Frauenheilkunde up2date 2008; 2(6): 537-551
DOI: 10.1055/s-0028-1098727
Gynäkologische Spezialgebiete und Methoden

© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart ˙ New York

Notfälle in der Gynäkologie – Vulvovaginale Verletzungen und deren Spätfolgen

M. Hartog, J. Humburg, W. Holzgreve
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Publication Date:
18 December 2008 (online)

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Kernaussagen

Vulvovaginale Verletzungen, die nicht im peripartalen Zeitraum entstehen, sind aufgrund ihrer Genese und des Verletzungsmusters oft einzigartig. Wegen z. T. schwerer Blutungen und einer möglichen Verletzung anderer Beckenorgane stellen sie in ihrer Versorgung eine Herausforderung dar, u. a. auch deshalb, weil die Anamnese durch Schamgefühle erschwert sein kann oder ärztliche Hilfe erst verzögert in Anspruch genommen wird. Als Sammelbegriff umfassen vulvovaginale Verletzungen stumpfe Traumen der Vulva (Straddle Injury), akzidentielle Perforationen (unter Einschluss von Fremdkörpern), Verletzungen durch sexuellen Missbrauch, Einreißen und Gewebeverletzung durch plötzliche Grätschung der unteren Extremität und unfallbedingte Beckenfrakturen.

Vulväre Verletzungen

Vulväre und perineale Traumata werden meist durch ein stumpfes Trauma in der Grätschposition (Straddle Injury) hervorgerufen. Sie sind häufig einseitig und oberflächlich und typischerweise begleitet von einem Hämatom. Da die Labien im Kindesalter weniger Fettpolster aufweisen und Kinder vielfältig körperlich aktiv sind, treten Verletzungen an der Vulva gehäuft im Kindesalter auf. Das Hämatom bildet sich meist spontan unter Eiskühlung und Kompression zurück, bei aktiver Blutung muss es ggf. auch eröffnet werden. Eine chirurgische Intervention ist nur bei klaffenden Riss-Quetsch-Wunden an der Vulva indiziert, ansonsten sind Kompressionsverbände ausreichend. Befinden sich die Wunden im Bereich des Perineums, werden sie wie geburtshilfliche Dammverletzungen versorgt.

Vaginale Verletzungen

Die meisten Vaginalverletzungen entstehen durch ein Pfählungstrauma mit entsprechender Blutungssymptomatik. Je nach Verletzungsmuster sind weitere Abklärungen durchzuführen, um das Ausmaß der Verletzungen zu eruieren und die geeignete Versorgung in einem Zentrum einzuleiten. Oberflächliche Verletzungen können in Lokalanästhesie versorgt werden. Bildet sich ein vaginales Hämatom, wird dieses nur im Falle einer zunehmenden Schwellung ausgeräumt und das verletzte Gefäß ligiert. Ansonsten ist Beobachtung und Analgesie meist ausreichend. Neben der Pfählungsverletzung treten Verletzungen an der Vagina auch durch eingeführte Fremdkörper auf. Diese können meist unter Lokalanästhesie transvaginal entfernt und die Wunden entsprechend versorgt werden (Antibiotikaprophylaxe). Kohabitationsverletzungen müssen in der überwiegenden Mehrheit der Fälle chirurgisch versorgt werden. Häufig handelt es sich dabei auch um Mehrfachverletzungen. Um alle Blutungsquellen zu entdecken, empfiehlt sich eine standardisierte Inspektion der Vagina. Hilfreich ist das Legen einer Tamponade mit feuchten Gazekompressen.

Literatur

M. Hartog

Frauenklinik Universitätsspital Basel

Spitalstrasse 21

CH-4031 Basel

Email: hartogM@uhbs.ch