Intensivmedizin up2date 2025; 21(02): 209-225
DOI: 10.1055/a-2343-8113
Pädiatrische Intensivmedizin

Management des konvulsiven Status epilepticus im Kindesalter

Regina Trollmann
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Der Status epilepticus im Kindesalter ist ein neurologischer Notfall mit einer jährlichen Inzidenz von 3–41/100000 Kindern und Jugendlichen und geht mit einem erhöhten Risiko für schwere neurologische Defizite und Entwicklungsstörungen einher. Zur Prävention von Komplikationen und bleibenden neurologischen Folgeschäden ist eine rasche und adäquate Notfalltherapie erforderlich. Dabei stellen Benzodiazepine die Erstlinientherapie dar.

Kernaussagen
  • Beim pädiatrischen Status epilepticus (SE) handelt es sich um einen neurologischen Notfall mit einer Inzidenz von 3–41/100000 pro Jahr.

  • Als konvulsiver Status epilepticus (kSE) werden anhaltende klinische epileptische Anfälle bezeichnet, die nicht innerhalb von 5 min (generalisierter tonisch-klonischer SE) bzw. 10 min (nicht bewusst erlebter fokaler SE) sistieren, oder eine Folge von epileptischen Anfällen, zwischen denen der neurologische Ausgangsbefund nicht wieder erreicht wird.

  • Häufigste Ursachen des pädiatrischen konvulsiver Status epilepticus (kSE) sind Fieber, akute ZNS-Läsionen einschließlich Infektionen, Epilepsie, abruptes Absetzen von anfallssuppressiven Medikamenten (ASM), metabolische Erkrankungen und neurologische Residualsyndrome.

  • Die Akutdiagnostik orientiert sich an Anamnese, klinischen Befunden und möglichen Differenzialdiagnosen. Die initiale Labordiagnostik umfasst die Analyse von Blutbild, Blutgasen, Glukose, Elektrolyten, Entzündungsparametern, toxikologischem Screening und ggf. Blutkulturen und ASM-Serumspiegel. Eine Liquordiagnostik ist indiziert bei febrilem SE, bei Hinweisen auf eine ZNS-Infektion oder bei anamnestisch erhöhtem Risiko für eine ZNS-Infektion. Ein EEG dient der Erfassung subklinischer Anfallsmuster. Eine zerebrale Bildgebung (cMRT, bei Nichtverfügbarkeit cCT) ist vor allem bei unklarer Ätiologie des SE indiziert.

  • Therapie:

    • Stadium 1: Benzodiazepine (Diazepam, Midazolam, Lorazepam) stellen die Therapie der Wahl im Initialstadium des kSE dar. Bei nicht verfügbarem i. v. Zugang wird Diazepam rektal (Zulassung ab dem Alter von 6 Monaten) oder Midazolam bukkal (Zulassung ab dem Alter von 3 Monaten) eingesetzt. Altersspezifische Dosierungen sind zu beachten.

    • Stadium 2: i. v. Levetiracetam (Off-Label-Use), Phenobarbital und Valproat gelten als vergleichbar wirksam wie Phenytoin. Das Sicherheitsprofil von Levetiracetam und Valproat (unter Berücksichtigung der Kontraindikationen) wird im Vergleich zu Phenytoin und Phenobarbital bei geringerem Risiko für kardiorespiratorische UAW als günstiger eingeschätzt.
      Metabolische Erkrankungen wie Mitochondriopathien stellen aufgrund des Risikos einer akuten Leberinsuffizienz Kontraindikationen für eine Valproattherapie dar.

    • Stadium 3: Bei refraktärem (RSE) und superrefraktärem Status epilepticus (SRSE) kommt eine therapeutische i. v. Anästhesie mit Midazolam, Propofol oder Thiopental unter mechanischer Beatmung und kontinuierlichem Monitoring (einschließlich EEG) zur Anwendung. Aufgrund des Risikos für ein Propofolinfusionssyndrom (PRIS) stellen metabolische (v. a. mitochondriale) Erkrankungen eine Kontraindikation für Propofol dar.

  • Neurologische Residualsymptome (Motorik, Kognition) finden sich bei etwa 6% der Patienten, eine (überwiegend refraktär verlaufende) Epilepsie bei 23–36%.

  • Für die Optimierung des Notfallmanagements des SE hat sich die Etablierung einer klinikinternen, schriftlichen Handlungsanweisung (z. B. SOP) bewährt.



Publication History

Article published online:
25 June 2025

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