Zahnmedizin up2date 2009; 3(06): 607-623
DOI: 10.1055/s-0029-1186182
Kieferorthopädie

Kieferorthopädisch-kieferchirurgische Therapie Erwachsener

Diagnostik, Vorbehandlung, Operationsplanung und postchirurgische KFO‐Behandlung
Karl-Heinz Dannhauer
,
Karl-Friedrich Krey
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Einleitung

„Der Übergang von Eugnathie zu Dysgnathie ist ein fließender, wie der zwischen Tag und Nacht. Scharfe Grenzen lassen sich nicht ziehen.“

Dieser Kommentar von Häupl (1955) [[1]] ist auch im Zeitalter von Lifestyle und kassenrechtlicher Begrenzung beim Zugang der Patienten zur kieferorthopädisch-kieferchirurgischen Behandlung zeitgemäß und trifft immer noch den Kern der Problematik bei der kombinierten Behandlung ausgeprägter skelettaler Dysgnathien.

Zitat

„Für die Praxis sind im Allgemeinen nur jene Fälle von Dysgnathien von Interesse, die einer Behandlung bedürfen. Aber auch darüber gehen gegebenenfalls die Meinungen der einzelnen Kieferorthopäden auseinander.“ Häupl (1955)

Orientiert man sich stärker am Behandlungswunsch des Patienten, der häufig ästhetische Aspekte in den Vordergrund stellt? Oder achtet man mehr auf eine funktionelle Ausgewogenheit, die u. U. nur eine geringere morphologische Harmonisierung erwarten lässt?

Das bedeutet auch, dass eine Vielzahl von natürlichen Anpassungserscheinungen sowohl in morphologischer als auch in funktioneller Hinsicht im klinischen Bild der Dysgnathie vereint sind.

Daher ist für eine systematische Diagnostik und eine daraus abgeleitete Behandlungsstrategie eine Aufteilung des Gesamtensembles in seine anatomischen und funktionellen Besonderheiten unumgänglich.

Kieferorthopädie im Wandel der Zeit

Nach mehr als 20 Jahren klinischer Erfahrung auf dem Spezialgebiet der Diagnostik und Planung kieferorthopädischer Vor- und Nachbehandlung von Dysgnathieoperationen hat sich eine Entwicklung bzw. Polarisierung bei speziellen anomaliebezogenen Fragestellungen ergeben. Waren es noch vor ca. 20 Jahren Patienten mit massiven Progenien und offenen Bissen, die hauptsächlich eine kombiniert kieferorthopädisch-kieferchirurgische Therapie erhielten, beobachtet man heute einen Trend hin zu sehr speziellen und in der Regel alle zahnärztlichen Fachdisziplinen integrierenden Behandlungsansätzen.

Die Feineinstellung der Okklusion unter Nutzung sehr spezieller prothetischer Konzepte ist heute zur klinischen Realität geworden. In diesem Zusammenhang stellen die tiefen Bisse mit besonderer Frontzahninklination im Ober- und Unterkiefer eine echte Herausforderung für alle Fachgebiete dar (Abb. [1]). Wir wollen mit dieser Publikation der Behandlung dieser speziellen Gruppe von skelettalen Anomalien Rechnung tragen und die praktische Vorgehensweise an speziellen Behandlungsbeispielen illustrieren.

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Abb. 1 a und ba Überlagerung von Fernröntgenseitbild und Weichgewebsprofil. Die Lage der Unterlippe vor den oberen Frontzähnen als ein wesentliches Merkmal und ätiologischer Faktor der Klasse II/2-Entstehung sind erkennbar. b Der Verlauf der perioralen Muskulatur wird im Schema ersichtlich.
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Publikationsverlauf

Publikationsdatum:
15. Dezember 2009 (online)

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