Deutsche Zeitschrift für Onkologie 2009; 41(2): 79-81
DOI: 10.1055/s-0029-1213539
Praxis
Kasuistik
© Karl F. Haug Verlag in MVS Medizinverlage Stuttgart GmbH & Co. KG

Kasuistik über eine unkonventionelle Therapie und einen günstigen Verlauf eines fortgeschrittenen Mammakarzinoms

Matthias Nabrotzki1 , Reiner Penter2
  • 1Gemeinschaftspraxis Niefern-Öschelbronn
  • 2Paracelsus-Krankenhaus Unterlengenhardt
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Publication Date:
29 June 2009 (online)

Therapie und Verlauf

Eine 1943 geborene Patientin stellte sich 4/08 erstmalig in unserer onkologischen Gemeinschaftspraxis vor. Ein Jahr zuvor wurde bioptisch ein linksseitiges Mammakarzinom gesichert, woraufhin 4/07 eine Quadrantektomie und Axilladissektion links folgendes Stadium ergeben hatten: pT2 (0,5 cm), pN3a (23/23), L1, V1. MX, G2, R1 (ventral u. cranial), Ris (DCIS), ER 100 %, PR 15 %, HER2neu-Expression negativ (1+).

Die Patientin lehnte eine Nachoperation, eine Chemotherapie sowie eine palliative Radiatio ab.

Im März 2008 erfolgte ein MRT-Thorax, welches einen ausgedehnten lokalen tumorösen Befall auswies mit Beteiligung des Musculus latissimus dorsi und der Pectoralis-Muskeln links. Bezüglich der linken Mamma zeigte sich keine deutliche Abgrenzbarkeit innerhalb der verbliebenen Anteile. Es werden Weichteilknoten links axillär, supra- und infraklavikulär beschrieben. Einen breitflächigen Befall betrifft auch die rechte Thoraxwand. Die größte Ausdehnung in kraniokaudaler Richtung wird mit 10 cm bemessen. Zudem werden schmale beidseitige Pleuraergüsse, soweit beurteilbar aber keine Lungenherde gesehen.

Da die Patientin weiterhin konventionelle Maßnahmen ablehnte, wiesen wir sie zur Einleitung einer Mistelfiebertherapie in die Klinik Öschelbronn ein. Die hier erfolgte Diagnostik erbrachte keinen Hinweis auf eine Fernmetastasierung.

Als eine wesentliche Maßnahme erhielt die Patientin zunächst das Mistelpräparat Abnobaviscum Fraxini 20 mg subkutan und tumorfern. Hierauf setzte eine therapeutisch durchaus erwünschte Temperaturerhöhung auf 38,5 °C. ein. Eine Woche später wurde die doppelte Menge, also 40 mg des genannten Präparats, intratumoral in die linke Mamma appliziert. Hierauf entwickelte die Patientin Fieber mit einer maximalen Temperatur von 39,0 °C. Es zeigten sich jeweils ausgedehnte Lokalreaktionen in Form von Rötungen mit Juckreiz um die Einstichstelle bei ansonsten guter Verträglichkeit.

Die Patientin stimmte nunmehr auch einer antihormonellen Behandlung mit täglich 2,5 mg Letrozol zu, die sie allerdings 9/08 eigenverantwortlich absetzte.

In unserer Gemeinschaftspraxis setzten wir die intratumorale Misteltherapie in steigender Dosierung jeweils einmal wöchentlich fort.

Vom 06.05.08 bis zum 03.06.08 erhielt die Patientin während 5 Konsultationen im wöchentlichen Abstand jeweils 80 mg Abnobaviscum Fraxini sowohl als intratumorale Injektion, d. h. perimammilär links, als auch in die Indurationen in Richtung auf die linke Axilla.

Vom 17.06.08 bis einschließlich den 12.08.08 wurden wöchentlich (insgesamt 8 ×) jeweils 100 mg des genannten Mistelpräparats wiederum intratumoral appliziert und vom 19.08.08 bis zum 11.03.09 wurden (insgesamt 19 ×) 120 mg in gleicher Weise verabreicht.

Die Verträglichkeit der hochdosierten intratumoralen Mistelgaben war, abgesehen von einer letzten Fieberreaktion auf die insgesamt 3. intratumorale Injektion, sehr gut. Das Blutbild zeigte jeweils keine Abweichungen, insbesondere keine Veränderung der Leukozytenwerte.

Darüber hinaus erhielt die Patientin ab 10/08 in etwa 6-wöchentlichen Abständen moderate Ganzkörperhyperthermien (jeweils 2 Anwendungen) unter stationären Bedingungen.

Unter dieser Behandlung zeigten sich 6/08 sonographisch noch tumorverdächtige Herde der linken Mamma, 7/08 kam es jedoch zu einer vollständigen Reduktion der zuvor deutlich palpablen Indurationen, in die ja jeweils injiziert wurde. Die Patientin berichtete von einer besseren Beweglichkeit des linken Arms und gab an, nach langer Zeit wieder wie früher auf dem Bauch schlafen zu können. Diese Besserungstendenz hielt an und konnte 9/08 durch den Befund eines erneut angefertigten CT-Thorax als deutliche Besserung gegenüber den Vergleichsaufnahmen 3/07 (CT-Thorax) und 3/08 (MRT-Thorax) dokumentiert werden [Abb. 1] – [6]. In der Beurteilung heißt es: Die ausgedehnten Lymphome links axillär und brustwandnah sind vollständig verschwunden, die flächenhaften, teils nodulären Verdichtungen der linken Mamma sind im Vergleich zum Vor-MRT leicht rückläufig.

Abb. 1: CT-Thorax 3/07.

Abb. 2: CT-Thorax 3/07.

Abb. 3: MRT-Thorax 3/08.

Abb. 4: MRT-Thorax 3/08.

Abb. 5: CT-Thorax 9/08.

Abb. 6: CT-Thorax 9/08.

Palpatorisch zeigte sich die linke Mamma weich und keineswegs suspekt, die Patientin war völlig beschwerdefrei. Jedoch sind ab 2/09 erneut Indurationen, insbesondere im Bereich der linken vorderen Axillarlinie aufgetreten, welche sonographisch echogen imponierten mit einem maximalen Durchmesser von 2,1 cm.

Geplant sind nunmehr die Fortsetzung der intratumoralen Misteltherapie und die Ergänzung der moderaten Ganzkörperhyperthermie um die lokoregionäre Hyperthermie. Zudem hat die Patientin die antihormonelle Therapie seit 4/09 wieder aufgenommen, nunmehr mit täglich 1 mg Anastrozol.

Literatur

  • 01 Kröz M, Brauer D, Pickartz H, Girke M. Misteltherapie bei einem Patienten mit Pleuramesotheliom. In: Scheer, Bauer, Becker, Fintelmann, Kemper, Schilcher: Fortschritte der Misteltherapie. Essen KVC-Verlag; 2005
  • 02 Nabrotzki M, Scheffler A. Komplette Remission nach intratumoraler Misteltherapie eines Duodenum-Carcinom-Rezidivs. In: Scheer, Bauer, Becker, Berg, Fintelmann: Die Mistel in der Tumortherapie. Essen; KVC-Verlag 2001
  • 03 Scheffler A, Mast H, Fischer S, Mertelsmann H R. Komplette Remission eines Mundhöhlencarcinoms nach alleiniger Mistelbehandlung. In: Scheer, Becker, Berg: Grundlagen der Misteltherapie. Stuttgart; Hippokrates 1996

Korrespondenzadresse

Matthias Nabrotzki

Arzt für Allgemeinmedizin

Am Eichhof 30

75223 Niefern-Öschelbronn

Dr. med. Reiner Penter

Paracelsus-Krankenhaus Unterlengenhardt

Burghaldenweg 60

75378 Bad Liebenzell

Email: reiner.penter@web.de

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