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DOI: 10.1055/a-2570-0321
Die Blütezeit der Homöopathie

Blütezeiten gab es in der gut 200-jährigen Geschichte der Homöopathie immer wieder sowie auch die Entwicklung in die Gegenrichtung. Die letzte Blütezeit der Homöopathie lag in den beginnenden 1980er- und 1990er- bis in die frühen 2000er-Jahre. Damals erreichte die Homöopathie einen Höhepunkt an Popularität, insbesondere in vielen Ländern Europas und anhaltend z. B. in Indien. Es gab mehrere Gründe, die dazu beitrugen: Viele Menschen suchten nach Heilmethoden als Ergänzung zur konventionellen Medizin. Zu dieser Zeit wurden verschiedene alternative Heilmethoden, Naturheilkunde und ganzheitliche Ansätze bis zur Esoterik populär. In Deutschland wurde 1976 die Homöopathie offiziell als besondere Therapierichtung in die Arzneimittelgesetzgebung aufgenommen, was ihren Status stärkte. Viele gesetzliche Krankenkassen begannen – wegen der gesetzlichen Lage – homöopathische Behandlungen zu erstatten. Die Homöopathie war salonfähig, zahlreiche Prominente, darunter Ärzte und Politiker (Karl und Veronica Carstens-Stiftung), unterstützten sie öffentlich. Es gab zahlreiche – und glücklicherweise gibt es manche davon noch immer – Lehrstühle und Forschungsprojekte zur Homöopathie an verschiedenen Universitäten, inklusive Lehrveranstaltungen für Student*innen, Aus- und Fortbildung, anerkannt von den Ärztekammern. Fachzeitschriften und Bücher zur Homöopathie erreichten eine große Leserschaft. Vor etwa 30 Jahren erlebte sie eine neue und die bisher letzte Renaissance in Europa. In dieser Zeit kam auch das gegenwärtige Herausgeberteam der AHZ in Kontakt mit der Homöopathie. Für mich war es während des Medizinstudiums kein Widerspruch, mich mit beiden „Welten“ zu beschäftigen und mein Wissen zu vertiefen. Die Student*innen forderten damals Vorlesungen zur Homöopathie; in den Hörsälen der damaligen Fakultät für Medizin der Universität Wien (heute MUW), war es kein Problem, entsprechende Veranstaltungen zu organisieren. Ein paar Studentengenerationen später wird an dieser Universität ein Wahlfach zur Esoterik in der Medizin angeboten, in dem die Homöopathie naturgemäß nicht gut wegkommt; was zählt, ist Evidence-Based Medicine, geschuldet der materialistischen Weltanschauung des Transhumanismus.
Publication History
Article published online:
21 July 2025
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