intensiv 2009; 17(2): 92-95
DOI: 10.1055/s-0028-1109081
Recht

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Weisungs- und Direktionsrecht in der Pflege – immer wieder in der Diskussion[1]

Es gilt, vielfältige Rechtsfragen zu bedenken – bis hin zum Weigerungs- und Anzeigerecht!Werner Schell
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Publication Date:
16 March 2009 (online)

Das Weisungsrecht ist das Recht des Arbeitgebers, dem Arbeitnehmer im Zusammenhang mit der Wahrnehmung seiner sich aus dem Arbeitsvertrag ergebenden Dienstpflicht Weisungen über Art, Umfang, Zeit und Ort der Dienstleistung zu erteilen. Es wird auch als Direktionsrecht bezeichnet. Diesem Weisungs- bzw. Direktionsrecht des Arbeitgebers entspricht auf Arbeitnehmerseite die Weisungsgebundenheit. Es handelt sich dabei um charakteristische Merkmale eines Arbeitsverhältnisses.

Die weisungsgebundene Arbeits- und Dienstpflicht gehört zu den Hauptpflichten des Arbeitnehmers. Neben diesen Hauptpflichten bestehen eine Reihe von Nebenpflichten. Eine Nebenpflicht des Arbeitnehmers besteht darin, den Arbeitgeber auf bestimmte organisatorische Unzulänglichkeiten aufmerksam zu machen, die die sorgfältige Wahrnehmung der Dienstpflichten infrage stellen und sich vor allem als Gefährdung von Gesundheit und Sicherheit präsentieren können. Weitere Einzelheiten dazu ergeben sich unter anderem aus dem Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG).

Das Weisungsrecht kann weitreichende Auswirkungen haben; zum Beispiel bezogen auf Überstunden und Mehrarbeit, Versetzungen, Eingruppierungen, Pausen, Schichtarbeit, Rufbereitschaft, Nebentätigkeit, Tragen bestimmter Kleidung, Rauchverbot und vieles andere mehr. Was allerdings arbeitsvertraglich eindeutig geregelt ist, unterliegt nicht mehr dem Direktionsrecht des Arbeitgebers!

Zum Direktions- bzw. Weisungsrecht des Arbeitgebers gehört in der Gesundheitsversorgung auch die Übertragung (Delegation) ärztlicher Aufgaben auf das nicht ärztliche Personal; ein immer wieder diskutiertes und spannendes Thema, das vielfältige Fragen in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht aufwirft. Erst am 29.8.2008 haben die Bundesärztekammer (BÄK) und die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) eine aktualisierte Erklärung zu den „Möglichkeiten und Grenzen der Delegation ärztlicher Leistungen” herausgegeben und im Deutschen Ärzteblatt vorgestellt [1].

Ich selbst habe auch wiederholt Hinweise zur Delegation von ärztlichen Aufgaben auf das Pflegepersonal abgegeben [2] [3]. Dabei habe ich folgende Faustregeln formuliert:

Eine Gefährdung des Patienten muss immer ausgeschlossen werden. Eine Delegation ist unzulässig, wenn die durchzuführende Aufgabe im konkreten Fall das Tätigwerden des Arztes selbst erfordert. Man kann sagen, je geringer die theoretische und praktische Gefährdungsmöglichkeit des Patienten ist, desto eher darf der Arzt die anstehende Verrichtung zur Durchführung einer Pflegeperson übertragen. Das nicht ärztliche Personal kann grundsätzlich darauf bestehen, dass die Anordnung zur Durchführung von übertragbaren ärztlichen Aufgaben, zum Beispiel Blutentnahme, Infusion, Injektion, schriftlich erteilt wird. Dabei muss gewährleistet sein, dass die Anordnung alle erforderlichen Angaben enthält und keine Fragen offen lässt. Solange eine erforderliche schriftliche Anordnung nicht vorliegt, kann mit der Durchführung der Verrichtungen gewartet werden. Es muss jedoch sichergestellt sein, dass der Anordnende die Zurückhaltung kennt oder vorhersehen kann. Im Rahmen einer notfallmäßigen Patientenversorgung muss unter Umständen auf eine schriftliche Anordnung verzichtet werden.

1 Der Beitrag wurde auf der Grundlage eines Vortragsmanuskripts zum Thema erstellt.

Literatur

  • 1 , http://www.wernerschell.de/Medizin-Infos/Pflege/DelegationBAEK091008.pdf
  • 2 Schell W. Staatsbürger- und Gesetzeskunde für Pflegeberufe. Stuttgart; Thieme Verlag 2005 12. Auflage: 96 ff.
  • 3 Schell W. Injektionsproblematik aus rechtlicher Sicht. Buchreihe der Schlüterschen Hannover; Kunz Verlag 2001 5. Auflage
  • 4 Schell W. Pflichtwidrigkeiten bei der Berufstätigkeit können weitreichende haftungsrechtliche Folgen nach sich ziehen.  Kinderkrankenschwester. 2003;  9 382 ff

1 Der Beitrag wurde auf der Grundlage eines Vortragsmanuskripts zum Thema erstellt.

2 Wichtige Entscheidungen im Überblick: Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 2.7.2001 – 1 BvR 2049/00, Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 17.1.2002 – 11 Sa 1422/01, Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 3.7.2003 – 1 AZR 235/02, Urteil des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen vom 13.6.2005 – 5 Sa 137/02, Urteil des Landesarbeitsgerichts Mainz vom 4.10.2005 – 5 Sa 140/05 – Mobbing, Urteil des Landgerichts München vom 7.9.2005 – 15 O 25369/04 – Mobbing, Beschluss des Bundesarbeitsgerichts vom 22.11.2005 – 1 ABR 50/04, Urteil des Arbeitsgerichts Siegburg vom 27.1.2005 – 1 Ca 3288/04 – Unmutsäußerungen am Arbeitsplatz, Urteil des Landesarbeitsgerichts Berlin vom 28.3.2006 – 7 Sa 1884/05.

Werner Schell

Dozent für Pflegerecht

Harffer Str. 59

41469 Neuss

Email: ProPflege@wernerschell.de

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