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DOI: 10.1055/a-2530-3784
Blickwinkel zur Umstellung auf Hybrid-DRG
Interview mit Dr. Burkhard Lembeck und Prof. Karl-Dieter Heller
Dr. Burkhard Lembeck
Niedergelassener Orthopäde in der Praxis Dres. Lembeck & Pampel, Ostfildern-Nellingen, Präsident des Berufsverbandes für Orthopädie und Unfallchirurgie (BVOU), Kongresspräsident des DKOU 2021 und Delegierter der Kassenärztlichen Vereinigungen in Baden-Württemberg und Berlin.
Prof. Dr. med. Karl-Dieter Heller
Ärztlicher Direktor, Chefarzt der Orthopädischen Klinik Stiftung Herzogin Elisabeth Hospital, Braunschweig, Leiter des EndoProthetikZentrums der Maximalversorgung, Vorstandsmitglied DGOU, DGOOC, AE, DKG, Ehrenmitglied BVOU, Kongresspräsident des DKOU 2013, Mitglied in zahlreichen wissenschaftlichen Fachgesellschaften.
Ist die Hybrid-DRG auskömmlich?
Heller: Für den stationären Bereich ist die Vergütung über die verschiedenen OPS betrachtet, grenzwertig. Das Problem sind die Sachkosten, die nicht differenziert genug in der Pauschalierung berücksichtigt werden. Kostendeckend wird es, wenn die Sachkosten minimiert werden, ein ähnliches Qualitätsproblem wie bei den stationären DRGs. Lembeck: Im ambulanten Bereich kommt es zu Unter- und Überfinanzierungen im Vergleich zur bisherigen EBM-Vergütung, je nach Komplexität des Eingriffs und dem Anteil der Sachkosten.
Entsteht durch die H-DRG-Abrechnung ein zusätzlicher administrativer Aufwand?
Heller: Die mit der bisherigen DRG-Abrechnung betrauten Abteilungen in den Kliniken können damit umgehen, auch wenn sich die Abrechnung aktuell noch komplexer darstellt. Lembeck: In den Praxen ist zu den bisherigen Abrechnungsstrukturen noch eine weitere administrative Tätigkeit durch den DRG-Browser hinzugekommen.
Rechnen Sie diese in Ihrer Einrechnung direkt gegenüber den Krankenkassen ab oder nutzen Sie einen Dienstleister?
Heller: Direktabrechnung mit den Krankenkassen (wie bei DRG-Abrechnung bisher üblich). Lembeck: Die Abrechnung läuft über die zuständige Kassenärztliche Vereinigung bzw. Managementgesellschaften.
Haben Sie einen definierten Verteilungsschlüssel für die H-DRG-Pauschale zwischen Orthopädie und Anästhesie?
Heller: Keine Änderung im stationären Bereich notwendig. Allerdings schmälern die Kosten anderer externer Leistungserbringer (Pathologie, Labor) zusätzlich. Lembeck: Die Berufsverbände haben Empfehlungen konsentiert, jedoch muss aufgrund der unterschiedlichen Formen der Zusammenarbeit vor Ort eine individuelle Verteilungsregelung für die H-DRG-Pauschale gefunden werden.
Wie verfahren Sie mit den Sachkosten?
Heller und Lembeck: Die Sachkosten sind ein deutlicher Schwachpunkt der aktuellen H-DRG-Regelung, da diese nicht adäquat abgebildet werden. Je nach operativem Eingriff schwanken diese deutlich und es besteht die Gefahr, dass sachkostenlastige OP-Verfahren vermieden werden oder dass auf eine „billigere“ osteosynthetische Implantatversorgung ausgewichen wird.
Halten Sie die Erweiterung des H-DRG-Kataloges für sinnvoll?
Heller: Vermutlich wird der H-DRG-Katalog sich in Richtung weiterer arthroskopischer Eingriffe sowie hin zur einfachen, mittelfristig auch komplexen Knie- und Schulterchirurgie entwickeln, um die angestrebten Zahlen zu erreichen. Für Kliniken bedeutet das ablauforganisatorische und räumlich-strukturelle Umstellungen, wenn der Anteil ambulanter Operationen deutlich zunimmt. Große Teile der Unfallchirurgie, der Endoprothetik und der Wirbelsäulenchirurgie werden auch zukünftig nicht über eine H-DRG abzudecken sein, da diese eine stationäre Versorgung benötigen. Um diese Fälle werden die Kliniken stärker als aktuell konkurrieren. Lembeck: Grundsätzlich ist an einer zunehmenden Ambulantisierung nichts auszusetzen. Allerdings hat die H-DRG in der aktuellen Version deutliche handwerkliche Fehler, z. B. da eine der Berechnungsgrundlagen die stationären 1-Tages-Fälle sind. Diese berücksichtigen die Spreizung weder im Bereich des operativen Aufwands noch die unterschiedlichen Sachkostenanteile.
Beide Interviewpartner (siehe [Abb. 1] und [Abb. 2]) sehen die Gefahr, dass es zu ertragsorientierten Ausweichbewegungen in Richtung DRG (höhere Vergütung) bzw. EBM-Abrechnung (gesonderte Vergütung der Sachkosten nach tatsächlichem Aufwand) kommt, wenn die o. g. Differenzierung nicht eingepreist wird.
Das Ziel einer zunehmenden Ambulantisierung ist nur über finanziell attraktive Anreizmodelle im ambulanten und stationären Bereich zu erreichen. Keinesfalls darf die H-DRG zu einem Dumping-Modell durch weitere finanzielle Abwertungen verkommen. Die operative Komplexität muss stärkere Berücksichtigung finden und die Sachkosten realistisch eingepreist werden. Das bedeutet eine größere Spreizung der H-DRG-Vergütung, je nach durchgeführter Prozedur und dem damit verbundenen Sachkostenaufwand für Implantate.
Beiden Interviewpartnern ist anzumerken, dass sie sich bei ihrer Patientenversorgung mehr auf die medizinischen Erfordernisse konzentrieren und nicht bei jedem Handgriff durch betriebswirtschaftliche Gesichtspunkte gegängelt werden wollen.
Die Fragen stellte Herr Dr. Guntram Fischer.




Publication History
Article published online:
25 March 2025
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