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DOI: 10.1055/a-2573-1105
Für Sie gelesen: Aktuelle Studien

Walde P, Völlm B. Effekte von Genesungsbegleitung in der Psychiatrischen Versorgung: Ein Systematischer Review of Reviews. Psychiatrische Praxis 2025; 52 (2): 70–79. DOI: 10.1055/a-2490-6896
Hintergrund: Der Einsatz von Genesungsbegleitenden, auch als Peer Support Workers oder Peers bezeichnet, ist ein bedeutender Bestandteil eines recoveryorientierten Ansatzes in der psychiatrischen Versorgungslandschaft. Peers haben persönliche Erfahrungen mit psychischen Krisen und führen auch mit dieser Erfahrung einer psychiatrischen Erkrankung ein integriertes Leben. Beim Peer Support handelt es sich um Unterstützungsangebote von Peers auf der Grundlage eines geteilten Erfahrungshintergrunds von Peers und Betroffenen. Mit dem Einsatz von Peers werden unterschiedliche positive Effekte verbunden, wie zum Beispiel die Vermittlung von Hoffnung, Empowerment, Selbstwirksamkeit und Medikamenten-Adhärenz. Der vorliegende „Review of Reviews“ gibt einen Überblick über bereits vorhandene Übersichtsarbeiten zu den Effekten von Genesungsbegleitung.
Methode: Es wurde eine systematische Literaturrecherche in den Datenbanken Cochrane Library, Medline, PsychArticles, PsycINFO und PSYNDEX durchgeführt. Einbezogen wurden Literatur-Reviews sowie Metaanalysen quantitativer Studien und Metasynthesen qualitativer Studien. Einschlusskriterien waren unter anderem die Verwendung einer systematischen Suchstrategie und die formale Einbindung der Peer Support Worker als bezahlte Anstellte in einem stationären oder ambulanten psychiatrischen sowie psychotherapeutischen Setting.
Ergebnisse: 17 Einzel-Reviews mit 209 Primärstudien wurden in den Übersichts-Review eingeschlossen. Drei Kategorien mit diversen Unterthemen wurden identifiziert. Kategorie 1 „Klinische Outcomes“: Hospitalisierung, Symptome, Servicequalität und -nutzung, Gesundheitsverhalten. Die Outcomes zeigen keine oder gemischte Effekte. Kategorie 2 „Psychosoziale Effekte“: unter anderem Recovery, Empowerment, Hoffnung, soziale Einbindung, Stigmatisierung, Selbstwert und Selbstwirksamkeit. Hier weisen die Ergebnisse auf geringe positive Effekte hin. Kategorie 3 „Organisationsebene und übergeordnete Strukturen“: Kosten, Kommunikation/Beziehung zwischen Patient*innen und Mitarbeitenden, Arbeitsbelastung der Mitarbeitenden. Hier wurden zum Teil nichtkonsistente, gemischte bis positive Effekte beschrieben.
Fazit: Die Ergebnisse wurden infolge der Varianz der untersuchten Effekte und der häufig dürftigen methodischen Qualität der Einzel-Reviews nicht statistisch ausgewertet. Die vorliegenden Ergebnisse lassen vermuten, dass Genesungsbegleitung dazu beitragen kann, die psychosozialen Outcomes im Rahmen eines Recovery-Ansatzes, wie zum Beispiel Hoffnung und Lebensqualität, positiv zu beeinflussen, seltener trifft dies bei klinischen Outcomes, wie Symptomausprägung oder Hospitalisierung, zu.
Gitte Herwig
Adams R, Ryan T, Wood E. Understanding the factors that affect retention within the mental health nursing workforce: a systematic review and thematic synthesis. International Journal of Mental Health Nursing 2021; 30 (6): 1476–1497. DOI: 10.1111/inm.12904
Hintergrund: Weltweit stellt der Mangel an Pflegekräften ein zunehmendes Problem dar. Die Weltgesundheitsorganisation schätzt den Mangel an medizinischen Fachpersonen im Gesundheitswesen auf 12,9 Millionen ein. Die Berufsgruppe der Pflegenden stellt innerhalb der Berufsgruppen im Gesundheitswesen einen Anteil von 50 % dar. Im britischen Gesundheitssystem (National Health Service, NHS) wird die Zahl der unbesetzten Stellen mit mehr als 41 000 angegeben. Um der hohen Fluktuationsrate von Pflegekräften entgegenzuwirken, wurde bereits 2017 vom NHS ein nationales Programm ins Leben gerufen, um Mitarbeitende zu binden. Ziel war es, sowohl die wirtschaftlichen Kosten (unter anderem für Leiharbeitende) zu senken als auch den Anforderungen einer sicheren Patient*innenversorgung zu entsprechen. Ziel des vorliegenden Reviews ist es, die Faktoren zu ermitteln, die sich auf die Mitarbeitendenbindung psychiatrisch Pflegender auswirken.
Methode: Es wurde eine systematische Literaturrecherche durchgeführt. Mit festgelegten Suchbegriffen wurde unter anderem in den Datenbanken CINAHL, PsycINFO, Medline, Web of Science, Embase und British Nursing Index gesucht. 23 Studien konnten in den Review miteinbezogen werden. Die Qualität der Studien wurde bewertet, die Ergebnisse der quantitativen Studien wurden durch eine Datentransformation in eine qualitative Form umgewandelt.
Ergebnisse: Vier übergreifende Themen und Unterthemen konnten identifiziert werden: 1. Individuelle Charakteristika mit den Unterthemen demografische Merkmale, Erfahrung und beschäftigungsbezogene Faktoren, Werte. 2. Arbeit innerhalb der Einrichtungen mit den Unterthemen Wahrnehmung der Arbeit, Faktoren in der Praxis, klinisches Umfeld. 3. Ausbildung und Kompetenzen mit den Unterthemen, Krankenpflegeausbildungen, Entwicklung und Erhalt von Fähigkeiten. 4. Arbeitsumfeld mit den Unterthemen Arbeitsbeziehungen, Führung, Organisationskultur, Gehalt, Arbeitszeiten, Ressourcen.
Fazit: Spezifische Strategien zur Mitarbeitendenbindung sollten für jedes Fachgebiet der Pflege dargelegt werden. Ziel sollte sein, maßgeschneiderte Bindungsstrategien zu entwickeln, um die Arbeitszufriedenheit zu erhöhen und den Pflegenotstand zu reduzieren. Als notwendig werden zukünftig qualitative Studien erachtet, um weitere Faktoren zu generieren, die sich auf die Bindung von psychiatrisch Pflegenden auswirken. Auch der Einbezug der Perspektive von Leitungskräften sollte in zukünftigen Forschungsarbeiten berücksichtigt werden.
Gitte Herwig
Publication History
Article published online:
23 July 2025
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