Sportphysio 2025; 13(03): 116-119
DOI: 10.1055/a-2569-6287
Research

Aus der Forschung für die Praxis

Katrin Veit
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Patellarsehnentendinopathie

Progressive Belastungsübungen besser als exzentrisches Training

Die Patellarsehnentendinopathie ist eine häufige Überlastungsreaktion, die insbesondere im Sport mit Sprungbelastungen auftritt. Sie führt zu langanhaltenden Schmerzen, eingeschränkter sportlicher Leistungsfähigkeit und verringert oft auch die Arbeitsproduktivität. Therapeutische Übungen stellen die Grundlage für die konservative Behandlung dieser Erkrankung dar. Die „JUMPER“-Studie hat gezeigt, dass ein progressives Belastungsprogramm effektiver ist als das klassische exzentrische Training. Das Reha-Protokoll und die Publikation sind „open access“ und hier zu finden: https://bjsm.bmj.com/content/55/9/501. Dennoch bleibt unklar, welche Mechanismen den Erfolg des progressiven Belastungsprogramms erklären. Es wird vermutet, dass Veränderungen der physikalischen Eigenschaften wie Muskelkraft oder Bewegungsumfang sowie Parameter wie Sehnendicke oder Neovaskularisation der Sehne eine Rolle spielen könnten.

Eine niederländische Studie untersuchte deshalb mittels kausaler Mediationsanalyse – einer Methode, mit der man prüft, ob und wie eine Variable den Zusammenhang zwischen Ursache und Wirkung vermittelt –, ob diese Veränderungen tatsächlich als Vermittler der Therapieeffekte fungieren. Grundlage war die obengenannte „JUMPER“-Studie, eine RCT mit 76 Athlet*innen (18–35 Jahre) mit diagnostizierter Patellarsehnentendinopathie. Die Teilnehmenden erhielten entweder ein progressives Belastungsprogramm (isometrische, isotonische und sportartspezifische Übungen) oder ein exzentrisches Training (Decline Board und sportartspezifische Übungen).

Die Outcome-Parameter waren die schmerzbezogene Beeinträchtigung, gemessen mit dem VISA-P-Fragebogen, sowie die Schmerzintensität nach einem Single-Leg-Decline-Squat-Test, bewertet mittels einer visuellen Analogskala (VAS). Potenzielle Mediatoren waren physikalische Faktoren (Quadrizepskraft, Sprungleistung, Bewegungsumfang) sowie Sehnendicke und Neovaskularisation, die mit bildgebenden Verfahren gemessen wurden.

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Abb. 1 Bei einer Patellatendinopathie ist ein progressives Belastungsprogramm effektiver als ein exzentrisches Training. Split Squats gehören zu den Übungen des Trainingsprogramms. (Quelle: © Quelle: Kadlec D, Groeger D, Hrsg. Athletiktraining in der Sportphysiotherapie. Stuttgart: Thieme; 2020)

Von den 76 ursprünglich eingeschlossenen Teilnehmenden wurden vollständige Daten von 61 analysiert. Die Ergebnisse zeigten, dass der positive Effekt eines progressiven Belastungsprogramms auf die schmerzbezogene Beeinträchtigung (VISA-P) und den Schmerz (VAS) nicht durch Veränderungen der untersuchten physikalischen oder physiologischen Veränderungen erklärt werden konnte. Die indirekten Effekte der Mediatoren waren statistisch nicht signifikant. Das bedeutet, dass weder eine Zunahme der Muskelkraft, eine Verbesserung der Beweglichkeit noch Veränderungen in der Sehnendicke oder der Neovaskularisation entscheidend für die beobachteten Therapieeffekte waren.

FAZIT

Die Effektivität von progressiven Belastungsübungen bei der Behandlung der Patellarsehnentendinopathie ist nicht auf Veränderungen physikalischer oder physiologischer Eigenschaften zurückzuführen.

Dies hat wichtige Implikationen für die Praxis: Physiotherapeut*innen sollten sich nicht ausschließlich auf die Verbesserung dieser Faktoren konzentrieren, sondern alternative Mechanismen in Betracht ziehen. Insbesondere neurophysiologische und psychologische Aspekte, wie die Veränderung der Schmerzverarbeitung und -bewältigung, könnten eine Rolle spielen. Zukünftige Forschung mit größeren Stichproben sollte sich darauf konzentrieren, diese Mechanismen weiter zu untersuchen und so die Behandlung weiter zu optimieren.

AUF EINEN BLICK

Design: Sekundäranalyse einer randomisierten kontrollierten Studie mit kausaler Mediationsanalyse

Teilnehmer: 76 Athlet*innen (18–35 Jahre) mit diagnostizierter Patellarsehnentendinopathie

Parameter: schmerzbezogene Beeinträchtigung (VISA-P), Schmerz (VAS), Muskelkraft, Bewegungsumfang, Sprungleistung, Sehnendicke, Neovaskularisation

Resultate: Die positiven Effekte des progressiven Belastungsübungsprogramms konnten nicht durch Veränderungen der untersuchten Parameter erklärt werden. Alle analysierten Mediatoren wiesen keine signifikanten indirekten Effekte auf.

Katrin Veit

Deng J, Runhaar J, Breda SJ et al. Do physical or imaging changes explain the effectiveness of progressive tendon loading exercises? A causal mediation analysis of athletes with patellar tendinopathy. J Sci Med Sport 2024; 24: 00597–8




Publication History

Article published online:
01 July 2025

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