Erratum zu diesem Artikel:
ErratumArthritis und Rheuma 2025; 45(02): E1-E1
DOI: 10.1055/a-2593-4315
Kinderrheumatologie - Gelenksonografie - Ultraschall - Coxitis - Hüfte
ABKÜRZUNGEN
BMI:
Body-Mass-Index
JIA:
juvenile idiopathische Arthritis
MRT:
Magnetresonanztomografie
OMERACT:
Outcome Measures in Rheumatology and Clinical Trials
PRF:
Impulswiederholfrequenz
Die sonografische Untersuchung der Hüfte konzentriert sich in der Kinderrheumatologie
oft auf den
Ergussnachweis im Hüftgelenk. Dieser ist im Monitoring von Patienten mit juveniler
idiopathischer Arthritis
(JIA) aus 2 Gründen sehr wichtig:
-
Beim Hüftgelenk fehlt das klinische Zeichen der Gelenkschwellung zur Untersuchung
auf das
Vorhandensein einer Arthritis.
-
Die schmerzhaft eingeschränkte Rotation (insbesondere Innenrotation) ist unzuverlässig,
weil es
insbesondere bei chronischer Arthritis zu einer chronischen Dilatation der Gelenkkapsel
kommt und die
Rotation in Anwesenheit eines Gelenkergusses dann nicht mehr unbedingt zu einer Kapselspannung
mit
nachfolgender Aktivierung der Schmerzfasern führt.
Gleichzeitig ist die sonografische Untersuchung des Hüftgelenks auf das Vorhandensein
eines Gelenkergusses
angesichts der klaren Anatomie relativ einfach und auch sehr zeiteffizient durchzuführen.
Ausgehend vom
Hüftgelenk kann es außerdem zu Synovialzysten kommen [1], [2] und es gibt zahlreiche Bursae, die ebenfalls entzündlich verändert sein
können.
Weitere sehr wesentliche Strukturen im Bereich des Hüftgelenks, die bei rheumatischen
Erkrankungen betroffen
sein können, sind die zahlreichen Enthesen, einschließlich der proximalen Enthese
des M. gluteus medius am
posterioren Beckenrand, des M. sartorius am der Spina iliaca anterior superior, des
M. rectus femoris sowohl
an der Spina iliaca anterior inferior als auch am posterioren Os ileum, des M. gluteus
medius und minimus am
Trochanter major und der Adduktorenmuskeln am Os pubis und Femur. Die Enthesen an
der hinteren Hüfte sind
differenzialdiagnostisch eher in der Sportmedizin relevant. In diesem Kapitel werden
neben der Untersuchung
des Hüftgelenks von anterior die Enthesen am Trochanter major behandelt. Für weitergehende
Illustrationen zu
relevanten Enthesen verweisen wir auf das Ped-MUS E-book (www.ped-mus.com).
Sonoanatomie/Ossifikation beim Gesunden
Sonoanatomie/Ossifikation beim Gesunden
Die knöcherne Anatomie des Hüftgelenks ist relativ einfach und klar. In der Pädiatrie
ist zu beachten, dass
die Epiphyse und das sekundäre Ossifikationszentrum in der Epiphyse je nach Alter
und Pubertätsstadium sehr
unterschiedlich aussehen können (www.ped-mus.com). Die Gelenkkapsel besteht aus einem
vorderen und hinteren
Kapselblatt, wobei das vordere Kapselblatt von proximal und über den Femurkopf kommend
durch das Lig.
iliofemorale von außen verstärkt wird ([
Abb. 1
]). Weiter distal im Bereich des Femurschafts faltet sich die Kapsel dann um und das
innere
Kapselblatt erstreckt sich entlang des Femurs bis zu seinem Ansatz unterhalb des Femurkopfs.
Die im gesunden
Zustand nicht sichtbare Synovialis kleidet sowohl das äußere als auch das innere Kapselblatt
von innen aus
und liegt der Gelenkkapsel direkt an [3]. Oberflächlich zum äußeren
Kapselblatt verläuft der M. iliopsoas. Der Trochanter major als Ansatzpunkt des M.
gluteus minimus und M.
gluteus medius hat eine vordere Facette als Ansatz der distalen M.-gluteus-minimus-Enthese,
wobei zu
beachten ist, dass der distale Ansatz aus 2 Enthesen bzw. Sehnenbündeln besteht, die
sich umeinander
verdrehen können ([
Abb. 2
]).
Abb. 1 a Schematische Darstellung der Anatomie des vorderen Längsschnitts der Hüfte.
b Ultraschallbild des vorderen Längsschnitts der Hüfte.
* Labrum
offener Pfeil
von links vorderes Kapselblatt, darüber geschlossener Pfeil von links das Lig. iliofemorale,
das das
vordere Kapselblatt verstärkt; offener Pfeil von rechts hinteres Kapselblatt
Abb. 2 a Schematische Darstellung des Querschnitts des Trochanter major mit der
Lokalisation der unterschiedlichen Bursae. b Ultraschallbild des großen Trochanters transversal
mit dem anisotropen (dunklen) Gluteus minimus vor der vorderen Facette (*).
Der M. gluteus medius setzt mit einer Enthese an der lateralen Facette des Trochanter
major und mit einer
Enthese an der postero-superioren Facette an. An der posterioren Facette des Trochanter
major gibt es keine
Sehnenansätze. Der Trochanter major kann aus bis zu 4 Ossifikationszentren bestehen,
die schließlich
miteinander verschmelzen. Die am Trochanter major häufig zu sehenden Erosionen oder
Unterbrechungen der
Knochenkontur können daher auch einem fehlenden Verschmelzen dieser Ossifikationszentren
entsprechen.
Positionierung des Patienten und Standardschnitte
Positionierung des Patienten und Standardschnitte
Vorderer Längs- und Querschnitt
Die Lagerung des Patienten für die Untersuchung der vorderen Hüfte erfolgt in Rückenlage.
Das Bein ist
gestreckt und leicht nach außen gedreht und diese Außenrotation muss auch während
der Untersuchung immer
wieder überprüft werden, da das Kind das Bein möglicherweise in eine neutrale oder
sogar nach innen
gedrehte Position zurückbringt. Dies umso mehr, als die Untersuchung in der Leistengegend
für manche
Patienten etwas unangenehm ist. Bei sehr kleinen Kindern kann das Kind auch im Arm
der Eltern liegen.
Bewegungen während der Untersuchung können sehr hilfreich sein, um Strukturen sichtbar
zu machen und
Pathologien zu erkennen, insbesondere eine leichte Rotation des Beines.
Das proximale Femur mit dem Femurkopf wird dargestellt. Dazu wird der Schallkopf in
einem etwa 45°-Winkel
und in Richtung Leiste positioniert. Je nach Größe und Body-Mass-Index (BMI) des Patienten
muss die
Schalltiefe erhöht und die Frequenz erniedrigt werden. Proximal des Femurkopfs sind
das Azetabulum und
das Labrum zu erkennen. Entlang des Kopfes und des Halses wird die zweiblättrige Gelenkkapsel
sichtbar
gemacht mit dem darüberliegenden Iliopsoasmuskel.
Wenn es schwierig ist, das Hüftgelenk zu finden, kann der Schallkopf auch in Längs-
oder Queransicht auf
den Femurschaft aufgesetzt werden und der Untersucher kann ihm nach proximal zum Hüftgelenk
folgen, wobei
im Bereich des Schenkelhalses durch den Winkel eine Drehung erforderlich ist ([
Abb. 1
]).
Sobald die knöchernen Strukturen identifiziert sind und Schalltiefe, Frequenz und
Fokusposition angepasst
wurden, wird die Darstellung optimiert, indem der Schallkopf in der Längsachse gekippt
wird (Heel Toe
Manoeuver), gedreht wird und in der Querachse gekippt wird. Wichtig ist es, jeweils
nur eine der 3
Bewegungen auszuführen und stets nur kleine Bewegungen zu machen. Die wichtigste Korrekturbewegung
dürfte
aufgrund des konkaven Verlaufs des Schenkelhalses die Kippung in der Längsachse sein.
Das Bein kann nach
der initialen Darstellung leicht nach innen gedreht werden, um z. B. einen kleineren
Erguss nachzuweisen.
Allerdings ändert sich die Form der normalerweise konkav am Schenkelhals und Femurschaft
anliegenden
Kapsel während dieses Manövers auch bei einem gesunden Kind und diese Formänderung
darf nicht als
Pathologie missinterpretiert werden [3], [4], [5], [6]. Um
schließlich die Hüftpfanne und insbesondere das Labrum zu untersuchen, wird der Schallkopf
von der
schrägen in eine gerade Längsposition relativ zur Körperachse gedreht.
Abschließend wird der Schallkopf in eine Querposition gedreht, um erneut nach Pathologien,
insbesondere
im Hüftgelenk selbst, zu suchen. Auch Zysten und anteriore Bursae sind so gut darzustellen.
Lateraler Längs- und Querschnitt (Trochanterregion)
Die Lagerung des Patienten erfolgt idealerweise in Seitenlage. Zur Darstellung der
Trochanter major und
der Enthesen des M. gluteus medius und minimus beginnt man am besten in einem Querschnitt,
dabei wird der
Schallkopf nach Palpation des Trochanter major mit der Hand auf diesen aufgesetzt.
Nun wird der
Schallkopf in der Längsachse nach vorne gekippt und die vordere Facette zeichnet sich
mit ihrer leicht
konkaven Form ab. Die Sehnen bzw. Enthese des M. gluteus minimus sind oval zu erkennen
und aufgrund von
Anisotropie oft dunkel (s. [
Abb. 2
]). Nach Kippung des Schallkopfs in der Querachse werden sie deutlicher hyperechogen
sichtbar und
der Schallkopf kann dann in eine Längsrichtung gedreht und die Enthesen der beiden
Ansätze des M. gluteus
minimus im Längsschnitt dargestellt werden. Anschließend kann man erneut vom Querschnitt
ausgehend die
laterale und posterior-superiore Facette des Trochanter major mit den beiden Ansätzen
des M. gluteus
medius darstellen und, nachdem die Knochenkontur und die Sehne im Querschnitt gefunden
wurden, den
Schallkopf in Längsrichtung für den Längsschnitt drehen. Die Orientierung und korrekte
Identifikation der
einzelnen Sehnen und ihrer Enthesen im Querschnitt ist wesentlich einfacher und zuverlässiger,
als wenn
der Untersucher im Längsschnitt beginnt.
Entzündliche Gelenkerkrankungen im Bereich des Hüftgelenks
Entzündliche Gelenkerkrankungen im Bereich des Hüftgelenks
Zu den häufigsten entzündlichen Erkrankungen des Hüftgelenks gehören die Coxitis fugax,
die septische
Koxitis, postinfektiöse Arthritiden und die JIA. Auch im Rahmen eines Morbus Perthes
oder einer
Epiphyseolysis capitis femoris kann es zu einer Ergussbildung im Hüftgelenk kommen.
Im Rahmen der JIA, die
durch eine mindestens 6 Wochen anhaltende Gelenkentzündung mit Beginn vor dem 16.
Lebensjahr definiert ist,
tritt eine Hüftgelenkbeteiligung insbesondere bei den Unterformen der seronegativen
oder seropositiven
Polyarthritis, der Enthesitis-assoziierten Arthritis und auch der systemischen JIA
auf. Auch bei allen
anderen Unterformen der JIA kann die Entzündung der Hüftgelenke eine Rolle spielen.
Die Coxitis fugax tritt
meistens im Kleinkindalter im Rahmen eines Virusinfekts auf. Eine weitere Bedeutung
als Ursache für eine
infektassoziierte Hüftentzündung haben reaktive Arthritiden z. B. nach Enteritis oder
Urethritis. Die
eitrige oder septische Koxitis ist eine hämatogene, bakterielle Infektion des Hüftgelenks,
die grundsätzlich
in jedem Alter auftreten kann, bevorzugt jedoch bei Säuglingen oder Kleinkindern unter
4 Jahren. Da die
Epiphysenfuge in diesem Alter noch nicht als Schutzbarriere dient, kann es zu einer
Ausbreitung der
Bakterien in die Epiphyse kommen. Der häufigste Keim ist Staphylococcus aureus.
Ausgehend von umgebenden Knochen- oder Hautinfektionen kann es ebenfalls zu einer
Mitbeteiligung der
Gelenkstrukturen in der Hüftregion kommen. Kinder und Jugendliche mit rheumatischen
Gelenkerkrankungen wie
der JIA müssen frühzeitig identifiziert werden, da die Erkrankung potenziell zu einer
dauerhaften
Gelenkschädigung mit bleibender chronischer Behinderung führen kann. Die septische
Arthritis gilt als
rheumatologischer Notfall, da sie unbehandelt sehr rasch zu einer Gelenkdestruktion
führt.
Die frühzeitige, spezialisierte Behandlung einer chronischen Arthritis ist eine notwendige
Voraussetzung für
ein gutes Langzeitergebnis. Bei Kindern und Jugendlichen mit unklaren klinischen Befunden
ermöglicht der
Ultraschall eine differenzierte Betrachtung der Gelenk-, Sehnen- und anderen Weichteilstrukturen
[5]. Auch die Knochen- und Knorpeloberfläche können sehr gut beurteilt
werden ([
Abb. 3
], [
Abb. 4
]). Die Ultraschall-Task-Force der OMERACT-Gruppe (Outcome Measures in Rheumatology
and Clinical
Trials) hat auch für Kinder und Jugendliche Definitionen der Gelenkentzündung im Ultraschall
erarbeitet
[7], [8]. Ein wesentlicher Aspekt
ist dabei die Differenzierung von physiologischen und pathologischen Befunden am Gelenk.
So stellt zum
Beispiel die intrasynoviale Vaskularisation ein wichtiges Unterscheidungskriterium
dar [7], [8]. Das stoffwechselintensive
kindliche Gelenk zeigt in der Sonografie häufig einen physiologischen intra- und periartikulären
Blutfluss,
der nicht als Synovialitis fehlinterpretiert werden sollte. Lediglich Blutgefäße,
die sich eindeutig
innerhalb der synovialen Hypertrophie zeigen, sollten für die Diagnose und Entzündungsaktivität
in Betracht
gezogen werden. Aufgrund der notwendigen Eindringtiefe des Ultraschalls im Bereich
des Hüftgelenks ist die
Darstellung von sehr kleinen Blutgefäßen mit langsamer Blutströmung schwierig, sodass
selbst bei der
Darstellung eines hypertrophierten synovialen Gewebes im vorderen Hüftrezessus nicht
immer intrasynoviale
Gefäße dargestellt werden können.
Abb. 3 Koxitis rechtsseitig bei JIA mit Erguss Grad III.
Abb. 4 Koxitis rechtsseitig bei JIA mit Erguss Grad III im Transversalschnitt (Pfeil zeigt
auf
Knorpelgrenzlinie).
Neben den sonografischen Zeichen einer akuten Gelenkentzündung wie dem Erguss, der
synovialen Hypertrophie
oder der intrasynovialen Hypervaskularisation, können bei Kindern und Jugendlichen
frühzeitig oberflächliche
Knorpel- und Knochendestruktionen erfasst werden. Auch Wachstumsstörungen und insbesondere
der bei Kindern
mit JIA typischerweise auftretende Ossifikationsvorsprung kann sonografisch nachgewiesen
werden.
Entzündungen der Sehnen und Sehnenansätze sowie auch Sehnenscheidenentzündungen sind
mittels Ultraschall oft
besser darstellbar als in der Magnetresonanztomografie (MRT) [9], [10], [11]. So zeigen sich sonografische
Zeichen einer inhomogenen Verdickung und Echogenitätsveränderung der Sehne oder des
Sehnenansatzes, Exsudat
in der Sehnenscheide (oder die Sehne umgebend im Falle von Sehnen ohne Sehnenscheide),
Hypervaskularisation
und begleitende Bursitiden. Eine wichtige Bursa in der Region des Hüftgelenks ist
die Bursa iliopsoas.
Sonografischer Nachweis der Synovialitis
Sonografischer Nachweis der Synovialitis
Die Membrana synovialis ist normalerweise eine sonografisch nicht direkt sichtbare
Struktur. Bei einer
Verdickung bzw. Hypertrophie kann diese im Ultraschall jedoch abgrenzbar werden, typischerweise
als
hypoechogenes Gewebe. Pathologisch handelt es sich eigentlich um eine Synovialishyperplasie,
aber in der
Ultraschalliteratur hat sich der Begriff Synovialishypertrophie durchgesetzt. Gelegentlich
kann die
Hypertrophie sehr ausgeprägt sein, sodass die Differenzierung zu einem echogeneren
Erguss oder echogenem
Fettgewebe Schwierigkeiten bereiten kann. Im Unterschied zu einem Erguss ist die synoviale
Hypertrophie
durch Druck mit dem Schallkopf in der Regel nicht verschieblich. Ein sehr hilfreicher
Aspekt der
Ultraschalluntersuchung ist die Tatsache, dass das Gelenk während der Untersuchung
bewegt werden kann. Durch
die Bewegung lassen sich sowohl der bei kleineren Kindern reichlich vorhandene Knorpel
vom Gelenkerguss als
auch die Synovialishypertrophie von z. B. Fettgewebe differenzieren.
Mit hoch eingestellter Sensitivität (z. B. Impulswiederholfrequenz [PRF] 0,6–0,8 kHz)
kann die
hypertrophierte Synovialis mittels Farb- oder Power-Doppler durch eine entzündlich
vermehrte Vaskularisation
identifiziert werden. Allerdings lassen sich nicht in jeder Synovialisproliferation
vermehrte
Doppler-Signale nachweisen. Grundsätzlich ist es sehr wichtig den Bereich der Synovialisproliferation
mit
dem Schallkopf abzufahren, da Doppler-Befunde oft teilweise nur sehr lokal zu erfassen
sind. Um eine
Synovialitis im Ultraschall zu graduieren, sollten nur die Gefäße innerhalb der hypertrophierten
Synovialis
einbezogen werden, da auch außerhalb der Synovialis physiologische intraartikuläre
Gefäße detektiert werden
können. Nicht in jedem entzündeten Gelenk oder Standardschnitt lässt sich mittels
der Gelenksonografie eine
synoviale Hypertrophie nachweisen. Die Sensitivität ist im Allgemeinen sehr von der
Schalltiefe abhängig und
selbst bei verschiedenen Schnitten desselben Gelenks muss die Doppler-Frequenz angepasst
werden.
Sonografischer Ergussnachweis
Sonografischer Ergussnachweis
Bei Kindern und Jugendlichen zeigt sich in vielen Gelenkhöhlen physiologische Synovialflüssigkeit,
die nicht
als Entzündungszeichen fehlinterpretiert werden sollte. So kann man bei vielen Kindern
und Jugendlichen auch
etwas physiologische Flüssigkeit im vorderen Hüftrezessus nachweisen.
Bei einer Gelenkentzündung kommt es in der Regel zu einer deutlich vermehrten Flüssigkeitsbildung,
die sich
meistens als echofreie oder echoarme und verschiebliche Sonostruktur nachweisen lässt
([
Abb. 3
], [
Abb. 4
]). Zur Abgrenzung des ebenfalls echoarmen kindlichen Knorpelgewebes hilft die echoreiche
Knorpelgrenzlinie, die durch den akustischen Impedanzsprung zwischen Knorpelgewebe
und Synovialflüssigkeit
zustande kommt ([
Abb. 4
]). Auch die meist runde und glatte Oberfläche des Knorpels, die in vielen Gelenkregionen
parallel zum
Ossifikationszentrum verläuft, hilft bei der Differenzierung. Wie oben bereits ausgeführt
kann auch die
Bewegung des Gelenks während der Untersuchung äußerst hilfreich sein. In der Hüftregion
hilft hier
insbesondere die Innen- und Außenrotation des Hüftgelenks im Liegen. Die Echogenität
eines Ergusses kann
sich bei Chronifizierung verändern und echoreicher bei Organisation des Ergusses werden.
Die Echogenität
eines Ergusses lässt keine sicheren Rückschlüsse auf eine septische, rheumatische
oder traumatische Ursache
zu. Im Bereich des Hüftgelenks lässt sich der echoarme Erguss in der Regel sehr gut
zwischen den deutlich
echoreicheren Kapselblättern darstellen. Quantitative Messungen der Distanz zwischen
Schenkelhals und
äußerem Kapselblatt können im Seitenvergleich für die Detektion und Dokumentation
einer Pathologie sehr
hilfreich sein ([
Abb. 5
]).
Abb. 5 Koxitis bei CACP-Syndrom (CACP: Kampodaktylie-Arthropathie-Coxa-vara-Perikarditis)
mit
Messung der Distanz zwischen Schenkelhals und äußerer anteriorer Kapsel. ()
Sonografischer Nachweis von Knochen- und Knorpelschädigung
Sonografischer Nachweis von Knochen- und Knorpelschädigung
Neben den sonografischen Zeichen einer akuten Gelenkentzündung können auch bei Kindern
und Jugendlichen
frühzeitig oberflächliche Knorpel- und Knochendestruktionen sonografisch nachgewiesen
werden. Diese lassen
sich in der hochauflösenden Sonografie sicherer als in der Röntgenbildgebung nachweisen.
Erosive oder
osteophytische Veränderungen sollten immer in 2 unterschiedlichen Schnittebenen dargestellt
und dokumentiert
werden. Insbesondere bei der Ossifikation des kindlichen Knorpels kommen sehr unregelmäßige
knöcherne
Konturen zur Darstellung, die nicht als Knochenläsionen fehlinterpretiert werden dürfen.
Die Darstellung des
kindlichen Gelenkknorpels war Inhalt mehrerer Studien bei gesunden Kindern sowie auch
bei Kindern und
Jugendlichen mit JIA. Für die Distanz zwischen Knochenoberfläche und äußerer Gelenkkapsel
gibt es auch für
die Hüftregion sonografische Normbefunde und Messwerte [3], [4], [6]. Die Knorpeldicke des
Gelenkknorpels lässt sich in der Sonografie vergleichbar zuverlässig wie in der MRT
ausmessen [12]. Allerdings ist zu bedenken, dass die Messgenauigkeit insbesondere bei
jüngeren Kindern durch die unregelmäßig geformten epiphysären Ossifikationszentren
sehr variabel sein kann.
Außerdem kann es im Rahmen der JIA zu einer Akzeleration der Ossifikation kommen,
die sich bei einigen
Kindern auch im Bereich der Hüftgelenke nachweisen lässt.
Praktisches Vorgehen bei Verdacht auf Koxitis
Praktisches Vorgehen bei Verdacht auf Koxitis
Zum Nachweis einer Koxitis eignet sich bei allen Kindern und Jugendlichen der ventrale
Longitudinalschnitt,
der nicht längsseitig zum Körper, sondern längsseitig zum Schenkelhals für die optimale
Darstellung des
vorderen Hüftrezessus geführt werden sollte. Bei einer Pathologie kann zusätzlich
ein ventraler
Transversalschnitt für die Dokumentation dargestellt werden (s. [
Abb. 4
]). Pathologische Befunde sollten immer in einer zweiten Ebene bestätigt werden. Die
quantitative
Bestimmung der Distanz zwischen Knochenoberfläche und äußerer Gelenkkapsel orthograd
zum Schenkelhals kann
im Seitenvergleich die Diagnosestellung unterstützen und hilft auch als Dokumentation
im Verlaufsmonitoring.
Hierzu liegen auch publizierte alters- und geschlechtsbezogene Normalwerte vor, die
zum Vergleich genutzt
werden können [3], [4]. Zwischen den
echoreicheren Kapselblättern kann evtl. auch eine synoviale Hypertrophie dargestellt
werden ([
Tab. 1
]). Die Gefäßdetektion innerhalb der hypertrophierten Synovialis gelingt nur bei wenigen
Patienten und
stellt somit anders als bei anderen Gelenkregionen im Bereich des Hüftgelenks kein
obligates
Entzündungszeichen dar. Eine sonografische Unterscheidung zwischen einer septischen
oder rheumatischen
Koxitis ist nicht sicher möglich. Je nach klinischer Begleitsymptomatik oder Laborbefund
muss ggf. ergänzend
eine diagnostische Gelenkpunktion erfolgen. Auch hierbei kann sich die Sonografie
zur Nadelführung als
äußerst hilfreich erweisen [5]. Eine Enthesitis wird häufiger im Rahmen
einer Enthesitis-assoziierten Arthritis oder bei Jugendlichen mit einer Psoriasisarthritis
im Bereich der
Trochanterregion nachgewiesen. Begleitend zur Enthesitis lässt sich gelegentlich auch
eine Bursitis der
Bursa trochanterica darstellen [3], [9].
Tab. 1
Sonografischer Nachweis entzündlicher Veränderungen am Hüftgelenk.
pathologischer Befund
|
B-Mode
|
Doppler-Mode
|
Synovialitis
|
Nachweis von synovialer Hypertrophie und Erguss im vorderen Hüftrezessus zwischen
den
echoreicheren Kapselbättern
|
Nachweis der intrasynovialen Hypervaskularisation im vorderen Hüftrezessus nicht immer
möglich,
da die Entfernung zum Schallkopf größer als in anderen Gelenkregionen ist
|
Bursitis
|
Nachweis von echoarmer Flüssigkeit und ggf. synovialer Hypertrophie z. B. in der Bursa
iliopsoas
oder Bursa trochanterica
|
selten Nachweis einer intrasynovialen Hypervaskularisation innerhalb der synovialen
Hypertrophie
möglich
|
Enthesitis
|
inhomogene Verdickung und Aufhebung der fibrillären Sehnenstruktur, evtl. Begleitbursitis,
selten Osteophyten und Verkalkungen bei Kindern (z. B. Ansatz M. gluteus minimus und
medius am
Trochanter)
|
Hypervaskularisation im Sehnenansatz, physiologische Gefäße am Knorpel sowie der Umgebung
müssen
abgegrenzt werden
|
Sonografische Abgrenzung von Differenzialdiagnosen
Sonografische Abgrenzung von Differenzialdiagnosen
Bei einer schmerzhaften Bewegungseinschränkung im Bereich des kindlichen Hüftgelenks
können zunächst mehrere
Differenzialdiagnosen infrage kommen. Bei eindeutiger Darstellung einer synovialen
Hypertrophie mit
intrasynovialer Hypervaskularisation kann die Diagnose einer Synovialitis sonografisch
gesichert werden. Die
Differenzierung einer septischen Arthritis oder reaktiven Arthritis erfordert evtl.
eine ergänzende
Serologie und die Gewinnung von Punktat zur weiteren Abklärung. Auch im Rahmen von
Gerinnungsstörungen wie
der Hämophilie oder Traumata kann es zu einem blutigen Erguss im Hüftgelenk kommen.
Hierbei lässt sich zu
Beginn in der Regel keine synoviale Reizung sonografisch nachweisen. Neben dem vorderen
Rezessus zum
Ergussnachweis sollten auch Wachstumsfuge, Epiphyse und Azetabulum zur weiteren Abgrenzung
von
Differenzialdiagnosen einbezogen werden. So können bereits im Ultraschall wichtige
Hinweise auf einen Morbus
Perthes mit Verschmälerung oder beginnender Fragmentation der Epiphyse sonografisch
erfasst werden ([
Abb. 6
]). Hierbei zeigt sich häufig auch ein begleitender Erguss im vorderen Hüftrezessus.
Bei einer
Epiphyseolysis capitis femoris kann eventuell eine Stufenbildung im Bereich der Wachstumsfuge
nachgewiesen
werden ([
Abb. 7
]). Auch hüftkopfnahe Frakturen lassen sich mit dem Ultraschall differenzialdiagnostisch
abgrenzen.
Weitere Differenzialdiagnosen sind gelenknahe Bursitiden und Synovialzysten ([
Abb. 8
]).
Abb. 6 Morbus Perthes linksseitig mit Verschmälerung der Epiphyse im Seitenvergleich.
Abb. 7 Epiphyseolyis capitis femoris linksseitig mit Stufenbildung im Bereich der Wachstumsfuge
im seitenvergleich (Pfeil).
Abb. 8 Synovialzyste ausgehend vom Hüftgelenk medial zum vorderen Längsschnitt des
Hüftrezessus.
Bei den sonografischen Zeichen einer Enthesitis trochanterica muss neben der rheumatischen
Ursache auch eine
Überbeanspruchung in Betracht gezogen werden. Hier sind in der Regel Anamnese und
sonografische
Verlaufskontrollen hilfreich.
Im Bereich der kindlichen Hüftregion können auch Weichteil- und Knochentumoren sowie
Weichteilinfektionen
oder -traumata eine Rolle spielen. Eine Myositis muss differenzialdiagnostisch ebenfalls
einbezogen werden
und lässt sich möglicherweise auch sonografisch bestätigen.
Quantifizierung von Befunden
Quantifizierung von Befunden
Bezüglich der Quantifizierung der Befunde einer Hüftgelenkarthritis ist sowohl die
Messung des Abstands der
äußeren Begrenzung des vorderen Kapselblatts zur Oberfläche des Femurs senkrecht zur
Knochenoberfläche oder
eine semiquantitative Bewertung mit einem Score von 0–3 möglich. Der Knochen-Kapsel-Abstand
kann mit
publizierten Normwerten verglichen werden [3], [4]. Beim semiquantitativen Score [13],
[14] wird wie folgt vorgegangen:
-
Grad 0: normale konvexe Kapselstruktur
-
Grad 1: mild, dünner Flüssigkeitssaum zwischen den Kapselblättern
-
Grad 2: moderat, gerader Verlauf der Gelenkkapsel mit Verlust der konvexen Form, Darstellung
von
Erguss oder Synoviahypertrophie zwischen den Kapselblättern
-
Grad 3: stark, konvexer Verlauf der Gelenkkapsel mit Darstellung von Erguss oder Synoviahypertrophie
zwischen den Kapselblättern und unter Umständen Ausdehnung über den Femurkopf
-
Der Gelenkultraschall ist ein essenzielles diagnostisches Werkzeug zur Identifikation
und
Abgrenzung entzündlicher Erkrankungen des Hüftgelenks bei Kindern, insbesondere bei
Verdacht auf
JIA.
-
Er ermöglicht die Darstellung typischer Entzündungszeichen wie Gelenkergüsse, synoviale
Hypertrophie, Hypervaskularisation und Sehnenentzündungen, die klinisch oft schwer
erkennbar
sind.
-
Differenzialdiagnosen wie ein Morbus Perthes, eine Epiyseolysis captitis femoris oder
Traumata
lassen sich durch Ultraschallbefunde differenzieren, wobei ergänzende Untersuchungen
wie Serologie,
Punktionen oder MRT notwendig sein können.
-
Die Standardisierung der sonografischen Untersuchungsmethoden verbessert die diagnostische
Präzision und ermöglicht eine zuverlässige Verlaufsbeurteilung von Gelenkerkrankungen
im
Kindesalter.
-
Die quantitative Messung des Gelenkergusses mittels Sonografie kann helfen, Krankheitsaktivität
zu
beurteilen und Therapieentscheidungen gezielt zu unterstützen.