Eine neue klinische Studie lässt Zweifel an der Hypothese aufkommen, dass die Amyloidklumpen
tatsächlich die Ursache für den geistigen Abbau bei Alzheimer sind.
In der Post-mortem-Analyse wurden die Gehirne von 8 Patienten untersucht, die mit
dem Impfstoff AN1792 gegen ß-Amyloid immunisiert worden waren und etwa 5 Jahre später
an Alzheimer starben [1]. (Eine große Studie mit dem Impfstoff war 2002 gestoppt worden, nachdem einige der
Patienten eine aseptische Meningoenzephalitis entwickelt hatten. Insgesamt hatte die
Immunisierung nach einem Jahr keinen signifikanten Einfluss auf die Kognition, wenngleich
sich bei einigen Patienten mit sehr hohen Antikörpertitern die geistigen Fähigkeiten
etwas stabilisiert hatten.) Die Forscher konnten in ihrer Analyse jetzt feststellen,
dass der mangelnde Erfolg nicht auf ein Scheitern der Immunisierung zurückzuführen
ist: Der ß-Amyloidgehalt in den Gehirnen der Geimpften war deutlich niedriger als
bei ungeimpften Alzheimerkranken (2,1 vs. 5,1 %), und er war am niedrigsten bei den
beiden Patienten mit den höchsten Antikörpertitern gegen ß-Amyloid. Hier lag der Amyloidgehalt
nur noch bei 0,35 und 0,12 %. Auf den klinischen Verlauf hatte das zumindest bei diesen
beiden Patienten keinen Einfluss: Sie hatten genau so schnell eine schwere Demenz
entwickelt wie ungeimpfte Alzheimerkranke und waren auch genau so schnell an Alzheimer
gestorben.
Abb. 1 Beta-Amyloid (rot), das im Gehirn von einem grün markierten Astrozyten abgebaut
wird. Foto: Jens Husemann, Columbia-University, New York
Rolle der Amyloide weiterhin unklar
Die Rolle der Amyloide und ist offenbar komplizierter als bisher angenommen. Allein
durch den Amyloid-Abbau lässt sich der Krankheitsprozess offenbar nicht aufhalten.
Möglicherweise kommt die Immunisierung zu spät. Einmal durch Amyloid in Gang gesetzt,
läuft der Prozess möglicherweise auch ohne das Protein weiter - dann müsste man früher
impfen, spekuliert Holmes. Vielleicht ist aber auch nicht das verklumpte ß-Amyloid
das Problem, sondern das lösliche. Die Verklumpung wäre dann vielleicht sogar eine
Schutzreaktion und die Impfung gegen Amyloidklumpen mitunter schädlich. Allerdings
müssten für stichhaltige Aussage noch weitere Gehirne analysiert werden. Daran dürfte
es künftig nicht mangeln: Studien mit neuen Amyloid-Impfstoffen sind geplant oder
laufen bereits.
Quelle: Ärzte Zeitung online, Artikel vom 5. August 2008