Laryngorhinootologie 2008; 87(10): 692-693
DOI: 10.1055/s-0028-1098029
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Kopf-Hals-Tumoren - Plattenepithelkarzinome trotz Tabak- und Alkoholabstinenz

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Publication Date:
09 October 2008 (online)

 

Viele Mundhöhlen- und Rachenkarzinome entstehen im Zusammenhang mit einem regelmäßigen Tabak- und Alkoholkonsum. K. R. Dahlstrom et al. untersuchten, ob sich bei Betroffenen, die diese Faktoren nicht aufweisen, andere Risiken finden lassen. Head Neck 2008; 30: 75–84

Diese kleine Gruppe von Patienten wurde bisher wenig untersucht, könnte aber einen steigenden Anteil an Patienten mit Plattenepithelkarzinomen der Mundhöhle, von Oro- und Hypopharynx sowie Larynx ausmachen. Im Rahmen einer prospektiven, epidemiologischen Studie zu dieser Turmorentität identifizierten die Autoren diejenigen Patienten, welche als Nichtraucher und Nichtalkoholkonsumenten bezeichnet werden konnten (weniger als 100 Zigaretten bis zur Diagnose geraucht, nie ein Jahr lang mindestens einmal wöchentlich Alkohol getrunken, NRNA). 1131 Patienten, die in Alter, Geschlecht, Bevölkerungsgruppenzugehörigkeit und primärer Tumorlokalisation vergleichbar waren und einen kritischen Tabak- und/oder Alkoholkonsum aufwiesen, wurden 172 NRNA in der Auswertung gegenübergestellt.

NRNA-Patienten waren häufiger weiblich und häufig deutlich jünger oder älter als die Vergleichspatienten: 41% der NRNA-Patienten waren jünger als 50 Jahre, ein Drittel der weiblichen Patienten älter als 70 Jahre. Der Anteil von Mundhöhlen-, Hypopharynx- und Larynxkarzinomen war in der NRNA-Gruppe höher als bei den Vergleichspatienten, während oropharyngeale Karzinome ähnlich häufig auftraten. Die Hauptlokalisation unterschied sich je nach Geschlecht und Alter. Jüngere Frauen litten eher an Zungenkarzinomen, ältere Frauen eher an gingivalen und bukkalen Tumoren. Bei jüngeren bis mittelalten Männern der NRNA-Gruppe traten relativ häufig Oropharynxkarzinome auf. Auf der Suche nach Risikofaktoren ergab sich bei 11% der NRNA-Patienten (17% der Männer dieser Gruppe) ein regelmäßiger Konsum von anderen Tabakprodukten (Kautabak, Schnupftabak etc.) oder Marihuana. 41% (45% der Frauen) waren regelmäßig Tabakrauch ausgesetzt, 24% (36% der Männer) berichteten von einer beruflichen Belastung mit Toxinen oder Karzinogenen und 30% gaben die Diagnose einer gastroösophagealen Refluxkrankheit an.

Die Befunde weisen auf einen möglichen Zusammenhang von Passivrauchen und Mundhöhlen- bzw. Rachenkarzinomen bei Frauen hin. Berufliche Exposition und der Konsum anderer Tabakprodukte könnte bei Männern mit dem Auftreten von Karzinomen zusammenhängen, vermuten die Autoren. Über die Hälfte der Patienten waren seropositiv für das humane Papillomavirus Typ 16, was auf eine Bedeutung dieser Infektion für die Karzinomentwicklung hindeuten könnte.

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