Allgemeinmedizin up2date 2024; 05(04): 349-362
DOI: 10.1055/a-2292-7502
Hausärztliche Therapien – Tools

Unsicherheit in der Hausarztpraxis

Norbert Donner-Banzhoff
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Menschen suchen eine ärztliche Praxis auf, damit ihre Unsicherheit (Was ist mit mir los? Was wird aus mir? Was hilft mir?) in Sicherheit verwandelt wird. In den Medien haben sie erfahren, dass die Medizin immer mehr weiß und kann. Die Erwartungen sind also hoch. Wie aber können wir den Spagat zwischen Überdiagnostik und unsicherer Diagnosestellung schaffen? Der Beitrag erklärt die Problematik und zeigt Lösungswege auf.

Kernaussagen
  • Trotz des technischen Fortschritts ist die Unsicherheit in der Versorgung allgegenwärtig, besonders in Bezug auf die Stellung einer Diagnose.

  • In der Allgemeinmedizin zeigen sich ernste Erkrankungen oft in uncharakteristischen Frühstadien, in denen die Abgrenzung zu Beschwerden mit günstiger Prognose schwierig ist.

  • Für diese Herausforderungen stehen angepasste Methoden zur Verfügung.

  • Technische Diagnostik reduziert die diagnostische Unsicherheit nicht unbedingt; vielmehr kann sie zu Fehl-Schlüssen und Fehl-Entscheidungen führen und Patient*innen gefährden (sog. Kaskadeneffekte).

  • „Regret“ (= Reue, Bedauern) ist eine relevante Emotion, wenn Entscheidungen unter Unsicherheit getroffen werden müssen. Sie kann zu Fehl-Lernen und Defensivmedizin führen.

  • Unsicherheit ist nicht nur durch individuelle, sondern auch durch gemeinschaftliche Strategien (Praxis, Praxisnetz) zu bewältigen.

  • Anamnese und körperliche Befunde werden nicht hinfällig, sondern gewinnen trotz technischer Entwicklungen eher noch an Bedeutung.

  • Hausärzt*innen stehen vielfältige Mittel zur Verfügung, ihre Gatekeeper-Funktion wahrzunehmen und Patient*innen vor nicht indizierten, vielleicht sogar riskanten Maßnahmen zu schützen.



Publication History

Article published online:
25 November 2024

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