Tierarztl Prax Ausg G Grosstiere Nutztiere 2024; 52(05): 271-280
DOI: 10.1055/a-2410-1310
Originalartikel

Beziehungen zwischen perinataler Mortalität und Management von Kühen vor und zur Kalbung in großen Milchviehherden

Association between perinatal mortality and the management of cows before and at calving in large dairy herds
Steffi Keller
1   Tierklinik für Reproduktionsmedizin und Neugeborenenkunde, Justus-Liebig-Universität Gießen
,
Karsten Donat
1   Tierklinik für Reproduktionsmedizin und Neugeborenenkunde, Justus-Liebig-Universität Gießen
2   Thüringer Tierseuchenkasse, AdöR, Tiergesundheitsdienst, Jena
,
Stefanie Söllner-Donat
2   Thüringer Tierseuchenkasse, AdöR, Tiergesundheitsdienst, Jena
,
Axel Wehrend
1   Tierklinik für Reproduktionsmedizin und Neugeborenenkunde, Justus-Liebig-Universität Gießen
,
Anne Klassen
2   Thüringer Tierseuchenkasse, AdöR, Tiergesundheitsdienst, Jena
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Zusammenfassung

Gegenstand und Ziel Totgeburten haben einen relevanten Anteil an der Gesamtsterblichkeit der Kälber in Milchviehbetrieben und die Totgeburtenrate stellt ein wichtiges Kriterium zur Beurteilung des Tierwohls dar. Zielstellung dieser Studie war die Ermittlung von Zusammenhängen zwischen der Totgeburtenrate und dem Management von Kühen ante partum und zur Kalbung in größeren Milchviehherden.

Material und Methoden In 97 Milchviehbetrieben mit einer mittleren Herdengröße von 550 Rindern über 24 Monate wurden Daten über das Betriebsmanagement und zur Tiergesundheit im Rahmen einer Betriebsbegehung mittels Fragebogen erhoben. Die Totgeburtenrate der jeweiligen Betriebe wurde anhand der betriebseigenen Angaben aus der Milchleistungsprüfung ermittelt und mit Hilfe einer multivariablen Faktorenanalyse auf mögliche Zusammenhänge mit dem Betriebsmanagement untersucht.

Ergebnisse Eine höhere Totgeburtenrate zeigte sich bei Betrieben mit besonders mageren sowie überkonditionierten Transitkühen. Ein positiver Zusammenhang zur Totgeburtenrate ergab sich weiterhin für Betriebe mit einer speziellen Geburtsüberwachung bei Färsen und mit Geburtshilfen bei>20% der Geburten. Ein Zusammenhang zur Bestandsgröße bestand nicht.

Schlussfolgerung Unabhängig von der Betriebsgröße lassen sich Faktoren ermitteln, welche in Beziehung zur Totgeburtenrate stehen. Die Körperkondition der Kühe spielt hierbei eine wesentliche Rolle. Die Etablierung einer speziellen Geburtsüberwachung bei Färsen ist vermutlich als eine Reaktion auf vermehrte Totgeburten im Bestand zu interpretieren.

Klinische Relevanz Die Konditionierung der Kühe vor der Kalbung ist ein wichtiges Handlungsfeld für Herdenmanager zur Vermeidung von Totgeburten. Die Tiere sollten weder zu mager noch überkonditioniert zur Kalbung kommen. Bei solchen Kühen sollte eine intensivere Geburtsüberwachung stattfinden, um zum richtigen Zeitpunkt fachgerecht Geburtshilfe leisten zu können. In die tierärztliche Bestandsbetreuung sollte eine Bonitur der Körperkondition von Kühen zu den Zeitpunkten des Trockenstellens, der Abkalbung und gegen Ende der Hochleistungsphase erfolgen sowie eine Bewertung der Bedingungen für die Kalbung und eine Schulung der mit Geburtshilfe befassten Mitarbeiter integriert werden.

Abstract

Objective Stillbirths account for a relevant proportion of total calf mortality on dairy farms. In addition, the stillbirth rate is an important criterion for assessing animal welfare. The aim of this study was to determine the relationship between the stillbirth rate and aspects concerning the management of cows ante partum and during the calving period in larger dairy herds.

Material and methods In 97 dairy farms with an average herd size of 550 cattle (≥24 months old), data concerning farm management and animal health were collected as part of a farm inspection using a questionnaire. The stillbirth rate of the respective farms was determined based on the farmʼs own data on the milk yield test and analyzed for possible correlations with farm management using a multivariable factor analysis.

Results A higher stillbirth rate was found on farms with particularly lean and overconditioned transit cows in the herd. A positive association to the stillbirth rate was also found for farms using a special birth monitoring system for heifers and those with more than 20% assisted calvings. There was no association with herd size.

Conclusions Regardless of herd size, factors that are related to the stillbirth rate may be determined by analyzing the farm management. The body condition of the cows is a key parameter. The introduction of special birth monitoring for heifers can probably be interpreted as a reaction to increased stillbirths in the herd.

Clinical relevance Conditioning cows before calving is an important field of action for herd managers in order to avoid stillbirths. The cows should not approach the calving period in an overly lean or over-conditioned state. When in such state, however, it is advisable for these cows to be monitored more closely in order to allow for professional assistance at the pertinent time period. Integration of body condition scoring of cows at dry-off, calving and the end of the high-yielding period, assessment of calving conditions and training of staff involved in obstetrics into veterinary herd management is warranted.

Zusätzliches Material



Publication History

Received: 15 April 2024

Accepted: 27 August 2024

Article published online:
24 October 2024

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