Tinea incognito
Tinea incognito
J. Runge, I. Vennewald, G. Hansel
Im November 2007 waren bei der 73-jährigen Patientin erstmals flechtenartige Hautveränderungen
am linken distalen Unterschenkel aufgetreten. Seit März 2008 wurde eine zunehmende
Progression mit einer tiefen Ulzeration prätibial am linken Unterschenkel beobachtet
([Abb. 1 ]).
Abb. 1 Lokalbefund linker Unterschenkel medial.
An Nebenerkrankungen waren ein arterieller Hypertonus, eine Varikose beidseits und
eine Hypothyreose bekannt.
Hautbefund: Bei Aufnahme Anfang November 2008 zeigte sich am linken Unterschenkel ein girlandenförmiges,
randbetontes Erythem, welches fast die gesamt Zirkumferenz einnahm. Zusätzlich bestand
eine grobe Schuppung. Distal davon fand sich ein sichelförmiges, relativ tiefes, scharf
begrenztes Ulkus mit Fibrinbelägen. Die Fuß- und Fingernägel waren dystroph, grau-gelblich
verfärbt und teilweise abgebrochen.
Histologie: Wir führten diagnostische Exzisionen durch. Im Bereich des Papillarkörpers und oberen
Koriums fand sich ein herdbetont außerordentlich schütteres lymphomonozytoides entzündliches
Infiltrat in vorzugsweise perivaskulärer Lokalisation. Im Stratum corneum Nachweis
zahlloser Pilzhyphen ([Abb. 2 ]).
Abb. 2 Histologie mit Pilzelementen im Stratum corneum (PAS, × 40).
Laborbefunde: Pathologisch waren Kreatinin (109,6 µmol/l), GFR (46,3), Harnstoff (9,3 mmol/l) und
Thrombozyten (408,0 Gpt/l).
Mykologie: Nagelspäne und Hautschuppen ([Abb. 3 ], [Tab. 1 ]).
Abb. 3 In (a ) sieht man das typische weiße, flauschige Wachstum von Trichophyton rubrum auf allen
3 Nährböden (Sabouraud-, Kimmig- und Mycoselagar), ganz rechts ist zusätzlich Aspergillus
fumigatus zu sehen (blau-grün); (b ) stellt die Rückseite von (a ) dar. Dabei zeigt sich das imposante rot-braune, kreisrunde Wachstum der T. rubrum-Kolonie
auf Sabouraud-Agar. Auf Mycozel-Agar (links) ist das kreisförmige, gelb-braune Wachstum
von T. rubrum zu sehen. (c ) zeigt die biochemische Differenzierung mit Kartoffel- (rechts), Malz- (Mitte) und
Harnstoffagar (links). Auf dem Kartoffelagar zeigt sich eine typische braun-rötliche
Verfärbung. Harnstoff blieb negativ. Nach 7 Tagen kann sich bei T. rubrum eine zartrosa
Färbung zeigen, im Gegensatz zu anderen Trichophytonarten.
Tab. 1 Mykologischer Befund.
Lokalisation
mikroskopisch
kulturell
1. Finger li Hand
vereinzelt Dermatophyten
vereinzelt Candida parapsilosis
3. Finger li Hand
sehr viele Dermatophyten
viel Candida parapsilosis, viel Candida lipolytica, vereinzelt Rhodotorula rubra
4. Zehe li
sehr viele Dermatophyten
vereinzelt Candida glabrata, Trichophyton rubrum und Cryptococcus
li Großzehe
viel Dermatophyten
Aspergillus (evtl. Anflugkeim)
li US dorsal
sehr viele Dermatophyten
Trichophyton rubrum
li Handballen
keine Pilzelemente
Pilzkultur negativ
Therapie und Verlauf: Lokaltherapie mit Ciclopiroxolamin (Batrafencreme®), interne Therapie mit Itraconazol
200 mg/d (Sempera®). Die Therapie wurde über 3 Monate kontinuierlich angewendet und
gut toleriert. Bei einer ambulanten Vorstellung Mitte Januar 2009 stellte sich die
Patientin mit einem komplett abgeheilten Hautbefund vor.
Kommentar: Die Tinea incognito wurde 1968 von Ive et al. [1] erstmals beschrieben. Der klinisch-morphologische
Befund ist dabei durch die symptomatische Anwendung topischer Glukokortikoide verändert.
Der Pilz sitzt in der Hornschicht und metabolisiert das Keratin, dadurch wird in der
darunter liegenden Epidermis eine Ekzemreaktion ausgelöst. Die typischen Entzündungszeichen
werden durch die antiinflammatorisch wirkenden Kortikoide unterdrückt, sodass es zu
Fehldiagnosen kommen kann [2,3]. In den von Ive et al. beschriebenen Fällen wurden
z. B. eine papulöse Rosazea oder eine Poikilodermie diagnostiziert.
Bei der Diagnostik steht der mykologische Nachweis im Nativpräparat und in der Kultur
an erster Stelle.
Der Trend zur Zunahme der Tinea incognito könnte auf eine mangelhafte Diagnostik beim
erstbehandelnden Arzt sowie den unkritischen Gebrauch in Therapie und Selbstmedikation
der topischen Kortikoide zurückzuführen sein.
Literatur
1 Ive A, Marks R. Tinea incognito. Br Med J 1986; 3: 149 – 152
2 Wacker J, Durani BK, Hartschuh W. Bizarre annular lesion emerging as tinea incognito. Mycoses 2004; 47: 447 – 449
2 Hansel G, Vennewald I, Wollina U. Tinea incognito. G Ital Dermatol Venereol 2004; 139: 263
Kerion Celsi bei Tinea capitis et corporis
Kerion Celsi bei Tinea capitis et corporis
S. Klimke, I. Vennewald, A. Koch
Vor 5 Wochen bemerkte die Mutter des 8-jährigen Patienten erstmals Hautveränderungen
auf der Kopfhaut, die sich später auf das Gesicht, die rechte Schulter und beide Arme
ausbreiteten. Es bestand Juckreiz. Sie berichtete von einem Pilzbefall des Haustieres
(Hase) in der Vergangenheit. Eine Behandlung war bereits erfolgt.
Eine Mikrosporie war zunächst ambulant vermutet worden. Der Patient erhielt systemisch
Flukonazol (Diflucan®) 50 mg/d ohne genügendes therapeutisches Ansprechen.
Allgemeinbefund:
Der Patient war in gutem Allgemein- und Ernährungszustand, kein Fieber, keine Lymphknotenschwellung.
Hautbefund: Es befanden sich ein großer erythemato-squamöser, stark verkrusteter Herd auf der
rechtsseitigen Kopfhaut und weitere kleinere Herde am übrigen Kopf ([Abb. 4 ]).
Abb. 4 Kerion Celsi.
Außerdem bestanden ekzematöse Herde an Armen, Wange und der Schulter. Das Integument
war insgesamt trocken.
Mykologie:
Mikroskopie: Schuppen Kopf: eindeutig Dermatophyten sehr viel, Haare – ektotricher Befall ([Abb. 5 ]).
Abb. 5 Pilzkultur Trichophyton mentagrophytes var. asteroides, weiße und leicht gekörnte
Kulturoberfläche.
Pilzkultur: Trichophyton mentagrophytes variatio asteroides ([Abb. 6 ]).
Abb. 6 Fluoreszenzmikroskopisches Bild des ektotrichen Haarbefalls.
Therapie und Verlauf: Nach Aufnahme und diagnostischen Maßnahmen wurden die Verkrustungen am Kopf entfernt
und die Haare gekürzt. Lokal kam Ciclopiroxolamin (Batrafencreme®), systemisch Flokonazol
(Diflucan®) 50 mg/d zur Anwendung, darunter deutliche klinische Besserung.
Zur ambulanten Weiterbehandlung wurde die systemische Therapie mit Flukonazol 50 mg/d
oder Griseofulvin 10 mg/kg und Tag empfohlen.
Kommentar: Die Tinea capitis et corporis ist eine hochkontagiöse Mykose des Kindesalters. Haupterreger
in Europa sind zoophile Dermatophyten wie Microsporum canis und Trichophyton mentagrophytes.
Die Krankheit tritt sowohl sporadisch als auch endemisch auf [2].
Die Tinea capitis microsporica zeigt runde, einzeln oder multipel z. T. konfluierende
Herde, die Haare sind 2 – 3 mm über der Hautoberfläche abgebrochen. Die Tinea capitis
superficialis trichophytica imponiert durch unregelmäßig gestaltete erythemato-squamöse
Herde, die Haare brechen unmittelbar im Hautniveau.
Im Nativpräparat der Haare lassen sich ektotricher (Microsporium canis, Trichophyton
mentagrophytes) von endotrichem (Trichophyton tonsurans, T. violaceum, T. mentagrophytes)
Pilzbefall unterscheiden.
Eine diagnostische Hilfe ist das Wood-Licht, bei gelblich-grüner Fluoreszenz ist eine
Mikrosporum-Erkrankung wahrscheinlich. Die endgültige Diagnose wird durch die Pilzkultur
gesichert [1].
Die Tinea capitis muss nach gegenwärtiger Auffassung stets systemisch und zusätzlich
lokal behandelt werden [3]. Griseofulvin besitzt in Deutschland die Zulassung zur
systemischen Therapie der kindlichen Tinea capitis. Aufgrund der guten Verträglichkeit
und Verkürzung der Therapiezeit eignen sich jedoch auch andere Antimykotika wie Itraconazol,
Terbinafin und Fluconazol zur Anwendung über 4 – 8 Monate im Rahmen eines individuellen
Heilversuchs [1,3]. Beispielsweise ist Itraconazol dem Griseofulvin in Hinblick auf
Sicherheit und Effizienz zumindest gleichwertig und hat den Vorteil einer kürzeren
Behandlungsdauer [3]. Microsporum canis-Isolate zeigen eine sehr hohe und dem Griseofulvin
deutlich überlegene Empfindlichkeit gegenüber Terbinafin [4].
Die Lokaltherapie mit Ciclopiroxolamin oder Terbinafin reduziert das Übertragungsrisiko.
Zusammen mit der Entfernung der Haare und der regelmäßigen Haarwäsche mit antimykotisch
wirksamen Shampoos verkürzt das die Behandlungsdauer [1].
Literatur
1 Seebacher C, Abeck D, Brasch J et al. Tinea capitis: ringworm of the scalp. Mycoses 2007; 50: 218 – 226
2 Ginter-Hanselmayer G, Weger W, Ilkit M, Smolle J. Epidemiology of tinea capitis in Europe: current state and changing pattern. Mycoses
2007; 50 (Suppl 2): 6 – 13
3 Korting H-C, Schöllmann C. Stellenwert von Itraconazol in der Behandlung von Pilzinfektionen der Haut, Nägel
und Schleimhäute. J Dtsch Dermatol Ges 2009; 7: 11 – 20
4 Wollina U, Vennewald I. Kreisrunder Haarausfall beim Kind: Tinea capitis durch Microsporum canis. Hautnah
Dermatol 2004; 20: 312 – 312
Pemphigus foliaceus
Pemphigus foliaceus
G. Hansel, J. Schönlebe
Erstmals nahmen wir die 61-jäjhrige Patientin im September 2007 mit generalisiert
erythematösen, teils schuppenden, juckenden, seit 2 Monaten bestehenden Hautveränderungen
auf. Diese hätten sich von den Schultern und dem Dekolleté ausgehend langsam ausgebreitet
und würden durch Sonneneinstrahlung verschlechtert. Anfänglich hätte sie kleine Bläschen
beobachtet. Sie war bei mehreren Hautärzten gewesen, hatte schon Prednisolon und Teersalben
erhalten. Eine trockene Haut bestünde seit vielen Jahren und würde regelmäßige Pflege
brauchen.
Unter Lokalbehandlung mit kortikosteroidhaltigen Externa besserte sich der Hautbefund
zögerlich. Wegen akuter Exazerbation einer COPD mussten Prednisolon und Cefuroxim
ordiniert werden. Darunter bildete sich der Hautbefund zurück. Kurzzeitig lokalisiert
auftretende Pusteln gaben Anlass zu einer diagnostischen Exzision, welche lediglich
eine Ekzemreaktion ergab. Bei stummer Immunfluorezenz schien auch ein differenzialdiagnostisch
berücksichtigter Lupus erythematodes ausgeschlossen. Mit raschen Rezidiven wurde die
Patientin zweimal wieder eingewiesen, eine erneute histologische Untersuchung brachte
keine neuen Gesichtspunkte. Die Hautveränderungen erfassten auch das Gesicht und waren
teilweise massiv superinfiziert, führten insbesonder an der Brust zu stark entzündlichen
Infiltraten.
An Begleiterkrankungen waren neben der COPD eine arterielle Hypertonie und eine absolute
Arrythmie bei Vorhofflimmern bekannt. Im Verlaufe entwickelten sich eine latente Hyperthyreose
und eine entzündlich bedingte Anämie. Die Wunden und Schleimhäute besiedelten mit
methicillinrestentem Staphylococcus aureus.
Ende Januar 2008 wurde die Patientin zum vierten Male eingewiesen.
Allgemeinbefund: Bei stationärer Aufnahme befand sich die adipöse Patientin durch die ausgedehnte
Hauterkrankung stets in reduziertem Allgemeinzustand.
Hautbefund: Bei der klinischen Untersuchung sahen wir am gesamten Integument entzündliche bräunlich-rötliche,
von Krusten bedeckte, z. T. großflächig konfluierende Infiltrate unter Einbeziehung
von Kopf- und Gesichtshaut ([Abb. 7 ]).
Abb. 7 Klinisches Bild des Pemphigus foliaceus.
Palmae, Plantae und Schleimhaute waren ausgespart. Bläschen und Pusteln bestanden
nicht, obwohl die Patientin wiederum berichtete, zu Beginn des Schubes Bläschen beobachtet
zu haben. Das Nikolski-Phänomen war negativ. Mittels nochmaliger diagnostischer Exzision
konnte die Diagnose nach 4 Monaten geklärt werden.
Histologie: Epidermis mäßiggradig, teils uncharakteristisch, teils angedeutet psoriasiform hyperplastisch
mit erhaltenem Stratum granulosum und breitflächig aufgelagerter leukozytenreicher
herdförmig bakteriell besiedelter Schuppenkruste, die auch eine kleinherdige Erosion
abdeckt. Wechselnd dichtes überwiegend perivaskulär lokalisiertes entzündliches Infiltrat
aus überwiegend lymphomonozytoiden Zellen untermischt von wenigen neutrophilen und
eosinophilen Granulozyten. Kurzstreckige subcorneale Spaltbildung mit angedeuteter
Akantholyse oberflächlicher Keratinozyten ([Abb. 8 ]).
Abb. 8 Pemphigus foliaceus – Histologie (HE, × 20).
Direkte Immunfluoreszenz: positive Immunreaktion in den Interzellularräumen der Epidermis
für IgG (gesamte Epidermis) und C3 (basale ⅔ der Epidermis) sowie granulär entlang
der epidermalen Basalmembran für C3.
Laborbefunde: Hb 6,9 mmol/l, Hk 0,34, Ery 4,02 Tpt/l, MCH 1,72 fmol, Leuko 17,29 Gpt/l, Thrombo
525,0 Gpt/l, Retikulozyten 1,8 %, Neutrophile 78,1 %, Lymphozyten 11,8 %, D-Dimer
0,880 mg/l, CRP 112,9 mg/l, LDH 4,85 µkat/l, Eisen 2,3 umol/l, TSH 0,127 mU/l, Elpho:
Gammaglobuline 19,4 %, IgE 4310 U/ml, Pemphigus-AK 1 : 1280.
Therapie und Verlauf: Es wurde eine immunsuppressive Therapie mit Prednisolon 1 mg/kg KG und Tag begonnen.
Nach 5-tägiger Therapie setzte eine Stabilisierung des Hautbefundes ein. Bei bestehender
Dyspnoe/COPD sowie Infektanfälligkeit der Patientin und MRSA-Besiedlung der Haut waren
wir mit dem Einsatz eines weiteren Immunsuppressivum zunächst zögerlich, gaben im
Verlauf Azathioprin 150 mg/die dazu, um Prednisolon bei Adipositas und zu befürchtendem
kortikosteroidinduzierten Diabetes mellitus rascher reduzieren zu können. Zur Lokalbehandlung
verwendeten wir Betamethason-V-Creme 0,1 % NRF, anfänglich in Kombination mit Lotio
zinci oxydati. Zur Linderung des Juckreiz erhielt die Patientin in den ersten Tagen
Levoceterizin (Xusal® 2 × 1 Tbl./die). Unter dieser Behandlung heilten die Hautveränderungen
stabil ab, bei Entlassung waren die Pemphigus-AK bereits um eine Titerstufe auf 1 : 640
abgefallen. Prednisolon konnte bis zu diesem Zeitpunkt auf 60 mg/die reduziert werden.
Azathioprin wurde belassen.
Bei einem kurzen Kontakt im Januar 2009 bestätigte uns die Patientin einen guten Hautbefund.
Azathioprin war ambulant wegen erhöhter Leberwerte reduziert worden, während vom Prednisolon
noch 30 mg/d eingenommen werden.
Kommentar: Der Pemphigus foliaceus macht in Mitteleuropa 20 % der Pemphiguserkrankungen aus.
Die Erkrankung beginnt am behaarten Kopf, im Gesicht und der vorderen sowie hinteren
Schweißrinne. Wegen der subkutanen Spaltbildung und der damit verbundenen dünnen Blasendecke
wird die Primäreffloreszenz „schlaffe Blase” kaum gesehen. Im Verlauf entwickeln sich
blätterteigartige Schuppenkrusten. Ausbreitung bis zur Erythrodermie ist möglich.
Schleimhautbeteiligung fehlt. Die Läsionen besiedeln sekundär mit Bakterien, die durch
Zersetzung des Wundsekretes einen unangenehmen Foetor erzeugen. In der Regel ist das
Nikolski-Phänomen positiv, UV-Provozierbarkeit wird beschrieben. Serumantikörper binden
bei Pemphigus foliaceus an das desmosomale Glykoprotein Desmoglein 1 [2]. Differenzialdiagnostisch
müssen seborrhoisches Ekzem, subakut kutaner Lupus erythematodes und medikamenteninduzierter
Pemphigus bedacht werden.
In der Behandlung stehen systemische Steroide in der Praxis an erster Stelle. In einer
Meta-Analyse der Cochrane-Group ergab sich, dass Mycophenolat-Mofetil wirksamer ist
als Azathioprin. Azathioprin und Cyclophosphamid haben steroidsparende Effekte gezeigt.
Prospektive Studien wären aufgrund der mangelhaften Datenlage jedoch dringend erforderlich
[1].
Literatur
1 Martin LK, Werth V, Villanueva E, Segall J, Murrell DF. Interventions for pemphigus vulagris and pemphigus foliaceus. Cochrane Database Syst
Rev 2009; 1: CD006263
2 Sitaru C, Goebeler M, Zillikens D. Bullöse Autoimmundermatosen (I): Pathogenese und Diagnostik. J Dtsch Dermatol Ges
2004; 2: 123 – 139
Solitäre Mycosis fungoides
Solitäre Mycosis fungoides
I.-S.Schulze, J. Schönlebe, U. Wollina
Es handelt sich um einen 43-jährigen Patienten, der in der Umgebung des Nabels einen
Zeckenstich bemerkt hatte. Seit ca. vier Jahren bestehen in diesem Bereich Hautveränderungen.
Hautbefund: Es fanden sich periumbilikal bis zur rechten Abdominalhälfte ein handtellergroßes
erythematöses Infiltrat mit Schuppen und teilweise follikulären Papeln sowie distal
davon ein ca. 50-Centstück-großer schuppender Plaque ([Abb. 9 ]).
Abb. 9 Solitäre Mycosis fungoides.
Histologie: (HE, Giemsa, PAS, Eisenreaktion, CD 3, CD 4, CD 5, CD 8, CD 20): In der retikulären
Dermis ein vordergründig breites, bandförmiges, oberflächlich interstitiell sowie
oberflächlich und tief perivaskulär, aber auch perifollikulär und perineural lokalisiertes
Infiltrat aus fast ausschließlich T-Zell-reaktiven Lymphozyten (CD 3- und CD 5-positiv)
mit deutlichem Überwiegen CD 4-positiver-T-Helferzellen (ca. 90 %) mit Beimengungen
von wenigen CD 20-positiven Lymphozyten, monozytoiden/histiozytären Zellen, gelegentlich
eosinophilen Granulozyten sowie Plasmazellen in wechselnder Zahl. Daneben hin und
wieder diskrete Erythrozytenextravasate. Es besteht ein geringgradiger überwiegend
einzelzelliger Infiltratepidermotropismus mit abschnittsweise perlschnurartig, innerhalb
der Basalzellreihe nachweisbaren Lymphozyten (gelegentlich auch mit Halo) und einzelnen
kleinen Lymphozytenclustern intraepidermal und einem Pautrierschen Mikroabszess. Ein
Haarfollikel wird ebenfalls infiltriert. Keine nennenswerten Größenunterschiede zwischen
intraepidermalen und dermalen Infiltratzellen.
Bildgebende Diagnostik: Sonografie von Abdomen, Axillen und Leisten ohne pathologischen Befund, insbesondere
keine Lymphknotenveränderungen.
Rö-Thorax: Unauffälliger Befund, keine pathologischen Veränderungen.
Therapie und Verlauf: Unter der stationären Einleitung der Therapie mit Creme-PUVA und Betamethason-V-Creme
0,1 % NRF war nach einer Woche eine deutliche Befundbesserung zu verzeichnen, sodass
die ambulane Fortsetzung der lokalen Fotochemotherapie empfohlen werden konnte. Nach
ca. 50 Behandlungen fand sich nur ein Resterythem mit lichenoider Schuppung.
Kommentar: Wir stellen einen Patienten mit einem solitären Plaque einer Mycosis fungoides vor.
Einige Autoren sind der Auffassung, dass die solitäre Mycosis fungoides eine eigene
Entität verkörpert [3]. Unter den publizierten Fällen sind Patienten unter 18 Jahren
häufiger zu finden. Sowohl Plaques als auch Noduli sind beschrieben worden [2,3].
Da bei T-Zell-Lymphomen das klinische Bild in den meisten Fällen durch multiple Herde
charakterisiert wird, stellt das Auftreten eines Solitärherdes eine Besonderheit dar.
Unter den Patienten der eigenen Klinik waren in den letzten 6 Jahren insgesamt nur
3 (einschließlich des aktuellen Falles), darunter 2 Männer und eine Frau.
Auf die wichtige Rolle der diagnostischen Exzision bei der Diagnosefindung soll hier
hingewiesen werden, denn aufgrund der Anamnese stand die Differenzialdiagnose Erythema
chronicum migrans zur Diskussion. Im Gegensatz zu B-Zell-Lymphomen wird bei T-Zell-Lymphomen
ein Zusammenhang zu Borrelien-Infektion nicht beschrieben.
Mit der Creme-PUVA steht eine geeignete, weil auch bei Langzeitanwendung nebenwirkungsarme
Therapie, zur Verfügung [1].
Literatur
1 Hölzle E, Hönigsmann H, Röcken M, Ghoreschi K, Lehmann P. Empfehlungen zur Phototherapie und Photochemotherapie. J Dtsch Dermatol Ges 2003;
1: 985 – 997
2 Hodak E, Phenig E, Amichai B et al. Unilesional mycosis fungoides: a study of seven cases. Dermatology 2000; 201: 300 – 306
3 Oliver GF, Winkelmann RK. Unilesional mycosis fungoides: a distinct entity. J Am Acad Dermatol 1889; 20: 63 – 70
Klassisches Kaposi-Sarkom
Klassisches Kaposi-Sarkom
A. Koch, J. Schönlebe, U. Wollina
Im Februar 2008 bemerkte der ansonsten gesunde 51-jährige Patient erstmals kleine
livid bläuliche Knoten im Bereich des rechten lateralen Malleolus. Es bestanden weder
Juckreiz noch Schmerzen.
Hautbefund: Es fand sich am rechten lateralen Malleolus eine reizlose Narbe. Im ersten Interdigitalraum
(IDR) der linken Hand konnte eine derbe Resistenz von 6 mm Größe aufgefunden werden.
Farblich imponierte der Herd nur unwesentlich verändert gegenüber der normalen Umgebungshaut.
Auffällig war jedoch ein deutliches Infiltrat. An der rechten medialen Fußkante zeigte
sich ebenfalls noch eine leicht gerötete Effloreszenz, die sich klinisch nicht sicher
einordnen ließ.
Histologie: Die histologische Aufarbeitung des Originalpräparates vom Malleolus lateralis erbrachte
einen exulzerierten spindelzelligen Tumor mit erythrozytenhaltigen Lücken und Spaltbildungen
sowie mehreren Kernteilungsfiguren ([Abb. 10 a ]).
Abb. 10 Klassisches Kaposi-Sarkom. (a ) Übersicht mit dermalem Knoten umgeben von einer Pseudokapsel (HE, × 4); (b ) Detail, Immunhistologie (CD 34, × 20).
Immunhistochemisch konnte bei den spindeligen Zellverbänden CD 34 nachgewiesen werden.
Des Weiteren wurde eine Assoziation mit dem humanen Herpesvirus Typ 8 gefunden. Damit
liegt ein Kaposi-Sarkom vor.
Das Exzisat von der Hand zeigte einen intradermal gelegenen knotig umschriebenen teilweise
pseudokapselartig bindegewebig begrenzten Tumor aus irregulär angeordneten CD 31-
und CD 34-positiven, teils mitotischen Spindelzellen, die teilweise mit Erythrozyten
ausgefüllte blitzfigurenartige Spalträume einschließen ([Abb. 10 b ]).
Laborbefunde: Pathologische Auffälligkeiten gab es bei den durchgeführten Untersuchungen (Blutbild,
HIV-Serologie, Immunstatus) nicht.
Bildgebende Diagnostik: Unauffällig.
Therapie und Verlauf: Im April des Jahres suchte der Patient aufgrund des weiteren Progresses der Effloreszenz
einen Chirurgen auf. Dieser entfernte den auf ca. 8 mm Durchmesser gewachsenen kutanen
Tumor in Lokalanästhesie.
Die Entfernung der im weiteren Verlauf gefundenen Hautveränderungen erfolgte im Juni
2008 in unserer Klinik. Alle Tumoren konnten in sano exzidiert werden. Hinweise für
ein erneutes Auftreten des Kaposi-Sarkoms nach über acht monatiger Nachbeobachtung
gibt es derzeit nicht. Der Patient befindet sich in einer Dispensaire-Betreuung beim
niedergelassenen Hautfacharzt, sodass Rezidive zeitnah erkannt und behandelt werden
können.
Kommentar: Das Kaposi-Sarkom gilt als primär multilokuläre Systemerkrankung und gehört zu den
malignen Gefäßtumoren. Mit einer Inzidenz von 1 Fall pro 10 Mio. Einwohnern und Jahr
ist es ein sehr seltener Tumor [4].
Das hier demonstrierte klassische Kaposi-Sarkom gilt als gering maligner und langsam
progredienter Tumor. Die Prognose ist günstig. Bezüglich der Lokalisation zeigt sich
eine Bevorzugung der unteren Extremitäten [3].
Hinsichtlich der Ätiologie ist bislang bekannt, dass bei allen Formen eine Infektion
mit dem HHV-8-Virus vorliegen soll. Man unterscheidet vier Formen:
chronisches oder klassisches Kaposi-Sarkom (gehäuft in Osteuropa, Italien, Äquatorialafrika)
Kaposi-Sarkom bei Immunsuppression (Organtransplantation)
endemisches Kaposi-Sarkom (Afrika)
epidemisches Kaposi-Sarkom (HIV-assoziiert) [1,2]
Das Kaposi-Sarkom ist, wie bei unserem Patienten, klinisch durch initial auftretende
asymptomatische lividrote Makulae oder Knoten gekennzeichnet, die sich in den Hautspaltlinien
anordnen können. Konfluierende Plaques und infiltrativ wachsene Knoten sind oft von
Ödemen begleitet.
Bezüglich histologischer Merkmale sind das klassische und das Kaposi-Sarkom bei Immundefizienz
durch einzelne Besonderheiten charakterisiert. Beim klassischen Typ ist eine pseudokapsuläre
Ummantelung der Tumorknoten typisch, während der immundefiziente Typ frühzeitig durch
ein inflitratives Wachstum gekennzeichnet ist, durch Kolonisation der periadnexiellen
und perineuronalen Dermis und intravaskuläre papilläre Projektionen atypischer Endothelien
[1,2]. Immunhistochemisch ist es möglich, HHV-8-LNA (latent nuclear antigen) im formalinfixierten
und paraffineingebetteten Material einfach und zuverlässig nachzuweisen.
Für die Behandlung des Kaposi-Sarkoms gibt es keine allgemein anerkannten „Standardtherapien”.
Bei isolierten kutanen Herden bietet sich die Operation mit entsprechendem Sicherheitsabstand
an. Ansonsten haben sich die Radiatio (Röntgenweichstrahltherapie, schnelle Elektronen,
Kobaltbestrahlung) sowie lokale Chemo- und Immuntherapien (Interferon alpha intraläsional,
Retinoide, Vincaalkaloide, Imiquimod) bewährt. Bei fortgeschrittenem Tumorstadium
wird erfolgreich liposomales Doxorubicin eingesetzt [3,5]. Aufgrund der Seltenheit
des Kaposi-Sarkoms liegen keine großen Erfahrungen hinsichtlich einer suffizienten
Nachsorge vor. Es wird jedoch empfohlen, je nach Erkrankungsstadium, klinische Kontrollen
in drei bis sechs monatigen Abständen einzuhalten [5].
Literatur
1 Castelli E, Wollina U. Mediterranean and immunodeficiency associated Kaposi’s sarcoma – does micromorpholgy
reflect clinical patterns? A clinicopathologic study with phenotypic characterization
of tumor cells. Oncol Rep 1997; 4: 289 – 295
2 Castelli E, Wollina U. Histopathologic features of progression in mediterranean and immunodeficiency-related
Kaposi sarcoma. Am J Dermatopathol 2000; 22: 89 – 91
3 Di Lorenzo G. Update on classic Kaposi sarcoma therapy: new look at an old disease. Crit Rev Oncol
Hematol 2008; 68: 242 – 249
4 Pantanowitz L, Mullen J, Dezube BJ. Primary Kaposi sarcoma of the subcutaneous tissue. World J Surg Oncol 2008; 6: 94
5 Vogt T, Brockmeyer N, Kutzner H, Schöfer H. Short German guidelines: Angiosarcoma and Kaposi sarcoma. J Dtsch Dermatol Ges 2008;
6 (Suppl 1): 19 – 24
Prätibiale Panniculitis ossificans
Prätibiale Panniculitis ossificans
A. Koch, J. Schönlebe
Im Juni des Jahres 2008 bemerkte die 30-jährige Patientin eine schmerzlose derbe Resistenz
am linken Unterschenkel. Der Tumor zeigte im weiteren Verlauf eine deutliche Wachstumstendenz.
Eine Verletzung oder ein anderes Trauma war der Patientin nicht erinnerlich. Zur Abklärung
der atypischen Resistenz erfolgten im November 2008 mehrere tiefe Biopsien, die differenzialdiagnostisch
den Verdacht auf ein mögliches malignes Chondrosarkom erbrachten. Somit war eine vollständige
Entfernung der tumorösen Veränderung unumgänglich.
Hautbefund: Am linken proximalen Unterschenkel prätibial fiel eine schmerzlose derbe subkutan
gelegene multinodöse Resistenz auf, die als gut verschieblich imponierte. Sie zeigte
mit 5 × 4 cm Größe in der Flächenausdehnung und knapp 2 cm Erhabenheit beeindruckende
Abmessungen. Die Haut über dem Tumor war leicht mit dem Untergrund verbacken.
Histologie:
Biopsie: Verdächtig auf einen ossifizierenden fibromyxoiden Tumor des Weichgewebes. Differenzialdiagnostisch
muss noch an ein myxoides Chondrosarkom gedacht werden, was anhand der vorliegenden
Biopsie jedoch nicht zu beweisen ist.
Exzisat: Es zeigt sich eine verkalkte Fettgewebsnekrose mit teilweise myxoid aufgelockertem
relativ zell- und kapillarreichem Gewebe mit dominierender Spindelzellkomponente.
Zelluläre Atypien oder mitotische Aktivität sind nicht nachweisbar. Weiterhin lassen
sich Kollagenfaser- und Osteoidbildungen nachweisen, die eine deutliche Reifung von
Knochengewebe mit Ausbildung von reifem Lamellenknochen aufzeigen. Die Faszie und
die Skelettmuskulatur werden von der Läsion nicht mit erfasst.
Bildgebende Diagnostik:
Röntgen linker Unterschenkel: 13 mm große Verkalkung ventral der Tibia.
MRT linker Unterschenkel: Inhomogene, intensiv Kontrastmittel aufnehmende Raumforderung im subkutanen Fettgewebe
ventral der Tibia von 3 × 2 cm und einer sagittalen Dicke von 6 – 7 mm. Kein Anhalt
für eine Knochen- oder Muskelinfiltration.
Therapie und Verlauf: Nach bioptischer Sicherung und apparativer Diagnostik wurde die Indikation zur radikalen
Resektion gestellt. Im Januar 2009 führten die chirurgischen Kollegen den Einriff
durch. Der Defekt wurde plastisch verschlossen. Nach histologischer Aufarbeitung des
gesamten Präparates konnte der Malignitätsverdacht ausgeräumt werden. Letztendlich
handelte es sich um eine ossifizierende Pannikulitis.
Kommentar: Die Panniculitis ossificans ist eine relativ selten auftretende Erkrankung des subkutanen
Fettgewebes und wird eigentlich durch ein stattgehabtes Trauma ausgelöst [1]. In unserem
Fall war jedoch keine Verletzung erinnerlich, sodass der Auslöser unklar bleibt. Die
meisten Beschreibungen von ossifizierender Pannikulitis betreffen die unteren Extremitäten.
Die Erkrankung wird als Teil des Spektrums der kutanen Kalziphylxie eingeordnet, welche
auch bei Fehlen renaler Erkrankungen auftreten kann [2,3]. Histologisch ist die kutane
Kalziphylaxie durch eine kalzifizierende septale Pannikulitis sowohl in frühen als
auch spätreren Stadien charakterisiert [3].
Als Therapie der Wahl steht die operative Sanierung an erster Stelle [1]. Differenzialdiagnostisch
muss bei relativ rasch wachsenden Tumoren immer ein maligner Prozess ausgeschlossen
werden. Aufgrund der Derbheit und der palpablen Multinodalität war hier auch an ein
Dermatofibrosarcoma protuberans zu denken.
Literatur
1 Burke GA, Shah D, MacBean AD. Panniculitis ossificans traumatica: an unusual presentation. Br J Oral Maxillofac
Surg 2008;46: 596 – 598
2 Campanelli A, Kaya G, Masouyé I, Borradori L. Calcifying panniculitis following subcutaneous injections of nadroparin-calcium in
a patient with osteomalacia. Br J Dermatol 2005;153: 657 – 660
3 Essary LR, Wick MR. Cutaneous calciphylaxis. An underrecognized clinicopathologic entity. Am J Clin Pathol
2000;113: 280 – 287
Paraneoplastische Dermatomyositis
Paraneoplastische Dermatomyositis
A. Gemmeke, T. Kittner
Zur Aufnahme gelangte ein 74-jähriger Patient, der seit 4 Wochen über eine zunehmende
Ermüdbarkeit und proximal betonte Muskelschwäche klagte. Anamnestisch waren ein Diabetes
mellitus-Typ II, eine arterielle Hypertonie und eine Hyperurikämie bekannt.
Hautbefund: Flächige Erytheme am Rücken, unscharf begrenzt. Im Bereich des Dekolletes teils krustös
belegte, teils nässende Erytheme ([Abb. 11 ]). Kein heliotropes Liderythem, keine Gottronschen Papeln.
Abb. 11 Paraneoplastische Dermatomyositis.
Laborbefunde: CK 180,6 µkat/l (↑ ↑), ASAT 5,38 µkat/l, ALAT 1,33 µkat/l, LDH 11,16 µkat/l, Neuronen-spezifische
Enolase (NSE) 69 µg/l (↑).
Weiterführende Untersuchungen: ENG/EMG: M. deltoideus – Summenpotenzial mit niedriger Amplitude.
Gastroskopie, Koloskopie, CT Abdomen, HNO: unauffällig.
CT Thorax: Bronchialkarzinom im linken Unterlappen mit V.a. Hilus-Lymphknotenmetastasen
und V. a. pulmonale Metastase rechts.
Therapie und Verlauf: Unter der Diagnose einer paraneoplastischen Dermatomyositis erfolgte die Prednisolon-Stoßtherapie
mit 100 mg/d i. v. in Kombination mit einer topischen Kortisonbehandlung (Jellin-Neomycin-Salbe®).
Nach Feststellung des Tumors wurde im Tumorboard die operative bzw. chemotherapeutische
Behandlung besprochen. Jedoch musste der Patient notfallmäßig in die Medizinische
Klinik verlegt werden, da sich eine Sepsis durch Pseudomonas aeruginosa entwickelt
hatte. Der Patient verstarb an den Folgen eines septischen Schocks. Eine Obduktion
wurde von den Angehörigen abgelehnt.
Diskussion: Die Dermatomyositis kann bei den über 35-Jährigen als Paraneoplasie auftreten. Dabei
wird sie überwiegend vor dem Tumorleiden symptomatisch. Eine Tumorsuche ist somit
angezeigt.
Von den klassischen Diagnosekriterien der Dermatomyositis bot unser Patient die proximal
betonte Muskelschwäche, eine Erhöhung der Muskelenzyme sowie einen Teil der charakteristischen
Hautveränderungen („Schultertuch”) [1]. Im Rahmen der Umgebungsuntersuchungen wurde
ein Lungenkrebs entdeckt. Der Lungenkrebs gehört zu den häufigen mit der Dermatomyositis
assoziierten Tumoren. Darüberhinaus sind Tumoren des Gastrointestinaltraktes, der
Ovarien und das Non-Hodgkin-Lymphom bei der Dermatomyositis beobachtet worden [2 – 4].
Literatur
1 Bohan A, Peter JB. Polymyositis and dermatomyositis. Patrs 1 and 2. N Engl J Med 1975; 292: 344 – 347,
403 – 407
2 Gabrilovich M, Raza M, Dolan S, Raza T. Paraneoplastic polymyositis associated with squamous cell carcinoma of the lung. Chest
2006; 129: 1721 – 1723
3 Przybylski G, Jarzemska A, Czerniak J et al. A case of a patient with dermatomyositis as a prodromal sign of lung cancer. Pol Arch
Med Wewn 2008; 118: 143 – 147
4 Wilmer A, Lange D, Mentzel T, Wollina U. Paraneoplastische Dermatomyositis bei Magenkarzinom. Akt Chirurgie 1996; 31: 51 – 54
Porokeratosis Mibelli gigantea nach Warzentherapie
Porokeratosis Mibelli gigantea nach Warzentherapie
M. Tilp, J. Schönlebe
Seit Oktober 2006 leidet die 70-jährige Patientin unter stark juckenden verrukösen
Hautveränderungen am linken Unterschenkel, welche sich flächig auf beide Unterschenkel
ausbreiteten. Histologisch (3/2007) stellten sich damals Verrucae vulgaris dar, welche
mittels Laser und Kürettage entfernt wurden. Im Verlauf kam es zu nunmehr schmerzhaften
Rezidiven an beiden Unterschenkeln. Eine erneute ambulante diagnostische Exzision
ergab im Juni 2008 den Befund einer Porokeratosis Mibelli mit HPV-Induktion. Innerhalb
von 4 Wochen traten die Hautveränderungen zusätzlich an beiden Händen und Armen auf.
Die Patientin klagte über eine ausgesprochene schmerzhafte Berührungsempfindlichkeit.
Als Nebendiagnosen waren bekannt: Polymyalgia rheumatica, chronische Niereninsuffizienz
im Stadium der kompensierten Retention, metabolisches Syndrom und Osteoporose.
Hautbefund: Es fanden sich multiple kreisrunde, unterschiedlich große erythematöse Plaques mit
ausgeprägtem hyperkeratotischem Randwall an beiden Unterschenkeln und Füßen. An den
Unterarmen fielen beginnende, stecknadelkopfgroße, runde Herde mit dunkelbrauner Umrandung
auf ([Abb. 12 ]).
Abb. 12 Porokeratosis Mibelli gigantea.
Histologie: Verrukiforme Hautläsion mit teils kirchturmspitzenartiger Papillomatose sowie einzelnen
säulenförmigen Parakeratosen.
Therapie und Verlauf: Die Lokaltherapie mit Retinoiden war nicht wirksam. Deshalb wurde die Patientin auf
Acitretin (Neotigason® 10 mg/d) eingestellt. Wegen eines Erysipels Ende August 2008
wurde die Acitretintherapie unterbrochen. Danach kam es zur massiven Verschlechterung
des Hautbefundes und zur Entwicklung neuer Läsionen. Wir setzten die Behandlung erneut
an und erhöhten wegen mangelhaften Ansprechens die Dosierung auf 20 mg/d.
Kommentar: Bei der nach Mibelli benannten Porokeratose handelt es sich um eine multifokal auftretende,
umschriebene Differenzierungsstörung der Epidermis mit Parakeratose.
Die Vererbung ist autosomal-dominant, sporadisches Auftreten kommt vor. Männer sind
bevorzugt betroffen (2 : 1). Prädilektionsstellen sind die Extremitäten, Gesicht,
Genitalien, Mundschleimhaut und die Kornea. Klinisch imponieren inital kleine Papeln
mit zentralem Hornstachel. Diese nehmen im Verlauf an Größe zu und bilden schließlich
eine Fläche normaler bis leicht atrophischer Haut, welche von einer weißlichen Kerbe
umrahmt ist, in welche zaunartig eine Hornlamelle eingesenkt ist. Die Herde sind rundlich
zirzinär oder girlandenartig umrandet. Histologisch typisch sind die schlotförmige
Parakeratose und die kornoide Lamelle [2]. Die Porokeratosis Mibelli gigantea ist
eine morphologische Variante der Porokeratose [1]. Die Erkrankung weist eine langsame
Progredienz auf, spontane Regression mit leicht atrophen Narben kommt vor. Eine Karzinomentwicklung
mit Auftreten von Morbus Bowen, Basalzellkarzinom oder Plattenepithelkarzinom ist
möglich.
Die alleinige lokale Therapie ist meist frustran.
Literatur
1 Götz A, Kopera D, Wach F, Hohenleutner U, Landthaler M. Porokeratosis Mibelli gigantea. Hautarzt 1999; 50: 435 – 438
2 Pizzichetta MA, Canzonieri V, Massone C, Soyer HP. Clinical and dermoscopic features of porokeratosis of Mibelli. Arch Dermatol 2009;
145: 91 – 92