Anästhesiol Intensivmed Notfallmed Schmerzther 2008; 43(9): 616-623
DOI: 10.1055/s-0028-1090024
Fachwissen
Topthema: Der alte Patient in der Anästhesiologie
© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Perioperative Analgesie: Opioide, Nicht–Opioid–Analgetika und Co–Analgetika

Analgetics, Co–Analgetics and Opioid–Analgetics in the elderlyChristoph H.R. Wiese, Michael Strumpf, Bernhard M. Graf
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Publication Date:
15 September 2008 (online)

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Zusammenfassung

Durch die steigende Lebenserwartung wird sich der Arzt zunehmend auch mit den spezifischen Besonderheiten und Risiken einer analgetischen Therapie bei älteren Patienten beschäftigen. In der folgenden Übersicht werden pathophysiologische Besonderheiten und sich daraus ergebende klinische Konsequenzen für die sowohl prae–, peri– und postoperative analgetische Therapie bei älteren Patienten vorgestellt.

Abstract

There is a continuous increase in the proportion of elderly patients. Therefore physicians should be aware of specifics according to pain therapy in the elderly. This review will concentrate on selected topics related to pain therapy in the elderly patient. Furthermore specific consequences according to drug therapy are shown.

Kernaussagen

  • Altersbedingte strukturelle und funktionelle Veränderungen von Organen und Geweben können die Pharmakokinetik und –dynamik von Analgetika beeinflussen.

  • Alte Menschen nehmen aufgrund von Vorerkrankungen meist zahlreiche Medikamente ein. Diese können mit prä–, peri– und postoperativ applizierten Medikamenten interagieren.

  • Die Leber wird bei alten Patienten schlechter durchblutet, und die glomeruläre Filtrationsrate ist niedriger. Dadurch verbleiben Wirkstoffe länger im Körper und die Wirkdauer erhöht sich.

  • Das Herzzeitvolumen nimmt im Alter ab. Dadurch gelangen zentral wirksame Analgetika verspätet ins zentrale Nervensystem, und die Wirkung tritt verzögert ein.

  • Fentanyl: Bei älteren Patienten scheint die intrinsische Sensitivät gegenüber diesem Opioid erhöht sein, denn bereits 50 % der normalen Dosis reichen aus, um das EEG zu unterdrücken.

  • Remifentanil ist für alte Patienten sehr gut geeignet. Es muss jedoch berücksichtigt werden, dass es bei älteren Menschen später anflutet und um 50 % geringer dosiert werden sollte.

  • Auch Sulfentanil und Alfentanil sollten bei alten Patienten nur in der halben Dosis verabreicht werden. Außerdem tritt die Wirkung dieser Opioide verzögert ein und hält länger an.

  • Bei einer kardialen, hepatischen, renalen oder diabetischen Vorerkrankung bzw. einer Vormedikation mit antikoagulativ wirksamen Medikamenten sollte der Einsatz von Coxiben oder NSAID aufgrund der Nebenwirkungen kritisch überdacht werden.

  • Coxibe erhöhen das Risiko für kardiovaskuläre Komplikationen und dürfen daher bei Patienten mit bekannten kardiovaskulären Vorerkrankungen nicht eingesetzt werden. Bei Patienten mit gastrointestinalen Vorerkrankungen sollte ein Einsatz von NSAID und Coxiben ebenfalls unterbleiben.

  • Zur Schmerztherapie bei alten Patienten hat sich eine Kombinationstherapie mit Antikonvulsiva bzw. Antidepressiva bewährt: Antikonvulsiva werden bei neuropathischen, einschießenden und elektrisierenden Schmerzen eingesetzt und Antidepressiva bei der Behandlung neuropathischer Schmerzen und schmerzhafter Dysästhesien.

Literatur

Dr. med. Christoph H. R. Wiese
Prof. Dr. med. Michael Strumpf
Prof. Dr. med. Bernhard M. Graf

Email: cwiese@zari.de