Aktuelle Urol 2025; 56(04): 367-379
DOI: 10.1055/a-2531-5190
Operative Techniken

Gynäkologische Urologie: Urethralkarunkel, Urethralprolaps und Urethradivertikel

Patrick de Geeter
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Operation der Urethralkarunkel

Steckbrief

Die Urethralkarunkel ist der häufigste Tumor der weiblichen Harnröhre und manifestiert sich fast ausschließlich nach der Menopause. Es handelt sich um eine breitbasig aufsitzende, rötliche, leicht druckdolente und polypoide Exkreszenz am unteren Rand des Meatus externus urethrae. Die Symptome sind eher unspezifisch. Die Diagnose stützt sich auf die Inspektion und letztendlich auf die histopathologische Untersuchung. Bei der operativen Behandlung empfiehlt sich eine saubere Resektion.


Synonyme

  • Urethralkarunkel

  • Schleimhautvorstülpung der weiblichen Harnröhre


Keywords

  • Urethralkarunkel

  • Karunkel


Definition

  • Die Urethralkarunkel ist der häufigste Tumor der weiblichen Harnröhre und manifestiert sich fast ausschließlich nach der Menopause.

  • Es handelt sich um eine breitbasig aufsitzende, rötliche, leicht druckdolente und polypoide Exkreszenz am unteren Rand des Meatus externus urethrae; nicht selten sieht man eine ähnliche Struktur bei Patientinnen mit transurethralem Dauerkatheter.

  • Die Symptome sind eher unspezifisch:

    • Dysurie, Dyspareunie, Pollakisurie, Hämaturie, postkoitale Blutung oder ein vulvovaginales Fremdkörpergefühl

  • Die Diagnose stützt sich auf die Inspektion und letztendlich auf die histopathologische Untersuchung.

  • Insgesamt 3 histologische Subtypen werden beschrieben:

    • papillomatöse, angiomatöse oder stromale Karunkel (in Abhängigkeit davon, ob epitheliale, vaskuläre oder stromale Anteile das histologische Bild bestimmen)

  • Bei der operativen Behandlung empfiehlt sich eine saubere Resektion.

  • Eine Ligatur der Basis mit nachfolgender Nekrose kann ebenso wenig befürwortet werden, wie eine Verödung der Karunkel mit z. B. Silbernitrat (AgNO3).


Indikationen

  • Eine Urethralkarunkel wird nur operativ behandelt, wenn

    • diese symptomatisch ist oder

    • die Diagnose eher unsicher ist und

    • der Befund suspekt ist.

Indikationen
  • bei Symptomen

  • bei unsicherer Diagnose bzw. beim suspektem Befund (Urethra-Karzinom)


Kontraindikationen

  • Eine Behandlung ist nicht erforderlich, wenn der Befund klinisch eindeutig und völlig asymptomatisch ist, wie z.B. bei Dauerkatheter-Behandlung.

Kontraindikationen
  • asymptomatisch

  • klinisch eindeutig


Anästhesie

  • Vollnarkose (Larynxmaske)

  • Regionalanästhesie


Aufklärung und spezielle Risiken

  • postoperative narbige Meatusstenose

  • beim unsicheren Befund: DD Urethrakarzinom. Aufklärung über die notwendige histologische Aufarbeitung

  • Harninkontinenz (extrem selten!)


Präoperative/präinterventionelle Diagnostik

  • obligat

    • vaginale Inspektion

  • fakultativ

    • Harnröhren-Kalibrierung


Material

  • Bougie-à-boule-Set

  • Diathermie-Nadel oder Einmalskalpell (Größe 15)

  • kleine scharfe Wundhäkchen

  • Dittel-Stifte (konischer Urethralbougie)

  • Schleimhautnähte = resorbierbares Nahtmaterial:

    • Copolymer aus 90 % Glycolid und 10 % L-Lactid (z. B. Novosyn quick 4–0, 5–0) oder Polyglactin (z. B. Vicryl rapide 4–0, 5–0)


Durchführung

Vor Beginn des Eingriffs

  • OP bzw. Eingriffsraum

  • keine Blutkonserven erforderlich

  • Markierung der zu operierenden Körperregion nicht erforderlich

  • unauffälligen Urinstatus verifizieren

  • Harnröhrenkalibrierung evtl. in Narkose wiederholen


Chirurgische Anatomie

  • Meatus externus urethrae


Zugangswege

  • gezielt am Meatus externus urethrae


Lagerung

  • Steinschnittlagerung


Operationsschritte

Operation Step-by-Step
  • Lagerung

  • Harnröhrensondierung und Darstellung der Karunkel

  • Resektion der Karunkel

  • Naht der Schleimhautränder und Einlegen eines 24-Charr.-Dauerkatheters

Harnröhrensondierung und Darstellung der Karunkel

  • Durch den Dittel-Stift wird der Meatus externus ausreichend dargestellt ([Abb. 1]).

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Abb. 1 Harnröhrensondierung und Darstellung der Karunkel. Quelle: de Geeter P. Operation des Urethralkarunkels. In: Albers P, Heidenreich A, Hrsg. Standardoperationen in der Urologie. 2. vollständig überarbeitete und erweiterte Auflage. Stuttgart: Thieme; 2014
Praxistipp

Alternativ kann ein Bougie à boule verwendet werden, sodass die Karunkel hervorluxiert werden kann.


Resektion der Karunkel

  • Einstellen des Meatus externus mithilfe von kleinen scharfen Wundhäkchen.

  • Vorsichtiges Fassen der Karunkel mit der Pinzette oder mit einer Allis-Klemme.

  • Abtragen der Karunkel an der Basis mit der Diathermienadel oder mit dem Skalpell ([Abb. 2]).

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Abb. 2 Resektion der Karunkel. Quelle: de Geeter P. Operation des Urethralkarunkels. In: Albers P, Heidenreich A, Hrsg. Standardoperationen in der Urologie. 2. vollständig überarbeitete und erweiterte Auflage. Stuttgart: Thieme; 2014
Praxistipp

Manchmal sind Markierungsfäden auf beiden Seiten der Karunkel hilfreich für eine bessere Übersicht.


Naht der Schleimhautränder und Einlegen eines 24-Charr.-Dauerkatheters:

  • Mit blutstillenden Einzelknopfnähten wird der Schleimhautdefekt übernäht.

  • Einlegen eines 24-Charr.-Dauerkatheters für 12–24 Std ([Abb. 3]).

  • Einsenden des Präparats zur histopathologischen Untersuchung.

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Abb. 3 Naht der Schleimhautränder und Einlegen eines 24-Charr.-Dauerkatheters. Quelle: de Geeter P. Operation des Urethralkarunkels. In: Albers P, Heidenreich A, Hrsg. Standardoperationen in der Urologie. 2. vollständig überarbeitete und erweiterte Auflage. Stuttgart: Thieme; 2014



Mögliche Komplikationen

Intraoperative Komplikationen

  • keine nennenswerten intraoperativen Komplikationen


Postoperative Komplikationen

  • narbige Meatusstenose

    • Dann ist im Verlauf eine plastische Meatotomie erforderlich.

  • Eine Harninkontinenz nach umschriebener Resektion einer Urethralkarunkel ist höchst unwahrscheinlich.



OP-Bericht

  • Vermerk über die histopathologische Untersuchung

  • Katheter-Liegedauer angeben


Postoperatives Management

  • Dauerkatheter 12–24 Stunden belassen

  • Intimhygiene beachten:

    • Vaginalduschen ab 1. postoperativen Tag

  • kurzzeitige Antibiotikaprophylaxe perioperativ (Einmalgabe)




Publication History

Article published online:
22 July 2025

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