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DOI: 10.1055/a-2379-9723
Liebe Mitglieder der DGMM,

wie in der letzten FTR-Ausgabe angekündigt, fand am 30.08. von 9:00–15:00 Uhr ein Symposium zum Thema „Umgang mit Todesfällen an Bord“ statt, das von unserer Fachgesellschaft finanziell sowie mit einigen Beiträgen in der Moderations- und Vortragendenrolle tatkräftig unterstützt wurde ([ Abb. 1–3 ]). Die über 150 Teilnehmenden des Symposiums hatten dabei angeregt über das Thema diskutiert. Die konkreten Inhalte des von der Deutschen Seemannsmission (DSM) ausgerichteten Symposiums wurden federführend von Dr. Clara Schlaich in einem Beitrag dieser FTR-Ausgabe zusammengefasst (S. 306). Die hohe Teilnahme und die regen Diskussionsbeiträge belegen, dass der Umgang mit Todesfällen an Bord in der Praxis auch noch in der Gegenwart ein relevantes und – wie ich finde – oftmals unterschätztes Thema darstellt ([ Abb. 4, 5 ]).










Um einen Eindruck über die Bedeutung und die Auswirkungen von Todesfällen an Bord aus Sicht der eingeladenen Symposiumsteilnehmer zu gewinnen, hat der Unterzeichner dieses Beitrags eine Plenumabfrage mittels einer App für Echtzeitfeedback („Mentimeter“) während der Veranstaltung initiiert. 87 Anwesende (ca. 58 %) beteiligten sich an dieser Befragung, wobei knapp 80 % angaben, direkt oder indirekt Umgang mit einem Todesfall an Bord je gehabt zu haben. Dieses zeigt, dass dieses Thema in der Arbeitsroutine der zahlreich anwesenden Vertreter:innen von Seemannsmissionen und auch bei Schiffsärzt:innen unverändert eine Rolle spielt. Überraschenderweise waren deutlich mehr Besatzungsmitglieder, die sich ja regelmäßigen Seediensttauglichkeitsuntersuchungen unterziehen müssen, als Passagiere an Bord betroffen (72 vs. 28 %). Ob diese deutlichen Unterschiede durch eine erhöhte berufliche Gefährdung der Schiffsbesatzungen begründet sind, lässt sich aus dieser Erhebung nicht valide ableiten.
In einer weiteren Mentimeter-Abfrage stellte sich heraus, dass von den insgesamt erlebten 158 Todesfällen (Mehrfachnennungen sind wahrscheinlich) 35 % durch Krankheiten (natürliche Ursache), 23 % durch Unfälle, 22 % durch Suizide und 6 % durch Tötungsdelikte bedingt waren (bei 22 Todesfällen (14 %) war die Ursache nicht bekannt). Es ist anzunehmen, dass ein Großteil der durch Krankheiten verstorbenen Personen den (z. T. älteren und multimorbiden) Passagieren an Bord zuzuordnen sind, wobei (tödliche) Unfallgefahren häufiger unter Schiffsbesatzungen beschrieben sind. Die wesentlichen psychischen Probleme für die Besatzung nach dem Erleben eines Todesfalls an Bord waren laut Mentimeter-Abfrage „Angst, Stress, Depression und Unsicherheit“.
Weiterhin wurden die Teilnehmenden gebeten, die Belastungsstärke für die an Bord befindliche Schiffsbesatzung nach einem erlebten Todesfall zu bewerten. Auf einer Skala von 0 (gar nicht belastend) bis 5 (extrem belastend) war die Belastungsintensität mit 4,0 eingeschätzt worden.
In einer Abschluss-Mentimeter-Befragung bekundeten 60 von 80 Antwortenden die Bereitschaft, sich in einer Arbeitsgruppe zum Thema „Umgang mit einem Todesfall an Bord“ einzubringen. Als besonders relevant wurden hierbei die Aspekte „Psychosoziale Betreuung von Schiffsbesatzungen“, „Interaktion mit den Angehörigen der Verstorbenen“ und „Umgang mit dem Leichnam“ angesehen. Es würde mich freuen, wenn die Diskussion zu diesem wichtigen Thema in dieser Arbeitsgruppe Fortsetzung fände.
Der bereits angekündigte DGMM-Workshop im Bereich der Passagierschifffahrt ist für den 29.01. oder 05.02.2025 avisiert. Nach Beendigung der Mitgliederbefragung werden Zeit und Raum final festgelegt und Ihnen mitgeteilt. Ich hoffe, dass wir uns dort oder spätestens am 21.02.2025 zu unserer Mitgliederversammlung sehen werden.
Viele herzliche Grüße
Ihr
Marcus Oldenburg
Publication History
Article published online:
04 December 2024
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