Z Orthop Unfall 2008; 146(4): 432-433
DOI: 10.1055/s-0028-1085035
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© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Postoperative Infektionen - Frühinfektionen nach operativ versorgter hüftgelenksnaher Fraktur

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Publication Date:
03 September 2008 (online)

 
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Die Studie erfasst prospektiv die aufgetretenen oberflächlichen und tiefen Wundinfektionen von 3686 Patienten, die in einem Zeitraum von 5 Jahren an einem Universitätsklinikum (Department of Orthopaedics and Trauma, University Hospital, Nottingham, UK) wegen einer hüftgelenksnahen Fraktur behandelt wurden. Sie betrachtet die Risikofaktoren, die Behandlung, die Bakteriologie, die Mortalität und die Kosten bei manifester Infektion nach operativer Versorgung.

Early infection after hip fracture surgery. Risk factors, costs and outcome. J Bone Joint Surg Br 2008; 90: 770-777

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Material und Methode

Alle Daten von Patienten mit einer hüftgelenksnahen Fraktur wurden von einem unabhängigen Untersucher prospektiv gesammelt. Da das Krankenhaus die einzige Einrichtung in einem Einzugsgebiet von etwa 750.000 Einwohnern ist, die eine Notfallversorgung durchführt, war es den Autoren möglich Früh- und Spätinfektionen weitestgehend vollständig zu erfassen. Die Daten wurden retrospektiv ausgewertet, dabei wurden Patienten mit einer periprothetischen Fraktur ausgeschlossen (einziges Ausschlusskriterium).

Die operative Versorgung der hüftgelenksnahen Fraktur erfolgte unter einer Antibiotikaprophylaxe. Bei Penicillin- allergie wurde mit Vancomycin behandelt, ansonsten kam ein Cephalosporin zu Anwendung. Die Operation erfolgte immer in einem "laminar airflow"-Operationsraum. Bei zementierten Implantaten wurde ein gentamycinhaltiger Zement verwendet. Die Operationsdauer und das verwendete Implantat wurden erfasst.

Bei allen Patienten bei denen eine postoperative Infektion aufgetreten war, konnten diese auf den primären Eingriff zurückgeführt werden. Die Infektion wurde als tiefe Infektion klassifiziert, wenn der Infekt bis auf die tiefe Faszie zu verfolgen war, die Wunde offen oder drainiert gelassen werden musste, radiologische Zeichen eines Infektes nachgewiesen oder das Implantat entfernt werden musste. Wundprobleme bei denen eine Antibiotikatherapie erfolgte ohne dass eines der oben genannten Anzeichen eines tiefen Infekts auftrat wurden unabhängig vom bakteriologischen Ergebnis als oberflächige Wundinfektionen klassifiziert.

Die Kosten der Operationszeit wurden aus den Personalkosten für Operationssaal und Aufwachraum, den Kosten für die Ausrüstung und Sterilisation, den Kosten der Wegwerfartikel und den Anästhesiekosten abgeschätzt. Die Kosten für die weitere Behandlung auf Intensiv-, Überwachungs- bzw. Normalstation wurden retrospektiv erfasst und mit einem Tagessatz festgelegt. Eine Kontrollgruppe wurde aus den operativ versorgten Patienten, bei denen keine Wundinfektion aufgetreten war nach Zufallsprinzip erstellt. Beide Gruppen wurden mit entsprechenden statistischen Mitteln verglichen.

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Ergebnisse

Von 3 686 Patienten die untersucht wurden, wurden 123 Patienten konservativ behandelt. Bei den 3 563 operierten Patienten trat bei 80 (2,3 %) eine Infektion auf. Davon wurden 41 Fälle als tiefe (1,2 %) und 39 als oberflächliche (1,1 %) Infektion klassifiziert. s konnte bei Alter und Geschlecht keine statistische Signifikanz für eine Infektion gefunden werden. In der Gruppe mit Infektion fanden sich tendenziell mehr Patienten mit intrakapsulärer Fraktur.

Die Implantatwahl bot ebenfalls keine statistische Signifikanz, wobei bei 2 Implantaten eine erhöhte Wundinfektrate im Vergleich zur mittleren Infektionsrate gefunden wurde.

Bei 49 % der Infekte wurde MRSA nachgewiesen. MSSA wurde bei 24 % gefunden. Bei 11 % konnte kein Keim gefunden werden, da hier häufig bereits aufgrund einer entsprechenden Klinik vorab mit einer Antibiotikatherapie begonnen wurde. Diese Fälle wurden als oberflächliche Wundinfektion identifiziert. Nur bei einem Fall einer tiefen Infektion konnte kein Keim nachgewiesen werden.

Die 30-Tage-Mortalität zeigte sich bei den Patienten ohne Infektion mit 10,8 % deutlich höher als bei den Patienten mit Infektion (5 %). Die Mortalitätsrate nach einem Jahr lag jedoch mit 50 % in der Gruppe der Patienten mit Infektion entscheidend höher als in der Gruppe ohne Infekt (30 %).

Risikofaktoren (kardiovaskuläre-, Nieren- und respiratorische Erkrankungen, Diabetes mellitus, Infarkt, Parkinson, M. Paget, Rauchen, mehr als 4 Medikamente in der Eigenanamnese und eine präoperative Langzeitantikoagulation) zeigten keinen Einfluss auf das Wundinfektrisiko nach hüftgelenksnaher Fraktur. Der einzige Faktor, der einen statistischen Trend zeigte, war die orale Einnahme von Steroiden.

Die Behandlungskosten hüftgelenksnaher Frakturen wurden durch eine Wundinfektion drastisch gesteigert (£ 25.940.44 mit Infektion zu £ 8978.56 ohne Infektion). Dies ließ sich vor allem auf die verlängerte Krankenhausaufenthaltsdauer zurückführen (ohne Infektion 22 Tage, mit oberflächlicher Infektion 50 Tage, mit tiefer Infektion 100 Tage).

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Kommentar

Die Studie beschäftigte sich mit der Komplikation des Wundinfektes nach operativer Versorgung hüftgelenksnaher Frakturen. Es fand sich eine beeindruckende Infektionsrate von 1,2%. Analoge Untersuchungen zu postoperativen Infektionen nach hüftgelenksnaher Fraktur fanden ähnliche [1] bzw. deutlich höhere Infektionsraten [2], [3]. Beunruhigend ist der Nachweis von multiresistenten Staphylokkoken bei 49%. Leider wurde zu diesem Aspekt auf eine detaillierte Diskussion verzichtet. OP-Kosten (Verzweifachung), Untersuchungskosten (Verdreifachung), Krankenaufenthaltsdauer (Vervierfachung) und Mortalität (beinahe Verdoppelung) steigen den Erwartungen gemäß bei Manifestation eines postoperativen Wundinfekts. Die Studie belegt diese Fakten detailliert mit Daten.

Dr. Patrick Haar

Dr. Patrick Haar

Abteilung für Unfall- und Wiederherstellungschirurgie

Chirurgische Klinik und Poliklinik der Universität Rostock

Email: patrick.haar@med.uni-rostock.de

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Literatur

  • 01 Partaanen J . Syrjala H . Vahanikkila H . Jalovaara P . Impact of deep infection after hip fracture surgery on function and mortality.  J Hosp Infect. 2006;  62 44-9
  • 02 Mackay DC . Harrison WJ . Bates JH . Dickenson D . Audit of deep wound infection following hip fracture surgery.  J R Coll Surg Edinb. 2000;  45 56-9
  • 03 Ridgeway S . Wilson J . Charlet A . Kafatos G . Pearson A . Coello R . Infection of the surgical site after arthroplasty of the hip.  J Bone Joint Surg Br.. 2005 Jun;  87 (6) 844-50
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Literatur

  • 01 Partaanen J . Syrjala H . Vahanikkila H . Jalovaara P . Impact of deep infection after hip fracture surgery on function and mortality.  J Hosp Infect. 2006;  62 44-9
  • 02 Mackay DC . Harrison WJ . Bates JH . Dickenson D . Audit of deep wound infection following hip fracture surgery.  J R Coll Surg Edinb. 2000;  45 56-9
  • 03 Ridgeway S . Wilson J . Charlet A . Kafatos G . Pearson A . Coello R . Infection of the surgical site after arthroplasty of the hip.  J Bone Joint Surg Br.. 2005 Jun;  87 (6) 844-50