
Status (chronische Bettlägerigkeit) [13 ].
Risikofaktoren für das Auftreten von Aspirationspneumonien sind
neurologische Grunderkrankungen und eingeschränkte Dentalhygiene
[46 ].
Chronische Lungenerkrankungen: Bei strukturellen
Lungenerkrankungen wie chronisch-obstruktiver Bronchitis sind vermehrt
Infektionen durch H. influenzae und bei
fortgeschrittener Erkrankung der COPD, Mukoviszidose oder Bronchiektasen
S. aureus und P. aeruginosa
zu berücksichtigen [29 ]
[30 ]
[47 ]
[48 ]
([Tab. 5 ]). P. aeruginosa
wird in Deutschland nur sehr selten als Erreger einer CAP nachgewiesen
[26 ].
Tierkontakte: Bei Kontakten zu Vögeln ist
C. psittaci , bei Kontakt zu Schafen
C. burnetii zu berücksichtigen
[49 ].
Steroid-Vortherapie: Bei Patienten mit einer vorbestehenden
Steroidtherapie von mindestens 10 mg/d Prednisolonäquivalent
über eine Dauer von mindestens vier Wochen ist ein gehäuftes
Auftreten von P. aeruginosa und Legionella spp. beschrieben worden [50 ]
[51 ].
Tab. 5 Indikationen für
eine empirische Therapie mit gegenüber Pseudomonas
aeruginosa wirksamen antimikrobiellen Substanzen bei CAP in Deutschland
[25 ]
[26 ]
[29 ]
[30 ]
[52 ]
[53 ].
schwere strukturelle
chronische Lungenerkrankungen wie schwere COPD mit Antibiotikavortherapie
oder
vorausgegangener Hospitalisierung jeweils in den letzten 3 Monaten
bekannte Kolonisation
durch P. aeruginosa
Bronchiektasen
Mukoviszidose
Sowohl mit serologischen Methoden als auch durch Direktnachweis oder
Nukleinsäure-Amplifikations-Techniken (NAT) konnte in einer Vielzahl von
Studien in ca. 10 – 34 % aller Fälle ein
Virusnachweis geführt werden [54 ]
[55 ]. In der deutschen CAPNETZ-Studie lag die
Häufigkeit viraler Pneumonien bei 3,5 % bezogen auf alle bis
31.12.2007 eingeschlossenen Patienten, bzw. bei 11,6 % bezogen
auf die Gesamtzahl mikrobiologisch gesicherter CAP-Fälle. Neben
Influenzaviren als häufigste Viren kommen Respiratory Syncytial- (RS)-,
Adeno-, Corona-, Parainfluenza-, und Enteroviren sowie den humanen
Metapneumoviren eine Bedeutung zu [24 ]
[54 ]
[55 ]
[56 ]
[57 ]. Der Virusnachweis ist
häufig mit einem gleichzeitigen Bakteriennachweis gekoppelt, wobei
S. pneumoniae und S. aureus
im Vordergrund stehen [56 ]
[58 ].
Isolierte primäre Viruspneumonien dürften eher selten sein.
Häufig führt jedoch die virusbedingte Schädigung des
Bronchialepithels zu bakteriellen Superinfektionen mit klinisch schwererem
Verlauf.
Für aktuelle Informationen zur Influenza wird auf die
Internetadresse des Robert-Koch-Institutes (
www.RKI.de ) der World Health
Organization (
www.who.org ) und der Centers for
Disease Control and Prevention (
www.cdc.gov ) verwiesen.
5. Resistenzsituation
5. Resistenzsituation
Antibiotikaresistenzen haben in den letzten zehn Jahren bei den
klassischen Erregern von unteren Atemwegsinfektionen wie S.
pneumoniae, H. influenzae und M. catarrhalis
regional und weltweit zugenommen.
5.1. Resistenzsituation bei Streptococcus
pneumoniae
5.1.1. Resistenz gegenüber Penicillin G
Die verminderte Empfindlichkeit (minimale Hemmkonzentration
[MHK] – mit Grenzwerten des Clinical and Laboratory Standards
Institute [CLSI] der USA zwischen 0,125 und 1 mg/l) und die
Penicillinresistenz (definiert ab MHK: ≥ 2,0 mg/l) von
S. pneumoniae hat eine geringe klinische Relevanz bei
respiratorischen Infektionen [59 ]
[60 ]
[61 ]
[62 ]
[63 ]
[64 ].
In einer Publikation der Centers for Disease Control (CDC, Atlanta, USA) wurde
die Penicillin-Resistenz erst bei einer MHK von ≥ 4 mg/l als
klinisch relevant eingeschätzt [65 ].
Sowohl Penicillin G als auch Aminopenicilline und Cephalosporine
der Gruppe 3a (Cefotaxim und Ceftriaxon) sind auf Grund ihrer günstigen
pharmakokinetischen und -dynamischen Eigenschaften in der Lage, Infektionen
der
Atemwege durch S. pneumoniae mit verminderter
Penicillin- und Cephalosporin-Empfindlichkeit effektiv zu sanieren. Das trifft
für Cephalosporine der Gruppen 1 und 2 wegen der schlechteren
In-vitro-Aktivität und ungünstigerer pharmakodynamischer
Eigenschaften nicht zu.
Insgesamt ist die Rate von S.
pneumoniae mit verminderter Empfindlichkeit gegenüber Penicillin in
Deutschland nach derzeitiger CLSI-Definition im Vergleich zu anderen
europäischen Ländern (z. B. Frankreich und Spanien) mit einem
Anteil von 6,3 % niedrig, Isolate mit Penicillinhochresistenz
(MHK > 2 mg/l) kommen praktisch nicht vor (s.
[Tab. 6 ]) [66 ]
[67 ].
Tab. 6 Resistenzsituation
bei S. pneumoniae gegenüber
Betalaktamantibiotika, Makroliden und Tetracyclinen in Deutschland.
Zeitraum
Isolate (n)
Penicillin
G
Makrolide
Tetracycline
Invasiv/noninvasiv
Kinder/Erwachsene
Studie (Autor)
S (%)
I (%)
R* (%)
R (%)
R (%)
2001 – 2003
530
94
?
I + R 6,0
10,6
11,3
invasiv/noninvasiv
Erwachsene
PneumoWorld Study
[68 ]
2005 – 2006
82
95,1
2,5
2,5
13,6
9,9
CAP
Erwachsene
CAPNETZ (Reinert
pers. Mitteilung)
2005 – 2006
1208
93,7
4,6
1,7
18,4
7,2
invasiv
Erwachsene
Jahresbericht des NRZ
für Pneumokokken
* keine Isolate mit Penicillin-Hochresistenz
(MHK> 2 mg/l); S = sensibel;
I = intermediär; R = resistent.
5.1.2. Resistenz gegenüber Makroliden
Die Resistenz von S. pneumoniae
gegenüber Erythromycin und parallel dazu gegenüber den neueren
Makroliden (Roxythromycin, Clarithromycin, Azithromycin) hat in Deutschland
deutlich zugenommen (siehe [Tab. 6 ]). In der
Langzeitstudie „Invasive Pneumokokkeninfektionen bei Erwachsenen”
des Deutschen Nationalen Referenzzentrums (NRZ) für Streptokokken ist die
Erythromycin-Resistenz von 2,2 % 1992 auf 15,3 % im
Jahr 2000 und auf 17 % im Jahr 2004 angestiegen
(p < 0,001), hat sich aber in den letzten Jahren auf diesem
Level stabilisiert (2007 : 18 %)
[69 ]
[70 ].
Die Makrolidresistenz von S. pneumoniae
hat bei respiratorischen Infektionen vermutlich eine höhere klinische
Relevanz als die Penicillin-Resistenz. Verschiedene Autoren berichteten
über einen therapeutischen Misserfolg im Zusammenhang mit einer
Makrolidtherapie bei CAP durch Makrolid-resistente S.
pneumoniae -Stämme [71 ]
[72 ]
[73 ]
[74 ]
[75 ]. In Studien aus den USA und
Europa kam es während einer Makrolidtherapie zu
Durchbruch-Bakteriämien und damit zu Therapieversagen [76 ]
[77 ]. Eine bestehende
Makrolidresistenz ist ein Risikofaktor für ein Therapieversagen bei
Pneumokokkenbakteriämie [78 ].
Die vorausgegangene Makrolidtherapie ist der wichtigste
Risikofaktor für den Nachweis resistenter S.
pneumoniae [33 ]. Nach Makrolidgabe entwickelt sich
eine rasche und lang anhaltende Vermehrung Makrolid-resistenter
S. pneumoniae in der oropharyngealen Flora
[33 ]
[79 ]. Die Resistenzselektion
scheint bei Präparaten mit längerer Halbwertszeit (Azithromycin) im
Vergleich zu solchen mit kürzerer Halbwertszeit (Clarithromycin) besonders
ausgeprägt zu sein.
Bei 430 S. pneumoniae -Isolaten aus der
deutschen NRZ-Langzeitstudie wurde in 35,6 % das Resistenzgen
erm (B) nachgewiesen, 63,5 % waren
mef positiv [69 ]. Das
erm (B)-Gen kodiert für eine 23S rRNA-Methylase
und führt zu high-level-Resistenzen gegenüber allen Makroliden,
Lincosamiden (Clindamycin) und Streptograminen (sog.
MLSB -Resistenz). Die mef (A)- bzw.
mef (E)-Gene kodieren für einen
Effluxmechanismus, d. h. das Makrolid wird aus der Pneumokokkenzelle
herausgepumpt. Stämme mit diesem Resistenzmechanismus weisen häufig
eine low-level-Resistenz (MHK unter 16 mg/l) auf [80 ]. Der Resistenzmechanismus ist jedoch nicht entscheidend
für die klinische Bedeutung der Resistenz: Bei S.
pneumoniae -Stämmen, die Durchbruchbakteriämien verursachen, kann
es sich sowohl um S. pneumoniae mit
erm (B) als auch mit mef
handeln [76 ]
[78 ].
5.1.3. Resistenz gegenüber Fluorchinolonen
Fluorchinolone der Gruppe 2 (z. B. Ciprofloxacin) haben
eine geringe In-vitro-Aktivität bei S. pneumoniae
und sind aus diesem Grund bei Patienten mit CAP ohne Risikofaktoren für
P. aeruginosa oder Enterobacteriaceae nicht indiziert.
Der Fluorchinolon-Resistenz liegt bei S.
pneumoniae häufig eine Doppelmutation im par C-Gen (kodiert für die Topoisomerase IV) und
gyr A-Gen (kodiert für die Subeinheit A der
DNA-Gyrase) zu Grunde.
Die Resistenz von S. pneumoniae gegenüber Fluorchinolonen der Gruppe 3 (Levofloxacin) und Gruppe 4
(Moxifloxacin) ist weltweit noch selten. Eine Selektion resistenter Stämme
nach Therapie mit Fluorchinolonen der Gruppe 2 ist aber möglich
[81 ].
Kasuistiken über Therapiemisserfolge mit Levofloxacin bei
Infektionen durch Levofloxacin-resistente S.
pneumoniae sind mehrfach publiziert worden [82 ]
[83 ]
[84 ].
In der PROTEKT-Studie (1999 und 2000) mit 3362 weltweit
gesammelten S. pneumoniae- Isolaten lag die
Fluorchinolon-Resistenzrate unter 1 % [85 ]
[86 ].
Die Resistenz gegenüber Fluorchinolonen der Gruppe 3 und 4
ist derzeit in Deutschland sehr selten [87 ]. In der
PneumoWorldStudy 2001 bis 2003 lag die Levofloxacin-Resistenz-Rate der Isolate
aus Deutschland bei 0,4 % [68 ].
5.1.4. Resistenz gegenüber Tetracyclinen
Zur Tetracyclin (Doxycyclin)-Resistenz liegen insgesamt weniger
Daten vor als zur Penicillin-G- bzw. Makrolid-Resistenz von S. pneumoniae , die Resistenz-Raten liegen in den neueren
Studien zwischen 10 und 15 % (s. [Tab. 6 ]).
5.2. Resistenzsituation bei Haemophilus
influenzae
Die Prävalenz Betalaktamase-produzierender
H. influenzae -Stämme liegt in Deutschland
(PROTEKT-Studie, Alexander-Projekt) unter 8 %, wobei regionale
Unterschiede bekannt sind. Der Anteil Betalaktamase-negativer,
Ampicillin-resistenter Isolate ist zu vernachlässigen; d. h.
Aminopenicilline sind bei > 90 % der Isolate wirksam
[87 ]
[88 ]. In der globalen
SENTRY-Studie wurden zwischen 1997 und 2001 2702 H.
influenzae -Stämme aus Europa getestet. Der Anteil der
Betalaktamaseproduzenten betrug 16,2 %. 10,4 % der
Stämme waren gegenüber Clarithromycin, 3,0 %
gegenüber Tetracyclin und 1,7 % gegenüber Cefuroxim
resistent. Resistenzen gegenüber den Fluorchinolonen Levofloxacin und
Moxifloxacin wurden nicht nachgewiesen [89 ]. In einer
weiteren Studie aus Europa von 2000 – 2001 wurden 210
H. influenzae -Stämme aus Deutschland getestet.
8,1 % waren gegenüber Ampicillin resistent, diese waren alle
β-Laktamase-positiv. Keine Resistenzen traten gegenüber Cefuroxim,
Ciprofloxacin und Levofloxacin auf. Gegenüber Clarithromycin waren
82,9 % der Stämme sensibel (0,5 % resistent)
[90 ].
5.3. Resistenzsituation bei Moraxella
catarrhalis
Bei M. catarrhalis ist der Anteil der
Betalaktamase-bildenden Stämme (Penicillin- und Aminopenicillin-Resistenz)
weltweit sehr hoch, er beträgt zwischen 90 und 95 %,
d. h. Aminopenicilline sind für die kalkulierte Initialtherapie
nicht geeignet [87 ]
[88 ].
Im Rahmen des SENTRY-Programms wurden 1068 M.
catarrhalis -Stämme aus Europa getestet. 2,2 % der
Isolate waren gegenüber Tetracyclin resistent. Resistenzen gegenüber
Cefuroxim, Amoxicillin/Clavulansäure, Erythromycin und Fluorchinolonen
wurden nicht nachgewiesen [89 ].
5.4. Resistenzsituation bei Enterobacteriaceae und Pseudomonas
aeruginosa
Für Enterobacteriaceae und
P. aeruginosa wurden von der Arbeitsgemeinschaft
„Empfindlichkeitsprüfungen und Resistenz” der
Paul-Ehrlich-Gesellschaft für Chemotherapie e. V. aus Mitteleuropa
(Deutschland, Schweiz und Österreich) 2006 Daten veröffentlicht, die
sich auf 6343 Bakterienstämme beziehen. Bei den Untersuchungsmaterialien
handelte es sich in 22 % um Atemwegsmaterialien und in
11 % um Blut, wobei nur 15 % der
Bakterienstämme aus dem ambulanten Bereich stammten [91 ]. Von den 74 getesteten E.
coli- Stämmen aus Atemwegsmaterialien waren nach DIN 58940 nur noch
25,7 % gegenüber Ampicillin sensibel, 14,9 %
verhielten sich intermediär und 55,4 % waren resistent. Auch
gegenüber Amoxicillin/Clavulansäure waren nur 20,3 %
der Stämme sensibel. Eine sehr gute in-vitro-Aktivität zeigten
Piperacillin/Tazobactam (Sensitivität von 91,9 %), die
Cephalosporine Ceftriaxon (94,6 %), Cefotaxim
(94,6 %), Ceftazidim (94,6 %) und Cefepim
(97,3 %) sowie Carbapeneme (Ertapenem- und
Meropenem-Sensibilität jeweils 100 %). Gegenüber
Cefuroxim war eine Resistenz der E. coli -Isolate von
16,2 % und gegenüber Ciprofloxacin von 21,6 %
(14,5 % in 2001 bezogen auf alle getesteten Stämme) zu
verzeichnen. Bei 5,1 % (im Vergleich zu 1,8 % 2001,
resp.) der Stämme traten Plasmid-kodierte Breitspektrum-Betalaktamasen
(sog. ESBL) auf. Bei Klebsiella spp. betrug der Anteil
der ESBL-Bildner zwischen 7,3 und 12,4 %. Von den 83 getesteten
K. pneumoniae Stämmen aus Atemwegsmaterialien
waren 94 % sensibel gegenüber Ciprofloxacin,
63,7 % gegenüber Ampicillin/Sulbactam, 83,1 %
gegenüber Piperacillin/Tazobactam und 100 % gegenüber
Ertapenem und Meropenem. Aktuelle Daten belegen die Bedeutung einer
vorausgegangenen Antibiotikatherapie als Risikofaktor für das Auftreten
resistenter Enterobacteriaceae . Insbesondere bei
Vortherapie mit Fluorchinolonen und Cephalosporinen wurde ein erhöhtes
Risiko für eine Infektion mit ESBL-Bildnern oder Ciprofloxacin-resistenten
P. aeruginosa beschrieben [34 ]
[35 ]
[38 ].
Zur aktuellen Resistenzsituation von P. aeruginosa -
Atemwegsisolaten s. [Tab. 7 ].
5.5. Resistenzsituation bei Influenza-Viren und nicht
primär respiratorischen Viren
Bei Influenzaviren (Influenzavirus Typ A) wird unter einer
Amantadin-Behandlung eine rasche Resistenzentwicklung beobachtet, was die
Therapiemöglichkeit mit M2-Kanal-Inhibitoren deutlich begrenzt
[92 ]. Seit Anwendung der Neuraminidase-Inhibitoren
zirkulieren Oseltamivir-resistente Influenzaviren (durchschnittliches Niveau
von ca. 15 %, WHO: Influenza A(H1N1) virus resistance to
oseltamivir, update 13. June 2008,
www.who.int ). Es wird daher notwendig
werden, zur Surveillance Resistenzbestimmungen durchzuführen
[92 ]. Bei Pneumonien durch Varizella-Zoster- oder
Herpes-simplex-Viren sind keine klinisch relevanten resistenten Virusmutanten
nachzuweisen.
Tab. 7 Resistenzraten von
P. aeruginosa aus Atemwegsmaterialien
(n = 266) in Deutschland, Schweiz und Österreich
[91 ] in resistent %.
2004
Cefepim
8,3 %
Ceftazidim
11,3 %
Meropenem
6,0 %
Piperacillin/Tazobactam
10,2 %
Ciprofloxacin
16,2 %
Amikacin
b6,0 %
Gentamicin
15,8 %
Tobramycin
7,1 %
6. Mikrobiologische Diagnostik
6. Mikrobiologische Diagnostik
Die Indikationen für die mikrobiologische Diagnostik werden in
den jeweiligen Kapiteln beschrieben.
6.1. Diagnostik schnell wachsender Bakterien
Die mikrobiologische Diagnostik schnell wachsender Bakterien, die
als Erreger der CAP in Frage kommen, wie S. pneumoniae, H.
influenzae, M. catarrhalis, S. aureus, Klebsiella spp. und andere
Enterobacteriaceae oder P.
aeruginosa , erfolgt über die Mikroskopie und die Kultur.
Geeignete Proben sind Materialien aus den unteren Atemwegen,
Pleuraflüssigkeit oder Blutkulturen. Als respiratorisches Material kommt
Sputum als einfach gewinnbare Probe in Frage, aber auch invasiv gewonnenes
Material wie bronchoalveoläre Lavageflüssigkeit (BAL) oder
Biopsien.
Sputumproben sind häufig mit der physiologischen Flora des
Mund-Rachenraums kontaminiert. Um die Untersuchung von Speichelproben zu
vermeiden, sollte nur makroskopisch eitriges Sputum für die Diagnostik
verwendet werden.
Die Proben sollten vor Beginn einer antimikrobiellen Therapie
gewonnen werden und umgehend – möglichst innerhalb von 2 Stunden
– im Labor bearbeitet werden [93 ].
Mikroskopie: Bei Sputumproben
ermöglicht die mikroskopisch-zytologische Begutachtung des Präparates
die Beurteilung der Untersuchungswürdigkeit der Probe [93 ]. Proben mit mehr als 25 Granulozyten und weniger als 10
(– 25) Plattenepithelzellen pro Gesichtsfeld bei 100-facher
Vergrößerung erfüllen die Qualitätskriterien für eine
Sputumkultur und weisen auf geringe Speichelbeimengungen hin
[94 ]
[95 ]. Diese Kriterien gelten
nicht für Patienten mit Immunsuppression und bei Verdacht auf seltene
Pneumonieerreger wie z. B. Nokardien, Mykobakterien und Schimmelpilze
[93 ]. Die Untersuchung auf Mikroorganismen erfolgt in
der Gramfärbung bei 1000-facher Vergrößerung.
Die Sensitivität der Mikroskopie von Sputumproben für
die Pneumoniediagnostik wird in Studien mit
50 – 60 % angegeben, die Spezifität mit
mehr als 80 % [49 ]. Die Sensitivität
steigt auf bis zu 85 %, wenn die zytologischen Kriterien für
die Qualität der Sputumprobe erfüllt sind. Die Interpretation des
Grampräparates hängt allerdings maßgeblich von der Erfahrung
des Untersuchers ab [49 ]. Das Ergebnis der
Gramfärbung liegt in der Regel innerhalb von 10 bis 15 Minuten vor. Die
positiven und negativen prädiktiven Werte für S.
pneumoniae bzw. H. influenzae betragen
95 % und 71 % (bzw. 93 % und
98 %) [96 ].
Kultur: S.
pneumoniae , H. influenzae , M.
catarrhalis , S. aureus , Enterobacteriaceae und P.
aeruginosa lassen sich grundsätzlich aus Materialien des
Respirationstrakts, Blutkulturen und Pleuraflüssigkeit mittels
mikrobiologischer Standardverfahren anzüchten. Der Nachweis aus
Blutkulturen oder anderen Materialien aus primär sterilen Kompartimenten
ist diagnostisch beweisend. Der Nachweis aus respiratorischem Material per se
lässt hingegen keine Unterscheidung zwischen Infektion und Besiedelung zu.
Die Wertigkeit der (semi-) quantitativen Kultur für diese Differenzierung
ist umstritten.
Das Hauptproblem der Kultur liegt – neben der Dauer von
24 – 48 Stunden bis zum Vorliegen des Ergebnisses –
in der niedrigen Sensitivität.
Blutkulturen sind im Durchschnitt nur bei
0 – 16 % der Patienten mit CAP positiv
[97 ]
[98 ]
[99 ]
[100 ]. Der Wert der positiven
Blutkultur liegt insbesondere im Nachweis anderer Spezies als
S. pneumoniae . Sputumkulturen weisen bei
hospitalisierten Patienten je nach Studie in
29 – 90 % irgendeinen Erreger nach, bei
ambulanten Patienten in weniger als 20 % [49 ]. Selbst bei bakteriämisch verlaufenden
Pneumokokkenpneumonien gelingt der Erregernachweis über die Sputumkultur
nur in 40 – 50 % der Fälle
[101 ]. Erreger werden häufiger kulturell in
transthorakalen Biopsien oder in quantitativen Kulturen von
bronchoalveolärer Lavageflüssigkeit nachgewiesen [49 ].
Wesentliche Gründe für die niedrige Sensitivität
der Kultur liegen in einer nicht optimalen Entnahmetechnik, ungeeignetem
Probenmaterial, zu langer Transportzeit oder einer vorausgehenden
Antibiotikatherapie.
Die Kultur ist jedoch nach wie vor das einzige Verfahren, das
Isolate für die Empfindlichkeitsprüfung liefern kann, die wegen
zunehmender Resistenzprobleme bei Erregern von Atemwegsinfektionen immer
größere Bedeutung gewinnt.
Pneumokokken-Antigennachweis aus Urin
Verfahren: Bei dem Test handelt es sich
um einen immunchromatografischen Membrantest (ICT), der das
Pneumokokken-Zellwand-Polysaccharid nachweist, das bei allen Serotypen von
S. pneumoniae – und auch bei S. oralis und S. mitis –
vorhanden ist [102 ].
Das Testergebnis liegt im Mittel nach 15 Minuten vor. Eine
Konzentrierung des Urins verlängert den Arbeitsablauf, verbessert nicht
wesentlich das Testergebnis und wird daher nicht empfohlen [103 ].
Die Sensitivität des ICT betrug bei Erwachsenen,
verglichen mit konventionellen diagnostischen Methoden, 50 bis
80 %, die Spezifität wurde mit etwa 90 %
angegeben. In einer japanischen Studie an 349 Patienten wurde der positive
prädiktive Wert mit 91,3 % ermittelt, der negative
prädiktive Wert mit 82,6 % [103 ]
[104 ]
[105 ]
[106 ]
[107 ].
Der Test kann auch bei Patienten, die zum Zeitpunkt der
Probenahme bereits eine Antibiotikatherapie erhalten, positiv ausfallen, sodass
bei einem Teil der Patienten, bei denen die Kultur keinen Erregernachweis
erbrachte, mittels des Antigen-Nachweises im Urin eine Pneumokokkenpneumonie
wahrscheinlich gemacht werden kann [103 ]
[105 ]
[108 ].
Aufgrund der Daten zu Sensitivität und Spezifität
schließt ein negativer Test eine Pneumokokken-Pneumonie nicht sicher aus
und ein positiver Test kann auch ein falsch-positives Resultat bedeuten, sodass
der Antigen-Nachweis im Urin zum jetzigen Zeitpunkt nur als Ergänzung zu
den konventionellen Verfahren betrachtet werden kann. Er kann zur Erleichterung
von Entscheidungen zur Fokussierung der Therapie beitragen, wobei die
Möglichkeit polymikrobieller Infektionen zu bedenken ist (Evidenzgrad
5).
Die Arbeitsgruppe empfiehlt
(Empfehlungsgrad B) den Pneumokokken-Antigen-Nachweis im Urin derzeit
nicht als Routine-Diagnostik. Da S. pneumoniae im
antimikrobiellen Spektrum der initialen kalkulierten Antibiotikatherapie liegt,
ist der klinische Nutzen einer Antigenbestimmung im Urin begrenzt. Ein
positiver Ausfall des Antigentests kann zur Erleichterung von Entscheidungen
zur Fokussierung der Therapie beitragen, wobei die Möglichkeit
polymikrobieller Infektionen zu bedenken ist. Ein negativer Test schließt
eine Pneumokokken-Pneumonie nicht sicher aus.
6.2. Diagnostik spezieller Erreger
6.2.1. Diagnostik von Legionella
pneumophila
Diagnostische Verfahren
Kultur: Die Kultur muss auf einem
Spezialmedium mit Zusatz von Holzkohle und Hefeextrakt (BCYE-Agar)
durchgeführt werden. Durch Zusatz von Antibiotika (z. B. BMPA-Agar)
kann die störende Begleitflora unterdrückt werden. Zur Anzucht ist
eine 3- bis 7-tägige Bebrütung notwendig. Die Sensitivität
schwankt zwischen < 10 % und 80 %, die
Spezifität beträgt 100 % [109 ].
Der Vorteil der Kultur ist die Anzuchtmöglichkeit für alle Serotypen
von L. pneumophila und für andere
Legionella spp. Angezüchtete Legionella -Stämme können durch Feintypisierung
mit Stämmen aus verdächtigen Wasserreservoiren verglichen werden.
Hierdurch kann eine Übertragung wahrscheinlich gemacht bzw. ausgeschlossen
werden.
Nachweis von L. pneumophila mit der direkten
Immunfluoreszenz (DIF) aus Materialien der unteren Atemwege: Die
Sensitivität der DIF verglichen mit der Serologie beträgt ca.
25 – 66 % [23 ]
[110 ]
[111 ], wobei der Aussagewert
des DIF-Tests stark abhängig von der Expertise des Labors ist. Die
Spezifität wird mit ca. 95 % angegeben [110 ]. Durch die niedrige Sensitivität und Probleme
bei der Auswertung ist der DIF-Test in der Aussage limitiert und als alleiniger
Test für die Diagnose einer Legionella -Infektion
nicht ausreichend [112 ].
Antigennachweise aus Urin: Seit einigen
Jahren stehen kommerzielle Test-Kits auf der Basis von Enzym-Immuno-Assays
(EIA) sowie ein immunchromatografischer Schnelltest (ICT) zur Verfügung.
Der Test weist ausschließlich L. pneumophila der
Serogruppe 1 nach.
Die Sensitivität im Vergleich zur Kultur liegt bei
Reise-assoziierten Legionella -Infektionen mit dem
Binax-EIA bei 93,7 % und dem Biotest-EIA bei
94,4 %, bei ambulant erworbenen Infektionen bei
86,5 % und 76,0 % [113 ]
[114 ]. Da bei Reise-assoziierten und ambulant erworbenen
Legionellosen Stämme der Serogruppe 1 (monoklonale Subgruppe MAb 3/1)
eindeutig dominieren, ist der Urin-Antigen-Nachweis die Methode der Wahl.
Die Spezifität liegt bei
99 – 100 %, d. h. ein positives
Testergebnis beweist das Vorliegen einer Legionella- Infektion [115 ].
Für den immunchromatografischen Schnelltest (ICT) wurde
eine Sensitivität von ca. 80 % bestimmt, bei Vorliegen von
Stämmen der Serogruppe 1 sogar von 94 %, die Spezifität
lag bei 100 % [116 ]. Die
Übereinstimmung des ICT mit den EIA der Firmen Binax und Biotest ist hoch
[102 ]
[117 ]. Die
Sensitivität der Antigennachweise wird höher, wenn der Urin durch
Ultrafiltration konzentriert wird [102 ]
[118 ]
[119 ]. Ein negativer
Antigennachweis schließt eine Legionellose nicht aus; daher sind bei
entsprechendem klinischem Verdacht Mehrfachuntersuchungen sinnvoll.
Nukleinsäureamplifikationsverfahren aus
Materialien der unteren Atemwege: Legionella spp.
sind nicht in der Lage, den Respirationstrakt zu besiedeln, d. h. bei
Nachweis des Erregers handelt es sich um eine Infektion. Diese Tatsache und
die
relativ schlechte Anzüchtbarkeit sind eine gute Voraussetzung für den
Einsatz von NAT wie der Polymerasekettenreaktion (PCR). Da Legionellen aber
häufig in der Umwelt bzw. im Wasser vorkommen, besteht eine erhöhte
Gefahr von Kontaminationen.
Konventionelle PCR-Techniken zum Nachweis aus Sputum, BAL,
Rachenabstrich, Trachealsekret, Urin und Leukozyten liefern eine vergleichbare
Sensitivität wie die kulturellen Verfahren [120 ]
[121 ]
[122 ]. Bei nicht aus dem Respirationstrakt stammenden
Proben sind die Nukleinsäureverfahren noch nicht ausreichend validiert
[123 ].
Im Vergleich zur konventionellen PCR liegen mit der real-time
PCR (Light-Cycler-Technik) die Testergebnisse mit Speziesidentifizierung und
Quantifizierung schon nach 1 – 2 Stunden vor
[124 ]
[125 ]
[126 ]. Die Spezifität beträgt
100 %, die Sensitivität liegt zwischen 90 und
100 %, wobei bisher nur kleine Fallzahlen untersucht wurden.
Weitere Validierungen und Standardisierungen der PCR-Assays sind notwendig und
sollten einer Etablierung dieser viel versprechenden Methode in der
Routinediagnostik vorausgehen.
Antikörpernachweise aus dem Serum: Aus dem Serum können IgG-, IgM- und IgA-Antikörper mit der indirekten
Immunfluoreszenztechnik bestimmt werden. Ein vierfacher Titeranstieg bei einem
Serumpaar im Abstand von 10 bis 14 Tagen ist beweisend für eine Infektion.
Der Nachweis von IgM-Antikörpern als Einzeltiter kann zwar zu einer
schnelleren Diagnose führen, allerdings ist dieser Test nicht ausreichend
validiert, IgM-Antikörper können zwei Jahre und länger
persistieren [127 ]. Daher ist die Interpretation von
Einzeltitern insbesondere bei schwach positiven Resultaten schwierig.
Mit einer Antikörperbildung ist frühestens nach 10
Tagen zu rechnen und der Nachweis eines 4-fachen Titeranstieges gelingt oft
erst nach 3 bis 6 Wochen [128 ]. Limitiert sind die
Antikörper-Nachweise dadurch, dass bei ca. 20 % der
Patienten keine Serokonversion innerhalb 4 – 6 Wochen nach
Erkrankung auftritt [111 ]
[129 ].
Die Sensitivität der Antikörpernachweise von
L. pneumophila der Serogruppen
1 – 4 betrug verglichen mit der Kultur 75 %
[110 ]. Über die Sensitivität des
Antikörpernachweises für andere Legionella
spp. liegen keine aussagekräftigen Daten vor.
Mehrfach wurde über falsch-positive Ergebnisse durch
kreuzreaktive Antikörper nach Infektion durch andere Bakterienspezies
berichtet [130 ]
[131 ].
Wegen der verzögert auftretenden Antikörperbildung,
der teilweise fehlenden Serokonversion sowie der niedrigen Sensitivität
bzw. Spezifität wird die Antikörper-Diagnostik bei CAP nicht
empfohlen [132 ].
Die Arbeitsgruppe empfiehlt
(Empfehlungsgrad B) den Antigen-Nachweis aus Urin als diagnostische
Methode der Wahl bei Verdacht auf Legionelleninfektion. Für die
Klärung epidemiologischer Zusammenhänge ist die Kultur erforderlich,
während Nukleinsäure-Amplifikationsverfahren bislang für den
Routine-Einsatz nicht ausreichend validiert und standardisiert sind. Der
Antikörper-Nachweis aus Serum und der direkte Immunfluoreszenztest aus
Materialien der unteren Atemwege werden nicht empfohlen.
6.2.2. Diagnostik von Mycoplasma
pneumoniae
Diagnostische Verfahren
Kultur: M.
pneumoniae ist ein zellwandloses, schwer anzüchtbares Bakterium. Die
Kultur von Rachen- oder Nasopharyngealabstrichen auf Spezialnährmedien
benötigt mindestens 10 bis 14 Tage und kann bis zu 5 Wochen dauern. Sie
wird nur in wenigen Speziallaboratorien durchgeführt. Die
Sensitivität ist relativ gering, da erst ab 105 CFU/ml der
Nachweis gelingt. Im Vergleich zur PCR beträgt die Sensitivität des
kulturellen Nachweises von M. pneumoniae aus Atemwegen
nur 61 % [133 ]. Aus diesen Gründen
ist die Kultur für die Diagnostik einer CAP nicht geeignet.
Antikörpernachweise im Serum: Die
Komplement-Bindungs-Reaktion hat eine unzureichende Sensitivität und
Spezifität [134 ]
[135 ].
Kälte-Agglutinin-Titer von
≥ 1 : 64 korrelieren zwar mit dem Schweregrad der
Erkrankung, sind aber nicht ausreichend sensitiv und spezifisch
[136 ].
Mit der Enzymassay (EIA)-Technik sind IgG-, IgM- und
IgA-Antikörper-Nachweise entwickelt worden. Verschiedene kommerzielle
EIA-Kits stehen zur Verfügung, deren unterschiedliche cut offs
berücksichtigt werden müssen. IgM-Antikörper sind häufig
nur bei Kindern nach Erstkontakt mit M. pneumoniae
nachweisbar, ein negativer IgM-Nachweis schließt eine M. pneumoniae -Infektion, insbesondere bei Erwachsenen,
nicht aus. Der IgA-Antikörper-Nachweis mit dem EIA weist bei Erwachsenen
eine höhere Sensitivität und Spezifität als die anderen
Testverfahren auf [137 ]. Für das akute Management
einer CAP kommt eine Mykoplasmen-Serodiagnostik häufig zu spät. Eine
Studie mit begrenzter Fallzahl aus Deutschland zeigte bei Patienten mit
längerer klinischer Symptomatik der CAP (>12 Tage) für den
Einzelnachweis von IgM-Antikörpern gegen M.
pneumoniae mittels particle agglutination assay (Serodia-Myco II) im
Vergleich zur PCR eine Sensitivität von 90 % und eine
Spezifität von 100 % [138 ]. In einer
weiteren Untersuchung konnte gezeigt werden, dass eine Therapieumstellung bei
CAP-Patienten (bei gleichem Outcome) unter einer empirischen
β-Laktam-Monotherapie häufiger notwendig war als bei Patienten, die
gezielt gegen M. pneumoniae bzw. C. pneumophila behandelt worden waren [139 ].
Nukleinsäureamplifikationsverfahren aus
Atemwegsmaterialien: Durch die schwierige Anzüchtbarkeit von
M. pneumoniae bieten sich NAT als diagnostische
Verfahren an. Ein Nachteil ist allerdings, dass M.
pneumoniae im Gegensatz zu L. pneumophila den
Respirationstrakt besiedeln kann, ohne eine Erkrankung hervorzurufen.
Zahlreiche Studien belegen eine höhere Sensitivität und
Spezifität der in-house PCR-Assays bei M.
pneumoniae -Infektionen als die Kultur [140 ]
[141 ]
[142 ]
[143 ]. Über den Einsatz der real-time PCR zur
Diagnostik von M. pneumoniae liegen mehrere
Publikationen vor [126 ]
[144 ]
[145 ]
[146 ]. Die M. pneumoniae -PCR aus dem Rachenabstrich scheint
z. Z. der beste Test für die Diagnose einer Mykoplasmen-Pneumonie
zu sein, unter der Voraussetzung, dass eine strenge Qualitätskontrolle
durchgeführt wird und die Tests von Labor zu Labor vergleichbar sind
[112 ]
[144 ]. Eine weitere
Validierung bei der Probenaufbereitung, der Amplifikation und der Detektion
sowie eine Standardisierung der schon verfügbaren (auch kommerziellen)
PCR-Assays ist notwendig, ehe diese Verfahren außerhalb von
Speziallaboratorien eingesetzt werden können [147 ].
Die Arbeitsgruppe empfiehlt
(Empfehlungsgrad B) keine routinemäßige Untersuchung auf
Mycoplasma pneumoniae bei CAP. Für eine schnelle Diagnose einer M.
pneumoniae-Pneumonie ist die PCR aus Rachenabstrichen bei ausreichender
Validierung und Standardisierung des Verfahrens am besten geeignet. Als
konventionelle Methode kann bei Patienten mit einer Symptomdauer der CAP
> 12 Tage und/oder Therapieversagen nach Betalaktam-Antibiotikagabe
sowie für epidemiologische Analysen auch der Nachweis von
IgM-Antikörpern im Serum eingesetzt werden.
6.2.3. Diagnostik von Chlamydophila
pneumoniae
Diagnostische Verfahren
Kultur: C.
pneumoniae kann als obligat intrazellulärer Erreger nur in
Zellkulturen eukaryontischer Zellen angezüchtet werden. Die Methodik ist
nur in wenigen Speziallaboratorien verfügbar, verlässliche Angaben zu
Spezifität und Sensitivität fehlen aufgrund erheblicher Unterschiede
in den Protokollen für Anzucht, Passage und Bestätigungstests
[148 ]
[149 ]. Trotzdem ist die
Kultur das einzige Verfahren, das die Empfindlichkeitsprüfung der Isolate
sowie die Möglichkeit der Bestätigung des mikrobiologischen Erfolgs
in Therapiestudien ermöglicht [150 ].
Antikörpernachweise aus dem Serum: Aus dem Serum können prinzipiell IgG-, IgM- und IgA-Antikörper
bestimmt werden.
Probleme ergeben sich aus der hohen Prävalenz von
IgG-Antikörpern bei Erwachsenen, aus der Kinetik der
Antikörper-Antwort bei der Erst-Infektion und der Reinfektion sowie aus
dem Fehlen standardisierter Testsysteme. IgM-Antikörper treten in der
Regel 2 – 3 Wochen nach Erkrankungsbeginn auf und sind nach
2 – 6 Monaten nicht mehr nachweisbar, IgG-Antikörper
erreichen oft erst 6 – 8 Wochen nach Erkrankungsbeginn hohe
Titer. Bei Reinfektionen ist eine IgM-Antwort häufig nicht vorhanden und
die IgG-Titer steigen rasch innerhalb von 1 – 2 Wochen.
Serologische Tests sind daher in erster Linie für die retrospektive
Bestätigung der Diagnose oder für epidemiologische Studien geeignet
[151 ].
Kommerziell erhältlich sind verschiedene
Enzym-Immuno-Assays, die jedoch bezüglich Sensitivität und vor allem
Spezifität nicht ausreichend validiert sind, um eine Empfehlung
auszusprechen [149 ].
Der einzige von den Centers for Disease Control der USA und
dem Laboratory Centre for Disease Control Canada empfohlene serologische Test
ist der Mikroimmunfluoreszenztest, da er der einzige Spezies-spezifische
Antikörper-Test ist. Allerdings ist der Test technisch aufwendig, die
Interpretation ist von der subjektiven Betrachtung des Ablesenden abhängig
und weder Reagenzien noch Kriterien für die Testdurchführung sind
standardisiert. Ein IgM Titer von ≥ 1 : 16 oder ein
4-facher IgG-Titeranstieg in einem Serumpaar gilt als beweisend für eine
akute Infektion [152 ].
Nukleinsäure-Amplifikationsverfahren
aus Atemwegsmaterialien: Aufgrund der Probleme bei der Kultur und den
Antikörpertests scheinen NAT geeignete diagnostische Verfahren für
den Nachweis von C. pneumoniae zu sein. Angaben zu
Sensitivität und Spezifität sind allerdings kaum möglich, da es
keinen „Goldstandard” als Vergleich gibt und selbst Studien, die
das gleiche PCR-Protokoll verwendet haben, zu sehr unterschiedlichen Resultaten
kommen [109 ]
[133 ]
[151 ].
C. pneumoniae kann den
Respirationstrakt besiedeln. Die klinische Bedeutung dieses Trägerstatus
ist unklar. Der Einsatz hochsensitiver PCR-Techniken kann die Nachweisrate hier
erhöhen, ohne dass sich diagnostische Schlussfolgerungen bezüglich
einer Infektion ziehen lassen.
Die Centers for Disease Control der USA und das Laboratory
Centre for Disease Control Canada geben Empfehlungen für die
Standardisierung der NAT zum Nachweis von C.
pneumoniae , doch bisher sind keine standardisierten Tests verfügbar,
die sich für die Routinediagnostik eignen [151 ].
Auch für die Diagnostik von C.
pneumoniae -Infektionen gilt, dass die Einführung der real-time-PCR
die Diagnostik weiter beschleunigen und quantifizieren kann, aber auch hier
sind bisher nur Studien mit kleinen Fallzahlen publiziert, sodass eine
Anwendung in der Routinediagnostik noch nicht empfohlen werden kann
[126 ]
[153 ].
Die Arbeitsgruppe empfiehlt
(Empfehlungsgrad B) keine routinemäßige Untersuchung auf C.
pneumoniae bei ambulant erworbenen Atemwegsinfektionen, da derzeit keine
Methode der Wahl für die Diagnostik dieses Erregers existiert. Wenn
überhaupt eine Untersuchung für notwendig erachtet wird, sind der
Mikroimmunfluoreszenztest und die PCR aus respiratorischem Material –
soweit die Kriterien für die Testvalidierung eingehalten werden –
vorzuziehen.
6.2.4. Diagnostik respiratorischer Viren
Diagnostische Verfahren
Antigen-Nachweis aus respiratorischem
Material: Für Influenza-Viren stehen Schnelltests zur Verfügung,
die innerhalb von 15 bis 20 Minuten eine ätiologische Diagnose mit einer
Sensitivität von 70 – 90 % erlauben
[154 ].
Auch für das Respiratory Syncytial Virus (RSV) sind
kommerzielle Antigen-Tests verfügbar, allerdings liegt die
Sensitivität bei Erwachsenen unter 15 % [150 ].
Direkte Immunfluoreszenztests (DIF): Der Nachweis in der direkten Immunfluoreszenz ist möglich für
Influenza-Viren, Parainfluenza-Viren, Adenoviren und RSV. Valide Daten zu
Sensitivität und Spezifität sind nicht vorhanden [154 ].
Kultur: Grundsätzlich ist eine
Virusisolierung mittels Zellkultur für alle genannten respiratorischen
Viren möglich. Als Routinemethode kommt dieses Verfahren wegen des hohen
methodischen Aufwands und der langen Dauer jedoch nicht in Frage
[154 ].
Nukleinsäure-Amplifikationstechniken: Unabhängig
von der Bedeutung der Nukleinsäure-Amplifikationstechniken für
epidemiologische Fragestellungen werden sie neben dem direkten Antigennachweis
für die Diagnose respiratorischer Virusinfektionen zunehmend zur Methode
der Wahl. Ein Vorteil besteht in ihrer höheren Sensitivität im
Vergleich zu den herkömmlichen Nachweisverfahren. Dies gilt auch für
die Therapie-relevante Influenzavirus-Infektion, bei der diese Technik den
kommerziellen Schnelltests, vor allem bei älteren Menschen, überlegen
ist. Als sensitives und auch schnelles Verfahren hat sie als Multiplex-PCR noch
den Vorteil, dass sie auch die häufig auftretenden Virusdoppelinfektionen
erfasst.
Wegen derzeit mangelnder therapeutischer Konsequenz und
fehlender Standardisierung haben diese Verfahren jedoch bislang vielerorts
keinen Eingang in die Routinediagnostik bei respiratorischen Infektionen
gefunden [133 ]
[155 ]
[156 ].
Die Arbeitsgruppe empfiehlt
(Empfehlungsgrad B) keine routinemäßige Diagnostik
respiratorischer Viren. In Ausbruchssituationen ist ein Schnellnachweis von
Influenza-Viren – möglichst differenzierend zwischen Influenza A und
B – sinnvoll. Im Hinblick auf die aktuelle Influenza-Situation wird auf
die jeweils aktuellen Informationen des RKI, der WHO und der CDC im Internet
verwiesen.
7. Antiinfektiva zur Behandlung tiefer Atemwegsinfektionen
7. Antiinfektiva zur Behandlung tiefer Atemwegsinfektionen
7.1. Betalaktamantibiotika
Betalaktamantibiotika wirken über eine Hemmung der
bakteriellen Zellwandsynthese. Sie sind nicht wirksam gegen die
intrazellulären Chlamydien, Coxiellen und Legionellen und die
zellwandlosen Mykoplasmen. Unter den Basispenicillinen sind Penicillin G,
Oralpenicilline (Phenoxymethylpenicillin) und Aminopenicilline
dosisabhängig gut wirksam gegen S. pneumoniae und
penicillinempfindliche Staphylokokken. Die Aminopenicilline Amoxicillin und
Ampicillin haben ein erweitertes Wirkspektrum vor allem gegen
Haemophilus -Arten, soweit diese keine
Betalaktamasebildner sind (in Deutschland
∼3 – 7 %). Sie gelten aufgrund der sehr
häufigen Betalaktamaseproduktion bei M.
catarrhalis und bei Klebsiellen als in der Regel unwirksam gegenüber
diesen Pathogenen. Die Aktivität von Aminopenicillinen gegenüber
diesen Erregern von Atemwegsinfektionen kann mittels Kombination mit einem
Betalaktamaseinhibitor wiederhergestellt werden. Solche Kombinationen sind auch
sehr gut wirksam gegen Anaerobier. Ein ähnliches Wirkspektrum besitzt auch
Ertapenem, ein Carbapenem, wobei die Aktivität gegenüber
Enterobacteriaceae höher ist.
Unter den Cephalosporinen sind Cefuroxim, Ceftriaxon und Cefotaxim
relevante Substanzen zur Therapie von ambulant erworbenen Atemwegsinfektionen.
Ceftriaxon und Cefotaxim besitzen hohe Aktivität gegenüber
S. pneumoniae, Haemophilus spp.,
Moraxella spp. und Klebsiella spp. Cefuroxim hat eine sehr gute Wirksamkeit
gegenüber methicillinsensiblen Staphylokokken, die Aktivität
gegenüber S. pneumoniae ist hier etwas
schwächer. Bei Ceftriaxon und Cefotaxim verhält es sich umgekehrt,
hier ist die Aktivität gegenüber methicillinsensiblen Staphylokokken
schwächer als bei Cefuroxim. Alle drei Cephalosporine haben keine
ausreichende Wirksamkeit gegenüber Anaerobiern.
Bei der schweren ambulant erworbenen Pneumonie und Risikofaktoren
für P. aeruginosa -Infektion kommen
pseudomonaswirksame Betalaktame zur Anwendung. Dazu gehören Piperacillin,
Ceftazidim und Cefepim sowie die beiden Carbapeneme Imipenem und Meropenem.
7.1.1. Orale Basispenicilline: Penicillin V und
Amoxicillin
Durch die höheren Serum- und Gewebespiegel gilt Amoxicillin
bei S. pneumoniae als am besten geeignetes
Oralpenicillin bei Pneumonien; zusätzlich werden damit die meisten
Haemophilus spp. erfasst. Mit einer Dosis von
750 mg alle 8 h bei einem Körpergewicht von
< 70 kg bzw. 1000 mg alle 8 h bei einem
Körpergewicht von ≥ 70 kg sind in der Regel ausreichende
Wirkspiegel erreichbar (erwartete mittlere Serumspitzenspiegel:
∼10 – 15 mg/l). Atemwegsinfektionen durch
S. pneumoniae mit verminderter
Penicillinempfindlichkeit (MHK-Werte 0.125 – 1 mg/l)
können mit Amoxicillin oral in der angegebenen Dosis durchaus noch
adäquat behandelbar sein. Niedrigere Dosen können das Risiko für
das Auftreten von penicillinminderempfindlichen S.
pneumoniae erhöhen und sollten heute bei Pneumonien nicht mehr
verwendet werden [157 ]. Zu den häufigsten
unerwünschten Wirkungen zählt das Arzneimittelexanthem. Es ist mit
einer Frequenz von 5–10 % etwas häufiger als bei
Cephalosporinen. Gastrointestinale Störungen sind die zweithäufigsten
unerwünschten Wirkungen.
7.1.2. Parenterale Basispenicilline: Penicillin G und
Ampicillin
Die Halbwertszeit dieser Substanzen nach intravenöser
Applikation ist sehr kurz (< 1 h). Um ausreichende Serum- und
Gewebekonzentrationen zu erreichen, die auch adäquat für
Atemwegsinfektionen durch S. pneumoniae mit
verminderter Penicillinempfindlichkeit sind, sind höhere Dosen alle
6 – 8 h oder sehr kurze Dosierungsintervalle
(z. B. 2 Mio IE alle 4 h) nötig. In vielen Kliniken
hat sich die Gabe von 5 Mio. IE Penicillin G (erwartete mittlere
Serumspitzenspiegel: > 50 mg/l) alle
6 – 8 h oder Ampicillin 2 g (erwartete
mittlere Serumspitzenspiegel: > 50 mg/l) alle
6 – 8 h als gut wirksam, verträglich und
ökonomisch bewährt.
Beide Substanzen sind bei Raumtemperatur wenig stabil und
sollten spätestens innerhalb 1 h nach Herstellen der
Infusionslösung appliziert werden. Häufigste Nebenwirkungen sind auch
hier allergische Exantheme – oft erst nach einigen Tagen Behandlung
auftretend. Akutreaktionen, insbesondere anaphylaktoide Reaktionen sind selten
(< 0,1 %), ein anaphylaktischer Schock ist seltener
(< 0,01 %). Bei Ampicillin werden auch
nicht-allergische Exantheme (typisch bei infektiöser Mononukleose)
beobachtet.
7.1.3.
Aminopenicillin-Betalaktamaseinhibitor-Kombinationen
Zwei verschiedene Kombinationspräparate sind jeweils oral
und parenteral erhältlich, Amoxicillin/Clavulansäure und
Ampicillin/Sulbactam (in der oralen Form als Sultamicillin, eine
Doppelesterverbindung von Ampicillin und Sulbactam). Vorteil dieser Substanzen
in der Behandlung von ambulant erworbenen Pneumonien ist das um
Moraxella spp., Klebsiella
spp., S. aureus und Anaerobier erweiterte Spektrum;
die gelegentlich auftretenden Betalaktamase-positiven Haemophilus spp. werden ebenfalls erfasst. Nachteile sind
die gastrointestinalen Störungen, die häufiger im Vergleich zu
Basispenicillinen zu sein scheinen. Bei beiden Substanzen ist eine Kontrolle
von Blutbild, Serum-Kreatinin und Leberfunktionsparametern bei längerer
Anwendung empfohlen. Bei Amoxicillin/Clavulansäure sollte an die
erhöhte Kaliumzufuhr gedacht werden. Die Resorption von
Amoxicillin/Clavulansäure wird bei Einnahme kurz vor dem Essen verbessert,
die Resorption der Wirkstoffe aus der Sultamicillin-Zubereitung scheint
nahrungsunabhängig.
7.1.4. Oralcephalosporine
Gegenüber S. pneumoniae stellen
Oralcephalosporine Mittel der zweiten Wahl dar; die MHK-Werte bei
penicillinempfindlichen und penicillinresistenten S.
pneumoniae liegen bei allen Präparaten deutlich über denen von
Amoxicillin. Hinsichtlich erreichbarer Spiegel nach oraler Verabreichung
(z. B. ∼ 10 – 15 mg/l nach
500 mg Cefaclor oder Cefuroximaxetil) im Verhältnis zur MHK sind
die Substanzen daher dem Amoxicillin unterlegen. Unter den verschiedenen
Gruppen von Oralcephalosporinen gelten die Substanzen der Gruppe 1 (Cefalexin,
Cefaclor, Cefadroxil) als nicht gut geeignet zur kalkulierten Behandlung der
ambulant erworbenen Pneumonie, vor allem aufgrund ihrer schlechten Wirksamkeit
bei Haemophilus spp. Bei Präparaten der Gruppe 2
(u. a. Cefuroxim-Axetil) bestehen diese Wirklücken nicht,
wenngleich die Aktivität gegenüber Haemophilus spp. unter den gegebenen
pharmakokinetischen/pharmakodynamischen Bedingungen nicht bei allen Substanzen
zuverlässig ist. Die Gruppe 3-Präparate (z. B.
Cefpodoximproxetil, Cefixim u. a.) sind stärker wirksam
gegenüber Haemophilus spp., Moraxella spp. und vor allem auch Klebsiella spp., dabei sind jedoch einige Substanzen
(Cefetamet, Ceftibuten und Cefixim) klinisch nicht wirksam gegenüber
S. aureus , und auch die Wirksamkeit gegenüber
S. pneumoniae im Verhältnis zu den erreichbaren
Serum- und Gewebekonzentrationen ist nicht bei allen Präparaten
vergleichbar. Zur Therapie ambulant erworbener Pneumonie als geeignet und
klinisch gut untersucht kann in erster Linie Cefuroxim-Axetil gelten. Die
empfohlene Tagesdosis von Cefuroxim-Axetil bei ambulant erworbener Pneumonie
beträgt 2 × 500 mg. Diese Dosierung sollte
nicht unterschritten werden. Die Resorption ist am besten bei Einnahme nach
den
Mahlzeiten; die Bioverfügbarkeit ist in dieser Situation
50 – 60 %. Häufigere Nebenwirkungen sind
gastrointestinale Störungen und Exantheme.
7.1.5. Parenterale Cephalosporine
Zu den prinzipiell geeigneten und klinisch gut untersuchten
Substanzen gehören Cefuroxim sowie Ceftriaxon und Cefotaxim. Zur gezielten
Therapie bei nachgewiesener in vitro-Empfindlichkeit können auch andere
Präparate verwendet werden wie beispielsweise Cefazolin (Dosierung:
3 × 2 g), bei notwendiger Pseudomonaswirksamkeit
kommen nur Ceftazidim oder Cefepim in Frage.
Die für Cefuroxim bei normaler Nierenfunktion empfohlene
Tagesdosis ist 3 × 1,5 g (bei invasiver
Staphylokokkeninfektion: 4 × 1,5 g). Damit werden
1 h nach Infusion Plasmaspiegel von ∼40 mg/l erreicht. Die
Serumhalbwertzeit beträgt etwa 1,5 h. Bei ambulant erworbener
Pneumonie liegen auch Erfahrungen mit geringeren Dosen vor (z. B.
2 – 3 × 750 mg); allerdings war
in einer retrospektiven Studie diese Dosierung bei der Behandlung von
Infektionen durch penicillinminderempfindliche S.
pneumoniae mit vermehrten Versagern assoziiert [64 ]. Diese niedrige Dosis wird zur kalkulierten Therapie
daher nicht empfohlen. Die Cephalosporine Ceftriaxon und Cefotaxim
unterscheiden sich in erster Linie durch ihre Halbwertszeit, die bei Ceftriaxon
mit 8 h wesentlich länger ist. Beide Substanzen sind in vitro
wirksamer als Cefuroxim gegen Haemophilus spp.,
Moraxella spp., Klebsiella
spp. und gegen S. pneumoniae . Dies gilt auch für
penicillinminderempfindliche S. pneumoniae .
S. pneumoniae mit intermediärer
Penicillinempfindlichkeit gelten bei den derzeitigen Grenzwerten zu
∼50 % bereits als cefuroximresistent. Penicillinresistente
S. pneumoniae sind dagegen noch in etwa
90 – 95 % empfindlich bzw. intermediär
gegenüber Ceftriaxon und Cefotaxim (MHK < 4 mg/l).
Eine Tagesdosis von 1 × 1 g
Ceftriaxon hat sich bei ambulant erworbener Pneumonie als ausreichend gezeigt.
Für die kalkulierte Initialtherapie wird eine Tagesdosis von
1 × 2 g empfohlen. Die Erfahrungen mit niedrig
dosiertem Cefotaxim i. v. (2 × 1 g) bei
dieser Indikation sind geringer; bei der kurzen Halbwertszeit von Cefotaxim
wird daher ein Dosierungsintervall von mindestens 8 h empfohlen. Bei der
gezielten Behandlung von S. pneumoniae -Pneumonien mit
verminderter Penicillinempfindlichkeit sowie bei Haemophilus - und Klebsiellen-Pneumonie sollte ähnlich
wie bei einer kalkulierten initialen Therapie eine höhere Tagesdosis
verwendet werden (s. [Tab. 8 ]).
Tab. 8 Dosisempfehlungen
bei der kalkulierten Initialtherapie der ambulant erworbenen Pneumonie
(Tagesdosis bei Erwachsenen mit einem KG von
50 – 85 kg sowie normaler Nieren- und
Leberfunktion).
Substanz
Empfohlene
Initialdosis (pro Tag)
parenteral
oral
Nichtbreitspektrum-Betalaktame
Penicillin G
3 – 4 × 5 Mio IE
Amoxicillin
≥ 70 kg:
3 × 1,0 g < 70 kg:
3 × 750 mg
Ampicillin
3 – 4 × 2,0 g
Cefuroxim-Axetil
2 × 500 mg
Cefuroxim
3 × 1,5 g
Amoxicillin-Clavulansäure
3 × 2,2 g
2 × 875 / 125 mg
Ampicillin-Sulbactam
3 × 3,0 g
2 × 750 mg
Breitspektrum-Betalaktame
Ceftriaxon
1 × 2,0 g
–
Cefotaxim
3 × 2,0 g
–
Ertapenem
1 × 1,0 g
–
Piperacillin-Tazobactam
3 × 4,5 g
–
Piperacillin/Sulbactam
3 × 4,0 / 1,0 g
–
Ceftazidim
3 × 2,0 g
–
Cefepim
3 × 2,0 g
–
Imipenem
3 × 1,0 g
–
Meropenem
3 × 1,0 g
–
Makrolide
Azithromycin
1 × 500 mg
1 × 500 mg
Clarithromycin
2 × 500 mg
2 × 500 mg
Roxithromycin
1 × 300 mg
Erythromycin
3 × 1,0 g
–
Tetracycline
Doxycyclin
1 × 200 mg
1 × 200 mg
Fluorchinolone
Ciprofloxacin
3 × 400 mg
2 × 500–750 mg
Levofloxacin
1 – 2 × 500 mg*
1 – 2 × 500 mg*
Moxifloxacin
1 × 400 mg
1 × 400 mg
Nucleosid-Analoga
Aciclovir
3 × 10 mg/kg KG
–
*Höhere Initialdosis
(2 × 500 mg) bei schwerer CAP empfohlen.
7.1.6. Ertapenem
Es handelt sich um ein Carbapenem mit langer Halbwertszeit ohne
relevante Aktivität gegenüber P. aeruginosa ,
jedoch mit guter Aktivität gegenüber Streptokokken,
Enterobacteriaceae und Anaerobiern. Ertapenem wird
einmal täglich in einer Dosis von 1,0 g intravenös infundiert.
Nach Infusion von 1 g Ertapenem liegen die mittleren
Plasmakonzentrationen bei ∼150 µg/ml; nach 12 Stunden sind
∼10 µg/ml und nach 24 Stunden ∼1 µg/ml zu
erwarten. Die Halbwertszeit beträgt etwa vier Stunden, die Proteinbindung
ist mit 90 – 95 % hoch, die Ausscheidung
erfolgt überwiegend renal. Wirksamkeit bei ambulant erworbener Pneumonie
sowie Häufigkeit und Art von Nebenwirkungen waren bei einer Dosierung von
1 × 1 g ähnlich wie bei Ceftriaxon. Selten
werden Haut- (Exantheme, Juckreiz) und ZNS-Reaktionen, wie Kopfschmerzen,
Verwirrtheitszustände und Krampfanfälle während der Behandlung
beobachtet.
7.1.7. Pseudomonaswirksame Betalaktame
Hierzu gehört Piperacillin, ein Ureidopenicillin, das eine
gute bis sehr gute Aktivität gegenüber P.
aeruginosa besitzt. Das sonstige Wirkspektrum ähnelt dem der
Aminopenicilline, obwohl die In-vitro-Aktivität gegenüber
Enterobacteriaceae höher ist. In Kombination mit
Sulbactam oder Tazobactam erweitert sich das Wirkspektrum und umfasst auch
S. aureus und Anaerobier, die Aktivität
gegenüber P. aeruginosa ist jedoch nur
unwesentlich verbessert. Der als freier Kombinationspartner angebotene
Betalaktamaseinhibitor Sulbactam hat mit Piperacillin in vitro eine deutlich
geringere Wirksamkeit gegen Enterobacteriaceae als Piperacillin-Tazobactam;
eine Übertragbarkeit der in-vitro-Testergebnisse für
Piperacillin-Tazobactam auf Piperacillin-Sulbactam ist für
Enterobacteriaceae nicht zulässig. Die fixe
Kombination ist gut untersucht, während ausführliche Studien zur
freien Kombination mit z. B. Sulbactam fehlen. Die
Piperacillin-Dosierung beträgt 3 × 4 g
täglich, bei fixer Kombination mit Tazobactam
3 × 4,5 g, in Kombination mit Sulbactam
3 × 4 g + 1 g. Die
Nebenwirkungen sind ähnlich den Aminopenicillinen.
Cephalosporine mit Pseudomonas-Wirksamkeit sind Ceftazidim und
Cefepim. Ceftazidim hat allerdings keine ausreichende Aktivität
gegenüber grampositiven Kokken wie S. pneumoniae
und methicillinsensiblen S. aureus und ist daher
für die kalkulierte Monotherapie ambulant erworbener Atemwegsinfektionen
nicht geeignet. Beide Substanzen werden bei schweren Infektionen in einer Dosis
von 3 × 2 g täglich verabreicht. Sie werden
nahezu vollständig renal ausgeschieden und ihre Dosis muss an die
Nierenfunktion angepasst werden. Häufige Nebenwirkungen sind Durchfall,
Exantheme und Reaktionen an der Injektionsstelle.
Die beiden Carbapeneme Imipenem und Meropenem besitzen ein
breites antibakterielles Spektrum. Die MHK-Werte bei gramnegativen Bakterien
sind für Meropenem um etwa zwei Verdünnungsstufen niedriger als
für Imipenem. Bei beiden ist die Aktivität gegen P. aeruginosa relativ geringer; die MHK-Werte gruppieren
sich um 0,5 (Meropenem) bzw. 1 mg/l (Imipenem), die klinische
Aktivität ist jedoch in den meisten Fällen ausreichend. Die
Aktivität von Meropenem bei Streptokokken, Staphylokokken und
Acinetobacter spp. ist geringer als die des Imipenems.
Beide wirken gut auf Anaerobier. Beide haben als Wirklücke
Stenotrophomonas maltophilia .
Nach 30-minütiger Infusion von 1 g der Substanzen
liegen die Spitzenkonzentrationen im Plasma bei etwa 50 bis 60 mg/l. Bei
einer Halbwertszeit von 1 h bei Nierengesunden sinken nach
4 – 6 Stunden die wirksamen Plasmaspiegel auf
∼1 mg/l. Meropenem kann auch als Bolus verabreicht werden.
Übelkeit und Erbrechen bei ca.
3 – 4 % der Patienten sowie Diarrhöen in
einer ähnlichen Inzidenz sind die häufigsten unerwünschten
Reaktionen. In sehr seltenen Fällen wurden unter der Therapie mit Imipenem
Krampfanfälle gesehen.
7.2. Tetracycline: Doxycyclin
Doxycyclin ist ein Proteinbiosyntheseinhibitor mit einem anderen
Angriffspunkt als Makrolide oder Linezolid und ebenfalls bakteriostatisch
wirksam. Die meisten Haemophilus spp. und
Moraxella spp. sind empfindlich, weniger sicher ist
die Aktivität gegenüber S. pneumoniae und
S. aureus mit MHK-Werten bei empfindlichen Isolaten
meist < 0,5 mg/l. Die Substanz ist aktiv gegenüber
M. pneumoniae (MHK-Werte meist
0,25 – 0,5 mg/l) sowie gegen C.
pneumoniae (MHK-Werte bis 0,25 mg/l) und Rickettsien incl.
Coxiella burnetii . Doxycyclin ist mäßig
aktiv auch gegen Legionellen (MHK-Werte ∼1 bis 4 mg/l). Die
Empfindlichkeit von S. aureus gegenüber
Doxycyclin hat sich in den letzten Jahren eher verbessert; die
in-vitro-Resistenzrate in Deutschland beträgt
< 10 %.
Es existieren nur wenige neuere klinische Studien zur Wirksamkeit
in der kalkulierten oder gezielten Therapie der ambulant erworbenen Pneumonie.
Die Substanz ist Mittel der Wahl bei Q-Fieber. Bei Rickettsia conori -Infektionen scheinen die
Behandlungsergebnisse mit neueren Makroliden denen von Doxycyclin vergleichbar.
Tierexperimentell ist Doxycyclin bei C.
pneumoniae -Infektionen nicht schlechter wirksam als neuere Makrolide.
Die Plasmaspitzenspiegel nach oraler Einnahme von 200 mg
liegen bei ∼3 – 4 mg/l. Die Halbwertszeit
beträgt 16 h. Die empfohlene tägliche Dosierung bei Patienten
mit einem Körpergewicht > 70 kg ist
1 × 200 mg; bei leichteren Patienten wird
1 × 100 mg täglich nach einer initialen Gabe
von 1 × 200 mg empfohlen. Eine tägliche Dosis
von 300 mg sollte bei mehrtägiger Behandlung nicht
überschritten werden.
Häufigste Nebenwirkungen sind gastrointestinale
Störungen. Die Einnahme sollte mit einer Mahlzeit und reichlich
Flüssigkeit erfolgen. Die gleichzeitige Einnahme von aluminium-, calcium-
(auch Milch) und magnesiumhaltigen Nahrungszusatzstoffen oder Arzneimitteln
führt über Komplexbildung zur abgeschwächten Resorption und
Wirksamkeit. Eine Reihe anderer Arzneimittelinteraktionen ist zu beachten.
Sonnenbäder und andere UV-Lichtexposition unter Doxycyclin-Behandlung
sollten vermieden werden wegen der Gefahr der Photosensibilisierung. Schwere
Lebererkrankungen stellen eine relative Kontraindikation dar. Nicht verwendet
werden darf die Substanz in der Schwangerschaft und bei Kindern < 8
Jahre. Intravenöse Behandlung ist möglich, die Injektion muss langsam
(über mehrere Minuten) erfolgen.
7.3. Makrolide und Azalide
Makrolide sind wie Doxycyclin Proteinbiosynthesehemmer. Ihr
Angriffspunkt ist die 50 s-Ribosomenuntereinheit. Sie wirken
bakteriostatisch. Die neueren Substanzen zeichnen sich im Vergleich zu
Erythromycin durch vermehrte Säurestabilität und bessere orale
Bioverfügbarkeit aus, teilweise auch durch ein geringeres Potential zu
Arzneimittel-Interaktionen. In Deutschland ist neben Erythromycin auch
Clarithromycin und Azithromycin zur parenteralen Anwendung verfügbar.
Die Serumspitzenspiegel nach Infusion über 1 h von
1 g Erythromycin betragen etwa 30 – 40 mg/l;
die Halbwertszeit beträgt ∼ 2 h; das empfohlene
Dosierungsintervall ist 6 – 8 h. Bei oraler Gabe von
500 mg erreicht man eine Serumspitzenkonzentration von
1 – 2 mg/l. Das Verteilungsvolumen ist
∼ 0,7 l/kg. Höhere Serumkonzentrationen lassen sich mit
Roxithromycin erreichen (∼10 mg/l nach 300 mg). Die
Halbwertszeit dieser Substanz beträgt ∼12 h; sie muss insofern
nur einmal am Tag verabreicht werden. Das Verteilungsvolumen ist geringer als
das von Erythromycin; unter pharmakodynamischen Gesichtspunkten sind die beiden
Substanzen bei oraler Gabe üblicher Dosen vergleichbar.
Die Verteilungsvolumina von Clarithromycin sind größer,
die von Azithromycin erheblich größer. Relativ niedrige Serumspiegel
dieser Substanzen bei sehr hohen Gewebespiegeln sind die Folge. Nach Gabe von
500 mg Clarithromycin erreicht man entsprechend der besseren oralen
Bioverfügbarkeit im Vergleich zum Erythromycin Serumkonzentrationen von
∼3 – 4 mg/l. Die Halbwertszeit der Substanz
beträgt ∼3 – 4 h. Für Azithromycin
liegen die Serumspitzenkonzentrationen nach Einnahme von 500 mg bei
0,4 mg/l. Charakteristisch für Azithromycin sind die sehr lange
Eliminationshalbwertzeit von etwa 20 bis 40 Stunden und die hohen
Konzentrationen im Gewebe. Das Verteilungsvolumen wird mit 23 bis
31 l/kg angegeben. Die subinhibitorischen Wirkstoffkonzentrationen, wie
sie infolge dieser langen Halbwertszeit vorkommen, sind mit einer vermehrten
Resistenzselektion bei S. pneumoniae assoziiert worden
[33 ]
[79 ].
Im Vergleich zu Erythromycin sind die MHK-Werte gegenüber
S. pneumoniae bei den neueren Substanzen ähnlich
bzw. etwas geringer. Die Erythromycinresistenz gilt hierbei als Marker für
eine komplette in-vitro-Kreuzresistenz gegenüber allen
Makroliden/Azaliden, nicht jedoch gegenüber den Ketoliden. Bei den
üblicherweise empfohlenen oralen Dosen sind unter Berücksichtigung
der pharmakokinetischen/pharmakodynamischen Aspekte bei Pneumokokken-Pneumonien
mit den neueren Substanzen keine besseren Behandlungserfolge zu erwarten.
Vorteile der Substanzen liegen beim längeren Dosierungsintervall bzw.
kürzerer Behandlungsdauer sowie bei geringeren Nebenwirkungen.
Die Aktivität der neueren Makrolide gegenüber
Haemophilus spp. ist nicht sehr hoch (bei
Clarithromycin oft im Bereich 8 – 16 mg/l, bei
Roxithromycin etwas höher, bei Azithromycin etwas niedriger) und die
klinische Wirkung entsprechend unsicher. Im Fall von Clarithromycin wirkt in
vivo zusätzlich der 14-OH-Metabolit. Gut ist die Aktivität dagegen
gegenüber Moraxella spp. (mit mittleren
MHK-Werten < 0,25 mg/l).
Exzellent ist die Aktivität von Clarithromycin gegenüber
C. pneumoniae (MHK-Werte
≤ 0,015 mg/l). Die Aktivität von Azithromycin ist
vergleichsweise schwächer und derjenigen von Erythromycin vergleichbar
(MHK-Werte ≤0,25 mg/l); Roxithromycin zeigt MHK-Werte
≤ 0,5 mg/l.
Gegenüber M. pneumoniae hat
Azithromycin die relativ stärkste Aktivität (MHK90
< 0,001 mg/l). Die MHK-Werte der anderen Makrolide
unterscheiden sich wenig. Makrolid-resistente M.
pneumoniae -Varianten wurden vereinzelt beschrieben.
Gegenüber Legionella spp. ist
Clarithromycin die in vitro wirksamste Substanz
(MHK90 ≤ 0.004 mg/l). Die MHK-Werte von
Erythromycin, Azithromycin und Roxithromycin sind höher
(MHK90 -Werte ∼0,125 mg/l). Die Wirkung von Clarithromycin
auf intrazelluläre Legionellen sowie im Tiermodell scheint allerdings
nicht besser als die der anderen Makrolide zu sein und ist nach bisherigen
Daten der Fluorchinolonwirkung unterlegen.
Dosisempfehlungen sind in [Tab. 8 ]
aufgeführt. Azithromycin wird in einer Gesamtdosis von 1,5 g
über einen Zeitraum von 3 bis 5 Tagen verabreicht. Bei allen Substanzen
stehen gastrointestinale Beschwerden als unerwünschte Wirkungen im
Vordergrund. Im Vergleich zu Erythromycin sind diese unerwünschten
Wirkungen bei allen neueren Makroliden seltener. Selten kann es zu
ZNS-Wirkungen oder Hautreaktionen kommen. Die Venenverträglichkeit bei
i. v. Gabe von Erythromycin und Clarithromycin ist schlecht. Alle
Makrolide können selten eine Verlängerung der QTc-Zeit im EKG
verursachen. Vorsicht ist entsprechend geboten bei Patienten mit koronarer
Herzkrankheit, bekannten ventrikulären Arrhythmien, Hypokaliämie,
Bradykardie oder gleichzeitige Anwendung von anderen Substanzen, die die
QTc-Zeit verlängern.
7.4. Lincosamide: Clindamycin
Clindamycin ist ein halbsynthetisches Derivat des Lincomycins. Es
ist gegen S. pneumoniae (MHK-Werte deutlich unter
0,5 mg/l) und S. aureus (MHK-Werte bis
0,5 mg/l bei Empfindlichkeit) wirksam, außerdem gegen die meisten
Anaerobier (Resistenzen möglich vor allem bei Clostridien und
Bacteroides spp.). Es hat keine ausreichende Wirkung
gegen M. pneumoniae , C.
pneumoniae und Legionella spp. Es ist nicht
wirksam gegen Haemophilus spp., Moraxella spp. und andere aerobe gramnegative Bakterien.
Erythromycinresistente Staphylokokken sind in aller Regel auch
clindamycinresistent, werden jedoch in Routine-Resistenztests nicht immer als
solche erkannt.
Die orale Bioverfügbarkeit ist mit ∼75 %
gut. Nach oraler Einnahme von 300 mg wird ein mittlerer
Serumspitzenspiegel von ∼ 4 mg/l erreicht. Bei
intravenöser Gabe von 600 mg beträgt die mittlere
Serumspitzenkonzentration ∼ 9 – 12 mg/l.
Die Halbwertszeit ist etwa 2,5 h. Ein Dosierungsintervall von 8 h
ist ausreichend. Klinische Erfahrungen bei der Behandlung von
Pneumokokkenpneumonien sind gering.
7.5. Fluorchinolone
7.5.1. Levofloxacin und Moxifloxacin
Beide gehören zu den auf dem deutschen Markt
erhältlichen Fluorchinolonen, die als geeignet und in klinischen Studien
ausreichend validiert zur Behandlung der ambulant erworbenen Pneumonie gelten.
Beide Substanzen sind oral und parenteral verfügbar.
Die Aktivität von Moxifloxacin gegenüber
S. pneumoniae ist stärker als die von
Levofloxacin. Die MHK90 -Werte betragen für Moxifloxacin
∼ 0,125 mg/l und für Levofloxacin
∼ 1 mg/l. Ähnliche MHK-Werte finden sich auch für
M. pneumoniae . Unter Berücksichtigung
pharmakokinetisch-pharmakodynamischer Eigenschaften sind beide Präparate
dosisabhängig bei Infektion durch diese Erreger als ähnlich effektiv
zu betrachten. Experimentelle Daten zeigen allerdings bei einer Dosissimulation
von 1 × 400 mg (Moxifloxacin) versus
1 × 500 mg (Levofloxacin) eine leichte
Überlegenheit von Moxifloxacin bei fluorchinolonempfindlichen
S. pneumoniae , was bei S.
pneumoniae mit einer oder mehreren Fluorchinolonresistenz-assoziierten
Mutationen eine höhere Behandlungssicherheit bieten könnte. In
klinischen Studien wurden jedoch mit einer Dosierung von
1 × 500 mg Levofloxacin sehr gute Resultate erzielt,
sodass diese Dosierung bei der nicht schweren ambulant erworbenen Pneumonie
empfohlen werden kann. Bei der schweren ambulant erworbenen Pneumonie wird
dagegen eine höhere Dosis von Levofloxacin für die initiale Gabe
empfohlen. Im Unterschied zu Moxifloxacin kann Levofloxacin in dieser
höheren Dosis als für fluorchinolonempfindliche P. aeruginosa klinisch ausreichend wirksam betrachtet
werden.
Fluorchinolone sind hochaktiv gegen Haemophilus spp., Moraxella spp.
und in der Regel auch gegen Klebsiella spp. Die
Aktivität von Levofloxacin und Moxifloxacin gegenüber Legionellen ist
besser (MHK90 -Werte ∼ 0,06 mg/l) als die von
Clarithromycin; auch in Zellkulturinfektionsmodellen wirken sie besser als
Makrolide. Levofloxacin und Moxifloxacin sind ebenfalls aktiv gegen
C. pneumoniae . Ähnlich den Makroliden scheinen
sie dabei nur zur Keimzahlreduktion, jedoch nicht zur Eradikation geeignet.
Das
Wirkspektrum von Moxifloxacin umfasst auch Anaerobier.
Die orale Bioverfügbarkeit beider Substanzen ist sehr gut.
Der mittlere Serumspitzenspiegel nach oraler Einnahme von 500 mg
Levofloxacin beträgt ∼ 5 – 6 mg/l;
entsprechende Werte nach Einnahme von 400 mg Moxifloxacin sind
∼ 3 mg/l. Die Konzentrationen in der bronchopulmonalen
Epithelflüssigkeit sind deutlich höher als die Serumkonzentrationen.
Die Verteilungsvolumina betragen ∼ 1,2 l/kg (Levofloxacin)
bzw. ∼ 2,5 l/kg (Moxifloxacin). Die Eliminationshalbwertzeit
für Levofloxacin beträgt ∼ 7 h, die Proteinbindung
ist mit Werten zwischen 24 und 38 % relativ niedrig. Die
Elimination von Levofloxacin erfolgt fast ausschließlich renal und ist
daher von der Nierenfunktion abhängig. Moxifloxacin dagegen wird mit einer
Halbwertszeit von etwa 13 h überwiegend hepatisch eliminiert. Nur
etwa 20 % lassen sich unverändert im Urin nachweisen. Da der
Metabolismus der Substanz unabhängig von der Aktivität hepatischer
Monooxygenasen ist, sind entsprechende Interaktionen nicht zu erwarten. Bei
eingeschränkter Nierenfunktion muss die Dosierung von Moxifloxacin nicht
reduziert werden.
Häufigste unerwünschte Wirkungen sind bei beiden
Substanzen gastrointestinale Störungen (Übelkeit, Diarrhö,
Erbrechen, Bauchschmerzen) sowie Leberfunktionsstörungen. Es sind
Fälle von tödlicher Hepatitis im Zusammenhang mit Moxifloxacin
berichtet worden. Moxifloxacin sollte nur angewendet werden, wenn andere
Antibiotika, die für die initiale Behandlung üblicherweise empfohlen
werden, bei der ambulant erworbenen Pneumonie für ungeeignet erachtet und
bei der akuten Exazerbation der chronischen Bronchitis für ungeeignet
erachtet werden oder versagt haben.
Für alle Fluorchinolone wurde ein erhöhtes Risiko
für das Auftreten von Diarrhöen durch Clostridium difficile
beschrieben [158 ]
[159 ]
[160 ]. Gelegentliche bis
seltene Nebenwirkungen bei nahezu allen Fluorchinolonen sind eine
Verlängerung der QTc-Zeit im EKG sowie schmerzhafte
Sehnenentzündungen (incl. sehr selten Sehnenruptur, meist bei
längerer Anwendung), ZNS-Reaktionen (Krampfanfälle,
Erregungszustände, Verwirrtheit und Halluzinationen, Sehstörungen),
Hautreaktionen und auch Hyperglykämie oder Hypoglykämie. Bei
Moxifloxacin wird häufiger auch über Kopfschmerzen berichtet.
Vorsicht ist geboten bei Hypokaliämie, erworbener
QTc-Intervall-Verlängerung, Bradykardie und schwerer Herzinsuffizienz,
symptomatischen Herzrhythmusstörungen sowie gleichzeitiger Anwendung von
Arzneimitteln, die das QTc-Intervall verlängern.
7.5.2. Ciprofloxacin
Ciprofloxacin wird aufgrund seiner schwachen Wirkung
gegenüber S. pneumoniae nicht für die
Monotherapie der ambulant erworbenen Pneumonie empfohlen. Dagegen kann es als
Kombinationspartner bei der schweren, ambulant erworbenen Pneumonie eingesetzt
werden. Hier ist seine Wirkung gegenüber P.
aeruginosa , den meisten Enterobacteriaceae sowie
Legionella spp. hervorzuheben. Ciprofloxacin kann oral
oder intravenös verabreicht werden. Die Dosierung bei schweren Infektionen
beträgt 3 × 400 mg. Damit werden nach einer
Stunde Plasmakonzentrationen von ∼ 4 mg/l erreicht. Die orale
Bioverfügbarkeit beträgt 60 – 80 %.
Nach oraler Gabe einer Einzeldosis von 750 mg können nach einer
Stunde im Plasma Spitzenkonzentrationen von
2,5 – 3 mg/l erwartet werden. Die
Eliminationshalbwertzeit wurde mit 3 bis 4,5 Stunden bestimmt. Das
Nebenwirkungsprofil entspricht den Angaben, die bereits bei anderen
Fluorchinolonen gemacht wurden.
7.6. Oxazolidinone: Linezolid
Die neue Klasse der Oxazolidinone (in Deutschland verfügbar:
Linezolid p. o. und i. v.) wurde in erster Linie zur Behandlung
von MRSA-Infektionen entwickelt. Linezolid ist aktiv gegenüber den meisten
grampositiven Kokken. Es existiert keine Kreuzresistenz zwischen Linezolid und
Makroliden/Ketoliden. Der Wirkungsmechanismus ist die
Proteinbiosynthesehemmung. Die orale Bioverfügbarkeit ist sehr gut. Nach
oraler Gabe von 600 mg alle 12 h werden Spitzenkonzentrationen
von ∼ 20 µg/ml erzielt; die Halbwertszeit beträgt
5 – 7 h, die Substanz wird in Form der
Hauptmetaboliten vorwiegend über die Niere eliminiert. Dennoch ist eine
Dosisanpassung bei eingeschränkter Nierenfunktion nicht notwendig. Bei den
unerwünschten Nebenwirkungen stehen gastrointestinale und
zentralnervöse Beschwerden im Vordergrund. Bei längerer
Behandlungsdauer (> 2 Wochen) wurden Blutbildveränderungen
gesehen. Aufgrund dieser beobachteten myelotoxischen Nebenwirkungen sind
wöchentliche Blutbildkontrollen während einer Therapie angezeigt;
eine Therapiebegrenzung auf maximal 14 Tage wird empfohlen. Unter den seltenen
Nebenwirkungen wurden auch lang anhaltende Neuropathien beobachtet. Linezolid
ist ein Hemmstoff der Monaminoxidase. Aufgrund dieser Wirkung können
Interaktionen mit Sympathomimetika und anderen Arzneimitteln vorkommen. Die
gleichzeitige Einnahme übermäßiger Mengen tyraminhaltiger
Lebensmittel (z. B. Sojasoße, reifer Käse) sollte vermieden
werden. Im Tierversuch wurde eine verminderte Fertilität beobachtet;
mögliche Auswirkungen auf die reproduktiven Organe beim Menschen sind
nicht bekannt.
7.7. Influenzaviruswirksame Virustatika
Medikamente mit zwei verschiedenen Angriffspunkten sind derzeit
verfügbar: der M2-Inhibitor Amantadin (oral und parenteral), wirksam gegen
Influenza A-Viren, sowie die Neuraminidase-Inhibitoren Zanamivir (inhalative
Verabreichung) und Oseltamivir (orale Verabreichung); die beiden letzteren
Substanzen sind aktiv gegen Influenza A und B. Alle drei Substanzen wirken nur,
wenn sie innerhalb von 48 h nach Krankheitsausbruch gegeben werden.
Die empfohlene Dosierung für Amantadin beträgt
100 mg alle 12 h für 5 Tage. Bei eingeschränkter
Nierenfunktion muss eine Dosisreduktion erfolgen. Herzrhythmusstörungen,
schwere Herzinsuffizienz, gleichzeitige Behandlung mit Arzneimitteln, für
die eine QTc-Verlängerung im EKG bekannt ist, sowie Hypokaliämie und
Hypomagnesiämie sind Kontraindikationen. Die Verträglichkeit von
Amantadin ist mäßig. Häufig kommt es zu Schlafstörungen,
Unruhe, Harnretention, Schwindel, Mundtrockenheit, Übelkeit,
orthostatischer Dysregulation.
Die empfohlene Dosis für Zanamivir beträgt
2 × 2 Inhalationen täglich über 5 Tage (eine
Einzeldosis entspricht 5 mg); problematisch ist die Anwendung für
ältere Personen (Anwendungsfehler) sowie bei Patienten mit Asthma
bronchiale und chronisch-obstruktiven Atemwegserkrankungen (selten Gefahr des
Bronchospasmus).
Oseltamivir liegt als Phosphat vor, das rasch resorbiert und
nahezu vollständig in den aktiven Metaboliten (Oseltamivir-Carboxylat)
umgewandelt wird. Der Wirkstoff wird unverändert renal mit einer
Halbwertzeit von etwa 6 – 10 h eliminiert; eine
Dosisanpassung bei Niereninsuffizienz wird empfohlen (Kreatinin-Clearance
> 30 ml/min: 2 × 75 mg
täglich, 10 – 30 ml/min:
1 × 75 mg täglich,
< 10 ml/min: Gabe nicht empfohlen). Die empfohlene
Behandlungsdauer ist 5 Tage. Bei prophylaktischer Indikation genügt die
halbe Tagesdosis bei einer empfohlenen Gesamtbehandlungsdauer von 7 Tagen;
abhängig von der jeweiligen Indikation (postexpositionelle Prophylaxe
versus kontinuierliche Prophylaxe) ist eine längere Anwendung notwendig
und möglich. Übelkeit und Erbrechen, vor allem an den ersten beiden
Behandlungstagen, sind häufig. Sie lassen sich bei gleichzeitiger
Medikamenteneinnahme mit den Mahlzeiten reduzieren.
7.8. Aciclovir
Aciclovir ist ein Nukleosid-Derivat und steht für die
parenterale und orale sowie topische Behandlung zur Verfügung. Es ist eine
pharmakologisch inaktive Substanz, die nach Penetration in eine virusinfizierte
Zelle von der viruseigenen Thymidinkinase aktiviert werden muss. Varicella
Zoster-Virus (VZV) ist mit Hemmkonzentrationen in der Größenordnung
von 3 µmol/L weit weniger empfindlich gegenüber Aciclovir als
Herpes simplex-Virus (HSV) Typ I (Hemmkonzentrationen
< 0,3 μmol/L). Die orale Bioverfügbarkeit
ist schlecht. Bei schweren Infektionen wie der VZV-Pneumonie ist daher eine
parenterale Behandlung in hoher Dosierung empfohlen, entsprechend
10 mg/kg Körpergewicht alle 8 h als Infusion jeweils
über 1h. Bei nierengesunden Erwachsenen werden nach einer solchen
1-stündigen Infusion von 10 mg/kg Spitzenwerte im Plasma von
∼ 50 μmol/L erzielt. Die Plasmahalbwertszeit ist mit
∼ 3 h relativ kurz. Als Infusionslösung wird eine
isotonische Natriumchlorid-Lösung ohne weitere Zusätze empfohlen.
Fertige Infusionslösungen sind bei Raumtemperatur bis zu 12 h
stabil; sie dürfen nicht im Kühlschrank aufbewahrt werden.
Die wichtigsten Nebenwirkungen sind Übelkeit und Erbrechen,
Zytopenien sowie Leberfunktionsstörungen. Seltener treten allergische
Hautreaktionen auf, gelegentlich werden Nierenfunktionsstörungen und
vorübergehende neurologische Ereignisse (Verwirrtheit, Halluzination,
Unruhe, Tremor, Schläfrigkeit) beobachtet.
[Tab. 9 ] listet die wichtigsten
Einnahmebesonderheiten und Interaktionen der für die Behandlung von
Atemwegsinfektionen in Frage kommenden Antiinfektiva auf.
Tab. 9 Wichtige
Einnahmebesonderheiten und Interaktionen.
Substanz
Einnahmebesonderheiten
und Interaktionen
Cefuroxim-Axetil
Resorptionsverbesserung
bei Einnahme kurz nach den Mahlzeiten
Amoxicillin-Clavulansäure
– auf erhöhte
Kalium-Zufuhr achten – Resorptionsverbesserung bei Einnahme
kurz vor dem Essen
Ceftriaxon
hohe Eiweißbindung
Ertapenem
hohe Eiweißbindung
Imipenem
kann die Krampfschwelle
senken
Meropenem
auch Bolusgabe
möglich
Makrolide
– Vorsicht bei
Herzrhythmusstörungen, gleichzeitiger Behandlung mit anderen Substanzen,
die die QTc-Zeit im EKG verlängern können –
mäßige Venenverträglichkeit bei i. v. Gabe von
Clarithromycin und Erythromycin – die Konzentration von
Ciclosporin A und anderen Immunsuppressiva kann erhöht
werden – kann zur Erhöhung der Konzentration von
Simvastatin und Lovastatin führen – bei Gabe hoher Dosen
von Erythromycin i. v. ototoxische Reaktionen beachten
Clindamycin
hat neuromuskulär
blockierende Eigenschaften, daher Vorsicht bei Myasthenie und M. Parkinson
Doxycyclin
– Einnahme mit der
Mahlzeit und reichlich Flüssigkeit empfohlen – die
gleichzeitige Einnahme von aluminium-, calcium- (auch Milch) und
magnesiumhaltigen Nahrungszusatzstoffen oder Arzneimitteln und Eisen führt
über Komplexbildung zur abgeschwächten Resorption –
Sonnenbäder und andere UV-Lichtexposition meiden –
schlechte Venenverträglichkeit bei rascher i. v.
Gabe – keine Anwendung in Schwangerschaft und Stillzeit
Fluorchinolone
– nicht bei
Epilepsie – keine gleichzeitige Einnahme von Eisen, magnesium-
und aluminium-haltigen Antazida incl. Sucralfat, von zinkhaltigen
Mitteln – Sehnenentzündungen und -rupturen können
auftreten – Vorsicht bei Herzrhythmusstörungen,
gleichzeitiger Behandlung mit anderen Substanzen, die die QTc-Zeit im EKG
verlängern können
Linezolid
– gleichzeitige
Einnahme übermäßiger Mengen tyraminhaltiger Lebensmittel
(z. B. Sojasoße, reifer Käse) meiden –
Blutbildkontrollen bei Behandlung >10 Tage notwendig –
Wirkungen im Sinne reduzierter Fertilität bei Männern nicht
auszuschließen – Interaktionen mit verschiedenen
psychoaktiven Substanzen incl. MAO-Hemmer und Sympathikomimetika beachten
Amantadin
– Vorsicht bei
Herzrhythmusstörungen, gleichzeitiger Behandlung mit anderen Substanzen,
die die QTc-Zeit im EKG verlängern können –
verminderte Alkoholtoleranz
Aciclovir
–
zentralnervöse Wirkungen wie Tremor, Halluzinationen,
Krämpfe – passagere Nierenfunktionseinschränkung,
durch ausreichende Hydrierung und langsame Infusionsgeschwindigkeit vermeidbar
8. Symptomatik und Befunde bei unteren Atemwegsinfektionen
8. Symptomatik und Befunde bei unteren Atemwegsinfektionen
8.1. Symptomatik
Es gibt keine Symptomkonstellation, die eine sichere klinische
Diagnose einer Pneumonie ermöglicht. Entsprechend ist auch die Symptomatik
anderer Infektionen der unteren Atemwege diagnostisch unspezifisch.
Folgende Symptome können bei unteren Atemwegsinfektionen
vorgefunden werden:
allgemeines Krankheitsgefühl
(„malaise”)
Fieber oder Hypothermie
Husten
eitriger Auswurf
Dyspnoe
„grippale” Symptome wie Myalgien, Arthralgien,
Cephalgien
Sie sind nicht spezifisch für die Abgrenzung einer CAP von
anderen unteren Atemwegsinfektionen. Ihr positiver Vorhersagewert allein oder
in Kombination ist mit < 50 % unzureichend
[161 ]
[162 ]
[163 ]
[164 ]
[165 ].
8.2. Untersuchung
Folgende Befunde können bei Verdacht auf CAP erhoben
werden:
Inspektion – Dyspnoe mit erhöhter
Atemfrequenz
Palpation – Tachykardie – ggf.
arterielle Hypotonie
Perkussion – ggf. abgeschwächter
Klopfschall (bei ausgedehnten Infiltrationen und/oder parapneumonischem
Pleuraerguss)
Auskultation – fein- bis mittelblasige
klingende ohrnahe Rasselgeräusche – Bronchialatmen
Keiner dieser Befunde erreicht allein oder in Kombination eine
ausreichende diagnostische Aussagekraft, um die Diagnose CAP klinisch stellen
zu können. Die positiven Vorhersagewerte bleiben unter
Berücksichtigung der im ambulanten Bereich gegebenen Inzidenz der CAP
unter 50 % [161 ]
[162 ]
[163 ]
[164 ]
[165 ]
[166 ].
Die Zuverlässigkeit der physikalisch erhobenen Lungenbefunde
ist begrenzt [167 ]
[168 ]. Nur
der lokalisierte Auskultationsbefund (Rasselgeräusche) hat einen relativ
hohen negativen Prädiktionswert, d. h. eine CAP ist eher
unwahrscheinlich ohne einen solchen Auskultationsbefund. Dies gilt nur
eingeschränkt bei CAP durch Mykoplasmen oder Chlamydien
[169 ]
[170 ]. Besondere Beachtung
verdient die Tatsache, dass sich die klinische Präsentation der CAP mit
steigendem Alter verändert. Es werden zunehmend oligosymptomatische
Verläufe sowie extrapulmonale Symptome wie zunehmende Schwäche oder
Hinfälligkeit beobachtet [165 ]
[171 ].
Aufgrund dieser Sachlage wird für eine sichere Diagnose einer
CAP der Nachweis eines Infiltrats in der Röntgen-Thoraxaufnahme gefordert.
Sensitivität und Spezifität sowie Zuverlässigkeit des
Infiltratnachweises in der Röntgen-Thoraxaufnahme sind allerdings
ebenfalls begrenzt [172 ]
[173 ],
vor allem bei leichtgradiger CAP mit nur geringer Infiltratausbildung. In der
ambulanten Praxis kommt erschwerend hinzu, dass nicht immer die zeitnahe
Durchführung und Befundung einer Röntgen-Thoraxaufnahme
sichergestellt werden kann. In einer niederländischen Studie konnte jedoch
gezeigt werden, dass die Durchführung einer Röntgen-Thoraxaufnahme im
ambulanten Bereich bei Patienten mit Verdacht auf Pneumonie in mehr als
50 % der Fälle die endgültige Diagnose und in
69 % das weitere Management des anfordernden Hausarztes
beeinflusste, was insbesondere zu einer Vermeidung einer unnötigen
antimikrobiellen Therapie bei fehlendem Infiltratnachweis führte
[174 ]. Vor diesem Hintergrund und zur Erkennung von
Komplikationen wie einem Pleuraerguss oder einem Lungenabszess sowie von
Begleiterkrankungen, die sich im Rahmen einer Pneumonie erstmals manifestieren
können [175 ], sollte eine Röntgenaufnahme
auch im ambulanten Bereich angestrebt werden.
Die Arbeitsgruppe empfiehlt (Empfehlungsgrad
B): ([s. Abb. 1 ]): 1. Bei Patienten
mit • einem lokalisierten Auskultationsbefund
oder • aufgrund der klinischen Einschätzung
oder • dem Vorliegen von Komorbiditäten
oder • aus differenzialdiagnostischen Überlegungen
oder • insbesondere bei schwerer Erkrankung mit Störung
vitaler Funktionen die Anfertigung einer Röntgen-Thoraxaufnahme
in zwei Ebenen. 2. Die unter 1) nicht erfassten Patienten
benötigen in der Regel im ambulanten Bereich keine
Röntgen-Thorax-Aufnahme.
In der Konsequenz ergeben sich zwei Gruppen ([Abb. 1 ]):
Patienten mit der Diagnose „akute untere
Atemwegsinfektion” („Non-CAP”) Diese Patienten
sind sehr wahrscheinlich nicht an CAP erkrankt. Folgende Subgruppen werden
unterschieden: – Patienten mit akuter
Bronchitis – Patienten mit akuter Exazerbation einer COPD
(AECOPD) – Patienten mit Influenza (ohne oder mit
Obstruktion)
Patienten mit der Diagnose CAP Diese Patienten
weisen mit überwiegender Wahrscheinlichkeit (Schweregrad der klinischen
Präsentation und/oder Infiltratnachweis in der
Röntgen-Thoraxaufnahme) eine Pneumonie auf.
Für Patienten, die aufgrund einer akuten unteren
Atemwegsinfektion im Krankenhaus vorstellig werden, empfiehlt die Arbeitsgruppe
grundsätzlich die Anfertigung einer Röntgen-Thorax-Aufnahme in zwei
Ebenen (Empfehlungsgrad B).
Abb. 1 Algorithmus zur
Differenzierung einer akuten unteren Atemwegsinfektion (akute Bronchitis, akute
Exazerbation einer chronischen Bronchitis, Influenzainfektion, ambulant
erworbene Pneumonie).
9. Behandlung Non-CAP: akute Bronchitis, Influenzainfektion,
andere respiratorische Virusinfektionen
9. Behandlung Non-CAP: akute Bronchitis, Influenzainfektion,
andere respiratorische Virusinfektionen
9.1. Akute Bronchitis
In aller Regel handelt es sich bei den Erregern einer akuten
Bronchitis um virale Erreger, sodass eine Antibiotikabehandlung nicht indiziert
ist. Einer der wesentlichen Gründe, die für eine gegenteilige
Verschreibungspraxis von Antibiotika bei akuter Bronchitis verantwortlich
gemacht werden, ist von Seiten der Ärzte die Annahme einer entsprechenden
Erwartungshaltung der Patienten. Untersuchungen zeigen jedoch, dass der
patientenseitige Wunsch nach einer Antibiotikaverordnung bei Atemwegsinfekten
durch die behandelnden Ärzte häufig falsch eingeschätzt und
damit überschätzt wird [176 ]
[177 ]. Um die Rate unnötiger Antibiotikaverordnungen
in der Praxis zu reduzieren, zeigten sich zwei Interventionsansätze als
besonders Erfolg versprechend.
Eine Strategie ist das „delayed prescribing”
oder „vorbehaltliche Verschreiben”: Hierbei wird zunächst
kein Antibiotikum verordnet, dem Patienten jedoch ermöglicht, nach Ablauf
von 2 – 3 Tagen in der Praxis ein Antibiotika-Rezept ohne
Wartezeit und ohne weitere Rücksprache mit dem Arzt zu erhalten
[178 ].
Der zweite Ansatz, der auch in Deutschland erfolgreich
getestet wurde, zielt auf eine grundlegende Veränderung im ärztlichen
Kommunikationsverhalten ab [179 ]. Die Erwartungshaltung
des Patienten wird exploriert und dann die Therapieentscheidung für und
wider ein Antibiotikum im Sinne einer partizipativen Entscheidung offen
thematisiert, nachdem für den Patienten in nachvollziehbarer Weise ein
abwendbar gefährlicher Verlauf ausgeschlossen wurde.
Bei Patienten mit exazerbiertem Asthma bronchiale fand eine
randomisierte, placebokontrollierte Studie unter antibiotischer Therapie mit
Telithromycin zusätzlich zur Standardtherapie zwar eine leichte
Verbesserung der Asthmasymptome nach Therapieende, dieser geringe
Therapieeffekt war aber mit einer erhöhten Nebenwirkungsrate verbunden
[180 ], sodass eine Therapie mit antibiotischen
Substanzen auch bei dieser Patientengruppe im Regelfall weiterhin nicht
empfohlen wird.
Die Arbeitsgruppe empfiehlt (Empfehlungsgrad
A): Die akute Bronchitis eines Patienten ohne chronisch obstruktive
Lungenerkrankung sollte nicht mit antimikrobiellen Substanzen behandelt werden,
da es sich in der Regel um eine Virusinfektion handelt. In mehreren Studien
konnte gezeigt werden, dass diese Patienten nicht von dieser Therapie
profitieren [181 ]
[182 ]
[183 ]. Strategien, die zur
Reduktion unnötiger antimikrobieller Therapien führen können,
wie das vorbehaltliche Verordnen von Antibiotika oder ein ärztliches
Kommunikationsverhalten mit dem Ziel einer partizipativen Entscheidungsfindung
zwischen Patient und Arzt gegen eine Antibiotikaverordnung werden empfohlen
[178 ]
[179 ]. Bei
Patienten mit Asthma bronchiale oder mit schwerem und langanhaltendem Verlauf
von mehr als 7 Tagen ist die Rolle einer Antibiotikatherapie nicht
geklärt, sie kann im Einzelfall nach klinischer Einschätzung erwogen
werden (C).
9.2. Influenzainfektion
Die klinische Diagnose einer Influenza basiert auf zwei
Bausteinen:
der aktuellen epidemiologischen Situation; diese kann im
Internet abgefragt werden unter
www.rki.de/INFEKT/INFEKT/HTM
der klinischen Symptomatik einer plötzlichen Erkrankung
mit Fieber und Schüttelfrost, Muskel- und Gliederschmerzen,
Müdigkeit, Abgeschlagenheit, Kopfschmerzen, Husten, Heiserkeit und
Bettlägerigkeit.
Die korrekte Diagnose einer Influenza hat deshalb große
Bedeutung, weil die zur Verfügung stehenden antiviralen Substanzen nur
wirksam sind, wenn sie früh nach Symptombeginn gegeben werden. Allerdings
lag die Sensitivität klinischer Zeichen in kontrollierten Studien nicht
über 60 – 70 %. Sofern Therapieabsicht
besteht, ist aufgrund
die Anwendung eines Schnelltests (aus Rachenabstrich bzw. nasaler
Lavage) zu empfehlen. Hierzu existieren verschiedene Schnelltestsysteme
(Antigennachweis, Nukleinsäure-Amplifikationsverfahren).
Für die Therapie der Influenza stehen drei antivirale
Substanzen zur Verfügung: Amantadin, Zanamivir und Oseltamivir. Amantadin
ist aufgrund seiner begrenzten Wirksamkeit (nur Influenzavirus A), raschen
Resistenzentwicklung und Toxizität (vor allem im Bereich des ZNS) nicht zu
empfehlen. Zanamivir (inhalativ) und Oseltamivir (oral) sind beide Inhibitoren
der viralen Neuraminidase und haben eine vergleichbar gute Wirksamkeit bzw.
akzeptable Toxizität.
Die Wirksamkeit von Zanamivir (inhalativ) und Oseltamivir (oral)
ist gesichert. Ein therapeutischer Nutzen zeigt sich nur, wenn die Behandlung
innerhalb von 24 – 48 h nach Beginn der Symptomatik
begonnen wird [184 ]
[185 ]
[186 ]
[187 ]. Bei Patienten, die
innerhalb dieser Zeitspanne nach Erkrankungsbeginn behandelt werden, kann eine
Reduktion der Krankheitstage von 1 bis 1,5 Tagen erreicht werden. Darüber
hinaus vermindern sich Komplikationen der Influenza wie Sinusitis, Otitis
media, purulente Bronchitis und der Antibiotika-Verbrauch. Dies gilt
dokumentiert für Zanamivir auch bei Hochrisiko-Patienten
[188 ]. In einer prospektiven Beobachtungsstudie (keine
Interventionsstudie) führte bei hospitalisierten Patienten mit einer
schweren Influenzainfektion eine Oseltamivirbehandlung, die sowohl innerhalb
der ersten 2 Tage als auch erst 48 Stunden nach Beginn der Symptomatik
eingeleitet wurde, zu einer Reduktion der Letalität [189 ].
Die Arbeitsgruppe empfiehlt (Empfehlungsgrad
D): Die Diagnose einer Influenzavirusinfektion ist anhand der klinischen
Symptome bei sporadischen Erkrankungen schwer zu stellen, da die Klinik der
anderer respiratorischer Erkrankungen ähnelt. Während einer
Influenzavirusepidemie hat die klinische Symptomatik jedoch einen guten
Vorhersagewert, sodass die Erkrankung mit hinreichender Wahrscheinlichkeit
allein klinisch diagnostiziert werden kann. Im Fall einer Behandlungsintention
bei Risikopatienten wie älteren Personen mit Grundkrankheiten (chronische
Herz- oder Lungen-Erkrankungen, Stoffwechselerkrankungen wie z. B.
Diabetes, Immundefekte) sollte eine labordiagnostische Sicherung des
Erkrankungsfalles (mit Differenzierung in Influenzavirus A und B sowie Subtyp)
angestrebt werden. Bei milder verlaufenden Influenzaerkrankungen ist
der Einsatz antiviraler Substanzen in aller Regel nicht indiziert. Den nicht
unbeträchtlichen Therapiekosten und der Möglichkeit einer weiteren
Resistenzentwicklung steht eine zu erwartende Verkürzung der
Krankheitsdauer um lediglich 1 bis 1,5 Tage gegenüber. Daher werden
antivirale Substanzen bei dieser Indikation nicht generell empfohlen. Eine
spezifische Therapie mit antiviralen Arzneimitteln ist insbesondere bei
Risikopersonen sinnvoll und sollte den Influenza-Subtyp berücksichtigen.
Empfohlen wird die Behandlung mit Neuraminidase-Inhibitoren (Oseltamivir oder
Zanamivir), mit der so früh wie möglich, spätestens 48 Stunden
nach Einsetzen der Symptome, begonnen werden sollte. (Weitere
Informationen zur aktuellen Influenzasaison bzw. Vorgehen bei neuen
Influenza-Virustypen www.rki.de)
9.3. Andere respiratorische Virusinfektionen
Relevant sind hier Viren wie Parainfluenzaviren, RS-Virus,
Adenoviren, Metapneumoviren (HMPV), Coronaviren und Rhinoviren sowie selten das
Masernvirus, HSV oder VZV.
Für die Therapie einer VZV- oder HSV-Infektion steht
Aciclovir zur Verfügung (siehe Kap. 7.8.). Ribavirin zur Therapie des
RS-Virus ist bislang nur bei Kindern untersucht worden. Aufgrund begrenzter
Wirksamkeit bzw. seiner Toxizität [190 ] wird
Ribavirin nur bei immunsupprimierten Patienten empfohlen. Zur Therapie der
anderen Virusinfektionen existieren bisher keine antiviralen Substanzen.
10. Akute Exazerbation der COPD (AECOPD)
10. Akute Exazerbation der COPD (AECOPD)
Einzelheiten zur Epidemiologie, zur Diagnostik und zum Management
der chronisch-obstruktiven Bronchitis und der AECOPD sind den Empfehlungen der
Deutschen Atemwegsliga und der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie und
Beatmungsmedizin [16 ] sowie der Nationalen
Versorgungsleitlinie COPD 2006 der Bundesärztekammer (
http://www.copd.versorgungsleitlinien.de )
zu entnehmen. Grundlage der Therapie der AECOPD ist die Optimierung der
antiobstruktiven Therapie, die Gabe systemischer Kortikosteroide und die
kontrollierte Sauerstoffgabe. Schwerpunkte dieser Leitlinie sind die Indikation
zur antibakteriellen Behandlung der akuten Exazerbation einer chronischen
Bronchitis und die an den Schweregrad adaptierte Auswahl der Antiinfektiva.
10.1. Definition der AECOPD
Unter einer akuten Exazerbation wird im klinischen Alltag ein
Zustand verstanden, der durch eine akute, über das normale Maß der
täglichen Schwankungen hinausgehende Zunahme der Dyspnoe und/oder des
Auswurfs und/oder eine Änderung der Sputumfarbe gekennzeichnet ist. Mithin
wird jeder Zustand als akute Exazerbation bezeichnet, der eine Änderung
der regelmäßigen Medikation erforderlich macht. Auch in Studien wird
eine solche Definition gebraucht, allerdings unterscheidet sich die konkrete
Ausgestaltung der genannten Kriterien deutlich. Dadurch wird eine
Vergleichbarkeit der Studien erschwert.
Eine valide Definition für eine akute Exazerbation ist zur
Zeit nicht in Sicht. Die von Anthonisen et al. erstmals 1987 im Rahmen einer
Doppelblindstudie zur antimikrobiellen Therapie vorgeschlagenen Kriterien
eignen sich, um Patienten zu identifizieren, die von einer
antimikrobiellen Therapie profitieren [191 ].
Unter Bezugnahme auf die Arbeiten von Stockley et al.
[192 ] wird die Differenzierung in zwei Typen der akuten
Exazerbation einer chronisch-obstruktiven Bronchitis vereinfacht ([Abb. 2 ]):
Die Arbeitsgruppe empfiehlt (Empfehlungsgrad
B):
Die AECOPD wird nach Stockley in 2 Typen unterteilt
[192 ]: • Typ I: Zunahme der Dyspnoe,
ggf. auch der Sputummenge • Typ II: Zunahme der Dyspnoe, ggf.
auch der Sputummenge und Vorliegen eitrigen Sputums
Abb. 2 Algorithmus zur
Schweregradeinteilung, zum logistischen Management und zur Differenzialtherapie
bei akuter Exazerbation einer chronisch-obstruktiven Lungenerkrankung
(AECOPD).
10.2. Ätiologie der AECOPD
Annähernd die Hälfte aller Fälle mit einer akuten
Exazerbation werden durch infektiöse Ursachen ausgelöst, wobei nach
neueren Untersuchungen Viren die führende Ursache sind
[193 ]
[194 ]
[195 ]. In systematischen Untersuchungen werden sie in bis
zu 75 % der Fälle nachgewiesen [194 ]
[196 ]. Isolierte Bakterien
sind dabei offenbar keineswegs immer auch ursächlich für eine
Exazerbation. Diese Untersuchungen sprechen dafür, dass die
Pathogenität der isolierten Bakterien eng an eine Neuinfektion gebunden
ist, während kolonisierende Keime zwar quantitativ zunehmen, aber keine
relevante inflammatorische Reaktion verursachen [197 ]
[198 ]
[199 ]
[200 ]. In ca.
20 – 30 % der Fälle kann jedoch die
Ursache nicht identifiziert werden [195 ]
[201 ].
Die häufigsten bakteriellen Erreger sind H. influenzae, S . pneumoniae ,
M. catarrhalis, Enterobacteriaceae und
P. aeruginosa [202 ]
[203 ]
[204 ]
[205 ]
[206 ]
[207 ]. Mykoplasmen, Chlamydien und Legionellen können
zwar als Erreger einer ambulant erworbenen Pneumonie nachgewiesen werden, ihre
Bedeutung bei der AECOPD ist aber unklar [24 ]. Befunde
aus Italien, die eine nennenswerte Bedeutung von Chlamydieninfektionen für
die AECOPD beschreiben, sollten zunächst von anderen Arbeitsgruppen
bestätigt werden [208 ], denn nach dem aktuellen
Stand ist die ursächliche Bedeutung der serologisch in ca.
5 – 10 % nachweisbaren bakteriellen Erreger
wie C. pneumoniae, M. pneumoniae oder
Legionella spp. weitgehend unklar [209 ]
[210 ]
[211 ]
[212 ].
Als virale Erreger kommen neben Influenzaviren vor allem das
Respiratory Syncytial Virus (RSV), Rhino-, Corona- und HMP-Viren in Betracht
[193 ]
[194 ]. Parainfluenzaviren
und Adenoviren werden seltener nachgewiesen. Bei ca. 20 % sind
gleichzeitig mehrere virale Erreger an der akuten Exazerbation beteiligt. Die
Prävalenz der genannten Viren kann in Abhängigkeit von der
geografischen und lokalen epidemiologischen Situation stark variieren. Eine
bakterielle und virale Koinfektion wurde in einer Studie bei 25 %
der Patienten nachgewiesen und war mit schwereren Exazerbationen und
längerer Hospitalisierung assoziiert [195 ]. Die
Häufigkeit von Influenzavirusinfektionen im Rahmen einer akuten
Exazerbation einer chronisch-obstruktiven Bronchitis ist von der
Influenzaimpfrate innerhalb der Patientenpopulation abhängig.
10.3. Klinische Symptomatik der AECOPD
Leitsymptome der AECOPD sind:
Unspezifische Zeichen wie leichtere Ermüdbarkeit,
Schlafstörungen oder Depressionen bzw. Bewusstseinstrübungen bis hin
zum Koma können hinzutreten. Für eine schwere akute Exazerbation
sprechen eine zentrale Zyanose, periphere Ödeme, der Einsatz der so
genannten „Atemhilfsmuskulatur” bei der Inspiration sowie eine
hämodynamische Instabilität.
Differenzialdiagnostisch spielen kardiale Erkrankungen
(Herzinsuffizienz, Pleuraergüsse, Herzrhythmusstörungen) und andere
pulmonale Komplikationen (Pneumonie, Pneumothorax, Lungenembolie) die
wichtigste Rolle.
Als Risikofaktoren für Exazerbationen gelten:
Die schwere AECOPD stellt einen vital bedrohlichen Zustand dar.
Die berichteten Letalitätsraten schwanken jedoch zwischen
3 % und 50 % erheblich [207 ]
[214 ]. Nach Einführung
der nicht-invasiven Beatmung ist es in vielen Fällen möglich
geworden, die ITS- bzw. Krankenhaus-assoziierte Letalität zu verringern.
Die Langzeitprognose (über 6 Monate) dieser Patienten bleibt jedoch sehr
eingeschränkt [215 ].
Unabhängige Risikofaktoren für einen ungünstigen
Verlauf sind dabei:
Alter
Hyperkapnie
vorbestehende Dauertherapie mit oralen Steroiden
[216 ]
Vorliegen anderer schwerwiegender Begleiterkrankungen wie
Herzinsuffizienz oder Diabetes mellitus [217 ]
Nachweis multiresistenter Erreger [52 ]
[218 ]
10.4. Mikrobiologische Diagnostik der AECOPD
Die Möglichkeiten der mikrobiologischen Diagnostik sind
gerade bei Atemwegsmaterialien von ambulanten Patienten häufig durch
Mängel in der Präanalytik eingeschränkt. So kann insbesondere
die Verlängerung der Transportzeit über 4 Stunden zu einer geringeren
Nachweisrate von S. pneumoniae und H. influenzae führen. Im Allgemeinen ist deshalb eine
mikrobiologische Sputumuntersuchung für die Behandlung der AECOPD nicht
hilfreich.
Die Arbeitsgruppe empfiehlt (Empfehlungsgrad
C) ([Abb. 3 ]): Eine mikrobiologische
Sputumuntersuchung (Gramfärbung und Bakterienkultur mit Resistenztestung)
wird bei Patienten mit häufigen Exazerbationen (z. B.
≥ 3/Jahr), Therapieversagern und/oder bei besonders schweren
Erkrankungen mit Verdacht auf multiresistente Bakterien empfohlen.
Voraussetzungen sind das Vorliegen von makroskopisch purulentem Sputum und die
Gewährleistung der notwendigen logistischen Voraussetzungen (Transport und
Verarbeitung innerhalb von 2 bis 4 Stunden, s. Kap. 6).
Abb. 3 Algorithmus zur
mikrobiologischen Sputumdiagnostik bei akuter Exazerbation einer chronischen
Bronchitis.
10.5. Indikation zur antimikrobiellen Therapie bei
AECOPD
10.5.1. Pathogenetische Überlegungen zur
Therapieindikation bei AECOPD
Im Gegensatz zu Patienten mit CAP besteht bei Patienten mit
einer akuten bakteriellen Exazerbation ihrer chronisch-obstruktiven Bronchitis
immer eine lokal begrenzte Infektion. Die Patienten sind daher eher durch ein
akutes respiratorisches Versagen gefährdet, weniger durch eine
generalisierte systemische inflammatorische Reaktion mit der Folge einer
schweren Sepsis oder eines septischen Schocks. Die Behandlung bzw. Verhinderung
des respiratorischen Versagens steht daher durch Sauerstoffgabe und
ventilatorische Unterstützung sowie ggf. Maßnahmen zur
Bronchialtoilette im Vordergrund. Die Rationale für eine kalkulierte
antimikrobielle Therapie, nämlich die möglichst frühzeitige
Unterbrechung der inflammatorischen Reaktion mit gesichertem prognostischen
Vorteil, ist im Falle der AECOPD in dieser Form nicht gegeben. Die
Antibiotikatherapie bei der AECOPD bleibt daher umstritten, beweisende Studien
fehlen [216 ]. Das Hauptproblem der Antibiotikastudien
besteht darin, dass verschiedene Studien unterschiedliche Definitionen der
Exazerbation verwenden und unterschiedliche Schweregrade der COPD untersuchen.
Die Studien sind daher nicht vergleichbar.
Die verfügbare Evidenz über die Indikationen zur
antibakteriellen Therapie basiert auf verschiedenen Überlegungen:
Rezidivierende akute Exazerbationen einer COPD beschleunigen
den Verlust an FEV1 im natürlichen Verlauf der Erkrankung um
ca. 7 ml/Jahr [219 ]
[220 ]. Serielle molekulare Typisierungen von bakteriellen
Erregern aus Sputen von Patienten in der stabilen Phase der COPD sowie bei
akuten Exazerbationen weisen darauf hin, dass gehäuft Subtypen der
kolonisierenden Erreger zu akuten Exazerbationen führen. Im Rahmen einer
akuten Exazerbation kommt es dabei zu einer akuten inflammatorischen Reaktion
und der Bildung einer spezifischen Immunantwort gegen neu erworbene Erreger
[197 ]
[198 ]
[199 ]. Allerdings gilt dies nur für akute
Exazerbationen, bei denen ein bakterieller Erreger nachgewiesen werden
kann.
Erhöhte Entzündungsparameter legen den Verdacht
auf eine bakterielle Infektion nahe, ohne dass dies im Einzelfall als
zuverlässiges Zeichen gelten kann. Sowohl ein erhöhtes CRP als auch
eine Leukozytose sind daher zur Therapiesteuerung nicht geeignet. Mit
Procalcitonin III steht jedoch ein Parameter zur Verfügung, der besser
zwischen viraler und bakterieller Infektion unterscheiden kann. Eine Strategie,
bei der die Antibiotikagabe von der Höhe des Serum-Procalcitoninwertes
geleitet wurde (Procalcitonin < 0,1 μg/l: Antibiotika
nicht empfohlen; Procalcitonin > 0,25 μg/l: Antibiotika
empfohlen; Procalcitonin > 0,1 μg/l und
< 0,25 μg/l: klinische Entscheidung), führte zu einer
signifikanten Reduktion des Antibiotikaverbrauchs bei gleichem klinischem
Kurzzeit- und Langzeit-Therapieerfolg [221 ]. Allerdings
sind weitere Daten zu Methodik und Kosteneffektivität der
Procalcitoninbestimmung sowie zum Umgang mit Patienten mit intermediären
Procalcitoninwerten erforderlich, ehe dieser Parameter für die
Routinediagnostik empfohlen werden kann. Wird das Procalcitonin bestimmt, kann
bei einem Wert von < 0,1 μg/l davon ausgegangen werden,
dass eine antimikrobielle Therapie nicht erforderlich ist [221 ]
[222 ].
Zur antimikrobiellen Therapie der AECOPD liegen mehrere
Placebo-kontrollierte Studien sowie zwei Metaanalysen vor [191 ]
[223 ]
[224 ]
[225 ]
[226 ]
[227 ]. Eine aktuelle
Metaanalyse fand für Patienten, die mit Antibiotika behandelt wurden, eine
verminderte Letalität im Vergleich zur Placebogabe bei AECOPD
[227 ]. Dieser Effekt beruhte jedoch vorrangig auf einer
Studie bei beatmeten Patienten auf Intensivstation und kann nicht auf alle
Schweregrade der AECOPD verallgemeinert werden. Außerdem weisen die
ausgewerteten Studien zum Teil deutliche methodische Mängel auf: Die
meisten dieser Studien sind mehr als 30 Jahre alt und genügen heutigen
Qualitätsanforderungen nicht mehr, haben überwiegend Patienten mit
chronischer Bronchitis (nicht notwendigerweise COPD) untersucht und haben
antimikrobielle Substanzen eingesetzt, die heute nicht mehr empfohlen werden
können. Gegen eine generelle antimikrobielle Therapie bei AECOPD sprechen
auch Studiendaten, die zeigen, dass bei Patienten mit einer
Procalcitonin-Konzentration < 0.1 µg/l im Serum eine
Antibiotikabehandlung nicht notwendig erscheint [221 ].
Typischerweise zeigen Studien, die sowohl vermehrte Luftnot
und vermehrten Auswurf als auch eine Verfärbung des Sputums als
Einschlusskriterien forderten, einen positiven Effekt der Antibiotikatherapie,
während Studien, die nur ein oder zwei dieser Kriterien
berücksichtigen, zu negativen Resultaten kommen [191 ]. Die makroskopische Purulenz des expektorierten
Sputums (gelbe oder grüne Farbe) besitzt dabei einen hohen
prädiktiven Wert für den Nachweis eines bakteriellen Erregers
[192 ]
[228 ].
Darüber hinaus existieren Zulassungs- und
Beobachtungsstudien, die Hinweise auf bestimmte Untergruppen geben, die von
einer antimikrobiellen Therapie profitieren könnten [201 ]
[229 ]
[230 ]
[231 ]
[232 ]. Adams et al. konnten zeigen, dass die Rezidivrate
von Patienten mit akuter Exazerbation geringer war, wenn diese mit Antibiotika
behandelt worden waren; dies galt allerdings nicht für alle
antimikrobiellen Substanzen [230 ]. Darüber hinaus
konnte gezeigt werden, dass das Intervall bis zur nächsten Exazerbation
durch Fluorchinolone wie Ciprofloxacin und Moxifloxacin verlängert werden
kann [201 ]
[231 ]
[232 ].
10.5.2. Begründung der Therapieempfehlung
Die Studienlage zur Indikation der antimikrobiellen Therapie
der COPD hat sich nicht verbessert.
Allerdings hat zumindest eine Studie zeigen können,
dass eine über den Biomarker Procalcitonin gesteuerte Therapie zu einer
deutlichen Reduktion des Einsatzes antimikrobieller Substanzen ohne schlechtere
Kurzzeit- oder Langzeitergebnisse führen kann [221 ]. Im Rahmen dieser Studie konnte allerdings nicht
belegt werden, was ein erhöhter PCT-Wert eigentlich anzeigt. Die Daten
erlauben allerdings schon heute, Niedrig-Risikopatienten zu identifizieren,
die
sehr wahrscheinlich nicht von einer antimikrobiellen Therapie profitieren.
Eine Schwäche vieler bisheriger Empfehlungen liegt
darin, dass sie eine Orientierung der Indikationsstellung zur antimikrobiellen
Therapie entsprechend dem Schweregrad der COPD vorgeben. Dieser ist jedoch
nicht immer vorher bekannt. Lungenfunktionsmessungen im Rahmen der AECOPD
können diese fehlende Vorinformation naturgemäß nicht
ausgleichen. Andererseits dürfte der mögliche Vorteil einer
antimikrobiellen Therapie auch vom Schweregrad der aktuellen Komplikation, also
der akuten Exazerbation selbst abhängen. Auch wenn die Schweregrade der
COPD sowie der akuten Exazerbation eng zusammenhängen, können jedoch
auch disparate Kombinationen vorkommen (leichte COPD – schwere AECOPD und
umgekehrt).
Eine allgemein anerkannte Klassifizierung des Schweregrads
einer akuten Exazerbation liegt bisher nicht vor. Allerdings finden sich in
der
Leitlinie „Diagnostik und Therapie von Patienten mit chronisch
obstruktiver Bronchitis und Lungenemphysem (COPD)” der Deutschen
Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin und der Deutschen
Atemwegsliga (http://www.awmf.de) bzw. der Nationalen Versorgungsleitlinie COPD
der Bundesärztekammer 2007 Kriterien zur Hospitalisation und
Intensivtherapie, die hier herangezogen werden können [16 ]. Dabei sollten von den Hospitalisationskriterien nur
Kriterien zur Geltung kommen, die den akuten Schweregrad reflektieren (nicht
also solche, die eher soziale Kriterien oder differenzialdiagnostische
Schwierigkeiten reflektieren).
Mittelschwere AECOPD (Indikation zur
Hospitalisation):
schwere Atemnot
schlechter Allgemeinzustand
rasche Progression der Symptomatik
Bewusstseinstrübung
Zunahme von Ödemen/Zyanose
neu aufgetretene Arrhythmien
schwere Komorbidität
Schwere AECOPD (Indikation zur
Intensivtherapie):
schwere Atemnot mit fehlendem Ansprechen auf die
Notfalltherapie
komatöser Zustand
persistierende Hypoxämie (paO2
< 50 mm Hg trotz O2 -Gabe)
schwere progrediente Hyperkapnie (paCO2
> 70 mm Hg)
respiratorische Azidose (pH < 7,35)
Kreislaufinsuffizienz
Leichtgradige AECOPD entsprechen somit Fällen, die
weder Kriterien der Hospitalisation noch der Intensivtherapie
erfüllen.
Die Arbeitsgruppe
empfiehlt: Eine Antibiotika-Therapie wird empfohlen (Empfehlungsgrad
B) bei ([Abb. 2 ]):
• leichtgradiger AECOPD (ambulante
Therapie) Antimikrobielle Therapie nur bei COPD GOLD-Stadium III oder
IV (FEV1 < 50 %/Soll) und Stockley
II* * sollte eine PCT-Bestimmung möglich sein und der
Wert < 0,1 ng/mL betragen, kann auf eine antimikrobielle
Therapie verzichtet werden • mittelschwerer AECOPD (Indikation
zur Hospitalisierung nach o. g. Kriterien) Antimikrobielle
Therapie nur bei Stockley II* * sollte eine PCT-Bestimmung
möglich sein und der Wert < 0,1 ng/mL betragen, kann auf
eine antimikrobielle Therapie verzichtet werden • schwerer
AECOPD (Indikation zur Intensivtherapie nach o. g.
Kriterien) Antimikrobielle Therapie immer
indiziert* * Zum jetzigen Zeitpunkt ist die Datenlage
für eine Procalcitonin-geleitete antimikrobielle Behandlung bei Patienten
mit invasiver bzw. nicht-invasiver Beatmung wegen einer AECOPD auf der
Intensivstation nicht ausreichend.
Zusammengefasst beruht die Indikation zur antimikrobiellen
Therapie jedoch auf überwiegend vorläufigen Daten und/oder indirekter
Evidenz.
10.6. Auswahl der antimikrobiellen Therapie bei AECOPD
Die Auswahl des Antibiotikums sollte sich am Schweregrad der
akuten Exazerbation der chronisch-obstruktiven Bronchitis gemessen anhand der
Einteilung nach der Nationalen Versorgungsleitlinie COPD der
Bundesärztekammer 2007 (
http://www.copd.versorgungsleitlinien.de )
orientieren.
Bei Patienten mit Exazerbation und vorbestehender FEV1
> 50 % des Solls wurden in der Regel
S. pneumoniae oder H.
influenzae isoliert. Gegen diese Spezies sind Betalaktamantibiotika und
– mit Einschränkungen – neuere Makrolide gut wirksam, wenn sie
ausreichend dosiert werden (s. [Tab. 8 ] und
[Tab. 10 ]). Bei einer FEV1
< 50 % des Solls und bei Patienten mit häufigen
Exazerbationen überwiegen Enterobacteriaceae [203 ]
[204 ]
[205 ]
[206 ]
[207 ]. Aminopenicilline mit Betalaktamaseinhibitor,
Cephalosporine der Gruppe II und III sowie Fluorchinolone zeigen hier eine
breitere Wirksamkeit.
Es wird empfohlen, eine Therapie gegen P.
aeruginosa nur
bei bekannter Kolonisation mit P.
aeruginosa [233 ],
im Falle von Bronchiektasen,
gezielt im Falle eines Erregernachweises sowie
bei beatmeten Patienten
einzuleiten.
Pseudomonaswirksame Substanzen stehen mit Ausnahme von
Ciprofloxacin und Levofloxacin jedoch ausschließlich als intravenöse
Applikationsform zur Verfügung [234 ]. Eine
Fluorchinolontherapie im Krankenhaus führt jedoch zu einem deutlich
erhöhten Risiko für eine Infektion mit gegenüber Ciprofloxacin
resistenten P. aeruginosa [34 ].
Es muss ausdrücklich davor gewarnt werden,
Breitspektrumantibiotika wie die oralen Fluorchinolone bei allen Formen der
AECOPD – auch bei leichter erkrankten Patienten ohne erhebliche
Lungenfunktionseinschränkung – einzusetzen. Gerade durch den
vermehrten Einsatz von Ciprofloxacin, das nach Auslaufen des Patents preiswert
geworden ist und daher häufig bei ambulanten Patienten eingesetzt wird,
ist eine schnelle Resistenzentwicklung gegenüber allen Fluorchinolonen zu
beobachten [235 ].
Grundsätzlich geeignete Substanzen bzw. Substanzklassen
für die orale Therapie sind:
Penicilline (Amoxicillin bzw.
Amoxicillin + Clavulansäure, Sultamicillin)
Makrolide (Azithromycin, Clarithromycin, Roxithromycin)
Tetracycline (Doxycyclin)
Fluorchinolone (Ciprofloxacin, Levofloxacin, Moxifloxacin)
Eine intravenöse Therapie wird nur empfohlen, wenn der
Patient die Tabletten nicht oral zu sich nehmen kann, unsichere
Resorptionsverhältnisse bestehen oder eine schwergradige AECOPD vorliegt.
Grundsätzlich geeignet für die intravenöse Therapie sind:
Penicilline (Ampicillin bzw.
Amoxicillin + Clavulansäure,
Ampicillin + Sulbactam;
Piperacillin + Tazobactam oder + Sulbactam)
Cephalosporine (Cefuroxim, Ceftriaxon, Cefotaxim, Cefepim,
Ceftazidim)
Fluorchinolone (Ciprofloxacin, Levofloxacin, Moxifloxacin)
Carbapeneme (Ertapenem, Imipenem, Meropenem)
Die Arbeitsgruppe empfiehlt (Empfehlungsgrad
C) folgende Antibiotika zur Therapie der AECOPD: Für
Patienten mit leichtgradiger AECOPD (ambulante Therapie) mit Stockley Typ 2
und
COPD GOLD-Stadium III oder IV (FEV1
< 50 %/Soll): • Mittel der Wahl:
Aminopenicillin ohne Betalaktamaseinhibitor (Amoxicillin) •
Alternativen: Makrolid (Azithromycin, Clarithromycin, Roxithromycin) oder
Tetracyclin (Doxycyclin)
Für Patienten mit
mittelschwerer und schwergradiger AECOPD (hospitalisierte Patienten auf Normal-
bzw. Intensivstation) mit Stockley Typ 2 ohne bekannte Kolonisation durch
P. aeruginosa , ohne Bronchiektasen, ohne Beatmung bzw.
ohne individuellen P.
aeruginosa -Nachweis: • Mittel der Wahl: Aminopenicillin mit
Betalaktamaseinhibitor (Amoxicillin + Clavulansäure
oder Sultamicillin) oder parenterale Cephalosporine der II. oder III.
Generation • Alternative*: Pneumokokkenwirksames
Fluorchinolon (Levofloxacin, Moxifloxacin)
Für
AECOPD- Patienten mit Stockley Typ 2 und mit bekannter Kolonisation durch
P. aeruginosa oder mit Bronchiektasen oder mit
individuellem P. aeruginosa -Nachweis oder bei
beatmeten Patienten: •
Acylureidopenicillin + Betalaktamaseinhibitor
(Piperacillin/Tazobactam) • Pseudomonaswirksames Carbapenem
(Imipenem, Meropenem) • Pseudomonaswirksames Cephalosporin
(Ceftazidim**, Cefepim) • Pseudomonaswirksames
Fluorchinolon (Ciprofloxacin**, Levofloxacin) * bei
Therapieversagen oder Unverträglichkeit der anderen
Substanzen ** in Kombination mit einer pneumokokkenwirksamen
Substanz
Ein wesentliches Entscheidungskriterium zwischen
den genannten Alternativen bildet eine vorausgegangene Antibiotikatherapie bei
Patienten mit rezidivierenden Exazerbationen: Es wird ein Wechsel der zuletzt
verwendeten Substanzgruppe empfohlen, dies gilt insbesondere für Therapien
innerhalb der letzten 3 Monate [33 ]
[34 ].
Hinsichtlich Substanzklassen und Dosierungen s.
[Tab. 10 ] bzw. [Tab. 8 ].
Inhalative Therapie: Eine inhalative
Dauertherapie mit Antibiotika ist nur dann zu erwägen, wenn manifeste
Bronchiektasen nachgewiesen werden [236 ]. Dieses
Problem wird bei COPD jedoch nicht sehr häufig beobachtet. Hierzu kann
Colistin (2 – 3 × 1 Mill. E/d)
oder Tobramycin (2 × 80 mg/d) eingesetzt werden.
Eine neuere Tobramycinzubereitung lässt höhere Dosen (300 mg)
in kleineren Flüssigkeitsmengen zu, die Dosis kann dann auf
2 × 300 mg gesteigert werden [237 ]. Zunehmende Resistenzen gegen Aminoglykoside konnten
nicht beobachtet werden. Diese Substanzen wurden auch bei
aminoglykosidresistenten P. aeruginosa- Infektionen
angewendet und zeigten deutlich positive Effekte hinsichtlich der Reduktion der
Erregerzahl in den Atemwegen. Verantwortlich hierfür dürften die
hohen Sputumkonzentrationen der Substanz sein, ohne dass signifikante
Serumspiegel nachgewiesen werden konnten.
Die Arbeitsgruppe empfiehlt (Empfehlungsgrad
B) keine generelle begleitende Inhalationstherapie mit Antibiotika. Sie
kann bei akuter bakterieller Exazerbation einer chronischen Bronchitis mit
Nachweis von Bronchiektasen erwogen werden [236 ].
Tab. 10 Therapieempfehlung
für Patienten mit AECOPD bei Vorliegen einer Indikation zur
Antibiotikatherapie.
Substanzen*
Dosierung* oral (pro
Tag)
Dosierung*
i. v. (pro Tag)
Therapiedauer
Bei leichtgradiger AECOPD (ambulante Therapie) mit Stockley Typ 2
und COPD GOLD-Stadium III oder IV
(FEV1 < 50 %/Soll) **:
Mittel
der Wahl
Amoxicillin
≥ 70 kg:
3 × 1,0 g < 70 kg:
3 × 750 mg
7 Tage
Alternativen
Azithromycin
1 × 500 mg
3 Tage
Clarithromycin
2 × 500 mg
7 Tage
Roxithromycin
1 × 300 mg
7 Tage
Doxycyclin
1 × 200 mg initial,
dann ≥ 70 kg:
1 × 200 mg < 70 kg:
1 × 100 mg
7 Tage
Bei mittelschwerer (ambulante und hospitalisierte Patienten) und
schwergradiger AECOPD (hospitalisierte Patienten auf Normal- bzw.
Intensivstation) mit Stockley Typ 2 ohne bekannte Kolonisation durch
P. aeruginosa , ohne Bronchiektasen, ohne Beatmung bzw.
ohne individuellen P. aeruginosa
-Nachweis**
Mittel der Wahl
Amoxicillin +
Clavulansäure
≥ 70 kg:
3 × 875 / 125 mg < 70 kg:
2 × 875 / 125 mg
3 × 2,2 g
7 Tage
Sultamicillin
2 × 750 mg
7 Tage
Ampicillin + Sulbactam
3 × 3,0 g
7 Tage
Ceftriaxon
1 × 2,0 g
7 Tage
Cefotaxim
3 × 2,0 g
7 Tage
Alternativen***:
Levofloxacin
1 × 500 mg
1 × 500 mg
5 Tage
Moxifloxacin
1 × 400 mg
1 × 400 mg
5 Tage
Bei AECOPD mit Stockley Typ 2 mit bekannter Kolonisation
durch P. aeruginosa bzw. mit
Bronchiektasen bzw. mit individuellem P.
aeruginosa -Nachweis sowie bei beatmeten
Patienten**:
Piperacillin/Tazobactam
3 × 4,5 g
8 Tage
Cefepim
3 × 2,0 g
8 Tage
Ceftazidim****
3 × 2,0 g
8 Tage
Imipenem
3 × 1,0 g
8 Tage
Meropenem
3 × 1,0 g
8 Tage
oder
Levofloxacin
2 × 500 mg
2 × 500 mg
8 Tage
Ciprofloxacin****
2 × 750 mg
3 × 400 mg
8 Tage
* Weiterführende Angaben zur
Pharmakologie, Verträglichkeit, Interaktionen und Dosierung finden sich im
Kapitel 7. ** Das wesentliche Entscheidungskriterium zwischen
den genannten Alternativen bildet eine vorausgegangene Antibiotikatherapie
innerhalb der letzten 3 Monate bei Patienten mit rezidivierenden
Exazerbationen: Es wird ein Wechsel der zuletzt verwendeten Substanzklasse
empfohlen. *** bei Therapieversagen oder
Unverträglichkeit der anderen Substanzen. ****
Ciprofloxacin und Ceftazidim in Kombination mit einer pneumokokkenwirksamen
Substanz.
10.7. Verlauf der antimikrobiellen Therapie bei AECOPD
Therapiedauer:
Die Arbeitsgruppe empfiehlt (Empfehlungsgrad
C) eine Therapiedauer von 7 Tagen [232 ].
Kürzere Behandlungszeiten werden für die neueren Substanzen
Moxifloxacin und Levofloxacin (5-tägige Therapie) bzw. Azithromycin
(3-tägige Therapie) empfohlen [232 ]
[238 ]
[239 ]. Bei Nachweis von P.
aeruginosa wird eine Therapiedauer von 8 Tagen
empfohlen.
Evaluation des Therapieansprechens: Kriterien des Ansprechens sind unzureichend definiert. Theoretisch lassen sich
symptombezogene und lungenfunktionelle Erfolgskriterien definieren. Die
Übereinstimmung von beiden ist begrenzt. Über das Zeitfenster,
innerhalb dessen ein Therapieansprechen zu erwarten ist, gibt es keine Daten.
Analog zur Pneumonie wird ein solches Ansprechen in ca.
48 – 72 h zu erwarten sein.
Zeichen des klinischen (symptombezogenen) Ansprechens
umfassen:
Rückgang der Dyspnoe
Rückgang der Sputummenge
Aufklaren der Sputumfarbe
Besserung der respiratorischen Azidose
Besserung des Bewusstseinszustands
Stabilisierung der komorbiden Dekompensation
Ein signifikanter Anteil von Patienten weist nur eine inkomplette
Remission der Exazerbations-Symptome auf. Das therapeutische Vorgehen bei
diesen Patienten ist nicht etabliert. In jedem Fall sollte eine protrahierte
Gabe antimikrobieller Substanzen (über 10 Tage) vermieden werden, da die
Wahrscheinlichkeit einer Resistenzzunahme nach diesem Zeitraum ansteigt.
Therapieversagen: Ein Therapieversagen
äußert sich in einer persistierenden Symptomatik trotz
adäquater Therapie von mindestens 48 – 72 h
Dauer. Zum Vorgehen im Rahmen eines Therapieversagens liegen keine Studien
vor.
Entsprechend den klinischen Erfahrungen
empfiehlt die Arbeitsgruppe die Erwägung folgender Maßnahmen
(Empfehlungsgrad D):
• Bronchoskopie zur Gewinnung
respiratorischer Sekrete für die mikrobiologische Diagnostik (und zur
Bronchialtoilette bei Sekretretention) • Echokardiografie zum
Ausschluss einer Linksherzdekompensation/pulmonalen Hypertonie •
Röntgenthorax zum Ausschluss einer Pneumonie (primär ambulant
erworben bzw. nosokomial) • Angio-Computer-Tomografie des Thorax
zum Ausschluss von Lungenembolien [240 ].
11. Risikostratifizierung der CAP
11. Risikostratifizierung der CAP
Die Entscheidung über den Ort der Behandlung ist eine der
wichtigsten im Management der Pneumonie. Daher kommt der objektiven
Schweregradbestimmung eine wichtige Rolle zu.
11.1. Entscheidung zur stationären Einweisung
In Ergänzung zur klinischen Einschätzung durch den
erfahrenen Arzt steht mit dem CRB-65-Index ([Tab. 11 ]) [241 ] ein einfach
anwendbares und in Studien gut untersuchtes Instrument zur
Schweregradbestimmung bei CAP zur Verfügung.
Der CRB-65-Index (die Akronyme stehen für
c onfusion, r espiratory
r ate, b lood pressure,
Alter ≥ 65 Jahre) besteht aus den vier
klinischen Variablen Verwirrtheit, Atemfrequenz, Blutdruck und Alter. Diese
Variablen sind wiederholt als unabhängige Prädiktoren für einen
letalen Ausgang der CAP hospitalisierter Patienten identifiziert worden ([Tab. 11 ]) [20 ]
[242 ]
[243 ]
[244 ]
[245 ]. Sie reflektieren die
akute respiratorische Insuffizienz sowie Symptome der schweren Sepsis bzw. des
septischen Schocks. Patienten, die keine dieser Variablen aufweisen, haben ein
minimales Letalitäts-Risiko (ca. 1 %), während solche
mit einer oder zwei bzw. drei oder vier ein Letalitätsrisiko von ca.
8 % bzw. ca. 30 % aufweisen.
Diese Variablen sind mehrfach als Teil von prädiktiven Scores
für das individuelle Letalitätsrisiko validiert worden
[20 ]
[241 ]
[244 ]
[245 ]
[246 ]
[247 ]
[248 ]. Der CRB-65-Index weist gegenüber anderen
vorgeschlagenen Indizes den Vorteil auf, dass er komplett auf klinischen bzw.
anamnestischen Parametern beruht und ohne Laboruntersuchung im Rahmen der
Erstuntersuchung des Patienten bestimmt werden kann. Er zeigte in Studien eine
gegenüber aufwendiger zu bestimmenden Indizes (PSI-Score und CURB-Index)
vergleichbare gruppenspezifische Prädiktion des Letalitätsrisikos
[20 ]
[245 ]
[248 ] und wurde im Rahmen von CAPNETZ für den
stationären und eingeschränkt auch den ambulanten Bereich in
Deutschland validiert [20 ].
Allerdings wurde der CRB-65-Index primär zur Beurteilung des
Letalitätsrisikos und nicht zur Entscheidung über eine
Krankenhausbehandlung entwickelt und noch nicht an ausreichend großen
Patientenzahlen in der ambulanten Praxis validiert.
Die Arbeitsgruppe empfiehlt (Empfehlungsgrad
B) ([Abb. 4 ]) die Verwendung des CRB-65-Index
für die Praxis und die Notaufnahme des Krankenhauses (s.
[Tab. 11 ]). Bei einem CRB-65-Index ≥ 1
sollte die Notwendigkeit einer stationären Einweisung erwogen
werden. Die Verwendung des Score-Systems ersetzt allerdings nicht das
klinische Urteil des Arztes, sondern sollte die eigene klinische
Einschätzung objektivieren und validieren helfen. Ohne Zweifel müssen
klinische (Komorbiditäten wie z. B. chronische Herzinsuffizienz)
und nicht-klinische (z. B. soziale) Gründe bei jeder Entscheidung
über eine Hospitalisierung mitbedacht werden. Auf der anderen Seite stellt
ein Alter > 65 Jahre allein keinen zwingenden Grund zur
stationären Einweisung bei leichter CAP und fehlenden instabilen
Begleiterkrankungen dar. Im Falle einer Entscheidung für eine
ambulante Behandlung (CRB-65 = 0) sollte eine Reevaluation
der Patienten nach 48 (– 72) h erfolgen, da eine klinische
Verschlechterung häufig in diesem Zeitrahmen eintritt [249 ]. Im Zweifelsfall sollte der Patient in das
Krankenhaus aufgenommen werden, da die medizinischen und ökonomischen
Kosten einer kurzfristigen Hospitalisierung geringer ins Gewicht fallen als
eine notfallmäßige sekundäre Hospitalisierung.
Tab. 11 CRB-65-Index
[241 ].
Prüfung auf das Vorliegen folgender
Kriterien:
– Atemfrequenz
≥ 30/min – diastolischer Blutdruck
≤ 60 mm Hg/systolischer Blutdruck
< 90 mmHg –
Bewusstseinstrübung – Alter ≥ 65 Jahre
Der Score wird berechnet durch die Addition eines
Punktes für das Vorliegen jeweils eines der aufgelisteten Kriterien.
Abb. 4 Algorithmus zur
Risikoabschätzung und Logistik bei CAP-Patienten.
11.2. Entscheidung zur Aufnahme auf eine Intensivstation (ITS),
Intermediärstation bzw. Station mit intensivierter Überwachung
Als gruppenspezifische Risikoscores sind weder der PSI- noch
CRB-65-Index geeignet, um individuelle Patienten zu identifizieren, die auf
eine ITS aufgenommen werden sollten. Die Entwicklung von entsprechenden
Kriterien ist aus folgenden Gründen methodisch schwieriger:
Als Referenzkriterium für die Aufnahme auf die ITS steht
lediglich die jeweilige ärztliche Entscheidung zur Verfügung. Diese
kann jedoch neben objektiven Kriterien des CAP-Schweregrades auch lokale oder
regionale Besonderheiten der Versorgung schwerer Erkrankter reflektieren und
daher nicht ohne Weiteres allgemein zur Anwendung empfohlen werden.
Die Existenz so genannter Überwachungsstationen oder
Intermediärstationen („intermediate care”) verändert
die Kriterien der Aufnahme auf eine ITS derart, dass als nahezu einziges
absolutes Kriterium die Intubation und maschinelle Beatmung verbleibt.
Die Praxis der „nicht-invasiven Beatmung”
erlaubt bei geschultem Personal und ausreichendem Personalschlüssel sogar
die Versorgung auf Normalstationen.
In den bisher durchgeführten Untersuchungen zur
Identifikation von Kriterien für eine schwere CAP (sCAP) sind folgende
Variablen beschrieben worden ([Tab. 12 ])
[51 ]:
Tab. 12 Unabhängige
Variable für einen letalen Ausgang bei hospitalisierten CAP-Patienten
[51 ].
Respiratorisches Versagen
– Atemfrequenz
> 30/min – Oxigenierungsindex
PaO2 /FI O2 < 250 (< 200 bei
COPD) – Notwendigkeit eines Atmungs-Supports
Radiologische Kriterien
– 50 %
Zunahme des Infiltrats innerhalb 48 h nach Aufnahme –
multilobäre oder bilaterale Infiltrate
Zeichen der schweren Sepsis oder des septischen Schocks mit
hämodynamischer Instabilität oder
Organversagen
– RR syst.
< 90 mm Hg oder RR diast.
< 60 mm Hg – Katecholamingabe
> 4 h – Harnproduktion
< 20 ml/h (keine gleichzeitige
Hypovolämie) – schwere Azidose (pH
< 7,3) – schwere disseminierte intravasale
Gerinnung – akutes Nierenversagen mit
Nierenersatztherapie – veränderter Bewusstseinszustand
(Verwirrtheit)
Multiorganversagen
Diese Kriterien haben eine unzureichende Spezifität und sind
daher nicht als Entscheidungskriterien für eine ITS-Aufnahme geeignet.
Ein Score, der aus diesen Variablen abgeleitet und auf einer
pneumologisch geführten ITS entwickelt und validiert wurde (modifizierter
ATS-Score), definiert eine sCAP (d. h. Pneumonie, die auf der ITS
behandelt werden sollte) bei Vorliegen von mindestens zwei
„Minor-Kriterien” oder einem „Major-Kriterium” (s.
[Tab. 13 ]) [247 ]
[249 ]. Er wies mittlere
positive (70 – 75 %) und hohe negative
(95 %) Prädiktionswerte auf [249 ].
Derselbe Score erreichte jedoch in einer anderen Untersuchung nur
unbefriedigende positive Vorhersagewerte [250 ].
Wahrscheinlich sind die Vorhersagewerte der Scores abhängig von der
jeweiligen Struktur der ITS und daher nicht ohne Weiteres auf alle ITS
übertragbar. Obwohl dieser Score eine Hilfe bei der Entscheidung über
die Aufnahme auf eine Intensivstation sein kann, bleibt die
Berücksichtigung der Kriterien für eine sCAP bestimmend. Ein
erweiterter Score, der von einer spanischen Arbeitsgruppe abgeleitet und
validiert wurde, zeigte eine höhere Falschpositivrate ohne signifikante
Unterschiede in der Genauigkeit im Vergleich zum modifizierten ATS-Score
[251 ]. Ein neuer, erweiterter Score der ATS/IDSA
für eine ITS-Aufnahme wurde bisher nicht prospektiv validiert und wird
daher dem etablierten modifizierten ATS-Score nicht vorgezogen
[252 ].
Die Arbeitsgruppe empfiehlt (Empfehlungsgrad
B) ([Abb. 4 ]) zur Aufnahme auf eine
Intensivstation den modifizierten ATS-Score (s. [Tab. 13 ]): mindestens 1 Major-Kriterium positiv;
sowie zur intensivierten Überwachung (je nach Einrichtung ITS,
Intermediärstation bzw. Normalstation mit entsprechender
Überwachung): mindestens 2 Minor-Kriterien positiv. Diese Regel ist
für die Aufnahme auf eine ITS evaluiert. Für eine intensivierte
Überwachung kann aber auch schon ein Minorkriterium ausreichen. Ein
weiteres Kriterium zur intensivierten Überwachung besteht bei einem
CRB-65-Index ≥ 2; im Einzelfall kann bereits ein CRB-65-Index von 1
ausreichend für eine intensivierte Überwachung
sein. Unabhängig von diesen Score-Systemen ist eine
gründliche klinische Einschätzung des Schweregrads der CAP für
die Entscheidung über eine intensivmedizinische Betreuung
maßgeblich. Über die initiale Bestimmung des Schweregrades
hinaus werden kurzfristige Reevaluationen jedes hospitalisierten Patienten
innerhalb der ersten 4 – 8 h empfohlen. Der
frühzeitigen Erkennung und Behandlung einer schweren Sepsis als Vorstufe
eines septischen Schocks kommt dabei eine zentrale Bedeutung zu. Es wird daher
empfohlen, jeden Patienten mit schwerer Sepsis zumindest auf einer
Überwachungsstation oder auf einer ITS zu behandeln, auf der
frühzeitige zielgerichtete Interventionen durchgeführt werden
können [253 ].
11.3 Einteilung der CAP
Die Einteilung der CAP erfolgt in die Risikogruppen
leichtgradige ambulant-erworbene Pneumonie: Management im
ambulanten Bereich möglich (ambulante CAP): Klinische Entscheidung unter
Zuhilfenahme des CRB-65-Scores – ohne Risikofaktoren (s.
12.1) – mit Risikofaktoren (s. 12.2)
mittelschwere ambulant-erworbene Pneumonie: Management im
Krankenhaus auf Normalstation (hospitalisierte CAP): Klinische Entscheidung
unter Zuhilfenahme des CRB-65-Score
schwergradige ambulant-erworbene Pneumonie: Management im
Krankenhaus auf einer Überwachungsstation (Intensivstation, Intermediate
Care u. a.) (schwere CAP): Klinische Entscheidung unter Zuhilfenahme des
CRB-65-Scores und des mod. ATS-Scores – ohne Indikation
für eine gegen P. aeruginosa wirksame empirische
Therapie (s. 14.1.) – mit Indikation für eine gegen
P. aeruginosa wirksame empirische Therapie (s. 14.1.
und [Tab. 5 ])
Tab. 13 Modifizierte
ATS-Kriterien für eine schwergradige Pneumonie (sCAP) [249 ].
„Major”-Kriterien, bestimmt bei Aufnahme oder im
weiteren Verlauf (positiv, wenn 1 von 2 Variablen vorhanden)
1.
Notwendigkeit der Intubation und maschinellen Beatmung 2.
Notwendigkeit der Gabe von Vasopressoren > 4 h (septischer
Schock)
„Minor”-Kriterien, bestimmt bei Aufnahme (positiv,
wenn 2 von 3 Variablen vorhanden)
1. schwere akute
respiratorische Insuffizienz (PaO2 /FI O2
< 250) 2. multilobäre Infiltrate in der
Röntgen-Thoraxaufnahme 3. systolischer Blutdruck
< 90 mmHg
12. Ambulantes Management der CAP
12. Ambulantes Management der CAP
Definition: Patienten mit einer akuten
unteren Atemwegsinfektion mit oder ohne lokalem Auskultationsbefund mit
Nachweis eines Infiltrates im Röntgenthoraxbild und einem Risikoscore von
CRB-65 = 0, ggf. auch einem
CRB-65 = 1 bei einem Alter > 65 Jahre und
fehlenden instabilen Begleiterkrankungen (s. [Tab. 11 ]).
Die Arbeitsgruppe empfiehlt (Empfehlungsgrad
A):
Für die Auswahl von Diagnostik und kalkulierter
Therapie sollten die Patienten eingeteilt werden in: • ambulante
Patienten ohne Risikofaktoren: Hierbei handelt es sich um
Patienten – ohne schwere Begleiterkrankungen –
ohne Antibiotikavortherapien in den letzten 3 Monaten und – in
stabilem klinischen Zustand • ambulante Patienten mit folgenden
Risikofaktoren: – Antibiotikavortherapie (in den letzten 3
Monaten) und/oder – Bewohner von Pflegeheimen
und/oder – chronische internistische (Herzinsuffizienz,
Leberzirrhose, terminale Niereninsuffizienz) oder neurologische
Begleiterkrankungen (wie Z. n. Schlaganfall mit neurologischem
Defektsyndrom) • ohne dass eine akute hämodynamische oder
respiratorische Beeinträchtigung die stationäre Aufnahme erforderlich
macht, • da diese Risikofaktoren Einfluss auf die Ätiologie
und das diagnostische und therapeutische Vorgehen besitzen (s.
[Tab. 4 ]).
12.1. CAP bei ambulanten Patienten ohne Risikofaktoren
12.1.1. Erregerspektrum bei ambulanten CAP-Patienten ohne
Risikofaktoren
Zur Ätiologie der CAP wird im Kapitel 3 Stellung genommen.
Der häufigste Erreger der CAP in dieser Patientengruppe ist
S. pneumoniae . Zur zweithäufigsten Erregergruppe
gehören M. pneumoniae, L. pneumophila und
respiratorische Viren. Mykoplasmeninfektionen treten vorrangig bei
jüngeren Erwachsenen auf, lokale Ausbrüche kommen vor
[254 ]. C. pneumoniae spielt in
Deutschland als Erreger einer CAP nur eine untergeordnete Rolle
[28 ].
12.1.2. Diagnostik bei ambulanten Patienten ohne
Risikofaktoren
Da das Erregerspektrum in dieser Patientengruppe eng ist und die
Letalität unter 2 % liegt, ist eine minimale Diagnostik
ausreichend.
Die Arbeitsgruppe empfiehlt (Empfehlungsgrad
B) eine eingehende klinische Untersuchung mit Bestimmung des CRB-65-Index
(s. [Tab. 11 ]) und eine
Röntgenthorax-Aufnahme in zwei Ebenen (nach dem Algorithmus
[Abb. 1 ]). Die Durchführung von
Laboruntersuchungen zur Therapiesteuerung (z. B. Blutbild, Kreatinin,
Harnstoff) und weitere Untersuchungen in Abhängigkeit von Grunderkrankung
oder Begleitmedikation (z. B. Transaminasen) können indiziert sein.
(A) Eine mikrobiologische Diagnostik wird bei Patienten mit leichter
CAP nicht empfohlen (A).
12.1.3. Therapie bei ambulanten CAP-Patienten ohne
Risikofaktoren
Die kalkulierte Initialtherapie soll die in dieser Gruppe
häufigen Erreger erfassen und bei oraler Applikation eine gute
Bioverfügbarkeit aufweisen, ohne unnötig breit zu sein (s.
[Tab. 14 ]).
In kontrollierten Therapiestudien war eine Monotherapie mit
hochdosiertem Amoxicillin mit oder ohne Betalaktamaseinhibitor gut wirksam
[255 ]
[256 ]. Die hierbei in Kauf
zu nehmende Wirkungslücke gegenüber M.
pneumoniae, C. pneumoniae und L. pneumophila
scheint bei unkomplizierter CAP die Effektivität dieser Therapie nicht zu
beeinträchtigen [257 ]
[258 ]. Eine hochgradige Penicillinresistenz von
S. pneumoniae ist weiterhin so selten, dass bei
ausreichender Dosierung nicht mit resistenzbedingtem Therapieversagen bei
Pneumokokkeninfektionen zu rechnen ist (s. Kap. 5). Amoxicillin ist daher das
Mittel der Wahl bei Patienten mit ambulant behandelter CAP ohne
Risikofaktoren.
Alternativ können bei Penicillinunverträglichkeit die
neueren Makrolide Azithromycin, Clarithromycin und Roxithromycin eingesetzt
werden. Die Erfolgsraten klinischer Studien bei Patienten mit unkomplizierten,
ambulant therapierbaren Pneumonien lagen mit einer Makrolid-Monotherapie um
90 %, ohne dass Unterschiede gegenüber Vergleichssubstanzen
(u. a. Fluorchinolone, Ketolide) gefunden wurden [259 ]. Als problematisch muss jedoch angesehen werden, dass
die Rate Makrolid-resistenter S. pneumoniae bei CAP in
Deutschland aktuell ca. 15 % beträgt (s. [Tab. 6 ]). In Studien aus den USA und Europa kam es
während einer Makrolidtherapie zu Durchbruch-Bakteriämien und damit
zu Therapieversagen [76 ]
[77 ], und
eine bestehende Makrolidresistenz wurde als Risikofaktor für ein
Therapieversagen bei Pneumokokkeninfektion identifiziert, wobei kein
Unterschied zwischen Erregern mit „high-level”- und
„low-level”-Resistenz besteht [78 ]. Die
Makrolidtherapie selbst ist dabei der wichtigste Risikofaktor für die
Resistenzentstehung [33 ], nach Makrolidgabe wurde eine
rasche und lang anhaltende Vermehrung Makrolid-resistenter S. pneumoniae in der oropharyngealen Flora bei Probanden
nachgewiesen [79 ].
Eine weitere Alternative ist Doxycyclin. Die Resistenzraten von
S. pneumoniae gegenüber Doxycyclin sind derzeit
günstiger als die gegenüber Makroliden. In einer randomisierten
Studie fand sich mit Doxycyclin bei hospitalisierten Patienten mit CAP eine
vergleichbare Ansprechrate wie mit einer konventionellen Antibiotikatherapie
[260 ]. Aktuelle klinische Studien aus Deutschland
fehlen.
Bei Unverträglichkeit gegenüber den genannten
Substanzklassen können die Oralcephalosporine Cefuroxim-Axetil oder
Cefpodoxim-Proxetil eingesetzt werden. Problematisch ist allerdings ihre
unsichere orale Bioverfügbarkeit.
Für die Überlegenheit einer Kombinationstherapie von
Betalaktam-Antibiotika mit Makroliden gibt es bei dieser Patientengruppe keine
Evidenz aus kontrollierten Studien.
Die Therapie mit den Fluorchinolonen Levofloxacin und
Moxifloxacin ist eine weitere Alternative, erfasst aber ein unnötig
breites Spektrum und wird, um Resistenzentwicklungen zu vermeiden und aufgrund
des Toxizitätsprofils (s. Kap. 7.5.1.), für diese Patientengruppe
nicht empfohlen. Der Einsatz von Ciprofloxacin ist wegen der bekannten
unzureichenden Aktivität gegenüber S.
pneumoniae , der Dokumentation von Therapieversagen und der Entwicklung von
Resistenzen gegenüber modernen Fluorchinolonen in der Therapie der CAP
grundsätzlich nicht indiziert [261 ].
Die Arbeitsgruppe empfiehlt (Empfehlungsgrad
A) als Therapie der Wahl für die unkomplizierte CAP im ambulanten
Bereich bei Patienten ohne Risikofaktoren die Monotherapie mit einem
hochdosierten Aminopenicillinpräparat. Alternativ kann bei
Penicillinunverträglichkeit ein neueres Makrolid (Azithromycin,
Clarithromycin, Roxithromycin) oder Doxycyclin verabreicht werden (s.
[Tab. 14 ]). Fluorchinolone werden bei dieser
Patientengruppe nicht empfohlen. Die Arbeitsgruppe geht auch von der
Überlegung aus, dass ein übermäßiger oder einseitiger
Einsatz einzelner Substanzgruppen wie Makrolide, Doxycyclin oder Fluorchinolone
zu einer weiteren Resistenzentwicklung beiträgt.
12.1.4. Verlauf bei ambulanten CAP-Patienten ohne
Risikofaktoren
Die Arbeitsgruppe empfiehlt (Empfehlungsgrad
A): Eine ausreichende häusliche Versorgung und Überwachung jedes
Patienten mit ambulant behandelter CAP ist erforderlich. Eine Reevaluation der
Patienten nach 48 (– 72) h ist notwendig. Falls zu diesem
Zeitpunkt kein Fieberrückgang und klinische Besserung vorliegen,
müssen Diagnose und eingeleitete Therapie überprüft sowie die
stationäre Einweisung erwogen werden [262 ].
Therapiedauer:
Die Arbeitsgruppe empfiehlt (Empfehlungsgrad
A): Die antibiotische Therapie kann 48 – 72 h
nach klinischer Besserung mit Entfieberung, jedoch frühestens nach 5
Tagen, beendet werden. Eine Therapiedauer von mehr als 7 Tagen ist im Regelfall
nicht erforderlich [263 ]
[264 ]
[265 ]. Die empfohlene
Therapiedauer für Azithromycin beträgt drei Tage.
Radiologische Verlaufsuntersuchung
(Empfehlungsgrad D): Für einen Nutzen radiologischer
Verlaufskontrollen gibt es keine gute Evidenz, bei Vorliegen von Risikofaktoren
für eine Tumorerkrankung kann eine radiologische Abschlussuntersuchung im
Verlauf, jedoch nicht vor 2 Wochen nach Therapieende, sinnvoll sein.
Therapieversagen: Therapieversagen ist in
dieser Patientengruppe mit 3 – 6 % selten. Es
liegen keine ausreichenden Daten über die Ursachen bei ambulanten
Patienten vor. Empfehlungen zum praktischen Vorgehen finden sich in Kapitel
15.
Tab. 14 Therapieempfehlung
für ambulante Patienten mit CAP ohne Risikofaktoren (s. Abschnitt
12).
Substanzen*
Dosierung (pro
Tag)*
Therapiedauer
Mittel der Wahl
Aminopenicillin
– Amoxicillin
≥ 70 kg: 3 × 1 g
oral < 70 kg: 3 × 0,75 g
oral
5 – 7 Tage
Alternativen
Makrolid
– Azithromycin
1 × 500 mg oral
3 Tage
– Clarithromycin
2 × 500 mg oral
5 – 7 Tage
– Roxithromycin
1 × 300 mg oral
5 – 7 Tage
oder
Tetracyclin
– Doxycyclin
1 × 200 mg oral
initial, ≥ 70 kg:
1 × 200 mg < 70 kg:
1 × 100 mg
5 – 7 Tage
* Weiterführende Angaben zur
Pharmakologie, Verträglichkeit, Interaktionen und Dosierung finden sich in
Kapitel 7.
12.2. CAP bei ambulanten Patienten mit Risikofaktoren
12.2.1. Erregerspektrum bei ambulanten CAP-Patienten mit
Risikofaktoren
Bei Patienten mit Risikofaktoren ist das ätiologische
Spektrum vielfältiger und umfasst neben S.
pneumoniae und H. influenzae auch
S. aureus und Enterobacteriaceae . Dies trifft insbesondere für
Patienten aus einem Pflegeheim/Altersheim oder multimorbide Patienten mit einer
leichtgradigen CAP zu. Besondere Aufmerksamkeit sollte der Evaluation von
Antibiotika-Vortherapien in den letzten 3 Monaten zukommen, welche für
Infektionen mit resistenten Erregern prädisponieren [33 ]
[34 ]. Ein weiterer Risikofaktor
für das Auftreten resistenter Erreger ist ein eingeschränkter
funktioneller Status (chronische Bettlägerigkeit) [13 ]. An eine Aspirationspneumonie sollte bei neurologischen
Grunderkrankungen und eingeschränkter Dentalhygiene gedacht werden
[46 ]. Bei Aspirationspneumonien sind vermutlich
Anaerobier bzw. Mischinfektionen ätiologisch von Bedeutung. Anaerobier
werden wahrscheinlicher, wenn ein protrahierter Verlauf vorliegt oder
einschmelzende Infiltrate in abhängigen Lungensegmenten nachgewiesen
werden. Die Assoziation der Risikofaktoren mit bestimmten Erregern sind in
[Tab. 4 ] aufgeführt.
12.2.2. Diagnostik bei ambulanten CAP-Patienten mit
Risikofaktoren
Die Arbeitsgruppe empfiehlt (Empfehlungsgrad
A):
Die Röntgenuntersuchung der Thoraxorgane ist immer
anzustreben. Eine umfangreichere Labordiagnostik als bei unkomplizierter CAP
kann in Abhängigkeit von den Grunderkrankungen der Patienten notwendig
sein. Eine mikrobiologische Diagnostik ist auch in dieser Gruppe nicht generell
indiziert. Nach Vorbehandlung mit Antibiotika, bei struktureller
Lungenerkrankung oder rezidivierenden Pneumonien sollte wegen des höheren
Risikos resistenter Erreger eine mikrobiologische Diagnostik (Gramfärbung
und Bakterienkultur mit Resistenztestung) aus Sputum oder
bronchoalveolärer Lavage (BAL) in Erwägung gezogen werden, auch wenn
die Effektivität dieses Vorgehens nicht durch Daten aus prospektiven
Studien belegt ist. Die Abnahme von Blutkulturen wird in dieser
Risikogruppe aufgrund geringer therapeutischer Konsequenzen
(< 2 %) nicht empfohlen
[266 ].
12.2.3. Therapie bei ambulanten CAP-Patienten mit
Risikofaktoren
Wegen des erweiterten Erregerspektrums wird für die
kalkulierte Therapie in dieser Gruppe primär die Gabe eines auch
gegenüber Enterobacteriaceae wirksamen
Betalaktamantibiotikums empfohlen (s. [Tab. 15 ]).
Eine Aminopenicillin/Betalaktamaseinhibitor-Kombination ist auch gegenüber
S. aureus , den meisten betalaktamasebildenden
Enterobacteriaceae sowie Anaerobiern wirksam
[267 ]
[268 ].
Wenn Legionella spp.,
C. pneumoniae und M .
pneumoniae ebenfalls erfasst werden sollen, kann
zusätzlich ein Makrolidantibiotikum gegeben werden. Für die
Notwendigkeit einer generellen Kombinationstherapie liegen allerdings für
den ambulanten Bereich keine ausreichenden Daten vor.
Eine Alternative stellt die Monotherapie mit einem
pneumokokkenwirksamen Fluorchinolon (Levofloxacin, Moxifloxacin) dar. Diese
Substanzen sind gegenüber allen relevanten Erregern wirksam und haben sich
in randomisierten Studien als mindestens so effektiv wie die teils in
Kombination eingesetzten Vergleichssubstanzen erwiesen [269 ]
[270 ]
[271 ]. Darüber hinaus besteht der Vorteil einer einmal
täglichen Einnahme und einer hohen Bioverfügbarkeit. Gegen einen zu
breiten Einsatz spricht allerdings das Risiko von Resistenzentwicklungen sowie
das Toxizitätsprofil dieser Substanzklasse vor dem Hintergrund der sehr
guten Prognose der ambulanten CAP [272 ]. Eine
Alternative bei Unverträglichkeit gegenüber den zuvor genannten
Substanzklassen besteht mit den Cephalosporinen Cefuroxim-Axetil und
Cefpodoxim-Proxetil [269 ]
[273 ].
Problematisch ist allerdings die unsichere orale Bioverfügbarkeit beider
Substanzen.
Wichtiges differenzialtherapeutisches Entscheidungskriterium ist
eine vorausgegangene Antibiotikatherapie. In diesem Fall wird ein Wechsel der
zuletzt verwendeten Substanzgruppe empfohlen. Dies gilt insbesondere für
Therapien innerhalb der letzten 3 Monate [33 ]. Ferner
sollten die im Alter und bei Komorbidität gehäuft auftretenden
unerwünschten Effekte der Antiinfektiva berücksichtigt werden. Bei
ambulanten Patienten, bei denen eine suffiziente orale Therapie nicht
gewährleistet werden kann, kann auch eine ambulante intravenöse
Therapie entsprechend den Therapieempfehlungen für hospitalisierte CAP
erfolgen [274 ]. Für Patienten, die trotz
Indikation zur Krankenhausaufnahme ambulant behandelt werden, gelten generell
die Therapieempfehlungen für hospitalisierte CAP.
Die Arbeitsgruppe empfiehlt (Empfehlungsgrad
A) als Therapie der Wahl für CAP im ambulanten Bereich bei Patienten
mit Risikofaktoren die Monotherapie mit einem hochdosierten
Aminopenicillin/Betalaktamaseinhibitor-Präparat (s. [Tab. 15 ]). Alternativ können bei
Therapieversagen oder Unverträglichkeit die Fluorchinolone Levofloxacin
oder Moxifloxacin eingesetzt werden. Bei Verdacht auf eine Koinfektion durch
Mykoplasmen, Chlamydien oder Legionellen kann auch eine Kombinationstherapie
in
Form einer Betalaktam-Makrolid-Kombination durchgeführt werden.
12.2.4. Verlauf bei ambulanten CAP-Patienten mit
Risikofaktoren
Die Arbeitsgruppe empfiehlt (Empfehlungsgrad
B): Eine gute häusliche Versorgung und engmaschige Überwachung
ist bei Patienten mit CAP in höherem Alter oder mit Komorbiditäten
zwingend erforderlich. Die Gewährleistung einer ausreichenden
Oxygenierung, einer stabilen Kreislaufsituation und einer sicheren
Medikamenteneinnahme und Resorption sind Voraussetzungen für eine
ambulante Therapie. Generell sollte auf eine ausreichende Rehydratation
geachtet werden. Dies gilt insbesondere für Patienten im
Altenheim/Pflegeheim bzw. geriatrische Patienten [14 ].
Im Zweifelsfall sollte eine kurzfristige Hospitalisierung erwogen werden. Eine
Reevaluation der Patienten nach 48 (– 72) h ist
erforderlich. Falls zu diesem Zeitpunkt kein Fieberrückgang und keine
klinische Besserung festzustellen sind, müssen Diagnose und eingeleitete
Therapie überprüft sowie die stationäre Einweisung erwogen
werden.
Therapiedauer:
Die Arbeitsgruppe empfiehlt (Empfehlungsgrad
A): Die antibiotische Therapie kann 48 – 72 h
nach klinischer Besserung mit Entfieberung, jedoch frühestens nach 5
Tagen, beendet werden. Eine Therapiedauer von mehr als 7 Tagen ist im Regelfall
nicht erforderlich [263 ]
[264 ]
[265 ].
Radiologische Verlaufsuntersuchung
(Empfehlungsgrad D): Für einen Nutzen radiologischer
Verlaufskontrollen gibt es keine gute Evidenz, bei Vorliegen von Risikofaktoren
für eine Tumorerkrankung kann eine radiologische Abschlussuntersuchung im
Verlauf, jedoch nicht vor 2 Wochen nach Therapieende, sinnvoll sein.
Therapieversagen: In Abhängigkeit
vom Schweregrad ist bei Therapieversagen eine Hospitalisierung bzw. eine
Überweisung an apparativ entsprechend ausgestattete Spezialisten zu
empfehlen (B). Die Differenzialdiagnose, das diagnostische Vorgehen und die
kalkulierte Behandlung werden in Kapitel 15 besprochen.
Tab. 15 Therapieempfehlung
für ambulante Patienten mit CAP mit Risikofaktoren (s. Abschnitt 12).
Substanzen*
Dosierung (pro
Tag)*
Therapiedauer
Mittel der Wahl
Betalaktam
–
Amoxicillin/Clavulansäure
2 × 875/125 mg oral
5 – 7 Tage
– Sultamicillin
2 × 0,75 g oral
5 – 7 Tage
Alternative
Fluorchinolon**
– Levofloxacin
1 × 500 mg oral
5 – 7 Tage
– Moxifloxacin
1 × 400 mg oral
5 – 7 Tage
* Weiterführende Angaben zur
Pharmakologie, Verträglichkeit, Interaktionen und Dosierung finden sich in
Kapitel 7. Bei vorausgegangener Antibiotikatherapie wird ein Wechsel der
zuletzt verwendeten Substanzklasse empfohlen. ** bei
Therapieversagen oder Unverträglichkeit der anderen Substanzen.
13. Management bei hospitalisierten CAP-Patienten
13. Management bei hospitalisierten CAP-Patienten
Definition: Patienten mit einer akuten
unteren Atemwegsinfektion mit oder ohne lokalisiertem Auskultationsbefund mit
Nachweis eines Infiltrates im Röntgenthoraxbild und einem Risikoscore von
CRB-65 ≥ 1 (s. [Tab. 11 ]). Ein Alter
von > 65 Jahre allein ist jedoch bei leichter Erkrankung und
fehlenden instabilen Komorbiditäten kein zwingendes Kriterium zur
stationären Behandlung.
Patienten mit mindestens einem Major-Kriterium nach dem
modifizierten ATS-Score (s. [Tab. 13 ]) sollten
auf einer Intensivstation behandelt werden (s. Kap. 14). Die Notwendigkeit zur
intensivierten Überwachung (je nach Einrichtung ITS,
Intermediärstation bzw. Normalstation mit entsprechender Überwachung)
besteht bei 2 positiven Minor-Kriterien (s. [Tab. 13 ]) oder einem CRB-65-Index ≥ 2 (s.
[Tab. 11 ]). Für eine intensivierte
Überwachung kann aber im Einzelfall auch schon ein Minorkriterium bzw. ein
CRB-65-Index von 1 ausreichend sein. Notwendig ist eine gründliche
klinische Einschätzung des Schweregrads der CAP für die Entscheidung
über eine intensivmedizinische Betreuung.
13.1. Erregerspektrum bei hospitalisierten CAP-Patienten
Das Erregerspektrum der nicht schweren hospitalisierten CAP
unterscheidet sich nicht wesentlich von dem nicht-hospitalisierter Patienten.
Die häufigsten Erreger sind S. pneumoniae, M.
pneumoniae, H. influenzae, gramnegative Enterobacteriaceae und respiratorische Viren (siehe
[Tab. 3 ]) [26 ]
[275 ]
[276 ]. C.
pneumoniae spielt als Erreger der CAP in Deutschland nur eine
untergeordnete Rolle [28 ]. Die Häufigkeit von
L. pneumophila ist regional unterschiedlich und
beträgt bis zu 6 % [24 ]
[277 ]
[278 ]. Enterobacteriaceae werden etwas häufiger nachgewiesen
als bei Patienten, bei denen die CAP ambulant behandelt werden kann. Dies kann
zum Teil durch die unterschiedlichen Patientencharakteristika (vermehrt
ältere Patienten mit Begleiterkrankungen) erklärt werden
[25 ]. Polymikrobielle Infektionen scheinen etwas
häufiger im Vergleich zu nicht hospitalisierten Patienten zu sein
[279 ]
[280 ]. Eine besondere
Gruppe bilden Patienten aus einem Pflegeheim/Altersheim oder multimorbide
Patienten. Bei antibiotischen Vortherapien und einem eingeschränkten
funktionellen Status (chronische Bettlägerigkeit) muss mit einem
gehäuften Auftreten (multi-)resistenter Bakterien gerechnet werden
[13 ]. An eine Aspirationspneumonie sollte bei
neurologischen Grunderkrankungen und eingeschränkter Dentalhygiene gedacht
werden [46 ].
P. aeruginosa spielt in Deutschland als
Erreger der CAP nach aktuellen Daten von CAPNETZ nur eine
zahlenmäßig geringe Rolle [26 ]. Daher ist bei
CAP auf Normalstation nur in seltenen Fällen bei Patienten mit
Risikofaktoren (insbesondere schwere strukturelle Lungenerkrankungen wie
zystische Fibrose, sehr schwere COPD und Bronchiektasenerkrankung mit
Antibiotika- und/oder Krankenhausvorbehandlung, siehe [Tab. 5 ]) eine pseudomonaswirksame Initialtherapie
erforderlich. Für die Substanzauswahl wird auf [Tab. 18 ] im Kapitel sCAP verwiesen.
13.2. Diagnostik bei hospitalisierten CAP-Patienten
Die Arbeitsgruppe empfiehlt (Empfehlungsgrad
B) ([Abb. 5 ]):
Die Diagnostik bei hospitalisierten
CAP-Patienten umfasst neben der Anamnese und der körperlichen Untersuchung
mit Allgemeinzustand, Bewusstseinslage, Blutdruck, Puls, Atemfrequenz folgende
Punkte:
• Anamnestische Angaben im Hinblick
auf ein spezielles Erregerspektrum (s. [Tab. 4 ] u. [5 ])
• Bildgebung
(Röntgenthorax in 2 Ebenen): Die konventionelle Röntgenaufnahme
des Thorax in posteroanteriorer und lateraler Position ist zum Nachweis von
pulmonalen Infiltraten, zur Einschätzung des Schweregrades, zur
differenzialdiagnostischen Abklärung, zum Ausschluss von Komplikationen
(wie Abszedierung) und zum Nachweis von Begleiterkrankungen bei
stationärer Aufnahme obligat [51 ]. Das Vorliegen
eines Pleuraergusses sowie multilobärer Infiltrate sind prognostisch
ungünstige Zeichen [281 ]
[282 ]
[283 ]. Die klinische
Relevanz eines Computertomogramms der Lungen bei CAP ist unklar, es ist in der
Routinediagnostik nicht notwendig [41 ]
[284 ]
[285 ].
• Laborchemische und
Blutbilduntersuchungen
– Leukozytenzahl
und Differenzialblutbild (A): Die Bestimmung von Entzündungsmarkern
ist zur differenzialdiagnostischen Abklärung von anderen
nicht-infektiösen pulmonalen Infiltraten und zur prognostischen
Einschätzung des Krankheitsbildes sinnvoll. Ältere Patienten (> 64
Jahre) mit Zeichen einer systemischen Inflammation (Fieber, Leukozytenanzahl)
bei CAP zeigen eine signifikant bessere Prognose als ohne entsprechende
inflammatorische Antwort [286 ]. –
Entzündungsparameter im Serum (A): Mit C-reaktivem
Protein und Procalcitonin stehen zwei Parameter zur Verfügung. Beide
Parameter eignen sich prinzipiell als Verlaufsparameter bei CAP. C-reaktives
Protein ermöglicht jedoch keine Differenzierung zwischen einer CAP und
einer unteren Atemwegsinfektion ohne Infiltratnachweis sowie zwischen viralen
und bakteriellen Infektionen [287 ]
[288 ]. Persistierend erhöhte CRP-Werte unter einer
Antibiotika-Therapie können für ein Therapieversagen oder für
eine sekundäre infektiöse Komplikation sprechen [289 ]
[290 ]. Procalcitonin ist ein
relativ spezifischer Parameter für generalisierte bakterielle Infektionen
und zeigt eine rasche Kinetik. In einer prospektiven Studie konnte durch eine
mittels Procalcitonin-III-Test gesteuerte Antibiotikatherapie bei Patienten
mit
CAP die Dauer der Antibiotikatherapie bei gleichem Therapieerfolg signifikant
gesenkt werden, indem bei einem Procalcitonin von
< 0,1 μg/l die Beendigung der Therapie empfohlen wurde
[291 ]. Erhöhte Procalcitoninkonzentrationen sind
mit einer ungünstigen Prognose bei CAP assoziiert [292 ]. Die Bestimmung eines
Entzündungsparameters (CRP oder Procalcitonin) im Serum bei Aufnahme und
im Verlauf nach 3 – 5 Tagen wird empfohlen. Bei fehlendem
Abfall sollte das Vorliegen eines Therapieversagens (siehe Kapitel 15) oder
einer sekundären infektiösen Komplikation überprüft werden,
wobei die Beurteilung insbesondere des CRP aufgrund seiner verzögerten
Kinetik stets im Kontext mit dem klinischen Verlauf erfolgen
muss. – Laborchemie: Elektrolyte,
Serumkreatinin, Serumharnstoff [241 ], Blutzucker,
Transaminasen, γ-GT (B) – Arterielle
oder kapilläre Blutgase oder Sauerstoffsättigung (A): Ein
paO2 < 60 mm Hg bei Aufnahme ist ein
Risikofaktor für Therapieversagen [293 ]. In einer
Post-hoc-Analyse einer prospektiven Studie führte eine Kontrolle der
Oxygenierung erst > 3 h nach Aufnahme bei Patienten mit
hospitalisierter schwerer CAP zu einem verzögerten Beginn einer
adäquaten Antibiotikatherapie und war mit erhöhten Sterberisiko (HR
2.06) verbunden [294 ].
• Mikrobiologische Untersuchungen: Die klinische
Bedeutung mikrobiologischer Untersuchungen hinsichtlich der
Therapieentscheidung bzw. Prognose bei hospitalisierten CAP-Patienten auf einer
Normalstation ist ungesichert [51 ]
[98 ]
[295 ]
[296 ]
[297 ]. Eine prospektive
randomisierte Studie fand keinen Vorteil für eine durch umfangreiche
mikrobiologische Diagnostik gesteuerte Therapiestrategie bei CAP gegenüber
einer rein empirisch gelenkten Therapie [298 ]. Es wird folgendes Diagnostikprogramm
empfohlen: – Die Entnahme von zwei
Blutkulturen (zwei mal zwei Flaschen) von unterschiedlichen Lokalisationen im
Abstand von wenigen Minuten, möglichst vor Einleitung der antimikrobiellen
Therapie (C) zur verbesserten prognostischen Einschätzung der
Erkrankung, zur Schweregradabschätzung sowie zum Erreger- und
Resistenznachweis für die individuelle Therapieführung und aus
epidemiologischen Gesichtspunkten. – Diagnostische Pleurapunktion (B): Eine diagnostische
Pleurapunktion bei Vorliegen eines Pleuraergusses (> 5 cm in
der lateralen Röntgenaufnahme) ist aus differenzialdiagnostischen
Gründen obligat (Ausschluss eines Pleuraempyems) [51 ]
[299 ]. Die Untersuchung sollte
die Bestimmung des pH-Wertes, des Eiweißgehaltes, eine Gramfärbung
und eine Bakterienkultur beinhalten [300 ]. – L.
pneumophila
-Antigentest (Serogruppe 1) aus Urin
(B): Ein Legionella-Antigentest kann bei allen Patienten dieser
Risikogruppe empfohlen werden. Diese Empfehlung ist optional. Der Test weist
eine Sensitivität von > 90 % auf und führt zu
einer signifikant rascheren Diagnosestellung einer Infektion durch
L. pneumophila , Serogruppe 1 als die Kultur
[113 ]. Ein verzögerter Therapiebeginn einer
Legionellenpneumonie ist mit einer erhöhten Letalität verbunden
[301 ]. – Eine
mikrobiologische Sputumuntersuchung wird nur empfohlen bei nicht antibakteriell
vorbehandeltem Patienten mit purulentem Sputum und Gewährleistung der
notwendigen logistischen Voraussetzungen (Transport und Verarbeitung innerhalb
von 2 bis 4 Stunden, s. Kap. 6)
Abb. 5 Algorithmus zur
Diagnostik und kalkulierten Therapie bei hospitalisierten CAP-Patienten auf
Normalstation (hospitalisierte CAP).
Antigentest im Urin auf S. pneumoniae : Eine routinemäßige
Durchführung wird nicht empfohlen, da S.
pneumoniae ohnehin von der kalkulierten antimikrobiellen Therapie erfasst
werden muss. Ein positiver Ausfall des Antigentests kann zur Erleichterung von
Entscheidungen zur Fokussierung der Therapie beitragen, wobei die
Möglichkeit polymikrobieller Infektionen zu bedenken ist (Evidenzgrad 5)
[302 ].
Folgende Untersuchungsverfahren werden nicht allgemein empfohlen
(B):
Bronchoskopie (D)
Serologischer Nachweis von Antikörpern gegen
L. pneumophila , C.
pneumoniae , respiratorische Viren
DNA- Amplifikationsverfahren
13.3. Therapie bei hospitalisierten CAP-Patienten
Die Arbeitsgruppe empfiehlt (Empfehlungsgrad
B): Eine antimikrobielle Therapie sollte so früh wie möglich
eingeleitet werden. Eine Verzögerung der Therapieeinleitung über 8
Stunden und länger nach stationärer Aufnahme geht mit einer
erhöhten Letalität einher [303 ]
[304 ]. Diagnostische Maßnahmen dürfen den
Therapiebeginn nicht verzögern.
Antibiotika mit breitem antimikrobiellem Spektrum sollten für
die kalkulierte Initialtherapie Wirkstoffen mit engerem Spektrum vorgezogen
werden (A). Hierzu eignen sich in erster Linie Kombinationen aus
Betalaktamantibiotika mit Makroliden. Als Alternative können die
pneumokokkenwirksamen Fluorchinolone Levofloxacin oder Moxifloxacin eingesetzt
werden.
Mono- versus Kombinationstherapie: Die
überwiegende Anzahl der Studien zur Behandlung von hospitalisierten
Patienten mit ambulant erworbener Pneumonie sind als Zulassungsstudien bzw.
Phase-3- und 4-Studien durchgeführt worden. Studien zur Monotherapie mit
Betalaktamantibiotika erfolgten meist mit den Cephalosporinen Cefuroxim bzw.
Ceftriaxon und ergaben bei primärem Studienziel der
Nicht-Inferiorität der Prüfsubstanzen im Vergleich zu den jeweiligen
Standardbehandlungen vergleichbare klinische und mikrobiologische
Ansprechraten.
Mehrere retrospektive Studien zeigen eine Überlegenheit einer
Kombinationstherapie bestehend aus einem Betalaktam/Betalaktamaseinhibitor plus
einem Makrolid im Vergleich zu einer Monotherapie mit Betalaktamantibiotika
(mit oder ohne Betalaktamaseinhibitor) [305 ]
[306 ]. Der Vorteil bezieht sich auf alle Altersgruppen
sowie auch auf Patienten mit bakteriämisch verlaufender
Pneumokokkenpneumonie [307 ]
[308 ]
[309 ]. Mehrere aktuelle
prospektive multizentrische Beobachtungsstudien fanden allerdings bei Patienten
mit einer Pneumokokkenpneumonie, die nicht intensivpflichtig waren, keinen
signifikanten Überlebensvorteil einer Mono- versus Kombinationstherapie
[310 ]
[311 ]
[312 ]. Zwei aktuelle Metaanalysen konnten darüber
hinaus keine Überlegenheit von Antibiotikatherapien, welche Chlamydien,
Mykoplasmen und Legionellen im antibiotischen Wirkspektrum einschlossen
(Fluorchinolone oder Makrolide/Azalide/Ketolide), gegenüber einer
Monotherapie mit einem Betalaktam bei Patienten mit leichter bis moderater CAP
zeigen [257 ]
[258 ]. Lediglich in
der Untergruppe mit gesicherter Legionellenpneumonie fand sich ein Nachteil in
der Betalaktamgruppe. Für die generelle Empfehlung einer
Kombinationstherapie aus einem Betalaktam und einem Makrolid bei allen
hospitalisierten Patienten mit CAP besteht daher keine ausreichende
Evidenz.
Vergleichende Untersuchungen zwischen einer Monotherapie mit
pneumokokkenwirksamen Fluorchinolonen wie Levofloxacin und Moxifloxacin fanden
keinen Unterschied in der klinischen und bakteriologischen Wirksamkeit sowie
Verträglichkeit zu einer Kombinationstherapie bestehend aus einem nicht
pseudomonasaktiven Betalaktamantibiotikum und einem Makrolid
[269 ]
[313 ]
[314 ]
[315 ]. In einzelnen Studien
konnte sogar ein verbessertes klinisches und bakteriologisches Ansprechen
beobachtet werden; Ein Unterschied in der Letalität ließ sich nicht
zeigen [269 ]
[313 ].
Eine prospektive, randomisierte Untersuchung mit Azithromycin fand
keinen Unterschied zur Vergleichsgruppe (Cefuroxim
i. v./Cefuroxim-Axetil p. o.) in der klinischen und
bakteriologischen Wirksamkeit bei hospitalisierten CAP-Patienten auf einer
Normalstation [316 ]. Eine retrospektive Analyse wies
für Patienten mit Azithromycin i. v./oral einen kürzeren
stationären Aufenthalt im Vergleich zu Antibiotika-Regimen, die den
Empfehlungen der American Thoracic Society 2001 entsprachen, nach
[317 ].
Die Studien zeigen, dass auch eine Monotherapie mit den
Fluorchinolonen Levofloxacin und Moxifloxacin sowie mit Azithromycin in der
Initialtherapie der CAP bei hospitalisierten Patienten auf Normalstation
effektiv und sicher ist. Die hohe Makrolidresistenz von S.
pneumoniae in Deutschland sowie wiederholt beobachtete Therapieversagen
unter Makrolid-Monotherapie bei resistenten Erregern sind allerdings Argumente
gegen eine Monotherapie mit Makroliden bei hospitalisierten Patienten (s. Kap.
5). Nachteil der Fluorchinolone ist die zunehmende Selektion von resistenten
(zum Teil multiresistenten) Erregern (wie E. coli oder
S. aureus ) durch den verbreiteten Einsatz dieser
Substanzklasse in Klinik und Praxis [34 ]
[35 ]
[36 ].
Zur kalkulierten Initialtherapie bei hospitalisierten Patienten
mit CAP geeignete Betalaktamantibiotika sind:
Aminopenicillin-Betalaktamaseinhibitor-Kombinationen wie
Ampicillin-Sulbactam und Amoxicillin-Clavulansäure [256 ]
[318 ]
Cephalosporine wie Ceftriaxon, Cefotaxim und Cefuroxim
[319 ]
[320 ]
[321 ] sowie
das Carbapenem Ertapenem. In zwei Vergleichsstudien zwischen
Ertapenem und Ceftriaxon fand sich kein Unterschied im klinischen Ansprechen
in
verschiedenen Risikostrata der CAP nach dem PSI-Score [148 ]
[322 ]. Eine weitere Studie
verglich Ertapenem mit Cefepim bei Patienten mit CAP aus einem
Pflegeheim/Altenheim oder nosokomialer Pneumonie und fand ebenfalls einen
vergleichbaren Therapieerfolg [323 ].
Geeignete Makrolide (als Kombinationspartner)/Azalide sind
Azithromycin [324 ]. In einer
prospektiven, vergleichenden, nicht randomisierten Studie war die Kombination
aus Ceftriaxon plus Azithromycin signifikant günstiger als Ceftriaxon plus
Clarithromycin hinsichtlich Letalität und Dauer des stationären
Aufenthaltes [325 ].
Clarithromycin [326 ]. In einer
doppelblinden, randomisierten Studie war oral verabreichtes Clarithromycin
gleich effektiv wie Erythromycin, die Verträglichkeit war
günstiger.
Roxithromycin [327 ]. Die meisten
Studien mit Roxithromycin wurden bei nicht-hospitalisierten Patienten mit CAP
durchgeführt und zeigten vergleichbare Ergebnisse zu den
Vergleichssubstanzen. In einer Studie an überwiegend hospitalisierten
Patienten mit CAP war die Substanz signifikant weniger wirksam als ein orales
Fluorchinolon [328 ].
Erythromycin [316 ]
[326 ]. Die Verträglichkeit von Erythromycin (oral) war
im Vergleich zu Clarithromycin oder Azithromycin ungünstiger.
Zur Monotherapie geeignete Fluorchinolone sind
Moxifloxacin [313 ]
[329 ]
[330 ].
Levofloxacin [315 ]
[269 ]. Auf eine ausreichende Dosierung von Levofloxacin
muss geachtet werden, da Therapieversagen mit einer Dosierung von
1 × 500 mg pro Tag bei Pneumokokkenpneumonien
beschrieben wurden [82 ]
[84 ].
Eine Alternative als Kombinationspartner mit Betalaktamantibiotika
ist Doxycyclin wegen der ausgeprägten Wirkung gegen C.
pneumoniae und M. pneumoniae . In einer
randomisierten Studie fand sich mit Doxycyclin bei hospitalisierten Patienten
mit CAP eine vergleichbare Ansprechrate wie mit einer konventionellen
Antibiotikatherapie [260 ]. Aktuelle Daten aus
Deutschland fehlen.
Cotrimoxazol kann aufgrund der Resistenzsituation von
S. pneumoniae in Deutschland nicht als initiale,
kalkulierte Therapie empfohlen werden.
Ein wichtiges differenzialtherapeutisches Entscheidungskriterium
ist eine vorausgegangene Antibiotikatherapie. In diesem Fall wird ein Wechsel
der zuletzt verwendeten Substanzgruppe empfohlen. Dies gilt insbesondere
für Therapien innerhalb der letzten 3 Monate [33 ].
Die Arbeitsgruppe empfiehlt (Empfehlungsgrad
A) bei hospitalisierten CAP-Patienten ein nicht pseudomonasaktives
Betalaktamantibiotikum, ggf. plus einem Makrolid. Alternativ kann
eine Therapie mit den Fluorchinolonen Levofloxacin oder Moxifloxacin oder bei
ausgewählten Patienten mit dem Carbapenem Ertapenem (ggf. plus Makrolid)
erfolgen (s. [Tab. 16 ]).
In seltenen Fällen ist bei Vorliegen von Risikofaktoren
(siehe [Tab. 5 ], insbesondere schwere strukturelle
Lungenerkrankung in Kombination mit Antibiotikavortherapien/vorangegangener
Hospitalisierung) an eine Pneumonie durch P.
aeruginosa zu denken. Es wird dann eine kalkulierte antibiotische
Initialtherapie analog zur sCAP mit Pseudomonasrisiko empfohlen (siehe
[Tab. 18 ]).
Orale versus parenterale Therapie:
Die Arbeitsgruppe empfiehlt (Empfehlungsgrad
B) ([Abb. 5 ]):
In den ersten Tagen sollte die Verabreichung der
Antibiotika parenteral erfolgen. Eine Ausnahme besteht – je
nach klinischer Konstellation – für Fluorchinolone aufgrund der
hohen oralen Bioverfügbarkeit [332 ]. Eine weitere
Ausnahme ist die orale Gabe von Makroliden im Rahmen einer Kombinationstherapie
mit gleichzeitiger parenteraler Verabreichung der Betalaktamantibiotika
[325 ].
Bei Patienten, die primär aus sozialer Indikation zur
Behandlung der CAP stationär aufgenommen wurden, kann entsprechend den
Empfehlungen für ambulante Patienten eine orale Therapie durchgeführt
werden.
Orale Sequenztherapie: Ein Umsetzen auf
eine orale Sequenztherapie kann rasch (z. B. nach 2 bis 3 Tagen)
erfolgen. Eine Sequenztherapie nach drei Tagen ist auch bei schwerer erkrankten
Patienten sicher, wenn zu diesem Zeitpunkt klinische Stabilität erreicht
wurde [333 ]. Vorteile sind kürzere Liegezeiten und
niedrigere Gesamttherapiekosten bei gleicher klinischer Wirksamkeit
[316 ]
[321 ]
[324 ]
[334 ]
[335 ]
[336 ]
[337 ]
[338 ]
[339 ]. Im Rahmen einer Sequenztherapie mit
Betalaktamantibiotika ist die Therapiefortsetzung mit oralen Präparaten in
der Regel mit einer Dosisreduktion verbunden, daher ist eine korrekte
Indikationsstellung erforderlich.
Indikation für eine Sequenztherapie sind:
Herzfrequenz ≤ 100/min
Atemfrequenz ≤ 24/min
systolischer Blutdruck ≥ 90 mmHg
Körpertemperatur
≤ 37,8 ° C
Fähigkeit zur oralen Nahrungsaufnahme
normaler Bewusstseinszustand
keine Hypoxämie (PO2
≥ 60 mmHg bzw. SaO2 ≥ 90 %)
und
sichere orale Medikamenteneinnahme
Die Arbeitsgruppe empfiehlt (Empfehlungsgrad
A) eine frühe Therapieumstellung auf eine orale Therapie bei einer
parenteralen Initialtherapie, wenn die entsprechenden Voraussetzungen (s. Text)
erfüllt sind.
Therapiedauer: Die meisten Studien wurden
mit einer Gesamttherapiedauer von 7 bis 10 Tagen durchgeführt. Kleinere
Studien fanden bei hospitalisierten Patienten mit milder CAP ähnliche
günstige Erfolgsraten mit Azithromycin oral für 3 bis 5 Tage wie mit
Vergleichssubstanzen über 7 bis 10 Tage [340 ].
Studien mit parenteralem Azithromycin wurden als parenterale/orale
Sequenztherapie über 7 bis 10 Tage durchgeführt [316 ]. Repräsentative Studien mit kürzerer
Therapiedauer bei stationären Patienten sind spärlich. Eine Studie
zeigte, dass eine Therapiedauer von 5 Tagen mit höher dosiertem
Levofloxacin zum gleichen Therapieerfolg wie eine 10-tägige
Standardtherapie führt [263 ]. Eine Studie zur
Kurzzeittherapie bei hospitalisierten Patienten mit überwiegend
leichtgradiger Pneumonie existiert auch mit Amoxicillin [264 ].
In einer Studie bei CAP konnte durch eine mittels serieller
Procalcitonin-III-Bestimmung an den Behandlungstagen 0, 4, 6 und 8 gesteuerte
Antibiotikatherapie die mediane Dauer der antimikrobiellen Therapie auf 5 Tage
bei gleichem Therapieerfolg reduziert werden. Selbst bei schwerer Pneumonie war
nur selten eine Therapie von mehr als 8 Tagen erforderlich [291 ]. Ein Procalcitonin-Spiegel von
< 0,1 µg/L im Verlauf spricht daher bei klinischer
Besserung für eine Beendigung der Antibiotikatherapie. Eine sinnvolle
Strategie ist bei kürzerer Therapiedauer die tägliche klinische
Überprüfung von Symptomen, die auf ein Rezidiv hinweisen
können.
Die Arbeitsgruppe empfiehlt (Empfehlungsgrad
A): Die antibiotische Therapie kann 48 – 72 h
nach klinischer Besserung mit Entfieberung, jedoch frühestens nach 5
Tagen, beendet werden. Eine Therapiedauer von mehr als 7 Tagen ist im Regelfall
nicht erforderlich [265 ]. Bei nachgewiesener Infektion
durch P. aeruginosa wird eine Therapiedauer von
8 – 15 Tagen empfohlen. Geeignete Parameter
für eine verkürzte Therapiedauer (< 8 Tagen) sind
[264 ]: • Besserung des
Allgemeinzustandes • Orale Nahrungsaufnahme
möglich • Besserung der respiratorischen
Symptome • Körpertemperatur
< 38,0 ° C
Tab. 16 Therapieempfehlung
für die kalkulierte Initialtherapie bei hospitalisierten CAP-
Patienten.
Substanzen für die
Initialtherapie*
Dosierung der
Initialtherapie (pro Tag)*
Gesamttherapiedauer
Betalaktam
Amoxicillin/Clavulansäure
3 × 2,2 g i. v.
5 – 7 Tage
Ampicillin/Sulbactam
3 × 3,0 g i. v.
5 – 7 Tage
Cefuroxim
3 × 1,5 g i. v.
5 – 7 Tage
Ceftriaxon
1 × 2,0 g i. v.
5 – 7 Tage
Cefotaxim
3 × 2,0 g i. v.
5 – 7 Tage
mit oder ohne
Makrolid**
5 – 7 Tage
oder***
Fluorchinolon****
Levofloxacin
1 × 500 mg i. v.
5 – 7 Tage
Moxifloxacin
1 × 400 mg i. v.
5 – 7 Tage
oder bei
ausgewählten Patienten*****
Carbapenem
Ertapenem
1 × 1,0 g i. v.
5 – 7 Tage
mit oder ohne
Makrolid**
5 – 7 Tage
* Weiterführende Angaben zur
Pharmakologie, Verträglichkeit, Interaktionen und Dosierung finden sich in
Kapitel 7. ** Je nach klinischer Entscheidung initial
parenteral oder oral; die parenterale Verabreichung wird bevorzugt (B).
Für die orale Therapie sollten die modernen Makrolide (Clarithromycin,
Roxithromycin oder Azithromycin) den älteren Makroliden vorgezogen werden.
Dosierung der Makrolide s. [Tab. 8 ] bzw.
[14 ]. *** Bei vorausgegangener
Antibiotikatherapie innerhalb der letzten 3 Monate wird ein Wechsel der zuletzt
verwendeten Substanzgruppe empfohlen. **** Eine
initiale orale Behandlung ist einer parenteralen Verabreichung gleichwertig,
die initiale parenterale Gabe wird bevorzugt
(B). ***** Patienten mit Risikofaktoren für
eine Infektion mit Enterobacteriaceae inkl.
ESBL-Bildnern (außer P. aeruginosa ) sowie
Patienten, die kürzlich eine Therapie mit Penicillinen oder
Cephalosporinen erhalten haben.
Adjuvante Therapie:
Die Arbeitsgruppe empfiehlt (Empfehlungsgrad
A):
Sauerstoffgabe
Bei
Patienten mit arterieller Hypoxämie ist die Verabreichung von Sauerstoff
entweder über eine Mund-Nasen-Maske oder über eine Nasensonde
indiziert. Hypoxämie ist ein Risikofaktor für Letalität bei CAP
[341 ].
Antikoagulation
Eine Thromboseprophylaxe mit
Heparin bzw. niedermolekularen Heparin wird bei allen immobilisierten Patienten
mit akuten Erkrankungen empfohlen [342 ].
Mobilisierung und Atemtherapie
Eine
frühzeitige Mobilisierung und Atemtherapie wird von der Arbeitsgruppe
empfohlen [343 ].
13.4. Verlauf bei hospitalisierten CAP-Patienten
Nach durchschnittlich 2 bis 7 Tagen wird nach Einleitung einer
adäquaten Antibiotikatherapie bei der Mehrzahl der Patienten klinische
Stabilität erreicht, definiert als
Herzfrequenz ≤ 100/min,
Atemfrequenz ≤ 24/min,
systolischer Blutdruck ≥ 90 mm Hg
Körpertemperatur ≤ 37,8 °C,
Fähigkeit zur oralen Nahrungsaufnahme,
normaler Bewusstseinszustand,
keine Hypoxämie (PO2
≥ 60 mm Hg bzw. SaO2
≥ 90 %).
Die Zeit bis zur klinischen Stabilisierung variiert nach
Risikoklasse: Patienten mit niedrigem Risiko erreichen die klinische Besserung
im Durchschnitt nach 3 Tagen, mit mittlerem Risiko nach vier Tagen und mit
hohem Risiko nach 6 Tagen [344 ].
Eine Verlaufskontrolle der Entzündungsparameter (CRP oder
Procalcitonin) im Serum nach 3 – 5 Tagen wird empfohlen.
Ein Abfall im Verlauf der Behandlung weist auf einen günstigen klinischen
Verlauf hin [290 ]
[291 ]. Bei
fehlendem Abfall sollte das Vorliegen eines Therapieversagens (siehe Kapitel
15) oder einer sekundären infektiösen Komplikation
überprüft werden, wobei die Beurteilung insbesondere des CRP aufgrund
seiner verzögerten Kinetik stets im Kontext mit dem klinischen Bild
erfolgen muss.
Die Arbeitsgruppe empfiehlt (Empfehlungsgrad
A):
Empfohlene Verlaufsuntersuchungen sind: •
tägliche klinische Untersuchung (Auskultation der Lungen, Blutdruck, Herz-
und Atemfrequenz, Allgemeinzustand) • Labor: Elektrolyte,
Transaminasen, Serumkreatinin, O2 -Sättigung bzw. arterielle
oder kapilläre Blutgasbestimmung, Blutbild; Verlaufskontrolle von CRP oder
Procalcitonin nach 3 – 5 Tagen
Entlassung: Die Entscheidung zur Entlassung
eines Patienten aus dem Krankenhaus bestimmt die Dauer der stationären
Versorgung und ist damit der wichtigste Faktor, der die Gesamtkosten einer
Behandlung im Krankenhaus beeinflusst [345 ]. Bei
Erreichen der klinischen Stabilität kann die Beendigung des
stationären Aufenthaltes erwogen werden.
Zeichen klinischer Instabilität sind
Tachypnoe (Atemfrequenz > 24/min),
veränderter Bewusstseinszustand und
Hypoxämie
(PO2 < 60 mm Hg bzw.
SIO2 < 90 %)
Diese Parameter sind mit einer erhöhten
Krankenhausletalität verbunden [284 ]
[345 ]
[346 ]. Patienten mit
≥ 1 Kriterium für klinische Instabilität haben ein
signifikant höheres Risiko, nach Entlassung erneut stationär
aufgenommen zu werden bzw. zu versterben [347 ].
Die Arbeitsgruppe empfiehlt (Empfehlungsgrad
B):
Kriterien zur Entlassung von CAP-Patienten nach klinischer
Stabilisierung sind: 1. konstant stabile Vitalzeichen (Herzfrequenz
≤ 100/min, Atemfrequenz ≤ 24/min, Körpertemperatur
≤ 37,8 ° C, systolischer Blutdruck
≥ 90 mmHg, SaO2 ≥ 90 % bei
Raumluftatmung bzw. Normalisierung bis zum Ausgangswert bei Patienten mit
chronisch-obstruktiver Lungenerkrankung) 2. Fähigkeit zur oralen
Nahrungsaufnahme 3. sichere orale Medikamenteneinnahme 4.
normaler Bewusstseinszustand 5. keine anderen klinischen oder
psychosozialen Gründe für eine stationäre Behandlung
[348 ]. Für die Entlassung sollten
möglichst alle Kriterien erfüllt sein. Ein Abfall von
Entzündungsparametern wie PCT oder CRP im Verlauf der Behandlung kann
zusätzlich als Surrogatmarker verwendet werden [290 ]
[291 ]. Zur
Beurteilung des klinischen Zustandes wird eine kurzfristige klinische
Verlaufskontrolle 3 bis 7 Tage nach Entlassung empfohlen (C).
Röntgenologischer Verlauf: Die
Normalisierung des Röntgenthoraxbildes bei CAP ist ein kontinuierlicher
Prozess, der sich über Wochen und Monate erstrecken kann
[349 ]. In einer prospektiven Studie fanden sich nach 2
Wochen noch bei 32 % der Patienten (initial 79 von 81 Patienten)
Pneumonie-assoziierte Veränderungen, nach 4 Wochen bei 15 %,
nach 8 Wochen bei 4,2 % [350 ]
[351 ].
Die Arbeitsgruppe empfiehlt (Empfehlungsgrad
B) eine radiologische Abschlussuntersuchung frühestens 2 Wochen nach
Ende der Antibiotika-Therapie insbesondere bei aktiven Rauchern, älteren
Patienten (> 65 Jahre) bzw. Patienten mit schweren
Begleiterkrankungen zum Ausschluss von nicht-infektiösen Lungeninfiltraten
(z. B. Lungenkarzinom) [352 ].
Verlauf nach Entlassung: Nach 30 Tagen
berichten 86,5 % der entlassenen CAP-Patienten noch über
mindestens eines von fünf Symptomen der Pneumonie (körperliche
Schwäche, Husten, Auswurf, Luftnot, Brustschmerzen), meist klagen die
Patienten noch über allgemeine Schwäche (72,6 %) bzw.
Husten oder Luftnot (47 %). Ca. 82 % bzw.
68 % der Patienten werden innerhalb von 30 Tagen nach Beginn der
CAP-Behandlung wieder ihre normale Aktivität bzw. ihre Arbeit aufnehmen.
Bei bis zu 10 % der Patienten erfolgt wegen Komplikationen nach
Entlassung eine erneute stationäre Aufnahme [276 ].
Eine vollständige Genesung zum Gesundheitszustand, der vor der Pneumonie
vorlag, erfolgt häufig erst nach bis zu 6 Monaten [353 ]. Zu beachten ist, dass insbesondere bei älteren
Patienten im weiteren Verlauf nach einer abgelaufenen CAP die Letalität
deutlich erhöht ist [354 ]
[355 ].
14. Management der schweren ambulant erworbenen Pneumonie
(schwere CAP)
14. Management der schweren ambulant erworbenen Pneumonie
(schwere CAP)
Definition: Indikation für eine
intensivmedizinische Überwachung oder Intensivtherapie: Patienten mit
einer akuten unteren Atemwegsinfektion mit oder ohne lokalem
Auskultationsbefund mit Nachweis eines Infiltrates im Röntgenbild des
Thorax und
Indikation für eine intensivierte Überwachung (je nach
Einrichtung Intensivstation, Intermediärstation bzw. intensivierte
Überwachung auf einer Normalstation): Patienten mit einer akuten unteren
Atemwegsinfektion mit oder ohne lokalem Auskultationsbefund mit Nachweis eines
Infiltrates im Röntgenthoraxbild und
Für eine intensivierte Überwachung kann im Einzelfall auch
ein Minorkriterium des modifizierten ATS-Scores oder ein CRB-65-Index von 1
ausreichend sein. Notwendig ist eine gründliche klinische
Einschätzung des Schweregrads der CAP für die Entscheidung über
eine intensivmedizinische Betreuung.
Einleitung der Intensivtherapie: Eine vitale
Bedrohung durch eine CAP entsteht vor allem durch ein Funktionsversagen der
erkrankten Lunge oder durch ein extrapulmonales Organversagen infolge einer
schweren, durch die CAP bedingten Sepsis. 50 bis 75 % der
Todesfälle sind direkt durch die Pneumonie bedingt [250 ]
[356 ].
Die Aufnahme auf die ITS dient der Überwachung von kritisch
gestörten Vitalfunktionen und der Therapie des Organversagens
[250 ]
[357 ]
[358 ]
[359 ]. Bei stationär
behandelten Patienten beträgt der Anteil schwerer Erkrankungen mit
Aufnahme auf die ITS im Mittel 10 bis 15 % [249 ]
[250 ]
[360 ], bei älteren Patienten über
20 % [360 ]. Die Aufnahme erfolgt in zwei
Drittel der Fälle am ersten Behandlungstag. Die Krankenhausletalität
dieser Patienten ist altersabhängig [360 ] und
beträgt etwa 15 % [250 ] bis zu
60 % [50 ]
[359 ]
[361 ].
Die Arbeitsgruppe empfiehlt (Empfehlungsgrad
A):
Patienten mit hohem Letalitätsrisiko (zur
Risikostratifizierung s. Kap. 11) sollten umgehend einer
Intensivüberwachung/-therapie zugeführt werden. Neben dem akuten
Notfall (Atemstillstand, Herz-/Kreislaufstillstand) stellen Symptome und
Befunde einer akuten Organinsuffizienz eine Indikation zur Intensivtherapie
dar. Alle von einem erfahrenen Arzt als Risikopatienten erkannten Erkrankten
sollten innerhalb von 4 bis 8 Stunden erneut untersucht werden. Die klinischen
Symptome und Befunde, die eine schwere Pneumonie anzeigen, sind in
[Tab. 12 ] aufgeführt [51 ].
14.1. Erregerspektrum der schweren ambulant erworbenen
Pneumonie (sCAP)
Zur Ätiologie der sCAP in Deutschland gibt es noch keine
Daten. In Studien aus europäischen und nordamerikanischen Ländern
findet sich ein breiteres Erregerspektrum als bei weniger schweren Formen
[30 ]
[44 ]
[45 ]
[50 ]
[59 ]
[319 ]
[358 ]
[362 ]
[363 ]
[364 ]
[365 ]
[366 ]
[367 ]. In fast allen Studien ist S.
pneumoniae der mit Abstand häufigste Erreger. Er wird gefolgt von
H. influenzae , S. aureus und
L. pneumophila . Enterobacteriaceae , vor allem E.
coli und Klebsiella spp., seltener
Proteus spp. , sind ebenfalls
von Bedeutung. Im Unterschied zu leichter erkrankten CAP-Patienten treten bei
sCAP häufiger bakteriämisch verlaufende Pneumokokkenpneumonien sowie
vermehrt Legionellen, S. aureus und polymikrobielle
Infektionen (oft mit Beteiligung von S. pneumoniae )
auf.
C. pneumoniae und M.
pneumoniae sind in den meisten Studien selten. Der Anteil viral
verursachter CAP beträgt zwischen 0 und 22 % und variiert
mit epidemischen Häufungen, aber auch mit Art und Umfang der eingesetzten
Diagnostik. Das Influenzavirus wird am häufigsten nachgewiesen. Es kann
sowohl eine primäre Viruspneumonie verursachen als auch zu einer
sekundär-bakteriellen CAP führen [24 ]
[319 ]. Das Auftreten der
Influenza ist saisonal und epidemisch.
Die Rolle von Infektionen durch P.
aeruginosa bei sCAP ist unklar. Im Rahmen von CAPNETZ konnte
P. aeruginosa in Deutschland nur sehr selten als
Pneumonieerreger nachgewiesen werden [26 ], eine
spezifische Auswertung bei sCAP erfolgte jedoch noch nicht. Spanische Studien
zeigten wiederholt ein erhöhtes Risiko für eine inadäquate
empirische Antibiotikatherapie, wenn P. aeruginosa als
Erreger bei sCAP nachgewiesen wird, was zu einer erhöhten Letalität
bei diesen Patienten führte [30 ]
[48 ]
[368 ]. P.
aeruginosa wird bei Patienten mit speziellen Risikofaktoren nachgewiesen
[25 ]
[29 ]
[30 ]
[52 ]
[53 ].
Für Deutschland scheint das Vorliegen von schweren strukturellen
Lungenerkrankungen das entscheidende Risiko für eine P. aeruginosa -Pneumonie zu sein (siehe [Tab. 5 ]). Zur Erhöhung der Therapiesicherheit
wird eine empirische Therapie mit pseudomonaswirksamen Substanzen bei Patienten
mit diesen Risikofaktoren und schwerer Pneumonie empfohlen.
Die Arbeitsgruppe empfiehlt (Empfehlungsgrad
C) ([Abb. 6 ]):
Patienten mit sCAP werden in zwei Risikogruppen
eingeordnet, die wesentlich die Therapieentscheidung
bestimmen: • Patienten mit sCAP ohne Indikation für eine
gegen P. aeruginosa wirksame empirische
Therapie. • Patienten mit sCAP mit Indikation für eine
gegen P. aeruginosa wirksame empirische Therapie (s.
[Tab. 5 ]). Das Auftreten einer Pneumonie
durch P. aeruginosa ist in Deutschland selten und nur
bei Vorliegen von Risikofaktoren ([Tab. 5 ],
insbesondere schwere strukturelle Lungenerkrankung in Kombination mit
Antibiotikavortherapien/vorangegangener Hospitalisierung) anzunehmen.
Abb. 6 Algorithmus zur
Diagnostik und kalkulierten Therapie hospitalisierter CAP-Patienten auf einer
Intensivstation/Intermediärstation bzw. mit intensivierter
Überwachung (sCAP).
14.2. Diagnostik bei schwerer ambulant erworbener Pneumonie
(sCAP)
Die prinzipiellen Empfehlungen zur anamnestischen und
laborchemischen Diagnostik entsprechen denen bei hospitalisierter CAP (siehe
Kap. 13.2.), wobei in Abhängigkeit vom Schweregrad der Erkrankung
erweiterte diagnostische Maßnahmen zum Monitoring der Organfunktionen
indiziert sind. Insbesondere die Bestimmung des Procalcitonin im Serum zur
Verlaufskontrolle kann bei dieser Patientengruppe aus prognostischen
Gründen und zur Therapiesteuerung erwogen werden. Sowohl erhöhte
Procalcitoninwerte am Tag 1 als auch ein fehlender Abfall von Tag 1 zu Tag 3
sind mit einer ungünstigen Prognose bei sCAP assoziiert
[292 ]
[369 ].Bei fehlendem Abfall
sollte das Vorliegen eines Therapieversagens (siehe Kapitel 15) oder einer
sekundären infektiösen Komplikation überprüft werden.
Mikrobiologische Untersuchungen sind wünschenswert, die
aufgrund rascher Ergebnisse bereits die Ersttherapie beeinflussen.
Außerdem können kulturelle mikrobiologische Untersuchungen
durchgeführt werden, die im Fall eines Therapieversagens eine gezielte
Therapiekorrektur ermöglichen.
In einer randomisierten Studie zur Bedeutung mikrobiologischer
Diagnostik für die Prognose der CAP war in der Subgruppe von Patienten mit
sCAP, die auf einer Intensivstation behandelt wurden, eine erregergesteuerte
Therapie nach mikrobiologischer Diagnostik mit einem Überlebensvorteil im
Vergleich zu einer rein empirischen Therapie assoziiert [298 ]. Ein weiterer Vorteil der Erregeridentifikation liegt
in der Möglichkeit der erregerspezifischen Deeskalation der in dieser
Patientengruppe meist breiten empirischen Initialtherapie mit potenziellen
positiven Effekten auf Kosten, Nebenwirkungen und Resistenzselektion
[368 ].
Die Arbeitsgruppe empfiehlt (Empfehlung
B) ([Abb. 6 ]):
Folgende mikrobiologische Diagnostik wird
empfohlen [368 ]: • Blutkultur (B): Bei der sCAP sind bakteriämische
Verläufe häufiger [100 ]. Die Entnahme von
zwei Blutkulturen (zwei mal zwei Flaschen) von unterschiedlichen Lokalisationen
im Abstand von wenigen Minuten, wenn möglich vor Einleitung der
antimikrobiellen Therapie, wird empfohlen. Gründe dafür sind eine
verbesserte Therapiesteuerung und Risikoeinschätzung. •
Sputum oder Trachealsekret (Mikroskopie, Kultur,
Resistenztestung) (B): Trotz der geringen diagnostischen Ausbeute kann in
bis zu 10 % der Patienten ein Befund gewonnen werden, der zu
einer therapeutischen Konsequenz führt [370 ]
[371 ]. Sowohl die Gramfärbung als auch die Kultur wird
empfohlen. Die Ergebnisse beider Methoden sollen verglichen
werden. • Pleurapunktion (B): Eine
diagnostische Pleurapunktion bei Vorliegen eines Pleuraergusses
(> 5 cm in der lateralen Röntgenaufnahme) ist aus
differenzialdiagnostischen Gründen obligat (Ausschluss eines
Pleuraempyems) [51 ]
[299 ]. Die
Untersuchung sollte die Bestimmung des pH-Wertes, des Eiweißgehaltes,
eine Gramfärbung und eine Bakterienkultur beinhalten [300 ]. Die Einzelheiten sind in Kapitel 16
angegeben. • L. pneumophila
-Antigentest (Serogruppe 1) aus Urin (B): Empfohlen wird der
L. pneumophila -Antigentest bei allen Patienten mit
sCAP [117 ]
[301 ]
[372 ]
[373 ]. Ein positives Ergebnis
hat Konsequenzen für die Therapiedauer, ein frühzeitiger
Therapiebeginn verbessert die Prognose und ein Legionellennachweis führt
zu Konsequenzen wie Untersuchung von Infektionsquellen bzw. Meldung nach dem
Infektionsschutzgesetz. • Bronchoskopie (BAL,
geschützte Bürste): Die Bronchoskopie ist bei immunsupprimierten
Patienten, bei Verdacht auf Vorliegen eines seltenen Erregers sowie zum
Ausschluss einer Bronchusstenose indiziert (B). Die gezielte Entnahme aus den
unteren Atemwegen kann die diagnostische Ausbeute verbessern. Der mögliche
Nutzen muss gegen die möglichen Risiken (Zunahme der respiratorischen
Insuffizienz, Notwendigkeit der maschinellen Beatmung) abgewogen werden
[374 ]
[375 ]. Eine Verbesserung
der Prognose der sCAP durch routinemäßige bronchoskopische
Diagnostik konnte bis jetzt nicht nachgewiesen werden [50 ]
[365 ].
Antigentest im Urin auf S. pneumoniae: Eine routinemäßige
Durchführung wird nicht empfohlen, da S.
pneumoniae ohnehin von der kalkulierten antimikrobiellen Therapie erfasst
werden muss. Ein positiver Ausfall des Antigentests kann zur Erleichterung von
Entscheidungen zur Fokussierung der Therapie beitragen, wobei die
Möglichkeit polymikrobieller Infektionen zu bedenken ist (Evidenzgrad
5).
Zur Durchführung eines Influenzavirus-Antigenschnelltests s.
Kapitel 9.
14.3. Therapie der schweren ambulant erworbenen Pneumonie
(sCAP)
Kalkulierte Initialtherapie
Die Arbeitsgruppe empfiehlt (Empfehlungsgrad
B):
Eine antimikrobielle Therapie sollte so früh wie
möglich eingeleitet werden. Jede Verzögerung der Therapieeinleitung
nach stationärer Aufnahme geht mit einer erhöhten Letalität
einher [303 ]
[304 ]
[376 ]. Diagnostische Maßnahmen dürfen den
Therapiebeginn nicht verzögern.
Die antimikrobiellen Substanzen müssen die zu erwartenden
Erreger erfassen. Eine inadäquate Ersttherapie war in einer
Multivarianzanalyse der ungünstigste Prognosefaktor im Hinblick auf die
Krankenhausletalität [50 ].
Antibiotikagruppen mit Aktivität gegenüber den
relevanten Erregern der sCAP sind
Ureidopenicilline in Kombination mit einem
Betalaktamaseinhibitor (Piperacillin + Sulbactam oder
Tazobactam)
Breitspektrum-Cephalosporine (Cefotaxim, Ceftriaxon, Cefepim,
Ceftazidim)
Carbapeneme (Imipinem, Meropenem, Ertapenem)
Makrolide (Azithromycin, Clarithromycin, Erythromycin)
Fluorchinolone (Ciprofloxacin, Levofloxacin,
Moxifloxacin).
Eine Monotherapie mit einem Vertreter der genannten Gruppen bei
sCAP ist wegen wesentlicher Lücken im antibakteriellen Spektrum mit einer
Ausnahme nicht indiziert. Die einzigen Antiinfektiva, die das gesamte
bakterielle Spektrum der Erreger der sCAP ohne Pseudomonasrisiko erfassen, sind
die Gruppe der pneumokokkenaktiven Fluorchinolone (in parenteraler Form
verfügbar: Levofloxacin, Moxifloxacin) [234 ].
Diese Substanzen kommen daher grundsätzlich für eine Monotherapie
infrage.
Eine einzige randomisierte Studie verglich die Wirksamkeit einer
Fluorchinolon-Monotherapie mit der einer Kombinationstherapie bei Patienten mit
sCAP, die ausschließlich auf einer Intensivstation behandelt wurden.
Levofloxacin in der Dosierung 2 × 500 mg/d war einer
Therapie mit Cefotaxim plus Ofloxacin hinsichtlich der klinischen
Effektivität gleichwertig. In der Subgruppe der invasiv beatmeten
Patienten zeigte sich jedoch ein Trend zugunsten der Kombinationstherapie.
Patienten mit septischem Schock waren von der Studie ausgeschlossen
[377 ].
Eine klinische Prüfung von Fluorchinolonen an weniger
homogenen sCAP-Patienten und/oder mit einer Betalaktam-Monotherapie erfolgte in
zahlreichen Studien: Ciprofloxacin (zum Teil in Kombination mit Vancomycin) in
hoher Dosis (3 × 400 mg/d) wurde mit Imipenem bei
Patienten mit sCAP verglichen und war äquipotent [378 ].
Moxifloxacin erwies sich gegenüber
Amoxicillin/Clavulansäure mit oder ohne Kombination mit Clarithromycin bei
hospitalisierten Patienten überlegen. Mehr als die Hälfte der
Patienten litt an einer sCAP, eine Subgruppenanalyse der Therapieergebnisse
dieser Population erfolgte aber nicht [313 ].
Levofloxacin (2 × 500 mg/d) war
gleichwertig gegenüber Imipenem bei Patienten mit
Bakteriämie/Sepsis-Verdacht bei Pneumonie. Beide Therapiearme zeigten
gleiche Wirksamkeit [379 ]. Auch gegenüber
Ceftriaxon (1 × 4 g/d) ergab Levofloxacin
(2 × 500 mg/d) gleich gute Heilungsraten bei
hospitalisierten Patienten mit CAP [319 ]. Levofloxacin
wurde in weiteren Studien als äquipotent gegenüber Standardtherapien
bei hospitalisierten Patienten mit CAP, darunter auch sCAP, geprüft
[19 ]
[269 ]
[380 ].
Die Option wird weiter unterstützt durch retrospektive
Analysen über den Zusammenhang zwischen der Krankenhausletalität und
der Art der kalkulierten antimikrobiellen Therapie bei sCAP
[305 ]
[306 ]
[381 ]. Dabei war eine Fluorchinolon-Monotherapie
gegenüber dem Therapiestandard einer Betalaktam/Makrolid-Kombination
gleichwertig. In einer aktuellen Beobachtungsstudie wurde ebenfalls kein
Unterschied in der Letalität bei sCAP zwischen der Mono-
(42 % Levofloxacin) und der Kombinationstherapiegruppe
festgestellt. Dies galt jedoch nicht für die Subgruppe mit septischem
Schock, wo eine Monotherapie mit einer signifikant höheren
28-Tages-Letalität auf ITS assoziiert war [367 ].
Damit ist die empirische Basis für eine Empfehlung einer
Fluorchinolon-Monotherapie grundsätzlich gegeben, wobei dies nicht
für Patienten mit septischem Schock und/oder invasiver Beatmung gilt.
Ein grundsätzlicher Einwand gegen eine Monotherapie der sCAP
sind allerdings Befunde, die zeigen, dass wichtige Erkrankungsgruppen bei
Monotherapie eine höhere Letalität als bei Kombinationstherapie
aufweisen:
bakteriämische Pneumokokkenpneumonien
[307 ]
[308 ]
[310 ]
[382 ]. Eine Prüfung gegen
eine Fluorchinolon-Monotherapie erfolgte jedoch nur bei wenigen Patienten.
schwere Infektionen durch Enterobacteriaceae [29 ]
[45 ].
schwere Infektionen durch S. aureus
[383 ].
Pseudomonas-Bakteriämien [384 ].
Diese Daten sprechen jedoch nur bedingt gegen eine Monotherapie
mit einem pneumokokkenwirksamen Fluorchinolon, da diese in den genannten
Arbeiten zumeist nicht geprüft wurde.
Viele Angaben aus vergleichenden Studien über sCAP beziehen
sich vorwiegend auf Subgruppenanalysen. Zudem entsprechen die Definitionen
einer sCAP in diesen Studien nicht den Definitionen der sCAP der American
Thoracic Society bzw. nach CRB-65. Daher sind im Hinblick auf eine ausreichende
Therapiesicherheit Empfehlungen für den Einsatz einer Monotherapie
z. B. von inhibitorgeschützten Aminopenicillinen bei sCAP
problematisch.
Die Arbeitsgruppe empfiehlt unter diesem Gesichtspunkt und zur
Erfassung des breiten bakteriellen Erregerspektrums der sCAP,
grundsätzlich weiterhin an dem Anfang der 90er-Jahre entwickelten und
häufig evaluierten Konzept der Kombination von Betalaktamantibiotika mit
Nicht-Betalaktamantibiotika festzuhalten [65 ]
[97 ]
[305 ]
[306 ]
[381 ]
[383 ]
[385 ].
Bei Berücksichtigung der in Deutschland günstigen
Resistenzsituation kommen bei Erkrankungen ohne Hinweise auf
P. aeruginosa -Beteiligung
Piperacillin/Betalaktamaseinhibitor-Kombinationen, die Cephalosporine Cefotaxim
und Ceftriaxon oder das Carbapenem Ertapenem infrage. Bei Ertapenem ist die
Studienerfahrung noch begrenzt [148 ]
[366 ]. Als Betalaktamaseinhibitoren können Tazobactam
(in fester Kombination) oder Sulbactam (als freier Kombinationspartner)
gewählt werden. Klinische Studien wurden nur mit der Kombination
Piperacillin/Tazobactam, nicht jedoch mit Sulbactam durchgeführt. In vitro
werden Betalaktamasen von Enterobacteriaceae durch
Tazobactam wirksamer gehemmt als durch Sulbactam [386 ].
Daher ist eine Übertragung der In-vitro-Testergebnisse für
Piperacillin/Tazobactam auf Piperacillin/Sulbactam nicht zulässig. Es ist
jedoch anzunehmen, dass Piperacillin/Tazobactam-sensible Enterobacteriaceae , die auf Piperacillin/Sulbactam
resistent sind, bei sCAP selten auftreten, sodass die klinische Relevanz des
Wirksamkeitsunterschiedes bei der CAP unsicher ist.
Als Nicht-Betalaktamantibiotika wurden Aminoglykoside (Gentamicin,
Tobramycin, Netilmicin, Amikacin), Makrolide (Azithromycin, Clarithromycin,
Erythromycin) und Fluorchinolone (Ciprofloxacin, Levofloxacin, Moxifloxacin)
eingesetzt.
Das antimikrobielle Spektrum von Aminoglykosiden ist begrenzt;
sie haben ein hohes toxisches Potenzial, verlangen ein Drug-Monitoring und
erzeugen niedrige Gewebespiegel in der Lunge. In einer erst kürzlich
veröffentlichten Metaanalyse zeigte eine Kombinationstherapie unter
Einschluss eines Aminoglykosides keinen Überlebensvorteil, dafür aber
eine höhere Rate an unerwünschten Wirkungen [387 ]. Diese Daten beruhen jedoch nahezu
ausschließlich auf älteren Studien unter Verwendung niedrigdosierter
Mehrfachgaben der Aminoglykoside, während heute zur Vermeidung
subinhibitorischer Konzentrationen die einmal täglich hochdosierte
Applikation favorisiert wird.
Makrolide wurden umfangreich geprüft und erzielten in
Kombination mit Betalaktamen günstigere Therapieergebnisse
[305 ]
[306 ]
[307 ]
[308 ]
[309 ]. Sie erzeugen hohe pulmonale Gewebespiegel. Ihre
Wirkungsweise ist jedoch bakteriostatisch und unter Therapie mit Makroliden
wurden Durchbruchsbakteriämien mit S. pneumoniae
bei Low-Level-Resistenz beschrieben. Die klinische Relevanz
Makrolid-resistenter S. pneumoniae (in Deutschland ca.
15 %) im Rahmen einer Kombinationstherapie mit einem Makrolid ist
unklar (siehe Kap. 5, [Tab. 6 ]).
Zu den günstigen klinischen Eigenschaften der
Fluorchinolone Levofloxacin und Moxifloxacin kommen eine bakterizide
Wirkungsweise und ein hoher Gewebsspiegel hinzu. Die Aktivität
gegenüber S. pneumoniae ist bei Ciprofloxacin
nicht ausreichend, während Levofloxacin und Moxifloxacin diesen Erreger
erfassen. Dagegen sind Ciprofloxacin und Levofloxacin aktiver gegen
P. aeruginosa . Zur Kombination von Fluorchinolonen mit
Betalaktamen liegen jedoch bisher kaum Daten vor. In einer retrospektiven
Analyse war diese Kombination mit einer höheren Letalität im
Vergleich zu anderen empfohlenen Kombinationstherapien, vorrangig
Betalaktam-Makrolid-Kombinationen, bei sCAP assoziiert [388 ]. Bei Patienten, die auf einer ITS eine
Fluorchinolontherapie erhielten, wurden vermehrt Kolonisationen und Infektionen
durch multiresistente Erreger beschrieben im Vergleich zu Patienten, die mit
anderen Antibiotika, vorrangig Betalaktamen und Aminoglykosiden, behandelt
wurden [35 ].
Bei Pseudomonasbakteriämie bzw. Beatmungs-assoziierter
Pneumonie durch Pseudomonas war in retrospektiven Analysen eine adäquate
Monotherapie einer adäquaten Kombinationstherapie hinsichtlich der
Letalität nicht unterlegen; allerdings fand sich ein erhöhtes Risiko
für eine inadäquate Therapie unter Monotherapie, verbunden mit einem
signifikanten Letalitätsunterschied bei den Patienten, bei denen eine
inadäquate Monotherapie eingesetzt worden war [389 ]
[390 ]. Daher und zur
Vermeidung einer inadäquaten empirischen Initialtherapie bei Infektion
durch resistente P. aeruginosa wird bei sCAP mit
Risikofaktoren für P. aeruginosa initial eine
Kombinationstherapie mit zwei gegenüber diesen Erregern wirksamen
Antibiotika empfohlen. Bei vorliegendem Erregernachweis mit
Empfindlichkeitsprüfung oder nach klinischer Besserung sollte im Regelfall
eine Deeskalation auf eine Monotherapie erfolgen. Aminoglykoside sollten
aufgrund ihrer erhöhten Nebenwirkungsrate nur kurzzeitig für
z. B. 3 Tage als Kombinationspartner eingesetzt werden
[387 ], wegen der fehlenden Wirkung gegenüber
Legionellen ist initial die zusätzliche Gabe eines Makrolids
erforderlich.
Zur raschen Erzeugung bakterizider Blut- und Gewebsspiegel sind
die Antiinfektiva parenteral zu applizieren und hoch zu dosieren.
Das Risiko eines ungünstigen Ausgangs durch eine
inadäquate Therapie wegen Vorliegen einer Resistenz ist bei sCAP besonders
hoch. Die Beachtung der aktuellen Resistenzdaten hat daher einen besonders
hohen Stellenwert. Wichtigstes differenzialtherapeutisches
Entscheidungskriterium zwischen den empfohlenen Therapieregimen ist eine
vorausgegangene Antibiotikatherapie. In diesem Fall wird ein Wechsel der
zuletzt verwendeten Substanzgruppe empfohlen, dies gilt insbesondere für
Therapien innerhalb der letzten 3 Monate [33 ]
[34 ].
Die Arbeitsgruppe empfiehlt (Empfehlungsgrad
B) ([Abb. 6 ]) bei sCAP ohne Risiko für
eine Infektion mit P. aeruginosa als Therapie der Wahl
eine Kombinationstherapie mit einem Breitspektrum-Betalaktamantibiotikum
(Cefotaxim, Ceftriaxon, Piperacillin/Tazobactam, Ertapenem) und einem Makrolid
(s. [Tab. 17 ]). Die Monotherapie mit einem
pneumokokkenwirksamen Fluorchinolon (Levofloxacin oder Moxifloxacin) ist eine
mögliche Alternative, dies gilt jedoch nur für Patienten ohne
septischen Schock bzw. ohne invasive Beatmung.
Die Arbeitsgruppe empfiehlt (Empfehlungsgrad
B) ([Abb. 6 ]) bei Patienten mit Indikation
für eine gegen P. aeruginosa wirksame empirische
Therapie (s. [Tab. 5 ]) eine Kombinationstherapie
bestehend aus Piperacillin/Tazobactam, Cefepim, Imipenem bzw. Meropenem und
einem pseudomonaswirksamen Fluorchinolon (Levofloxacin oder Ciprofloxacin) oder
einem Aminoglykosid zusammen mit einem Makrolid (s. [Tab. 18 ]). Wesentliches differenzialtherapeutisches
Kriterium ist eine vorausgegangene Antibiotikatherapie, die einen Wechsel der
Substanzgruppe erforderlich macht [34 ]. Ceftazidim ist
ebenfalls gegenüber P. aeruginosa aktiv,
verfügt aber im Vergleich zu Cefepim über eine unzureichende
Aktivität gegenüber S. pneumoniae und
S. aureus [391 ]. Nach
klinischer Besserung und/oder Erregernachweis mit Empfindlichkeitsprüfung
soll im Regelfall eine Deeskalation auf eine Monotherapie erfolgen.
Therapiedauer: Die notwendige Therapiedauer
ist nicht bekannt. Daten aus Studien bei nosokomialer Pneumonie zeigen, dass
eine 15-tägige Behandlungsdauer einer 8-tägigen Behandlung nicht
überlegen war [392 ]. Bei nachgewiesener Infektion
durch nicht fermentierende gramnegative Stäbchen (überwiegend
P. aeruginosa ) war die 15-tägige Behandlungsdauer
mit einer geringeren Rezidivrate assoziiert [392 ]. Eine
sorgfältige Abwägung gegen die Vorteile einer kürzeren
Therapiedauer hinsichtlich der verminderten Selektion resistenter Erreger und
der potenziell reduzierten Toxizität ist erforderlich. Eine sinnvolle
Strategie ist bei kürzerer Therapiedauer die tägliche klinische
Überprüfung von Symptomen, die auf ein Rezidiv hinweisen können.
Eine Steuerung der Antibiotikatherapiedauer ist auch mit einer seriellen
Bestimmung von Procalcitonin an den Behandlungstagen 0, 4, 6 und 8 bei schwerer
CAP möglich [291 ]. Ein Procalcitonin-Spiegel von
< 0,1 µg/L im Verlauf spricht bei klinischer Besserung
für eine Beendigung der Antibiotikatherapie.
Die Arbeitsgruppe empfiehlt (Empfehlungsgrad
B) bei Patienten ohne Komplikationen eine Therapiedauer von
8 – 10 Tagen bzw. 5 Tagen nach Entfieberung. Bei
nachgewiesener Infektion durch P. aeruginosa sollte
die Therapiedauer 8 – 15 Tage betragen. Bei sCAP durch
S. aureus können ebenfalls längere
Therapiedauern erforderlich sein.
Adjuvante Therapie: Das
intensivmedizinische Management bei sCAP entspricht prinzipiell dem von anderen
Patienten mit Sepsis oder septischem Schock unabhängig von der
Lokalisation der Primärinfektion. Zur weiterführenden Information
wird auf die aktuelle Leitlinie der Deutschen Sepsis-Gesellschaft und der
Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und
Notfallmedizin verwiesen [393 ].
In einer prospektiv randomisierten Studie bei sCAP führte die
Gabe von Hydrocortison zusätzlich zur Standardtherapie zu einer Reduktion
der Krankenhausletalität [394 ]. Die Studie weist
allerdings methodische Probleme auf und bedarf der Bestätigung durch
weitere Untersuchungen, bevor eine Hydrocortisontherapie bei Patienten mit sCAP
ohne septischen Schock oder Nebennierenrindeninsuffizienz empfohlen werden
kann.
Therapieversagen: Die Differenzialdiagnose,
das diagnostische Vorgehen und die kalkulierte Therapie sind in Kapitel 15
ausgeführt.
Tab. 17 Therapieempfehlung
für die kalkulierte Initialtherapie bei hospitalisierten Patienten mit
schwerer ambulant erworbener Pneumonie (sCAP) ohne
Indikation für eine gegen P. aeruginosa wirksame
empirische Therapie (s. [Tab. 5 ]).
Substanzen für die
Initialtherapie*
Dosierung der
Initialtherapie (pro Tag)*
Gesamttherapiedauer
Mittel
der Wahl**
Betalaktam –
Piperacillin/Tazobactam – Ceftriaxon –
Cefotaxim – Ertapenem*** plus
Makrolid****
3 × 4,5 g
i. v. 1 × 2,0 g
i. v. 3 × 2,0 g
i. v. 1 × 1,0 g i. v.
8 – 10
Tage 8 – 10
Tage 8 – 10
Tage 8 – 10
Tage 8 – 10 Tage
Alternative**
Fluorchinolon***** Levofloxacin Moxifloxacin
2 × 500 mg
i. v. 1 × 400 mg i. v.
8 – 10
Tage 8 – 10 Tage
* Weiterführende Angaben zur
Pharmakologie, Verträglichkeit, Interaktionen und Dosierung finden sich in
Kapitel 7. ** Bei vorausgegangener Antibiotikatherapie
innerhalb der letzten 3 Monate wird ein Wechsel der zuletzt verwendeten
Substanzgruppe empfohlen. *** Patienten mit
Risikofaktoren für eine Infektion mit Enterobacteriaceae inkl. ESBL-Bildnern (außer
P. aeruginosa ) sowie Patienten, die kürzlich eine
Therapie mit Penicillinen oder Cephalosporinen erhalten
haben. **** Die initiale parenterale Verabreichung
wird bevorzugt (B). Dosierung der Makrolide s. [Tab. 8 ] bzw. [14 ]. ***** Bei Patienten mit
septischem Schock und/oder invasiver Beatmung ist initial eine
Kombinationstherapie mit einem Betalaktam indiziert.
Tab. 18 Therapieempfehlung
für die kalkulierte Initialtherapie bei hospitalisierten Patienten mit
schwerer ambulant erworbener Pneumonie (sCAP) mit
Indikation für eine gegen P. aeruginosa wirksame
empirische Therapie.
Substanzen für die
Initialtherapie*
Dosierung der
Initialtherapie (pro Tag)*
Gesamttherapiedauer
pseudomonasaktives
Betalaktam – Piperacillin/Tazobactam –
Cefepim – Imipenem – Meropenem plus
Fluorchinolon – Levofloxacin – Ciprofloxacin
3 × 4,5 g
i. v. 3 × 2,0 g
i. v. 3 × 1,0 g
i. v. 3 × 1,0 g
i. v.
2 × 500 mg
i. v. 3 × 400 mg i. v.
8 – 15
Tage 8 – 15
Tage 8 – 15
Tage 8 – 15
Tage
** **
oder***
plus Aminoglykosid
und Makrolid****
– Amikacin
15 mg/kg KG i. v.*****
3 Tage**
– Gentamicin
5 – 7 mg/kg KG
i. v.*****
3 Tage**
– Tobramycin
5 – 7 mg/kg KG
i. v.*****
3 Tage**
* Weiterführende Angaben zur
Pharmakologie, Verträglichkeit , Interaktionen und Dosierung finden sich
in Kapitel 7. ** Bei klinischem Ansprechen ist eine
Deeskalation auf eine Therapie mit Betalaktam/Makrolid oder ein Fluorchinolon,
wenn möglich unter Berücksichtigung der
Antibiotika-Empfindlichkeitsprüfung, indiziert. Aminoglykoside sollten
wegen erhöhter Toxizität im Regelfall nicht länger als 3 Tage
verabreicht werden. *** Bei vorausgegangener
Antibiotikatherapie innerhalb der letzten 3 Monate wird ein Wechsel der zuletzt
verwendeten Substanzgruppe empfohlen, dies gilt insbesondere für eine
vorausgegangene Fluorchinolontherapie. **** Dosierung
der Makrolide s. [Tab. 8 ] bzw. [14 ]. ***** Weitere Dosierung
nach Spiegelbestimmung.
15. Therapieversagen bei CAP
15. Therapieversagen bei CAP
Deskriptiv lassen sich mehrere Formen des Therapieversagens
unterscheiden. Aus prognostischer und therapeutischer Sicht ist die
Unterteilung des primären Therapieversagens in die progrediente Pneumonie
und die klinisch verzögert ansprechende Verlaufsform sinnvoll
[252 ]
[283 ]
[344 ]
[395 ].
Progrediente Pneumonie (progressive pneumonia) : Eine progrediente
Pneumonie ist definiert als klinische Zustandsverschlechterung mit Entwicklung
einer respiratorischen Insuffizienz und/oder einer schweren Sepsis oder eines
septischen Schockes trotz empirischer antimikrobieller Therapie
[252 ]. Ein Krankheitsprogress tritt meist innerhalb der
ersten 72 Stunden nach Therapiebeginn ein und ist mit einer hohen
Letalität assoziiert [282 ]
[283 ]. Ein radiologischer Progress der Infiltrate weist nur
bei gleichzeitig progredienter klinischer Symptomatik auf ein Therapieversagen
hin.
Verzögert ansprechende Pneumonie (non-responding pneumonia): Eine verzögert
ansprechende Pneumonie ist definiert als fehlendes Erreichen klinischer
Stabilität nach 72 h antimikrobieller Therapie. Klinische
Stabilität ist definiert als
Herzfrequenz ≤ 100/min,
Atemfrequenz ≤ 24/min,
systolischer Blutdruck ≥ 90 mm Hg
Körpertemperatur
≤ 37,8 ° C,
keine Hypoxämie (PO2
≥ 60 mm Hg bzw. SaO2
≥ 90 %).
[252 ]
[283 ]
[344 ]
Sonderformen: Sonderformen des
Therapieversagens stellen das sekundäre Therapieversagen (initiales
Ansprechen und erneute Verschlechterung), die persistierende Pneumonie (slowly resolving pneumonia ) sowie die rezidivierende
Pneumonie (mindestens zwei voneinander getrennte Episoden binnen eines Jahres,
recurrent pneumonia ) dar [252 ]
[396 ]
[397 ]. Die letztere ist im strengen Sinne kein
Therapieversagen nach obiger Definition, da es zunächst zu einer
vollständigen Abheilung der Pneumonie kommt. Im Falle des sekundären
Therapieversagens ist das Vorhandensein einer nosokomialen Pneumonie oder
Immunsuppression auszuschließen (D). Eine persistierende Pneumonie liegt
dann vor, wenn eine vollständige Rückbildung des Infiltrats
> 30 Tage nach Pneumoniebeginn ausbleibt [252 ]. Die Normalisierung des Röntgenthoraxbildes ist
abhängig von Lebensalter, Komorbidität, Schweregrad der Pneumonie und
ursächlichem Erreger und kann sich über 2 bis 16 Wochen erstrecken.
Das prämorbide Niveau des Wohlbefindens und der Leistungsfähigkeit
wird allerdings in der Mehrzahl der Fälle nicht vor Ablauf von mindestens
30 Tagen und häufig sogar erst nach bis zu 6 Monaten erreicht. Nach
schweren Verlaufsformen kann eine vollständige restitutio ad integrum unter Umständen auch
ausbleiben [350 ]
[353 ]
[398 ]
[399 ]
[400 ].
15.1. Häufigkeit und Ursachen des Therapieversagens
Die mediane Zeit zum Erreichen klinischer Stabilität bei
hospitalisierten Patienten betrug in einer Studie 3 Tage [344 ]. Ein fehlendes Ansprechen ohne progrediente klinische
Symptomatik innerhalb der ersten 72 h wird daher nicht als
Therapieversagen klassifiziert [252 ]. Bei
5 – 10 % aller Patienten mit hospitalisierter
CAP entwickelt sich eine progrediente Pneumonie [282 ]
[283 ].
Die möglichen Gründe für ein Therapieversagen
beinhalten infektiöse und nicht-infektiöse Ursachen
[252 ]
[283 ]. In etwa ⅔
der Fälle mit definierten Gründen liegen infektiologische
Erklärungen für ein Therapieversagen vor, wobei bei jeweils 10 bis
20 % der Patienten neu diagnostizierte Erreger (initial ohne
Erregernachweis), persistierende Erreger oder neu identifizierte nosokomiale
Erreger ursächlich infrage kommen [48 ]
[283 ]. Eine bisher unerkannte HIV-Infektion kann ebenfalls
Ursache für eine progrediente Pneumonie sein [401 ]. Ein klinischer Progress später als 72 h
nach Krankenhausaufnahme ist häufig mit einer nosokomialen Superinfektion
(sekundäres Therapieversagen) oder einer nicht-infektiösen Ursache
assoziiert [252 ].
In bis zu zwei Dritteln der Fälle mit verzögert
ansprechender oder progredienter Pneumonie wird eine intensivmedizinische
Behandlung notwendig [48 ]. Nach Erreichen klinischer
Stabilität sinkt die Rate auf annähernd 1 %
[344 ]. Eine progrediente Pneumonie führt zu einer
bis zu 10-fach erhöhten Letalität bei hospitalisierten Patienten
[48 ]
[282 ]
[283 ]. Besonders hoch ist die Letalität auch bei
Therapieversagen infolge einer sekundären, nosokomial erworbenen Pneumonie
[48 ]
[402 ].
Als Risikofaktoren für ein Therapieversagen wurden in Studien
das Vorliegen eines höheren Pneumonieschweregrades, multilobärer oder
abszedierender Infiltrate, eines Pleuraergusses, einer Leukopenie oder einer
Lebererkrankung, der Nachweis von Legionellen oder Enterobacteriaceae sowie eine inadäquate
antimikrobielle Initialtherapie identifiziert [282 ]
[283 ].
15.2. Diagnostisches Vorgehen
Progrediente Pneumonie: Bei der
progredienten Pneumonie stehen das intensivmedizinische Management zur
Stabilisierung bzw. Sicherstellung der Organfunktion und die rasche Umstellung
der antimikrobiellen Therapie im Vordergrund. Diagnostische Maßnahmen
dürfen die Therapieoptimierung nicht verzögern. Die Diagnostik sollte
sich bei progredienter Pneumonie vorwiegend auf infektiöse Ursachen
konzentrieren [48 ]. Als Erreger progredienter Pneumonien
kommen in Betracht: S. pneumoniae , Legionella spp., S. aureus (auch
MRSA), P. aeruginosa und Acinetobacter spp. Weiterhin sind ungewöhnliche bzw.
seltene Erreger zu berücksichtigen: M.
tuberculosis , atypische Mykobakterien, Nokardien (insbesondere bei
immunsupprimierten Patienten) [282 ]
[403 ]
[404 ].
Verzögernd ansprechende Pneumonie: Bei
Nichtansprechen auf eine initiale Therapie ohne klinische Progression liegt in
der Hälfte der Fälle lediglich eine verzögert abheilende CAP
vor, bei den übrigen Patienten sind vorwiegend seltene oder
ungewöhnliche Erreger wie Mykobakterien, Pilze, Nokardien und
nicht-infektiöse Ursachen zu annähernd gleichen Teilen nachweisbar.
Neben der Überprüfung der korrekten Wahl und Dosierung sowie
regelmäßigen Verabreichung bzw. Einnahme des Antibiotikums ist in
Abhängigkeit von der Klinik eine Abklärung der Differenzialdiagnosen
mittels erweiterter bildgebender Diagnostik (Thorax-CT, Sonografie,
Echokardiografie) sowie einer Bronchoskopie mit BAL und/oder transbronchialer
Biopsie bzw. transthorakaler Lungenbiopsie indiziert [262 ]
[352 ]
[405 ].
Diagnostische Prinzipien:
Die Arbeitsgruppe empfiehlt (Empfehlungsgrad
B) bei Therapieversagen folgendes diagnostisches Vorgehen:
1.
Anamnese, klinische Untersuchung, Einbeziehung epidemiologischer
Daten 2. Ausschluss einer Infektion außerhalb des
Respirationstraktes 3. Überprüfung der bisherigen
Antibiotikaauswahl und -dosierung Weitere Untersuchungen können
im Einzelfall indiziert sein: 4. Mikrobiologische Sputumdiagnostik
bei purulentem Sputum und Gewährleistung der notwendigen logistischen
Voraussetzungen (Transport und Verarbeitung innerhalb von 2 bis 4 Stunden, s.
Kap. 6) mit Gramfärbung, Bakterienkultur mit Resistenztestung,
abhängig von klinischer Situation und Vorgeschichte Färbungen und
Spezialkulturen auf seltene Erreger wie Mykobakterien, Pilze 5.
Entnahme von zwei Blutkulturen (zwei mal zwei Flaschen) von unterschiedlichen
Lokalisationen im Abstand von wenigen Minuten 6. Gegebenenfalls
Bronchoskopie mit bronchoalveolärer Lavage mit Gramfärbung,
quantitativer Bakterienkultur mit Empfindlichkeitsprüfung, abhängig
von klinischer Situation und Vorgeschichte Färbungen und Spezialkulturen
auf seltene Erreger wie Mykobakterien, Legionellen, Pilze, Viren, Nokardien
[48 ]
[405 ]
7.
L. pneumophila- Antigentest (Serogruppe 1) aus
Urin 8. Nachweis von Antikörpern gegen M.
pneumoniae [138 ]
9. Diagnostische
Pleurapunktion bei Vorliegen eines Pleuraergusses (> 5 cm in
der lateralen Röntgenthorax-Aufnahme) mit Gramfärbung,
Bakterienkultur und Empfindlichkeitsprüfung, Bestimmung von pH und
Gesamteiweiß, abhängig von klinischer Situation und Vorgeschichte
Färbungen und Spezialkulturen auf seltene Erreger wie Mykobakterien,
Pilze 10. Bildgebung: Computertomografie der Lungen
[406 ]
[407 ], transthorakale
Echokardiografie 11. Ggf. transbronchiale bzw. transthorakale
Lungenbiopsie oder Video-assistierte Thorakoskopie 12. Ausschluss
einer Immunsuppression (z. B. HIV-Test) 13. Bestimmung von
Procalcitonin: Verlaufskontrollen des Procalcitonin i. S. am Tag 3 sind
prognostisch von Bedeutung. Ansteigende Werte sind mit einer erhöhten
Letalität, niedrige Werte mit einem günstigen Outcome verbunden
[369 ]
15.3. Antibiotikatherapie bei Therapieversagen
Progrediente Pneumonie: Infektiöse
Ursachen sind die häufigsten Gründe für ein Therapieversagen.
Ein empirisches Vorgehen wird empfohlen, da Ergebnisse der mikrobiologischen
Untersuchungen nicht vor 48 Stunden zur Verfügung stehen. Eine nosokomiale
Infektion und/oder eine Immunsuppression sollten ausgeschlossen werden.
Die Arbeitsgruppe empfiehlt (Empfehlungsgrad
B):
Im Vordergrund stehen die Überwachung und rasche
Stabilisierung der Organfunktionen sowie die prompte parenterale Verabreichung
einer adäquaten empirischen antibiotischen Kombinationstherapie
entsprechend der Empfehlungen für eine sCAP. Bei einem septischen Schock
führt jede Verzögerung der Applikation einer adäquaten
Antibiotikatherapie zu einer signifikant erhöhten Letalität
[376 ]. Häufig ist nach erneuter
Risikostratifizierung die Verlegung auf eine Intensivstation erforderlich
[48 ].
Verzögert ansprechende Pneumonie: Bei
fehlender klinischer Stabilität nach 72 h sollte sich das Vorgehen
an den Ergebnissen der initialen und im Rahmen der Evaluation des
Therapieversagens durchgeführten diagnostischen Maßnahmen
orientieren. Eine abwartende Haltung nach Ausschluss nicht-infektiöser
Ursachen kann bei risikoadaptierter Leitlinien-gerechter antimikrobieller
Therapie zunächst gerechtfertigt sein.
Therapieprinzipien: Grundsätzlich
sollten folgende Prinzipien bei der Versagertherapie beachtet werden.
Die Arbeitsgruppe empfiehlt (Empfehlungsgrad
B):
Folgende Therapieoptionen kommen infrage: 1.
Prompte Umstellung auf eine Antibiotikatherapie gemäß den
Empfehlungen dieser Leitlinie im Falle einer nicht Leitlinien-gerechten
initialen kalkulierten Behandlung 2. Aufgrund einer möglichen
Selektion resistenter Erreger Wechsel der Substanzklassen 3.
Überprüfung der initialen Antibiotikatherapie auf bestehende
Erregerlücken im antimikrobiellen Spektrum 4. Parenterale
Verabreichung 5. Kombinationstherapie Eine Wirksamkeit
gegen S. pneumoniae sollte auf jeden Fall auch nach
der Umstellung beibehalten und Antibiotika-Kombinationen mit einem breiten
antimikrobiellen Spektrum unter Einschluss von P.
aeruginosa , S. aureus (MRSA), Legionella spp. und Anaerobiern verabreicht werden.
Die folgenden Substanzklassen stellen potenzielle
Kombinationspartner dar:
ausreichend pseudomonaswirksame Betalaktame: Piperacillin,
Imipenem, Meropenem, Cefepim, Ceftazidim (cave: keine ausreichende Wirkung
gegen S. pneumoniae und S.
aureus )
ausreichend pseudomonaswirksame Fluorchinolone: Ciprofloxacin,
Levofloxacin
ausreichend pneumokokkenwirksame Fluorchinolone: Moxifloxacin,
Levofloxacin
parenterale Makrolide
Aminoglykoside
bei Nachweis bzw. begründetem Verdacht (z. B.
bekannte Kolonisation) auf MRSA-Pneumonie: siehe Kap. 17.3.
16. Besondere Verlaufsformen der CAP
16. Besondere Verlaufsformen der CAP
16.1. Pleuraerguss
Die Therapie des parapneumonischen Ergusses verfolgt die zentralen
Ziele der Kontrolle der Infektion, der Drainage des infizierten Ergusses, der
(Re-) Expansion der Lunge und der Vermeidung der Ausbildung von
Pleuraschwarten.
Die therapeutische Basis ist die suffiziente, erregergerechte
antimikrobielle Therapie mit dem Ziel, die zugrunde liegende Infektion zu
kontrollieren. Zur Frage der Antibiotikatherapie existieren keine
kontrollierten klinischen Studien. Die kalkulierte antimikrobielle Therapie
sollte grampositive Kokken, gramnegative Erreger (ggf. inkl.
P. aeruginosa ) und Anaerobier einschließen. Um
sicher ausreichend hohe Serum- und Pleurakonzentrationen zu erreichen, wird
initial eine parenterale Applikation bevorzugt. Zur Dauer der antimikrobiellen
Therapie existieren keine Daten. Grundsätzlich sollte sie mindestens bis
zur vollständigen Drainage des infizierten Ergusses fortgeführt
werden. Längere Therapiedauern von mehreren Wochen sind häufig
notwendig.
Ein Grundprinzip der Therapie des komplizierten parapneumonischen
Ergusses ist die effektive und vollständige Drainage der infizierten
Flüssigkeit. Hierfür wird folgendes differenzialtherapeutischen
Verfahren vorschlagen [300 ]:
keine Intervention
Entlastungspunktion
Anlage einer Thoraxsaugdrainage ohne lokale Fibrinolyse
Anlage einer Thoraxsaugdrainage mit lokaler Fibrinolyse
Video-assistierte Thorakoskopie mit postinterventioneller
Thoraxsaugdrainage
chirurgische Exploration (Thorakotomie mit oder ohne
Dekortikation bzw. Rippenresektion)
Eine randomisierte Studie bei Patienten mit kompliziertem
parapneumonischem Erguss zeigte keinen Vorteil einer lokalen
Fibrinolysetherapie mit Streptokinase nach Drainageanlage gegenüber
Placebo hinsichtlich der Letalität oder der Notwendigkeit einer
chirurgischen Intervention. Es fand sich jedoch ein Trend zu einer höheren
Nebenwirkungsrate bei der mit Streptokinase therapierten Gruppe
[408 ]. Die Studie wies jedoch einige methodische
Probleme auf (z. B. fehlende Standardisierung der Indikation zur
Thoraxchirurgie, fehlende Stratifizierung nach Septierung) sodass die Datenlage
insgesamt als noch nicht eindeutig einzuschätzen ist. Als Option besteht
bei Patienten, bei denen eine alleinige Drainageanlage kein rasches Entfernen
der infizierten Pleuraflüssigkeit erreicht, insbesondere die
Video-assistierte Thorakoskopie (VATS) sowie ggf. ein zeitlich begrenzter
Versuch mittels lokaler Fibrinolyse.
Risikostratifizierung:
Ergussmenge A 0: minimaler Erguss
(< 5 cm im lateralen Röntgenbild) [299 ] bzw. Thorax-Sonografie A 1:
mittelgroßer, frei auslaufender Erguss (> 5 cm und
< œ Hemithorax) A 2: Großer, frei auslaufender
Erguss (> œ Hemithorax), gekammerter Erguss oder Ergussbildung
mit verdickter Pleura
Bakteriologie der Ergussflüssigkeit B x:
Gramfärbung bzw. Kultur nicht bekannt B 0: negative Kultur und
Gramfärbung B 1: positive Kultur oder
Gramfärbung B 2: Eiter
klinische Chemie der Ergussflüssigkeit C x: pH
unbekannt C 0: pH > 7,2 C 1: pH
< 7,2
Das zusätzliche Risiko für den Patienten durch einen
Pleuraerguss wird anhand der folgenden Parameter eingeschätzt:
Verlängerter Krankenhausaufenthalt, erhöhte Morbidität durch
Folge-Interventionen, verlängerte körperliche Beeinträchtigung,
erhöhtes Risiko einer respiratorischen Beeinträchtigung,
erhöhtes Risiko einer lokalen Entzündungsreaktion, Letalität
[300 ].
Die Arbeitsgruppe empfiehlt (Empfehlungsgrad
C):
Kategorie 1 (sehr niedriges Risiko):
Vorliegen von A 0, B x oder C x: keine Drainage
Kategorie 2 (niedriges Risiko): Vorliegen von A 1, B 0 oder
C 0: keine Drainage
Kategorie 3 (mittleres
Risiko): Vorliegen von A 2, B 1 oder C 1: Drainage indiziert
Kategorie 4 (hohes Risiko): Vorliegen von B 2: Drainage
indiziert Für Patienten der Kategorien 3 und 4 scheint eine
Entlastungspunktion in aller Regel unzureichend zu sein, es ist daher die
Anlage einer Thoraxdrainage indiziert. Bei gekammertem Erguss oder Patienten
der Kategorie 4 sind lokale Fibrinolyse und video-assistierte Thorakoskopie
die
am meisten geeigneten Verfahren.
16.2. Aspirationspneumonie
Aspirationspneumonien werden unterteilt in schleichend
rezidivierende Aspirationen und akute Aspirationen von Mageninhalt
[409 ]. Die Erstgenannten fallen oft nicht als solche
auf, kommen jedoch gehäuft vor bei älteren Patienten
[410 ], bei Patienten mit neurologischen
Grunderkrankungen, die zu einer Bettlägerigkeit mit oder ohne
Bewusstseinstrübung führen oder den Schluckreflex
beeinträchtigen sowie bei eingeschränkter Dentalhygiene
[46 ]
[411 ]
[412 ]. Die Aspiration von Mageninhalt (Mendelson-Syndrom)
ist dagegen eher selten.
In beiden Fällen ist ein Erregernachweis oft schwierig, meist
liegt jedoch eine polymikrobielle Ätiologie mit Nachweis von aeroben und
anaeroben Erregern vor. Bei außerhalb des Krankenhauses erfolgten
Aspirationen sind grampositive Erreger wahrscheinlich, bei multimorbiden
Patienten mit vielfachen Krankenhausaufenthalten und antimikrobiellen Therapien
in der Vorgeschichte finden sich dagegen meist gramnegative Erreger oder
polymikrobielle Infektionen, zum Teil mit Anaerobiern [413 ].
Die Arbeitsgruppe empfiehlt (Empfehlungsgrad
D):
Eine vorausgegangene Aspiration ist ein Risikofaktor
für das Auftreten von Enterobacteriaceae
[29 ]. Da eine zusätzliche ätiologische Rolle
von anaeroben Bakterien bei der Aspirationspneumonie nicht ausgeschlossen ist
und die überwiegende Anzahl der Anaerobier Betalaktamase produzieren,
sollte ein Betalaktam-Antibiotikum mit einem Betalaktamaseinhibitor kombiniert
werden. Alternativ kann eine Kombination aus einem Cephalosporin (Cefotaxim,
Ceftriaxon) mit Clindamycin, das Fluorchinolon Moxifloxacin oder ein Carbapenem
(Ertapenem) eingesetzt werden.
16.3. Retentionspneumonie
Die häufigste Ursache einer Retentionspneumonie ist eine
bronchiale Obstruktion durch ein Lungenkarzinom. Mammakarzinom, Hypernephrom
und gastrointestinale Tumore können mit der Entwicklung endobronchial
wachsender Metastasen einhergehen und sind somit nach dem Lungenkarzinom
führende Ursachen der Retentionspneumonie [414 ].
Andere mögliche Ursachen der Retention sind eine ausgeprägte
Kardiomegalie sowie Pleuraergüsse, die zu einer funktionellen Einengung
der Unterlappensegmentostien führen. Fremdkörperaspirationen sind bei
Erwachsenen selten. Gelegentlich kommen Torquierungsstenosen bei
chronisch-deformierender Bronchitis, Zustand nach lungenresektiven Eingriffen
oder Mischstaub-Pneumokoniosen vor. Die Behandlung entspricht den
schweregradadaptierten Empfehlungen bei CAP.
16.4. Lungenabszess
Lungenabszesse können anhand der Pathogenese in verschiedene
Formen eingeteilt werden. Die Unterscheidung von „nekrotisierender
Pneumonie” und „abszedierender” Pneumonie durch das
Kriterium der Abszessgröße (< 2 cm) erscheint
dagegen wenig hilfreich. Die meisten Publikationen zu diesem Thema
unterscheiden aber zumindest eine primäre und eine sekundäre Form.
Die Pathogenese der primären Lungenabszesse beruht auf der Aspiration und
entsprechender Virulenz der Erreger bzw. verminderter Immunkompetenz des
Patienten. Risikofaktoren für die Aspiration sind unter anderem
Bewusstseinstrübungen, Alkoholabusus, Schluckstörungen und/oder
ösophageale Pathologien [415 ]. Sekundäre
Lungenabszesse finden sich bei bronchialer Obstruktion durch Neoplasien oder
Fremdkörper mit poststenotischer Pneumonie, durch Einschmelzung und
Superinfektion von Infarktpneumonien und selten auch bei Bakteriämien. Da
es für die Ätiologie von Bedeutung zu sein scheint, wurde eine
erweiterte Klassifikation vorgeschlagen, die zusätzlich in Lungenabszesse
bei immunkompetenten und nicht immunkompetenten Patienten unterscheidet
[416 ]
[417 ].
Die Ätiologie des Lungenabszesses ist fast
ausschließlich infektiös, wobei Bakterien mit Abstand die
größte Rolle spielen. Andere Ätiologien wie Pilze (z. B.
nekrotisierende Aspergillose) und Echinococcus spp.
müssen jedoch in Betracht gezogen werden. Die Einschmelzung im Rahmen der
Lungentuberkulose wird üblicherweise getrennt als tuberkulöse
Kavitation angesehen, erfüllt jedoch das Definitionskriterium des
Lungenabszesses. Bakterielle Mischinfektionen überwiegen, und in
20 – 90 % werden obligate Anaerobier
nachgewiesen [417 ]
[418 ]
[419 ]
[420 ]
[421 ]
[422 ].
Die Arbeitsgruppe empfiehlt (Empfehlungsgrad
C):
Die Bronchoskopie ist bei Verdacht auf Lungenabszess
unerlässlich, um eine bronchiale Obstruktion auszuschließen und ggf.
auch zu beseitigen. In gleicher Sitzung kann eine gründliche
Bronchialtoilette durchgeführt werden. Eine Ableitung des Sekretes ist
notwendig, wobei die Drainage spontan durch Abhusten, als interne
bronchoskopische oder als transthorakale Drainage erfolgen kann. Eine
mikrobiologische Diagnostik des bronchoskopisch gewonnenen unteren
Atemwegsmaterials mit Grampräparat, aerober und anaerober Kultur sowie
Diagnostik auf Mykobakterien sollte dabei stets erfolgen. Die
Anfertigung einer CT des Thorax wird stets empfohlen, um die Lokalisation und
die Größe der Abszesse sowie ihre Nähe zu angrenzenden
Strukturen (Pleura) beurteilen zu können.
Es muss darauf hingewiesen werden, dass alle bronchoskopischen
Eingriffe bei Patienten mit Lungenabszessen mit dem Risiko eines
Übertritts von infektiösem Material in bisher gesunde
Lungenabschnitte auf der ipsi- und/oder kontralateralen Seite verbunden sind
[423 ].
Die Arbeitsgruppe empfiehlt (Empfehlungsgrad
B) folgende Therapieschemata zur Behandlung des Lungenabszesses
[424 ]
[425 ]: Aminopenicillin + Betalaktamasehemmer oder Clindamycin
(3 – 4 × 600 mg/d) plus
Cephalosporin (Cefuroxim, Ceftriaxon, Cefotaxim).
In einer randomisierten Prüfung dieser beiden Therapien
konnte kein signifikanter Unterschied für den klinischen Erfolg oder
für die bakterielle Eradikation gefunden werden [426 ].
Die Dauer der antimikrobiellen Therapie muss individuell gesteuert
werden. Grundsätzlich sollte sie bis zur vollständigen
Rückbildung der Abszesshöhle sowie der begleitenden Infiltrate
fortgesetzt werden. Eine vorzeitige Beendigung der Therapie kann zu Rezidiven
führen. Dies bedeutet im Regelfall eine Therapiedauer von vier bis acht
Wochen, in einzelnen Fällen aber auch von drei bis sechs Monaten. Initial
sollte stets intravenös behandelt werden. Nach klinischem Ansprechen und
radiologisch dokumentierter Rückbildung der
Abszesshöhlengröße kann auf eine orale Therapie umgestellt
werden [427 ].
Nach wie vor führt die Antibiotika-Therapie eines
Lungenabszesses in 75 – 90 % der Patienten
zur Ausheilung. Eine mögliche weitere Option zur Behandlung von
Therapieversagern bieten intrapulmonale Drainagen. Die
Katheter-Einlageverfahren sind vielfältig und umfassen das Einlegen unter
Durchleuchtungs- oder CT-Kontrolle [428 ]. Die
Erfolgsrate dieses Verfahrens ist sehr hoch, ein Pleuraempyem als Komplikation
selten. Dabei ist darauf zu achten, dass die Drainage nicht durch gesundes
Lungengewebe geführt werden darf. In der bisher größten Serie
von 19 Patienten betrug die Erfolgsrate in Bezug auf die Drainage und
Beherrschung der Sepsis 100 %. Nur 3 / 19
(16 %) der Patienten mussten anschließend aufgrund von
Pleuraverwachsungen operativ saniert werden [429 ].
Die chirurgische Therapie hat nur noch zwei Indikationen: Die
chirurgische Sanierung von Komplikationen (pulmonale Blutung, Empyem durch
Fistelbildung, konservativ nicht beherrschbare Sepsis) und die Entfernung
großer, unter konservativer Therapie nicht schließender
Resthöhlen.
16.5. Pseudo-Therapieversager durch nicht-infektiöse
Lungenerkrankungen, die initial wie eine Pneumonie imponieren
Zu diesen gehören vor allem interstitielle Lungenerkrankungen
wie die kryptogen organisierende Pneumonie (COP) (wobei die COP durch
Infektionserreger ausgelöst sein kann), die exogen-allergische Alveolitis,
die Sarkoidose, die Histiocytosis X, die eosinophile Pneumonie sowie
Lungenbeteiligungen im Rahmen von Autoimmunerkrankungen (SLE, rheumatoide
Arthritis, M. Wegener u. a.). Des Weiteren sind maligne Erkrankungen,
vor allem das bronchiolo-alveoläre Karzinom, die Lymphangiosis carcinomatosa sowie maligne Lymphome in
Betracht zu ziehen. Darüber hinaus können eine Lungenstauung bzw.
-überwässerung sowie ein Lungeninfarkt nach Lungenembolie vorliegen.
Seltener sind durch Medikamente induzierte Alveolitiden (z. B.
Amiodaron) [262 ]. Klinische Hinweise auf eine
nicht-infektiöse Ursache umfassen: schleichende Verläufe, Husten ohne
Auswurf, normale oder nur gering erhöhte Leukozytenzahl, Eosinophilie,
extrapulmonale Manifestationen (z. B. renal) sowie diffuser
Infiltratcharakter ohne Nachweis eines Bronchopneumogramms.
17. Besonderheiten der Therapie der CAP bei bekanntem
Erreger
17. Besonderheiten der Therapie der CAP bei bekanntem
Erreger
17.1. Legionellen
Eine bislang empfohlene Therapie bei einer Pneumonie durch
Legionellen war hochdosiertes parenterales Erythromycin. Diese Empfehlung
fußte auf historischen Kollektiven, denn aufgrund der niedrigen Inzidenz
gibt es bis zum jetzigen Zeitpunkt keine prospektiven randomisierten oder gar
doppelblinden Studien [430 ]
[431 ]. Auch die neueren Makrolide besitzen eine
hervorragende Aktivität in vitro gegenüber
Legionellen und können, sofern sie als parenterale Zubereitung zur
Verfügung stehen, zur Behandlung der Legionellenpneumonie eingesetzt
werden [431 ]. Drei neuere prospektive
Beobachtungsstudien zeigten jedoch einen Vorteil einer Fluorchinolontherapie
(überwiegend Levofloxacin) gegenüber einer Makrolidtherapie bei
Patienten mit Legionellenpneumonie: Unter Fluorchinolontherapie wurden eine
signifikant raschere Entfieberung bzw. eine niedrigere Rate an Komplikationen
und ein kürzerer Krankenhausaufenthalt beobachtet [432 ]
[433 ]
[434 ]. In Verbindung mit der hervorragenden
In-vitro-Aktivität aller Fluorchinolone gegenüber Legionellen ist
diese Substanzklasse daher Mittel der Wahl bei Legionellenpneumonie.
Für eine Kombinationstherapie (zum Beispiel mit Rifampicin)
bei Legionellenpneumonie besteht keine Evidenz [435 ].
17.2. Chlamydien und Mykoplasmen
Im Gegensatz zur Infektion mit Legionellen stehen für
Chlamydien und Mykoplasmen keine spezifischen Schnelltests zur Verfügung.
Prospektive randomisierte Therapiestudien fehlen bei beiden Ätiologien.
In vitro sind Tetracycline, Makrolide, Azalide,
Ketolide und Fluorchinolone wirksam. In einer retrospektiven Subgruppenanalyse
einer prospektiv randomisierten Studie bei CAP [263 ]
wurden die Daten von 117 Patienten mit CAP durch Mykoplasmen und Chlamydien
analysiert und die Therapien mit 750 mg/d Levofloxacin über
fünf Tage und 500 mg/d Levofloxacin über 10 Tage verglichen
[436 ]. Beide Therapien waren gleich wirksam, wie auch
in anderen randomisierten Studien, bei denen ein Makrolid geprüft worden
war. Zur Länge der Therapie existieren ebenfalls keine Daten. In einer
randomisierten offenen Studie wurde bei Pneumonie, verursacht durch Chlamydien,
Legionellen und/oder Mykoplasmen, eine Einmalgabe von 1500 mg
Azithromycin gegen die dreimalige Gabe von 500 mg verglichen
[437 ]. Die Heilungsrate war in beiden Gruppen gleich
hoch, dennoch sollte aufgrund dieser einen Studie die empfohlene Dauer der
Therapie bei Infektionen mit Mykoplasmen und Chlamydien nicht unterschritten
werden.
17.3. Ambulant erworbener methicillin-resistenter
Staphylococcus aureus
Beim Nachweis von MRSA aus respiratorischen Sekreten von Patienten
mit CAP ist zwischen den häufigen nosokomial erworbenen Erregern und den
in Deutschland bisher sehr seltenen, „echten” ambulant erworbenen
MRSA (c-MRSA – englisch für „community-acquired MRSA”)
zu unterscheiden. Meist liegt eine nosokomiale Besiedlung nach einem
vorhergehenden Krankenhausaufenthalt vor. Vor dem Beginn einer MRSA-wirksamen
Therapie muss daher sorgfältig geprüft werden, ob es sich
tatsächlich um den kausalen Erreger handelt (siehe Kap. 6). Es sollte
zunächst ein Infektiologe oder klinisch versierter Mikrobiologe
konsultiert werden.
Die Erreger „echter” c-MRSA-Pneumonien sind
genetisch von den nosokomialen Stämmen verschieden, zeigen häufig nur
eine Resistenz gegenüber Penicillin G und Oxacillin (bzw. eine
Oligoresistenz) und können schwere nekrotisierende Pneumonien durch die
Produktion von Virulenzfaktoren, wie Panton-Valentine-Leukozidin, verursachen
[438 ]
[439 ]
[440 ]. In Deutschland wurden diese Stämme ebenfalls
nachgewiesen, sind als Erreger der CAP aber z. Z. sehr selten
[441 ].
Bei nachgewiesener MRSA-Pneumonie sollte bei intakter
Nierenfunktion mit Vancomycin (bei MHK < 2 mg/l), alternativ
mit dem Oxazolidinon Linezolid behandelt werden [442 ]
[443 ]. Inwiefern die
zusätzliche Gabe von Rifampicin oder Fosfomycin die Behandlungsergebnisse
mit Vancomycin bei MRSA-Pneumonie verbessert, ist unsicher und sollte daher
Einzelfallentscheidung sein [444 ].
Um ein gutes Behandlungsergebnis mit Vancomycin zu erzielen, sind
ausreichende Serumtalspiegel (> 4 – 5-Faches der
MHK, in der Regel entsprechend ∼10 – 12 mg/l)
notwendig. Vancomycin führt zu vermehrter Nephrotoxizität bei
höheren Talspiegeln, nach längerer Behandlungsdauer und bei
gleichzeitiger Verabreichung anderer potenziell nephrotoxischer Substanzen
(z. B. Aminoglycoside). Bei bereits vorliegender
Nierenfunktionseinschränkung, erheblichen Risiken hierfür oder der
Notwendigkeit, höhere als allgemein empfohlene Dosen von Vancomycin
verabreichen zu müssen, ist bei nachgewiesener Empfindlichkeit Linezolid
die bevorzugte Alternative [445 ]
[446 ]
[447 ]. Hierbei sind die
Unverträglichkeitsreaktionen durch Linezolid (hämatologische
Toxizität, Neuropathie) und die Begrenzung der Therapiedauer auf 14 Tage
zu beachten.
Bei Patienten mit entsprechenden Risikofaktoren muss beachtet
werden, dass das Wirkungsspektrum auch für gramnegative Bakterien
beibehalten wird.
Bei CAP durch Methicillin-sensible S.
aureus (MSSA) ist dagegen das Isoxazolyl-Penicillin Oxacillin bzw.
Flucloxacillin als Therapie mit der höchsten Wirksamkeit den neueren
Antibiotika vorzuziehen.
17.4. Pseudomonas aeruginosa
Die optimale Behandlung einer CAP durch P.
aeruginosa ist nicht gesichert. Argumente für eine
Betalaktam-Aminoglykosid-Kombination sind:
ein additiver bis synergistischer Effekt dieser Kombination in
In-vitro-Abtötungskinetiken (Literatur bei [384 ]).
In einer Metaanalyse fand sich für Patienten mit einer
Bakteriämie durch P. aeruginosa ein signifikanter
Überlebensvorteil für die mit einer
Betalaktam-Aminoglykosid-Kombination behandelten Patienten [384 ]. Der Überlebensvorteil dieser Kombination bei
Bakteriämien durch P. aeruginosa betrug OR 0,5
(CI 0,3 – 0,79). Der Anteil an pneumogener Bakteriämie
durch P. aeruginosa lag in den zur Metaanalyse
herangezogenen Studien zwischen 0 und > 50 %. Das
Ergebnis dieser Metaanalyse beruht jedoch hauptsächlich auf einer Studie
[448 ], die nach heutigen Kriterien methodisch
unzulänglich ist.
Argumente gegen eine Betalaktam-Aminoglykosid-Kombination
sind:
der fehlende Überlebensvorteil einer
Betalaktam-Aminoglykosid-Kombination bei immunkompetenten Patienten mit Sepsis;
Die Beobachtung bezog sich auch auf eine Subgruppenanalyse mit
P. aeruginosa -Sepsis [387 ].
Diese Analyse stützte sich auf einen anderen Datensatz an klinischen
Studien als die Metaanalyse von Safdar et al. [384 ].
eine erhöhte Rate an unerwünschten Wirkungen
(Nephro- und Ototoxizität) einer Betalaktam-Aminoglykosid-Kombination bei
immunkompetenten Patienten mit Sepsis [387 ],
die Notwendigkeit eines Drug-Monitorings.
Argumente für eine Betalaktam-Fluorchinolon-Kombination
sind:
Argumente gegen eine Betalaktam-Fluorchinolon-Kombination
sind:
die vermehrte Resistenz von P.
aeruginosa gegenüber Fluorchinolonen sowie das im Vergleich zu
anderen Antibiotika gehäufte Auftreten multiresistenter Erreger unter
Fluorchinolontherapie [35 ], insbesondere auch die rasche
Resistenzselektion bei P. aeruginosa
[34 ].
Klinische Studien zu dieser Kombination fehlen. Eine
retrospektive Studie fand mit einer Kombinationstherapie bestehend aus einem
Betalaktam-Antibiotikum und einem Fluorchinolon eine erhöhte
30-Tage-Letalität bei sCAP-Patienten [388 ].
Wichtigstes differenzialtherapeutisches Entscheidungskriterium
zwischen den Therapieregimen ist eine vorausgegangene Antibiotikatherapie
innerhalb der letzten 3 Monate, die einen Wechsel der zuletzt verwendeten
Substanzklasse erforderlich macht.
Bei einer gesicherten Pneumonie durch P. aeruginosa (insbesondere bei
positiven Blutkulturen) wird aufgrund folgender Erwägungen initial eine
Kombinationstherapie aus zwei pseudomonaswirksamen Antibiotika empfohlen
(Empfehlungsgrad D):
• Vorteil einer initialen
Kombinationstherapie gegenüber einer Monotherapie in einer retrospektiven
Beobachtungsstudie [389 ]. • Vermeiden
einer inadäquaten initialen empirischen Therapie bei Infektionen durch
resistente P. aeruginosa [390 ]. • Möglicherweise Reduktion von
Resistenzentwicklungen unter Therapie [378 ]
[449 ].
17.5. Coxiella burnetii
Infektionen mit C. burnetii sind erstmals
in der Form des Q-Fiebers 1935 bei Schlachthofarbeitern beschrieben worden
[450 ]. Weitere Manifestationsformen sind selbst
limitierendes Fieber, Pneumonie, Hepatitis und Infektionen des ZNS. Es handelt
sich um eine Anthropozoonose (Schafe, Rinder, Katzen, Hunde und Tauben).
C. burnetii kann außerhalb eines Organismus
überleben, ist aber nur als Zellparasit vermehrungsfähig. Die
Infektion tritt gehäuft epidemisch auf, zuletzt 2003 im Landkreis Soest,
wo etwa 150 Menschen erkrankten. Ungefähr 1 % der ambulant
erworbenen Pneumonien sind Q-Fieber-Pneumonien [451 ],
der direkte Erregernachweis ist jedoch schwierig, sodass der
Antikörpernachweis ausschlaggebend ist (s. Kap. 6). Die empfohlenen
Antiinfektiva bei Q-Fieber-Pneumonie sind Tetracycline (z. B. Doxycyclin
2 × 100 mg) [450 ], da eine
Erythromycin-Resistenz beschrieben ist [452 ] und die
Patienten schneller entfiebern [453 ]. Alternativen sind
die neueren Makrolide und/oder Azalide sowie Fluorchinolone ggf. in Kombination
mit Rifampicin. Über eine Flurochinolon-Resistenz durch Punktmutation ist
bei C. burnetii berichtet worden [454 ].
18. Prävention der CAP
18. Prävention der CAP
18.1. Influenzavirus-Impfung
Die am weitesten verbreitete Influenza-Vakzine ist die
Spaltvirus-Vakzine, sie enthält Hämagglutinin- und
Neuraminidasebestandteile von drei jährlich auf der Basis der
epidemiologischen Daten des Vorjahres neu zusammengestellten
Influenzastämmen.
Als Marker für eine ausreichende Impfwirkung wird ein
Hämagglutinin-hemmender Titer von ≥ 40 herangezogen. Auch wenn
dieser Surrogatmarker keineswegs in jedem Fall einen sicheren Impfschutz
anzeigt, kommt es durch die Impfung zu einem protektiven Titer gegen
Influenzavirus A und B in 70 bis 100 % gesunder Erwachsener. Die
Immunantwort bei älteren Patienten ist weniger gut und liegt bei 30 bis
70 %. Eine doppelte Dosierung oder eine zusätzliche
Boosterdosis des Impfstoffes führt zu einem mittleren Anstieg der
IgG-Antikörper-Antwort um ca. 15 % [455 ]
[456 ]
[457 ].
Die Impfstoffe mit inaktiviertem Virus sind gut verträglich
und führen nur in ca. 6 % der Fälle zu systemischen,
unerwünschten Wirkungen. Diese Häufigkeit liegt dicht oberhalb
derjenigen der Plazebogabe. In ca. 15 bis 20 % der Fälle
(ca. doppelt so hoch wie bei Plazebo) kommt es zu leichtgradigen
Lokalreaktionen [455 ]
[456 ]
[458 ].
In einer Metaanalyse, die elf Studien mit 4088 Impfungen
einschloss, waren ein Lebend- und ein inaktivierter Impfstoff gleich gut
wirksam mit einer Schutzwirkung von 70 bis 80 % gegenüber
Kultur-positiver Influenza bei Personen im Alter von 1 bis 65 Jahren. Für
ältere Personen liegt eine randomisierte Plazebo-kontrollierte Studie vor
[455 ]
[456 ]. In dieser Studie
mit 1838 Personen über 60 Jahre ohne Hochrisikomorbidität führte
eine Spaltvirus-Vakzine zu einer Schutzwirkung gegenüber einer serologisch
nachgewiesenen Influenza in 50 % der Fälle, einer klinisch
manifesten Influenza in 47 % der Fälle und gegenüber
einer Kombination von beidem in 58 % der Fälle. In einer
Metaanalyse, die 20 Kohorten-Studien zwischen 1974 und 1992 umfasste
[459 ], zeigte sich eine Schutzwirkung der Vakzine von
56 % für respiratorische Erkrankungen, 53 %
für Pneumonien, 50 % für die Hospitalisation und
68 % für einen tödlichen Ausgang. Ähnliche Daten
wurden von anderen Autoren mitgeteilt [460 ]
[461 ]. Die absolute Risikoreduktion ist dabei zwei- bis
fünfmal höher bei Hochrisikogruppen als bei gesunden älteren
Personen. Eine aktuelle Kohortenstudie untersuchte erstmals den Einfluss der
Influenzaimpfung bei hospitalisierten CAP-Patienten und demonstrierte eine
reduzierte Krankenhausletalität nach vorausgegangener Immunisierung
[462 ].
Jährlich wiederholte Impfungen führen nicht zu einer
verminderten Immunantwort bzw. Schutzwirkung [463 ].
Ebenso kommt es nicht zu vermehrten unerwünschten Wirkungen.
Die Arbeitsgruppe empfiehlt (Empfehlungsgrad
A) (in Übereinstimmung mit der STIKO) [464 ]
jährliche Influenzaimpfungen im Herbst für alle Personen mit einem
erhöhten Risiko für Influenzakomplikationen. Diese umfassen
vor allem: • Alter > 60 Jahre •
Wohnsitz in einem Seniorenheim • chronische kardiale
Erkrankung • chronische pulmonale Erkrankung •
chronische Lebererkrankungen • chronische
Nierenerkrankungen • Diabetes mellitus • Personen
mit angeborenem oder erworbenem Immundefekt • Personen mit
erhöhter Gefährdung durch erhöhte Exposition (z. B.
medizinisches Personal)
Die Impfung erfolgt vorzugsweise intramuskulär.
Zeitabstände zu anderen Impfungen müssen nicht eingehalten werden.
Die einzigen Kontraindikationen bestehen in einer
Hühnereiweiß-Allergie und bei Vorliegen einer akuten Infektion.
18.2. Pneumokokken-Impfung
Aktuell sind zwei Pneumokokkenimpfstoffe verfügbar. Es
handelt sich zum einen um einen 23-valenten kapsulären
Polysaccharid-Impfstoff, der etwa 90 % aller Serotypen
beinhaltet, die eine invasive Pneumokokkenerkrankung verursachen. Zum anderen
ist ein 7-valenter Protein-Polysaccharid-Konjugat-Impfstoff verfügbar, der
speziell bei Kleinkindern zur Anwendung kommt.
Insgesamt ist die Immunantwort auf den Polysaccharid-Impfstoff in
jüngeren und älteren Populationen vergleichbar. Allerdings weisen
20 % der älteren Population eine schlechte Immunantwort auf.
Antikörper sind zwischen drei und zehn Jahren nach der Impfung
nachweisbar. Ein „protektiver” Antikörper-IgG-Spiegel oder
andere Surrogatmarker für effektive Impfungen gegen
Pneumokokkenerkrankungen sind nicht bekannt. Allgemein gelten jedoch hohe
Antikörperspiegel und die Ausbildung eines mindestens 4-fachen
Antikörperanstieges als Zeichen eines ausreichenden Impfschutzes
[465 ]
[466 ]
[467 ].
Lokalreaktionen sind etwas häufiger als bei der
Influenzaimpfung, schwere systemische unerwünschte Reaktionen sind jedoch
extrem selten [468 ]. Die Lokalreaktionen bestehen in
einer leichten Schwellung und Rötung, diese können in bis zu
50 % der Fälle auftreten, bilden sich jedoch rasch
zurück.
Die Effektivität der Pneumokokken-Polysaccharid-Impfung ist
in zahlreichen Metaanalysen bzw. Reviews untersucht worden [469 ]
[470 ]
[471 ]. Leider weisen viele Studien eine geringe
Aussagekraft hinsichtlich des präventiven Effektes der
Pneumokokken-Impfung in der älteren Population auf. Die Studien zeigen,
dass der Polysaccharid-Impfstoff wirksam bakteriämische
Pneumokokken-Pneumonien verhindert, die Schutzwirkung beträgt ca. 70 bis
80 % bei jungen gesunden Erwachsenen. In einer weiteren
Metaanalyse konnte eine 42 %ige Reduktion des Risikos für
eine gesicherte Pneumokokken-Pneumonie bei geimpften Personen > 55
Jahre demonstriert werden [472 ]. Ebenso wurde eine
Verminderung von invasiven Pneumokokkenerkrankungen durch resistente Erreger
gezeigt [473 ]. Aktuelle Studien konnten auch für
die Gesamtgruppe von Patienten mit hospitalisierter CAP nachweisen, dass eine
vorausgegangene Pneumokokkenimpfung mit einer ca. 40 %
niedrigeren Letalität sowie einer geringeren Komplikationsrate und einem
kürzeren Krankenhausaufenthalt assoziiert ist [474 ]
[475 ]
[476 ]
[477 ].
Eine Studie demonstrierte darüber hinaus bei mit dem
Pneumokokken-Polysaccharid-Impfstoff geimpften Personen (> 65 Jahre)
auch eine Reduktion der Gesamtrate an Pneumonien [475 ].
Anders als bei der Influenzaimpfung ist der Effekt einer
Revakzination kaum untersucht. Lokale, überwiegend milde Reaktionen sind
bei Revakzinationen häufiger als bei Erstimpfungen, schwere
unerwünschte Wirkungen sind unverändert selten. Es wird auf die
Empfehlungen der STIKO verwiesen [464 ].
Die Arbeitsgruppe empfiehlt (Empfehlungsgrad
A) (in Übereinstimmung mit der STIKO) [464 ]
eine Pneumokokkenschutzimpfung für alle Personen mit einem erhöhten
Risiko für eine Pneumokokkenerkrankung. Risikofaktoren für
eine Pneumokokkenerkrankung sind: • Alter > 60
Jahre • Wohnsitz in einem Seniorenheim •
chronische kardiale Erkrankung • chronische pulmonale
Erkrankung • chronische Lebererkrankungen •
chronische Nierenerkrankungen • chronische zerebrovaskuläre
Erkrankungen, Demenzen • Diabetes mellitus •
Personen mit angeborenem oder erworbenem Immundefekt •
Liquorfistel • Personen mit erhöhter Gefährdung durch
erhöhte Exposition (z. B. medizinisches Personal)
Geimpft werden sollten darüber hinaus auch Personen vor
Organtransplantation sowie elektiver Splenektomie. Die Impfung erfolgt
vorzugsweise intramuskulär. Zeitabstände zu anderen Impfungen
müssen nicht eingehalten werden.
Simultanimpfung Influenza/Pneumokokken: Die
Simultanimpfung hat sich in einer großen Studie an 259 627
Personen mit einem Alter über 65 Jahre in Stockholm County als sehr
effektiv in der Verminderung der Hospitalisationsrate aufgrund einer
Influenza-Infektion (46 % Reduktion), einer Pneumonie
(29 % Reduktion), einer Pneumokokken-Pneumonie
(36 % Reduktion) sowie einer invasiven bakteriämischen
Pneumokokken-Infektion (52 % Reduktion) erwiesen. Ebenso konnte
eine deutliche Reduktion der Letalität bei entsprechend geimpften Personen
nachgewiesen werden (57 % Reduktion) [478 ].
Die Arbeitsgruppe empfiehlt (Empfehlungsgrad
A) eine Influenza- und Pneumokokken-Impfung bei Risikopersonen.
18.3. Sonstige präventive Maßnahmen
Die Arbeitsgruppe empfiehlt (Empfehlungsgrad
A):
Zigarettenrauchen ist als Risikofaktor bekannt
[479 ]. Aufgabe des inhalativen
Tabakkonsums sollte daher angestrebt werden.
Für andere präventive Maßnahmen wie z. B.
Antibiotikaprophylaxe, Gabe von Bakterienextrakten zur Immunmodulation sowie
Spurenelemente konnte bisher kein Wirkungsnachweis erbracht werden. Eine
Empfehlung kann zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht gegeben werden.
19. Pharmakoökonomische Bewertung der Evidenzlage zur
CAP
19. Pharmakoökonomische Bewertung der Evidenzlage zur
CAP
Siebzig Millionen Deutsche sind GKV-versichert. Der Umfang ihrer
medizinischen Versorgung wird – im niedergelassenen und stationären
Bereich – durch das fünfte Sozialgesetzbuch (SGB V) bestimmt.
Hiernach müssen Leistungen „ausreichend, zweckmäßig und
wirtschaftlich sein.” (§12 SGB V). Eine Vielzahl von
leistungsrechtlichen Regelungen, wie die für den niedergelassenen Arzt
verbindlichen Arzneimittelrichtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses,
regionale Arzneimittelvereinbarungen zwischen Krankenkassen und
Kassenärztlichen Vereinigungen und Wirtschaftlichkeitsprüfungen,
zielen auf eine Optimierung der Wirtschaftlichkeit der Versorgung ab. Lediglich
die Regelung zur Entlassmedikation nach §115c SGB V ist auch für den
Krankenhausarzt gesetzlich verpflichtend.
Die genannten Regelungen fokussieren bis dato noch kaum auf
Antiinfektiva. Die vorliegende Leitlinie zur CAP kann ein auf
Wirtschaftlichkeit ausgerichtetes Management der Patienten
unterstützen.
Eine irrationale Antibiotikatherapie kann Therapieversager und
Resistenzen nach sich ziehen und damit hohe Folgekosten verursachen. Je
günstiger die Therapieerfolge ausfallen, desto höher ist bei
Behandlung der CAP der Nutzen für den Patienten und seine
Lebensqualität, und desto geringer fallen grundsätzlich die
Gesamtkosten der Therapie aus. Es ist daher sinnvoll, bei der Erarbeitung von
klinischen Therapieempfehlungen auch pharmakoökonomische Studien
heranzuziehen, in denen die Gesamtkosten der Therapie und Outcomes synoptisch
analysiert werden, um auf dieser Grundlage kosteneffektive Therapien zu
identifizieren.
Die aktuell vorhandene pharmakoökonomische Literatur kann die
Erstellung einer Empfehlung nur bedingt unterstützen, da nur eine kleine
Menge relevanter Therapieszenarien abgedeckt werden, kaum
Head-to-Head-Vergleiche von in Deutschland konkurrierenden Therapien vorliegen,
die Therapiebedingungen nicht auf deutsche Verhältnisse bzw. den
Therapiealltag übertragbar sind, die untersuchten Patientengruppen keine
validen Schlussfolgerungen für die Praxis zulassen oder die gewählte
Methodik intransparent oder im Sinne des Auftraggebers der Studie ausgerichtet
ist. Im Folgenden werden daher einige grundsätzliche, für
eine kosteneffektive Therapie aus der Literatur abgeleitete Erwägungen
dargestellt.
Die Bewertung der Kosteneffektivität kann je nach Perspektive
erheblich variieren. Für den niedergelassenen Arzt stehen Regressgefahr
und damit die reinen Präparatekosten im Vordergrund. Die Verlagerung von
Therapien ins Krankenhaus kann sein Richtgrößenvolumen
gegebenenfalls entlasten und die „Wirtschaftlichkeit” seiner
Arzneimitteltherapie nach der Auslegung des Gesetzes optimieren. Der
Krankenhausapotheker hat gegenüber der Krankenhausleitung die Höhe
des Arzneimittelbudgets zu verantworten und muss daher primär an einer
Reduktion der Einkaufspreise und verabreichten Arzneimittelmengen interessiert
sein. Die Krankenhausleitung strebt ein optimales
Kosten-Vergütungsverhältnis an. Dieses kann im DRG-System auf
verschiedenen Wegen realisiert werden. Der Krankenhausarzt unterstützt die
Bemühungen der Krankenhausleitung um ein optimales
Kosten-Vergütungsverhältnis und trägt vielfach die
Mitverantwortung für die stationsbezogenen Antibiotikakosten. Die
Krankenkassen sind an einer geringen Zahl von Krankenhauseinweisungen und einer
kurzen Krankenhausverweildauer interessiert.
Vor diesem Hintergrund ergeben sich verschiedene Ansatzpunkte zur
Optimierung der Wirtschaftlichkeit.
Eine grundlegende Beeinflussung der Therapiekosten ist durch eine
rationale Entscheidung über die Notwendigkeit einer Krankenhauseinweisung
möglich [480 ]. Außerdem ist die Länge
des Krankenhausaufenthaltes kostenbestimmend. In praxi treten hierbei zwischen
verschiedenen Regimen jedoch kaum Unterschiede auf bzw. sie sind nicht
signifikant, wurden nicht auf Signifikanz getestet oder die
Signifikanztestungen wurden nicht publiziert. Aufenthalte auf Intensivstation
können die Kosten eines Krankenhausaufenthaltes weiter in die Höhe
treiben [481 ]. Der Verzicht auf eine weitere
Hospitalisierung von Niedrigrisikopatienten nach Umstellung von
intravenöser auf perorale Therapie ist nach den Ergebnissen vieler Studien
kostensparend [337 ]
[482 ]. Die
meisten Untersuchungen dieser Art stammen jedoch aus den USA, wo die Nachsorge
der Patienten teils anders gestaltet ist und die Ergebnisse somit nicht
automatisch auf Deutschland übertragen werden können. Unabhängig
davon können jedoch kostenintensive Komplikationen wie eine
Venenkathetersepsis durch eine frühzeitige Entlassung vermieden
werden.
In vielen Studien – leider meist nur mäßiger
Qualität – konnte gezeigt werden, dass die Einhaltung von
Leitlinien, oft in Verbindung mit der Einrichtung eines infektiologischen
Beratungsangebots, die Antibiotika- und Applikationskosten bei gleichbleibender
Therapiequalität senkt und zu einer Prozessoptimierung führt
[483 ]
[484 ]
[485 ]
[486 ]
[487 ]
[488 ]
[489 ]. Es gibt jedoch Patientengruppen, bei denen die
Einhaltung von Leitlinien die Arzneimittelkosten erhöht [3 ]
[483 ]
[490 ], oder sie nicht beeinflusst [491 ]. Die Umstellung der CAP-Therapie auf britische oder
amerikanische Leitlinien kann die Menge und Kosten der verordneten Antibiotika
erhöhen [492 ].
Hilfreich bei der Kostenkontrolle ist auch die Einrichtung und
Einhaltung von standardisierten Entscheidungswegen bzw. klinischen
Behandlungspfaden („clinical pathways”). Sie können die
Krankenhausverweildauer und Antibiotikatherapie verkürzen und die Anzahl
verabreichter Antibiotika verringern [19 ].
Zahlreiche Studien konnten zeigen, dass eine Sequenztherapie zu
früheren Entlassungen führt [324 ]
[339 ]
[493 ]. Dies gilt auch für
schwere Verlaufsformen der CAP [333 ]. In den meisten
Studien wurde jedoch nicht überprüft, ob und wie der Patient nach
Entlassung therapiert wird. Einzelne Studien deuten auf eine verlängerte
Nachbehandlung hin, wenn die Krankenhausverweildauer kürzer ist
[494 ]. Somit werden die Kosten im ambulanten Bereich
erhöht und parallel hierzu die Kosten der Behandlung im Krankenhaus
gesenkt [495 ]. Eine Monotherapie kann unter der
Voraussetzung eines gleichen Outcomes zu niedrigeren Kosten und einer
verkürzten Krankenhausverweildauer führen und sollte bei leichteren
Verläufen der CAP im ambulanten Bereich empfohlen werden
[496 ]
[497 ].
Der Einsatz von Procalcitonin führt zwar zu einer Reduktion der
Antibiotikatherapie, erhöht jedoch signifikant die Gesamttherapiekosten
[291 ].
Wo möglich, sollte auch eine Fokussierung auf wenige (in
Leitlinien empfohlene) Präparate stattfinden. Sie verbessert im
Krankenhaus die Einkaufskonditionen und senkt damit die Arzneimittelkosten. Im
niedergelassenen Bereich erleichtert die Einrichtung einer
„Hausapotheke” in der Praxissoftware auf der Basis von
Leitlinienempfehlungen und der Arzneimittelrichtlinien des Gemeinsamen
Bundesausschusses den Überblick über die verfügbaren,
preiswertesten Präparate und hilft, Regresse zu vermeiden.
Dabei lohnt sich ein Preisvergleich zwischen wirkstoffgleichen
Präparaten. Ein vermehrter Einsatz von Generika hilft damit insbesondere
dem niedergelassenen Arzt, ohne Qualitätseinbußen die Therapiekosten
zu senken [498 ]. Wählt er selbst eines der
preiswertesten Präparate aus, verhindert er außerdem, dass der
Apotheker gemäß seiner gesetzlichen Pflicht das verschriebene
Präparat substituiert und damit möglicherweise die Compliance
beeinträchtigt wird.
Aus verschiedenen Indikationsbereichen existieren Hinweise auf die
kostenreduzierende Wirkung einer guten Patientencompliance. Die korrekte
Einnahme von Antibiotika scheint Rückfällen und Resistenzbildung
vorzubeugen [499 ]
[500 ]
[501 ]
[502 ]
[503 ]
[504 ]
[505 ]
[506 ]. Eine Reduktion der Therapiedauer kann bei gleichem
Therapieerfolg die Kosten senken [505 ]. Das Gleiche
gilt für den bevorzugten Einsatz von Antibiotika, bei denen eine niedrige
Verabreichungsfrequenz erforderlich ist.
Wo immer möglich, sollte auf die kostenintensive
intravenöse Gabe von Antibiotika zugunsten einer peroralen Gabe verzichtet
werden [506 ]
[507 ]. Von
Interesse ist auch die nähere Betrachtung der finanziellen Verantwortung
und des Sozialstatus des Patienten. Die erhöhte finanzielle Verantwortung,
z. B. im Rahmen von HMO-Modellen, veranlasst Ärzte nicht
zwangsläufig, einen übermäßigen Gebrauch von Antibiotika
– auch bei viralen Atemwegsinfektionen – zu reduzieren
[508 ]. Ein niedriger Sozialstatus führt zu
höheren Krankenhauskosten [509 ]. Selbst bei
gleichem Schweregrad und gleichen Outcomes findet man eine längere
Krankenhausverweildauer bei sozial schwachen Patienten, da sich hierbei die
Nachbehandlung schwierig gestaltet.
20. CAP als terminales Ereignis bei hohem Lebensalter und/oder
schwerer fortgeschrittener Komorbidität
20. CAP als terminales Ereignis bei hohem Lebensalter und/oder
schwerer fortgeschrittener Komorbidität
Die Auswertung von Daten aus der bundesweiten externen
Qualitätssicherung durch die Bundesgeschäftsstelle für
Qualitätssicherung (BQS) hat ergeben, dass 2005 und 2006 lediglich ca.
15 % der an CAP verstorbenen Patienten im Verlauf ihrer
stationären Behandlung eine (nicht-invasive oder invasive) Beatmung
erhalten haben. Dies lässt darauf schließen, dass bei einem
erheblichen Anteil an Patienten mit CAP die Pneumonie als terminales Ereignis
bei sehr hohem Lebensalter und/oder einer schweren Erkrankung gewertet und eine
entsprechende Therapielimitation praktiziert wird.
Offenkundig gelten die Regeln der Behandlung einer CAP, wie in
dieser Leitlinie ausgeführt, für diese Patientengruppe nur
eingeschränkt. Andererseits fehlt es an Empfehlungen, wie eine solche
Therapielimitation begründet, durchgeführt und dokumentiert werden
sollte. Zweifellos ist der Umgang mit Therapielimitationen noch durch
inhaltlich-medizinische und rechtliche Unsicherheiten belastet. Andererseits
kann man vor der Forderung nicht die Augen verschließen, dass in einer
hochentwickelten Gesellschaft mit hoher Lebenserwartung auch Regeln für
die Zulassung des natürlichen Todes im Rahmen einer akuten Komplikation am
Lebensende geschaffen werden müssen. Die besondere Herausforderung im
Zusammenhang mit der CAP besteht darin, dass es sich um eine akute Erkrankung
handelt, die naturgemäß jede Entscheidungsfindung von dieser
Tragweite vor besondere Probleme stellt. Hier steht die Medizin erst am Anfang
einer Entwicklung, sodass hier nur Anstöße für die Gestaltung
und Weiterentwicklung der eigenen Praxis auf diesem Gebiet gegeben werden
können [510 ].
Im deutschen Sprachraum wird eine angesichts einer infausten
Prognose nicht mehr auf die Erhaltung des Lebens, sondern auf die Zulassung und
lindernde Begleitung des natürlichen Todes aufgrund einer unheilbaren
Erkrankung abzielende Behandlung auch „palliative” (im Gegensatz
zu „kurative”) Behandlung genannt. Eine palliative Behandlung
umfasst dabei alle Maßnahmen, die zu einer Linderung der Beschwerden
eines Patienten beitragen, also durchaus auch möglicherweise die Gabe von
antimikrobiellen Substanzen.
(Dieser Sprachgebrauch unterscheidet sich vom angelsächsischen
Gebrauch, der von „palliativer” Behandlung nur spricht, wenn
keine differente Therapie mehr zur Anwendung kommt. Dies gilt es im Interesse
einer Vermeidung von Mißverständnissen in der internationalen
Diskussion zu berücksichtigen).
Eine Änderung des Therapiezieles im Sinne eines palliativen
Behandlungskonzeptes kann auf vielen Ebenen, zum Beispiel durch Verzicht oder
durch Initiierung bestimmter medizinischer und pflegerischer Maßnahmen,
erfolgen. Beispiele dafür umfassen:
A. Verzicht auf:
initiales Monitoring bei hohem Schweregrad
umfassende Reevaluation nach Therapieversagen
Umstellung auf zweite antimikrobielle Therapie
Aufnahme Intermediate Care Station
Aufnahme Intensivstation
invasive Beatmung
nicht-invasive Beatmung
Therapie eines MODS
Reanimation
Die Leitliniengruppe hält aktuell folgende Regeln für die
palliative Behandlung für angemessen:
Initiale Identifizierung der Patienten, bei denen eine
palliative Behandlung als ärztlich und medizinisch sinnvoll betrachtet
wird. a) Gerade wenn an eine palliative Behandlung bereits bei
Aufnahme gedacht ist, erscheint eine gewissenhafte klinische und apparative
Dokumentation des Zustands des Patienten bei Aufnahme zwingend erforderlich.
Selbstverständlich kann und muss sich der behandelnde Arzt dabei auf das
notwendige Minimum beschränken, ohne den Patienten unnötig zu
belasten. Als Basis für eine informierte Entscheidungsfindung sind zu
fordern: die Diagnosestellung einer CAP sowie die Erhebung des Schweregrads
nach CRB-65. Ebenso sollte der funktionale Status des Patienten erhoben werden
(optimal anhand objektiver Scores, z. B. ADI und/oder
Barthel). b) Entsprechend geltender Rechtsprechung ist für alle
Behandlungsentscheidungen der Wille des Patienten entscheidend. Dieser muss
daher zwingend eingeholt werden. Bei fehlender Urteilsfähigkeit des
Patienten ist die Aussage des von diesem Bevollmächtigten bzw. des
gesetzlichen Betreuers über den Willen des Patienten einzuholen. In
einigen Fällen (bei besonderem Zeitdruck) kann es erforderlich sein, den
mutmaßlichen Willen des Patienten zu erkunden. Dabei ist eine
Berücksichtigung der bekannten Lebensanschauungen eines Patienten,
insbesondere seiner religiösen, spirituellen und ideellen
Überzeugungen, und die Bemühung um Kenntnisnahme der jeweiligen
Sichtweisen auf den Umgang mit dem Lebensende geboten [511 ]. Hier ist die Kommunikation mit den nächsten
Angehörigen und engen Freunden von besonderer Bedeutung. c) Die
Entscheidung zu einer palliativen Behandlung im Einklang mit dem Willen des
Patienten bzw. seines Bevollmächtigten bzw. gesetzlichen Betreuers sollte
in der Patientenakte dokumentiert sein. Es wird empfohlen, diese Dokumentation
durch mindestens zwei Fachärzte als Beleg für eine medizinisch gut
begründete und ethisch konsensuell getragene Entscheidung
abzuzeichnen.
Identifizierung des Patienten, der eine palliative Behandlung
erfahren soll, im Verlauf. a) In nicht wenigen Fällen wird eine
palliative Behandlung erst im Verlauf erwogen. In diesen Fällen kommt
einer Zwischendokumentation hohe Bedeutung zu, die den Zustand des Patienten
zu
diesem kritischen Zeitpunkt wiedergibt. b) In Zweifelsfällen
wird nachdrücklich empfohlen, ethische Konsile einzuberufen und in diesem
Rahmen eine Klärung herbeizuführen. Im Rahmen dieser Konsile sollten
auch die Aspekte der Langzeitprognose und der Lebensqualität, mithin des
Wohlergehens des Patienten wichtige Maßstäbe für die zu
treffende Entscheidung sein. c) Als letzte Möglichkeit kommt die
Erwirkung einer richterlichen Entscheidung in Betracht. Eine richterliche
Entscheidung ist dabei nur in den seltenen Fällen erforderlich, wenn
zwischen dem in einer Patientenverfügung niedergelegten, aber auf die
aktuelle Situation nicht unbedingt zutreffenden Patientenwillen oder dem von
Angehörigen mitgeteilten Willen des Patienten einerseits und der
Auffassung des behandelnden Arztes andererseits ein klarer Dissens besteht.
Selbstverständlich impliziert eine palliative Behandlung eine
optimale medizinische und pflegerische Versorgung. Dies gilt umso mehr, als
einige Patienten auch im Falle einer palliativen Behandlung die akute
Komplikation CAP dennoch überleben werden.
B. Für eine angemessene palliative
medizinische und pflegerische Versorgung des Patienten ist neben der
Berücksichtigung der psychologischen, spirituellen und sozialen Dimension
des Leidens im Bereich der physischen Beschwerden eine optimale
Symptomenkontrolle wesentlich. Als häufigste Symptome sind hier Dyspnoe,
Fieber, Husten, Schwäche, Schmerzen und neuropsychiatrische Beschwerden
mit Verwirrtheit, Agitation und Unruhe zu nennen. Im Einzelnen dienen folgende
therapeutische Optionen zur Linderung von belastenden Beschwerden und zur
Verbesserung der Lebensqualität.
Dyspnoe: Als nicht-pharmakologische
Maßnahmen zur Behandlung der Luftnot sind hier zunächst die Zufuhr
von frischer Luft, der Einsatz von (Mini-)Ventilatoren und nicht zuletzt die
persönliche Zuwendung als gut validiert zu nennen [512 ]. Darüber hinaus sind atemtherapeutische
Übungen hilfreich. Die Sauerstoffgabe sollte den hypoxischen Patienten
vorbehalten bleiben, als generelle Maßnahme unabhängig von der
Blutgasanalyse ist sie nicht indiziert [513 ]. Bei
anhaltender Luftnot sollten darüber hinaus pharmakologische
Maßnahmen zum Einsatz kommen. Opioide dienen zum Ökonomisieren der
Atemarbeit und haben eine anxiolytische Wirkung [514 ].
Sie werden in einer Dosierung von 5 – 10 mg Morphin
p. o. bzw. 2,5 – 5 mg Morphin s. c.
bei opioidnaiven Patienten verabreicht. Bei mit Opioiden vorbehandelten
Patienten sollte bei einer Dyspnoeattacke ein kurzwirksames Opioid in ca.
⅙ der bestehenden Tagesdosis verabreicht werden. Bei anhaltenden
Beschwerden sind darüber hinaus Benzodiazepine wie Lorazepam oder
Midazolam zur Anxiolyse indiziert. Im Einzelfall kann bei entsprechender
Komorbidität wie einer COPD oder einer Lymphangiosis carcinomatosa die
Steroidgabe sinnvoll sein. In bestimmten, individuell zu bestimmenden
Situationen kann auch eine nicht-invasive Beatmung zur Vermeidung einer
orotrachealen Intubation bzw. Tracheostomie am Lebensende bei schwerer Luftnot
als palliatives Verfahren durchgeführt werden [515 ].
Fieber: Fieber kann ein subjektiv und
objektiv belastendes Symptom bei Palliativpatienten sein und mit
Schüttelfrost, Schweißausbruch, allgemeiner Schwäche und
Verwirrtheit einhergehen. Als Basismaßnahmen einer symptomatischen
Behandlung des Fiebers dienen Flüssigkeitszufuhr und
pflegerisch-physikalische Maßnahmen (z. B. Kühlung der
Leisten, Unterarme und Unterschenkel sowie Waschungen mit Salbeitee). Als
pharmakologische Maßnahmen sind nicht-steroidale Antiphlogistika,
Metamizol, Paracetamol und Steroide zur Coupierung von febrilen Zuständen
zu nennen. Das Neuroleptikum Chlorpromazin kann Fieber auf direkte Weise
senken.
Husten: Trockener Husten, nächtlicher
produktiver Husten, der den Schlaf stört, und produktiver Husten bei
Patienten, die zu schwach zum Abhusten sind, wird von Patienten mit
fortgeschrittenen unheilbaren Erkrankungen als unangenehm empfunden. Als
symptomatische Therapie des trockenen Hustens dienen reizlindernde Arzneimittel
(z. B. pflanzlicher Hustensaft aus Thymian oder
Efeublätter-Extrakten) bzw. bei anhaltenden Beschwerden Opioide wie Codein
als Antitussiva. Bei produktivem Husten kann die Unterstützung des
Abhustens, z. B. durch Physiotherapie oder mittels NaCl-Verneblung,
hilfreich sein. Schließlich kommen Expectoranzien wie ätherische
Öle (z. B. Eukalyptusöl), Mucolytika und ebenfalls Antitussiva
(Codein) zur Anwendung.
Schwäche: Über die mit
interkurrenten Erkrankungen wie einer CAP einhergehende Schwäche leiden
Palliativpatienten häufig an Fatigue im Sinne eines subjektiven
Gefühls unüblicher Müdigkeit, das sich auf Körper,
Gefühle und mentale Funktion auswirkt. Eine infektbedingte Schwäche
wird in der Regel ohne kausale Therapie der Inflammation therapeutisch kaum
beeinflussbar sein. Hilfreich kann es dennoch sein, das Leiden wahrzunehmen und
den Patienten dabei zu unterstützen, mit dem vorhandenen Energiekonto
günstiger umzugehen, in dem das richtige Maß an Ruhe und Bewegung
gefunden wird [516 ].
Schmerzen: Bezüglich der Schmerztherapie
bei Palliativpatienten mit ambulant erworbenen Pneumonien sei an dieser Stelle
auf das WHO-Stufenschema zur Behandlung von Tumorschmerzen, welches inzwischen
auch für andere Schmerzarten anerkannt ist, verwiesen [517 ]
[518 ]. Wichtige Voraussetzung
für eine erfolgreiche Schmerztherapie ist ein regelmäßiges
Assessment von Schmerz mit den gängigen Messmethoden (z. B. NRS
oder VAS bzw. bei in der Kommunikation eingeschränkten Patienten die
DoloPlus-Skala; [Tab. 19 ]) [519 ].
Tab. 19 Doloplus-Skala (Die
Doloplus-Skala ist ein Instrument zur Beurteilung von Schmerzen bei
Älteren) [521].
Somatische Parameter
– verbaler
Schmerzausdruck
– Schonhaltung in
Ruhe
– Schutz von schmerzhaften
Körperzonen
Psychomotorische Parameter
–
Mimik – Schlaf – Waschen und
Ankleiden – Bewegungen/Mobilität
Psychosoziale Parameter
– Kommunikation
(verbal/nonverbal) – soziale Aktivitäten –
Verhaltensstörungen
Jeder Parameter kann mit 0 bis 3 Punkten bewertet
werden. Insgesamt können maximal 30 Punkte erreicht werden. Ab
≥ 5 Punkten ist von Schmerzen auszugehen.
Neuropsychiatrische Symptome – Verwirrung,
Agitation und Unruhe: Die Betreuung verwirrter, agitierter und unruhiger
Patienten stellt hohe Anforderungen an das multiprofessionelle Team dar. Hier
ist ein hoher personeller Beistand erforderlich, um dem Patienten und seinen
Angehörigen das Gefühl der Sicherheit wieder zu vermitteln.
Häufig sind neuropsychiatrische Symptome Ausdruck anderer Beschwerden wie
Luftnot, Schmerz oder Angst. Hier gilt es im intensiven Kontakt mit dem
Palliativpatienten nach Ursachen zu suchen. Zur symptomatischen Therapie stehen
in erster Linie Neuroleptika zur Verfügung. Wobei den niedrigen bis
mäßig potenten Neuroleptika (z. B. Melperon) oder auch den
neueren atypischen Neuroleptika (z. B. Risperidon) der Vorzug zu geben
ist, wenn Unruhe und Verwirrtheit im Vordergrund stehen. Prägen hingegen
Wahnbildung und halluzinatorisches Erleben die Symptomatik, sind höher
potente Neuroleptika, insbesondere Haloperidol anzuwenden.
Palliativmedizin zeichnet sich durch eine bedürfnisorientierte
Behandlung schwerstkranker und sterbender Patienten aus, wobei keine
evidenzbasierten Kriterien existieren, diese Phase des Lebens hinreichend genau
zu definieren. Als mögliche Unterstützung in der Entscheidungsfindung
könnte hier die Anwendung des „Liverpool Care Pathways”
(= LCP) dienen [520 ] (weitere
Informationen unter
www.mcpcil.org.uk bzw.
lcp.enquiries@rlbuht.nhs.uk ).
Als multiprofessioneller Qualitätsstandard ist der LCP ein gemeinsames
Dokumentationssystem, welches den Weg vom gemeinsamen Diagnostizieren der
Sterbephase, dem Assessment der vordringlichen Probleme bis zum gemeinsamen
koordinierten Vorgehen in der Sterbephase bestimmt, wobei Empathie, Intuition
und individuelle Entscheidungsfindung für das Behandlungsteam im
Vordergrund stehen sollten.
21. Anhang
21. Anhang
21.1. Autoren der Leitlinie
Herr Prof. Dr. med. G. Höffken (federführend), Sprecher
für die Paul-Ehrlich-Gesellschaft für Chemotherapie
e. V. Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Dresden,
Medizinische Klinik I Fetscherstr. 74 01307 Dresden
Fachkrankenhaus Coswig, Neuscoswiger Str. 21, 01640
Coswig Tel. 0351/458 3417 Fax 0351/458
5765 E-Mail: gert.hoeffken@uniklinikum-dresden.de
Herr Prof. Dr. med. J. Lorenz, Sprecher für die Deutsche
Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin
e. V. Kreiskrankenhaus Lüdenscheid, Abt. Innere
II Paulmannshöher Straße 14 58515
Lüdenscheid Tel. 02351/46-3360 Fax
02351/46-3366 E-Mail: Innere2@kkh-luedenscheid.de
Herr Prof. Dr. med. W. Kern, Sprecher für die Deutsche
Gesellschaft für Infektiologie e. V. Medizinische
Uniklinik Freiburg Infektiologie Abt. Innere Medizin
II Hugstetter Straße 55 79106 Freiburg Tel.
0761/2701819 Fax 0761/2701820 E-Mail:
kern@medizin.ukl.uni-freiburg.de
Herr Prof. Dr. med. T. Welte, Sprecher für das
Kompetenz-Netzwerk CAPNETZ Deutschland e. V. Medizinische
Hochschule Hannover Zentrum Innere Medizin – Abt.
Pneumologie Carl Neuberg-Str. 1 30625
Hannover Tel. 0511/532-3530 oder 0511/532-3531 Fax
0511/532-3353 E-Mail: welte.tobias@mh-hannover.de
Herr Prof. Dr. med. T. Bauer Helios Klinikum
Emil-von-Behring Lungenklinik Heckeshorn, Berlin
Herr Prof. Dr. med. K. Dalhoff Medizinische Klinik
III Universitätsklinik Lübeck
Frau Dr. rer. nat. E. Dietrich HealthEcon Ltd. Basel,
Schweiz
Herr Prof. Dr. med. S. Ewig Thoraxzentrum Ruhrgebiet,
Kliniken für Pneumologie und Infektiologie Ev. Krankenhaus Herne
und Augusta-Kranken-Anstalt, Bochum
Frau Prof. Dr. med. P. Gastmeier Institut für
Hygiene und Umweltmedizin, Campus Benjamin Franklin Charité
Universitätsmedizin Berlin
Frau Dr. med. B. Grabein Max von Pettenkofer-Institut
für Hygiene und Med. Mikrobiologie Außenstelle
Großhadern, München
Frau PD Dr. med. E. Halle Institut für
Mikrobiologie und Hygiene Charité Universitätsmedizin,
Berlin
Herr Dr. med. M. Kolditz (Sekretär) Medizinische
Klinik und Poliklinik I, Bereich
Pneumologie Universitätsklinikum Carl Gustav Carus, Dresden
Herr Prof. Dr. med. R. Marre Klinikumsvorstand,
Leitender Ärztlicher Direktor Universitätsklinikum Ulm
Herr PD Dr. med. H. Sitter Institut für
Theoretische Chirurgie Klinikum Lahnberge-Philipps-Universität,
Marburg
21.2. Zur Konsensuskonferenz am 9. 12. 2008
eingeladene und vertretene* Fachgesellschaften und Einrichtungen
Berufsverband der Pneumologen e. V., BDP Dachverband
der Landesverbände der Pneumologen Deutschlands/Heidenheim*[1 ],
Deutsche Atemwegsliga e. V./Bad Lippspringe*[1 ],
Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin und
Familienmedizin (DEGAM) e. V./Düsseldorf*[1 ],
Deutsche Gesellschaft für Anästhesiologie und
Intensivmedizin (DGAI) e. V./Nürnberg*
Deutsche Gesellschaft für Hygiene und Mikrobiologie DGHM
e. V./Würzburg*,
Deutsche Gesellschaft für Innere Medizin (DGIM)
e. V./Wiesbaden
Deutsche Gesellschaft für Internistische Intensivmedizin
und Notfallmedizin (DGIIN) e. V./Leipzig*[1 ],
Deutsche Interdisziplinäre Vereinigung für Intensiv-
+ Notfallmedizin (DIVI) e. V./München[1 ]
Deutsche Sepsis-Gesellschaft (DSG) e. V./Jena*[1 ]
Gesellschaft für Virologie (GfV) e. V./Erlangen[1 ]
Patientenliga Atemwegserkrankungen/Dienheim*[1 ]
21.3. Teilnehmer der Konsensuskonferenz
stimmberechtigte Teilnehmer:
Herr Dr. med. A. Altiner, Düsseldorf, für die
Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin (DEGAM)
Herr Prof. Dr. med. T. Bauer, Berlin, für die
Leitlinien-Arbeitsgruppe
Herr Prof. Dr. med. H.-R. Brodt, Frankfurt, für die
Paul-Ehrlich-Gesellschaft für Chemotherapie
Herr Prof. Dr. med. K. Dalhoff, Lübeck, für die
Leitlinien-Arbeitsgruppe
Frau Dr. med. M. Deja, Berlin, für die Deutsche
Gesellschaft für Anästhesiologie und Intensivmedizin (DGAI)
Frau Dr. rer. nat. E. Dietrich, Hamburg, für die
Leitlinien-Arbeitsgruppe
Herr Prof. Dr. med. S. Ewig, Bochum, für die
Leitlinien-Arbeitsgruppe
Frau Prof. Dr. med. P. Gastmeier, Berlin, für die
Leitlinien-Arbeitsgruppe
Frau Dr. med. B. Grabein, München, für die
Leitlinien-Arbeitsgruppe
Frau PD Dr. med. E. Halle, Berlin, für die
Leitlinien-Arbeitsgruppe
Herr Prof. Dr. med. G. Höffken, Dresden, für die
Leitlinien-Arbeitsgruppe
Herr Prof. Dr. med. W. Kern, Freiburg i. Br., für die
Leitlinien-Arbeitsgruppe
Herr Dr. med. M. Köhler, Gau-Algesheim, für die
Patientenliga Atemwegserkrankungen
Herr Dr. med. M. Kolditz, Dresden, für die
Leitlinien-Arbeitsgruppe
Herr Prof. Dr. med. J. Lorenz, Lüdenscheid, für die
Leitlinien-Arbeitsgruppe
Herr PD Dr. med. K. Mayer, Gießen, für die Deutsche
Sepsis-Gesellschaft (DSG)
Herr Prof. Dr. med. E. Straube, Jena, für die Deutsche
Gesellschaft für Hygiene und Mikrobiologie (DGHM)
Herr Dr. med. M. Weber, Starnberg, für den Berufsverband
der Pneumologen (BDP)
Herr Prof. Dr. med. T. Welte, Hannover, für die
Leitlinien-Arbeitsgruppe und die Deutsche Gesellschaft für Internistische
Intensivmedizin und Notfallmedizin (DGIIN)
Herr Prof. Dr. med. H. Worth, Fürth, für die
Deutsche Atemwegsliga
Moderation der Konferenz:
Herr PD Dr. med. H. Sitter, Marburg, für die
Arbeitsgemeinschaft für Medizinische Wissenschaftliche Fachgesellschaften
AWMF
Protokollführer:
Herr Dr. med. M. Kolditz, Dresden, für die
Leitlinien-Arbeitsgruppe (Sekretär)
21.4. Erklärung über mögliche
Interessenkonflikte
Das Steering-Komitee hat von jedem Autor ein ausgefülltes
Formular „Erklärung über mögliche
Interessenskonflikte” erhalten, in dem alle Beziehungen zu Einrichtungen
der pharmazeutischen Industrie und zu Medizinprodukteherstellern anzugeben
waren. Die Angaben wurden durch das Steering-Komitee bewertet, dabei wurden
keine Interessenskonflikte festgestellt, die die fachliche Unabhängigkeit
der Autoren im Hinblick auf die Erstellung der Leitlinie beeinträchtigen
könnten.
21.5. Abkürzungsverzeichnis
AECOPD Akute Exazerbation einer chronischen obstruktiven
Bronchitis
ATS American Thoracic Society
ATS-Score Score zur Identifizierung einer schweren CAP, s.
[Tab. 14 ]
AWMF Arbeitsgemeinschaft Wissenschaftlicher Medizinischer
Fachgesellschaften
BAL Bronchoalveoläre Lavage
BQS Bundesgeschäftsstelle für
Qualitätssicherung
CAP Ambulant erworbene Pneumonie (engl. „community-acquired
pneumonia”)
aCAP ambulant erworbene Pneumonie, die nach Risikostratifizierung
ambulant behandelt werden kann (ambulante CAP)
sCAP ambulant erworbene Pneumonie, die nach Risikostratifizierung
unter intensivierter Überwachung behandelt werden soll (schwere CAP)
CDC Centers for Disease Control, Atlanta, USA
CLSI Clinical and Laboratory Standards Instiute
c-MRSA ambulant erworbener Methicillin-resistenter
Staphylococcus aureus (engl.
„community-acquired MRSA”)
COPD Chronische obstruktive Lungenerkrankung (engl.
„chronic obstructive pulmonary disease”)
CRB-65 Score zur Risikostratifizierung der CAP in der Arztpraxis
(die Akronyme stehen für c onfusion,
r espiratory r ate,
b lood pressure, Alter ≥ 65 Jahre), s. [Tab. 12 ]
CURB Score zur Risikostratifizierung der CAP in der Notaufnahme
(die Akronyme stehen für confusion, Urea-N [Harnstoff-N],
respiratory rate, blood pressure), s. [Tab. 12 ]
CT Computertomografie
DIF Direkter Immunfluoreszenztest
EIA Enzym-Immuno-Assay
ESBL engl. „extended spectrum β-lactamases”
FEV1 forciertes Expirationsvolumen in 1 Sekunde
GKV gesetzliche Krankenversicherung
HMO-Modell engl. für „Health Maintenance
Organisation”: Organisationen, bei denen Versicherte durch Einschreibung
ein definiertes Leistungspaket zur medizinischen Versorgung mit Basis- und
ergänzenden Behandlungsangeboten sowie Versicherungsschutz erhalten
ICT Immunchromatografischer Schnelltest
IDSA Infectious Diseases Society of America
ITS Intensivstation
MHK Minimale Hemmkonzentration
MRSA Methicillin-(Oxacillin-)resistenter Staphylococcus aureus
NAT Nukleinsäure-Amplifikations-Technik
PCR Polymerase-Kettenreaktion (engl. „polymerase chain
reaction”)
PSI engl. „pneumonia severity index”
SARS Schweres akutes respiratorisches Syndrom (engl.
„severe acute respiratory syndrome”)
Die nach der Literaturstelle in Klammern gesetzte Ziffer mit
Buchstaben bezieht sich auf die Evidenzbewertung nach Oxford Centre of Evidence
Based Medicine (1999).