intensiv 2009; 17(2): 98-99
DOI: 10.1055/s-0028-1109273
Literaturkommentar

© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Häufung von Venenkatheter-assoziierten Septikämien nach Einführung eines neuen Ventilkonnektors

Hardy-Thorsten Panknin
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Publication Date:
16 March 2009 (online)

Nosokomiale Septikämien im Zusammenhang mit einer Gefäßkatheterisierung stellen nach wie vor eine der häufigsten infektiösen Komplikationen im Krankenhaus dar. Die Erreger können dabei auf verschiedenen Wegen in die Blutbahn gelangen. Zum einen kann es bereits bei der Insertion eines Venenkatheters zur Einschleppung von kontaminierten Hautpartikeln in den Stichkanal und in die Blutbahn kommen. Zum anderen werden Infusionslösungen im klinischen Alltag oft nicht mit der gebotenen Sorgfalt angestochen und angeschlossen, sodass Erreger von den Händen des Personals in Infusionen und i. v. Medikationen gelangen ([Abb. 1]).

Abb. 1 Infektionswege der Katheterinfektion.

Eine der kritischsten Stellen bei der Infusionstherapie sind jedoch die Zuspritzöffnungen an Dreiwegehähnen bzw. der Konus von Venenkathetern. Kleine Hygienefehler beim Öffnen der Verschlüsse, beim Ansetzen von Spritzen oder beim Wiederverschluss der Systeme mit den sogenannten „Kombistopfen“ können an dieser Stelle zum Eintrag von Mikroorganismen führen.

Um die hygienische Handhabung der Zuspritzöffnungen zu verbessern, wurden die sog. Membrankonnektoren entwickelt. Es handelt sich um geschlossene Zuspritzventile, die als Dauerverschluss auf Dreiwegehähne oder auf den Konus von Verweilkanülen aufgeschraubt werden können. Soll eine Injektion in das System vorgenommen oder eine Leitung angeschlossen werden, so kann der Konus einer Luer-Spritze oder einer Perfusorleitung direkt an den Konnektor angesetzt werden. Bei den Konnektoren vom Typ des sog. Ventilmembrankonnektors öffnet sich der Infusionsweg, indem der Spritzenkonus eine Gummimembran nach innen drückt. Durch die Kompression der Gummimembran schiebt sich eine im Inneren des Konnektors liegende Stahlkanüle in den Spritzenkonus vor. Ein anderer Typ von Konnektor, der sog. Split-Septum-Konnektor, verfügt über eine zweiteilige Kunststoffmembran, die sich bei Ansetzen der Spritze wie eine Schiebetür öffnet. Da es oft als ein Nachteil der Konnektoren betrachtet wurde, dass beim Abziehen einer Spritze eine geringe Menge Blut in die Venenkatheterspitze zurückläuft, wurden in den letzten Jahren sog. Positivdruck-Konnektoren entwickelt. Diese Konnektoren sind etwas größer, da sie über eine zusätzliche Kammer zur Speicherung der injizierten Lösung nach Art eines Windkessels verfügen. Beim Abziehen der Luer-Spritze wird das gespeicherte Volumen in patientenseitige Richtung wieder abgegeben und die Katheterspitze somit freigespült. Diese Konnektoren werden als „Positivdruck-Konnektor“ bezeichnet ([Abb. 2]).

Abb. 2 Nadelfreie Konnektoren. Rechts im Bild der Positivdruck-Konnektor SmartsiteR-Plus. Innerhalb des weißen Gehäuses ist eine nach dem Windkesselprinzip arbeitende Flüssigkeitskammer enthalten, die beim Abziehen einer Spritze einen Flüssigkeitsbolus in Patientenrichtung einspült.

Ein Konnektor dieses Typs wurde kürzlich im Nebraska Medical Center, der Universitätsklinik von Omaha, USA, eingeführt. Die Erfahrungen waren allerdings alarmierend und zeigten, dass die Einführung von neuem Zubehör auch unerwartet nachteilige Effekte haben kann.

Bei der Klinik handelte es sich um ein 689-Betten-Krankenhaus der höchsten Versorgungsstufe, in dem auch Knochenmarktransplantationen und solide Organtransplantationen durchgeführt werden. Septikämien und andere device-assoziierten nosokomialen Infektionen wurden bereits über mehrere Jahren mit dem Infektionserfassungssystem der Centers for Disease Control and Prevention (National Nosocomial Infections Surveillance System, NNIS) erfasst. Bevor der neue Konnektor eingeführt wurde, hatte die Klinik überwiegend einen sogenannten Split-Septum-Konnektor einer anderen Herstellerfirma eingesetzt. Die Basis-Septikämierate hatte in dieser Zeit zwischen 2 und 8 Episoden pro 1000 Patiententage gelegen. Bei dem neu eingeführten Konnektor handelte es sich um den SmartsiteR-Plus-Konnektor der Fa. Alaris, wobei der Zusatz „Plus“ den positiven Spüldruck des Konnektors bezeichnet.

Die Einführung des neuen Konnektors erfolgte im Februar 2005 und wurde durch intensive Schulungen von Praxisanleitern und Repräsentanten der Herstellerfirma begleitet. Die maximale Standzeit des Konnektors betrug 7 Tage. Oft wurden die Konnektoren jedoch bereits früher gewechselt, wenn sie beschädigt oder verschmutzt waren bzw. Zeichen der Leckage erkennen ließen. Unmittelbar nach Einführung der neuen Konnektoren kam es im März 2005 zu einem akuten Anstieg der Septikämierate bis zu Spitzenwerten von 10 – 15 Septikämieepisoden pro 1000 Venenkathetertage. Aufgrund der Latenz der Erfassung dauerte es allerdings mehrere Monate, bis der Anstieg bemerkt wurde. Die Zunahme von Septikämien wurde in gleichartiger Weise auf allen 8 Intensiv- und Transplantationsstationen, auf 9 Normalstationen sowie auf 2 gemischt belegten Transplantations-Nachsorgestationen beobachtet. Kontaminationen der Blutkulturflaschen konnten ausgeschlossen werden. In [Abb. 3] ist die Mittelwertskurve der 9 Intensivstationen dargestellt.

Abb. 3 Verlauf der Venenkatheter-assoziierten Septikämierate auf den 8 Intensiv- und Transplantationsstationen. Die gestrichelte Linie stellt die Rücknahmephase des neuen Konnektors dar, die sich aufgrund von Kommunikationsproblemen über 3 Monate hinzog.

Es wurde umgehend entschieden, die Konnektoren wieder aus der Klinik zu entfernen und auf das zuvor verwendete Modell zurückzugehen. Dies gelang allerdings trotz intensiver Kommunikation mit den Stationen nur sukzessive. Immer wieder wurden Restbestände des Positivdruck-Konnektors entdeckt, die aus dem Verkehr gezogen werden mussten. Ab August 2005 konnte schließlich davon ausgegangen werden, dass nur noch der alte Konnektortyp eingesetzt wurde.

Das Erregerspektrum der Septikämien während der 6-monatigen Einsatzphase des neuen Konnektors zeigte keine wesentlichen Unterschiede gegenüber der Vorperiode. Häufigste Erreger waren koagulase-negative Staphylokokken, Enterokokken, Staphylococcus aureus, gram-negative Stäbchenbakterien und gelegentlich Candida spp. Stichprobenhaft wurden 37 Konnektoren von 12 betroffenen Patienten durch Rückspülung mikrobiologisch beprobt. Dabei zeigte sich in 9 Proben (24,3 %) Wachstum von typischen Hautkeimen (koagulase-negative Staphylokokken, diphtheroide Stäbchen). In einem Fall war die ausgespülte Flüssigkeit blutig tingiert.

Literatur

  • 1 Rupp M E. et al . Outreak of bloodstream infection temporally associated with the use of an intravascular needleless valve.  Clin Infect Dis. 2007;  44 1408-1414

Hardy-Thorsten Panknin

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