Subscribe to RSS
DOI: 10.1055/a-2506-1947
Dr. med. Klaus Holzegel zum 90. Geburtstag



Der Vorreiter der Wiedervereinigung der Dermatologie in Deutschland Dr. med. Klaus Holzegel ist am 22. November 2024 90 Jahre alt geworden. Er wurde als Apothekersohn in Leipzig geboren und ist in Borna bei Leipzig aufgewachsen. In den Jahren 1953–1958 absolvierte er das Studium der Humanmedizin an der Universität Leipzig, wo er auch 1958 promovierte. Es folgte eine Ausbildung zum praktischen Arzt und von 1961–1964 die Facharztausbildung für Dermatologie und Venerologie in der von Dr. med. Hermann Ress geleiteten Hautklinik am damaligen Bezirkskrankenhaus Dessau. Aufgrund seiner wissenschaftlichen Aktivität und mehrerer Publikationen, insbesondere auf dem Gebiet der Phlebologie [1], erhielt er 1964 vom Ärztlichen Direktor des Bezirkskrankenhaus Dessau, Prof. Dr. Franz Seeber, eine Prämie. Während der Weiterbildungszeit hospitierte er mehrfach an den benachbarten Universitätshautkliniken in Halle (Saale) und Leipzig mit dem Ziel der Habilitation, der Prof. Dr. Theodor Grüneberg, Ordinarius der Universitäts-Hautklinik in Halle, unter dem Titel „Die Histologie verödeter Varizen, ihre zeitlichen pathomorphologischen Veränderungen durch verschiedene Sklerosantien“ zustimmte. Der Oberarzt Dr. rer. nat. Wolfgang Wohlrab sollte ihm bei der Histologie zur Seite stehen. Allerdings versagten ihm die Emeritierung von Prof. Grüneberg und die mangelnde ideologische Linientreue das Fortführen der begonnenen Habilitation und die universitäre Laufbahn in der „Diktatur des Proletariats“. Daher wurde er im Betriebskrankenhaus des Chemiekombinates Bitterfeld (CKB) mit knapp 32.000 Beschäftigten und der Filmfabrik Wolfen (ORWO) mit ca. 15.000 Angestellten tätig und übernahm 1965 die Leitung der Hautabteilung und -poliklinik.
Wissenschaftliche Arbeiten, die „dem Ansehen der chemischen Industrie und der DDR im 20. Jahr ihres Bestehens abträglich“ waren, wie „Das Auftreten von 32 Fällen von Argyrose bei Chemiearbeitern“, wurden abgelehnt. Trotzdem blieb er weiter wissenschaftlich aktiv: Sein publizistisches Schaffen umfasst über 260 Arbeiten, davon 37 in PubMed gelistet. Schwerpunkte der Arbeiten waren überwiegend die venöse Diagnostik und Therapie inkl. Fallserie von 1000 Patienten nach eigener Sklerotherapie der Varizen [2], der Formenkreis der Akne-, Psoriasis- und Ekzemerkrankungen, Herpes- und mykotischen Erkrankungen bis hin zur Gonorrhö bei Frauen. Während seiner Wolfener Jahre haben Kollegen aus der gesamten DDR bei ihm hospitiert und eingehende Kenntnisse auf dem Gebiet der Phlebologie erworben. Gepaart mit Holzegels reger Publikations- und Vortragstätigkeit konnte so – trotz systembedingter Defizite – die ostdeutsche Phlebologie ein passables Level erreichen.
Nach Verschlechterung der persönlichen und politischen Situation in der DDR 1976, dem Jahr der Ausbürgerung Wolf Biermanns und des öffentlichen Feuersuizids von Pfarrer Brüsewitz in Zeitz, verließ Dr. Holzegel per Flucht Ostdeutschland, wagte einen kompletten Neustart und gründete, mit nicht viel mehr als seinem „Humankapital“ ausgestattet, 1977 eine Hautarztpraxis in Wunstorf bei Hannover. Hier baute er seine bisherigen fachlichen Schwerpunkte weiter aus und partizipierte auch von den deutlich besseren Rahmenbedingungen. Darüber hinaus hielt er eine beachtliche Zahl von wissenschaftlichen Vorträgen auf nationaler und internationaler Ebene, ergänzt durch 20 Rapporte über die jährlich stattfindende „Alfred-Marchionini-Gedächtnistagung“ in Hamburg [3] und die Herbsttagungen „Fortschritte der Allergologie, Dermatologie, Pneumologie und Immunologie“ in Davos [4].
Fortan engagierte er sich auch zunehmend berufspolitisch, was in mehreren Funktionen mündete (1979–1985 Schatzmeister des Berufsverbandes Deutscher Dermatologen, 1980–1989 Landesvorsitzender BVDD von Niedersachsen sowie 4 Jahre Beisitzer im Bundesvorstand). Schließlich, nach der politischen Wende, war er mit großem Engagement 2 Jahre „Sonderreferent für DDR-Verbindungen“ und damit gewissermaßen „Geburtshelfer“ für den Aufbau der Landesverbände der neuen Bundesländer [5]. Es folgten Ehrungen: 1993 zum Ehrenmitglied des Landesverbandes Sachsen-Anhalt, 1993 zum Ehrenvorsitzenden des Landesverbandes Niedersachsen, 1999 zum Vorsitzenden des Ehrenrates des BVDD und schließlich 2000 zum Ehrenmitglied. 2009 wurden seine Verdienste mit dem Ehrenzeichen der Ärztekammer Sachsen-Anhalt gewürdigt. Weitere Ehrungen sind Dr. Holzegel zuteil geworden: Karl-Linser-Medaille (1990), Verdienstmedaille des BVDD (1991), Bismarck-Medaille in Silber (1992), Ernst-von-Bergmann-Plakette (1999) und Bundesverdienstkreuz am Bande (1997).
Stets suchte Dr. Holzegel auch die Nähe zur Deutschen Dermatologischen Gesellschaft, der er im Oktober 2024 bemerkenswerte 60 Jahre angehörte. 1985 war er Mitgründer des Berufsverbandes der Phlebologen.
In den beginnenden 1990er-Jahren wieder in heimatliche Gefilde nach Dessau/Anhalt nach Rückübertragung seines Hauses zurückgekehrt, begleitete er die hiesige Klinik für Dermatologie, Venerologie und Allergologie/Immunologisches Zentrum stets interessiert und beobachtete ihre erfreuliche, dynamische Entwicklung. Daneben fungierte er von 1992–1999 als Hauptschriftleiter des „Deutschen Dermatologen“ und formte während dieser Zeit das Verbandsblatt der niedergelassenen Dermatologen zu einem angesehenen Journal.
Eine Jubiläumstagung 2022 anlässlich des 85-jährigen Bestehens der Dessauer Dermatologie im neuen Bauhaus-Museum Dessau bereicherte er, bereits 87-jährig, durch einen fundierten Vortrag zur lokalen dermatologischen Historie. An diesem Umstand mag man die körperliche, v. a. aber auch geistige Verfassung des Jubilars ablesen. Begünstigt durch einen disziplinierten Lebensstil und Eigenfürsorge als praktischer Arzt, der er auch ist.
Seit 2017 ist die Dessauer Klinik für Dermatologie, Venerologie und Allergologie, Immunologisches Zentrum integraler Bestandteil der Medizinischen Hochschule Brandenburg, die in ihrem Namen Theodor Fontane trägt, nun offiziell Hochschulklinik. Die Biografie und Werke Fontanes, ebenfalls Apothekersohn wie der Jubilar, sind Dr. Holzegel profund vertraut. So hat er, weiterhin wissenschaftlich und publizistisch tätig, 2020 das Taschenbuch „... ich bin ganz einfach Fontane: Der Dichter als Mensch“ herausgegeben [6]. Die Widmung darin lautet: „Es ist das Anliegen des Autors, dieses Buch der Medizinischen Hochschule Brandenburg, die den Namen Theodor Fontanes trägt, zu widmen. Den Dichter als Mensch in Gesundheit, Krankheit und Werk so kenntlich zu machen, wie er im Leben bis zuletzt war, sah der Autor als notwendig zu lösenden Auftrag an.“
Dr. med. Klaus Holzegel hat Besonderes auf den Gebieten der Phlebologie, der ärztlichen Fortbildung und Berufspolitik geleistet, aber v. a. war er ein Vorreiter der Wiedervereinigung der Dermatologie in Deutschland [7]. In diesem Sinne wünschen wir, seine Kollegen und Freunde, dem Jubilar noch möglichst viele, lebenswerte und erfüllte Jahre und alles Gute in seiner alten, neuen Heimat.
Ad multos annos, lieber Klaus!
Christos C. Zouboulis
Dietrich Trebing
Publication History
Article published online:
13 February 2025
© 2025. Thieme. All rights reserved.
Georg Thieme Verlag KG
Oswald-Hesse-Straße 50, 70469 Stuttgart, Germany
-
Literatur
- 1 Petter O, Holzegel K. Zur Geschichte der deutschen Phlebologie. Torgau: Kopielski; 2005: 42-43
- 2 Holzegel K. Nachuntersuchungen an 1000 Verödungspatienten. Dermatol Monatsschr 1976; 162: 423-425
- 3 Holzegel K. Tagungsbericht – 38. Alfred-Marchionini-Gedächtnistagung. Derm 2018; 24: 133-135
- 4 Holzegel K. 29. Fortbildungskongress über „Fortschritte in der Allergologie, Dermatologie, Pneumologie und Immunologie“ in Davos. Derm 2013; 19: 503-506
- 5 Wiemers U. Pionier der Wiedervereinigung der deutschen Dermatologie. Zum 80. Geburtstag des BVDD-Ehrenvorsitzenden Dr. Klaus Holzegel. Dt Derm 2014; 62: 822-823
- 6 Holzegel K. „… ich bin ganz einfach Fontane“ – Der Dichter als Mensch. Hanau: Haag+Herchen; 2020
- 7 Holzegel K. Einheit – auch im Berufsverband. Dt Derm 1990; 38: 1174