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DOI: 10.1055/a-2496-0985
Interkulturelles Notfallmanagement: Der 4-Punkte-Plan für die medizinische Praxis
Intercultural emergency management: The 4-point plan for the medical practice
Zusammenfassung
Die notfallmedizinische Versorgung von Menschen mit Migrationshintergrund stellt das (prä)klinische Personal vor besondere Herausforderungen. In diesem Artikel werden die wichtigsten Faktoren beleuchtet, die für das Verständnis der Gesamtsituation und für effizientes Management von Notfällen im interkulturellen Umfeld nötig sind.
Abstract
Providing emergency medical care to people with a migration background poses particular challenges for (pre)clinical staff. This article highlights the most important factors that are necessary for understanding the overall situation and for the efficient management of emergencies in an intercultural environment.
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Einsätze im interkulturellen Umfeld stellen das medizinische Team vor besondere Herausforderungen, die im Rahmen der Aus- und Weiterbildung noch zu wenig Aufmerksamkeit erhalten.
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Sowohl sichtbare als auch unsichtbare kulturelle und religiöse Elemente wirken sich auf die Verhaltensweisen von Patienten und deren Angehörigen aus. Dabei ist von besonderer Bedeutung, dass Notfälle in der Regel absolute Ausnahmesituationen darstellen; es fehlt bei den Betroffenen auch schlichtweg die Routine.
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Sofern das gezeigte Verhalten von Patienten oder Angehörigen von dem erwünschten Verhalten abweicht, führt dies häufig zu einer Stresssituation aufseiten der Helfer. Die Situation sollte jedoch nicht vorschnell verurteilt, sondern interkulturell ausgehalten werden (Ambiguitätstoleranz).
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Interkulturelle, qualitative Studien haben praxisbewährte Handlungsstrategien ergeben, die in einem nacheinander abzuarbeitenden 4-Punkte-Plan zusammengefasst werden können:
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Gefährdungspotenzial einschätzen,
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Kommunikation herstellen und Ressourcen managen,
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Isolation des Patienten erwägen,
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kultursensibel vorgehen.
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Beim Management interkultureller Notfälle sind einige grundsätzliche Dinge besonders zu berücksichtigen:
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Das Team sollte sich mit Namen und Funktion professionell vorstellen, um eine Vertrauensbasis herzustellen. Die Herstellung einer freundlichen Grundstimmung ist von besonderer Bedeutung, da nonverbale Signale sehr schnell missverstanden werden können und zu vermeidbaren Eskalationen führen.
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Der Einsatz sollte vom kultursensiblen Umgang der Helfer mit emotionalisierten Patienten und Angehörigen geprägt sein: Durch das Herstellen eines Kommunikationskanals (Familienmanager) sowie das Ausstrahlen von Sicherheit vermitteln die Helfer, die Situation zu kontrollieren.
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Schlüsselwörter
Menschen mit Migrationshintergrund - notfallmedizinische Versorgung - Ambiguitätstoleranz - Interkulturelles NotfallmanagementKeywords
People with a migration background - emergency medical care - tolerance of ambiguity - intercultural emergency managementPublication History
Article published online:
28 May 2025
© 2025. Thieme. All rights reserved.
Georg Thieme Verlag KG
Oswald-Hesse-Straße 50, 70469 Stuttgart, Germany
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