Onkologische Welt 2025; 16(01): 1
DOI: 10.1055/a-2495-9865
Editorial

Tumorresistenzen – denn wissen wir, was wir tun?

Alexander Kretzschmar

Glücklicherweise sind auch in der Onkologie die Tage vorbei, in denen die klinisch tätigen Ärzt*innen ihre Kollegen in der Pathologie als Zulieferer betrachteten, deren Dienste man nur ungern in Anspruch nahm. Die Folge war u. a. ein endloses Scharmützel um Kompetenzen. Inzwischen hat sich die Erkenntnis durchgesetzt, dass die enge Kooperation zwischen Onkologie und Pathologie sozusagen „alternativlos“ ist, stellte man Ende 2024 auf dem Bundeskongress der Pathologie fest. Um das Potenzial der personalisierten Medizin voll auszuschöpfen, seien Investitionen in die Pathologie, in moderne Technologien und in die Ausbildung von Fachkräften unerlässlich, wurde betont (siehe Seite 8). Mal ganz abgesehen von der (selbstverständlichen) Werbung für das eigene Fach haben sie damit vollkommen Recht.

Zumal heute mit dem Management von Tumorrezidiven ein Arbeitsfeld hinzugekommen ist, in dem die Onkologie ohne den Immunologen/Pathologen wohl wenig Erfolgschancen hätte. Das KRAS (Kirsten Rat Sarcoma) ist derzeit das bekannteste Onkogen mit der höchsten Mutationsrate bei zahlreichen Tumorentitäten. Aktuelle Konzepte zur Therapie KRAS/RAS-mutierter Karzinome sowie zur Prävention und Überwindung von Resistenzen waren denn auch auf der 36. Jahrestagung des EORTC-NCI-AACR Symposiums on Molecular Targets and Cancer Therapeutics (ENA 24) ein wichtiges Thema. Die KRAS-Onkogen-Familie ist groß und über zahlreiche Signalwege bestens vernetzt mit anderen Onkogenen. Es ist ein Puzzlespiel, herauszufinden, welches Familienmitglied bei welcher Tumorentität aktiv ist und „druggable“ ist, also ein attraktives potenzielles therapeutisches Zielsubstrat ist.

Seit Anfang 2024 wurden in der EU erstmals 2 zielgerichtete KRAS G12C-Inhibitoren beim fortgeschrittenem NSCLC mit KRAS G12C-Mutation und Progress nach mindestens einer vorherigen systemischen Therapie zugelassen. Anstatt das KRAS-Alphabet (KRAS G12C, -G12D…) mit großem Aufwand abzuarbeiten, werden jetzt auch Multi-RAS- und Pan-RAS-Inhibitoren entwickelt. Dass damit alle Probleme erledigt sind, glaubt jedoch niemand. Denn molekular charakterisiert und zielgerichtet therapiert können nur Patient*innen werden, von denen entsprechende Proben vorliegen. Und dies ist wiederum ein Thema für sich – angereichert durch die unvermeidliche Diskussion über die entstehenden Kosten und wer sie bezahlt.

Und noch gar nicht erwähnt habe ich den Ansatz, Resistenzen zu Kombinationstherapien, beispielsweise mit „zielgerichteten Chemotherapien” zu überwinden. Einen aktuellen Überblick über den Diskussionsstand können ab Seite 5 in unseren Berichten vom ENA 24 lesen.

Dr. Alexander Kretzschmar



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Article published online:
18 February 2025

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