Handchirurgie Scan 2024; 13(04): 275-290
DOI: 10.1055/a-2258-2136
CME-Fortbildung
Phalangen

Konservative Behandlung von Finger- und Metakarpalfrakturen

,
Pia-Elena Frey
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Leila Harhaus-Wähner
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Benjamin Panzram
Preview

Frakturen der Mittelhand- und Fingerknochen machen nahezu die Hälfte aller Frakturen der oberen Extremität aus und sind mit erheblichen sozioökonomischen Belastungen verbunden. Die Mehrheit der extraartikulären Frakturen erfordert keine chirurgische Intervention, sondern sollte mittels adäquater Schienung und frühaktiver Mobilisation konservativ behandelt werden. Dieser Artikel beleuchtet aktuelle evidenzbasierte Ansätze zur konservativen Frakturbehandlung mit einem Fokus auf Erhaltung der Gelenkfunktion und Vermeidung von Sekundärkomplikationen.

Kernaussagen
  • Häufigkeit und sozioökonomische Belastung Finger- und Metakarpalfrakturen sind die häufigsten Frakturen der oberen Extremität und verursachen signifikante Produktivitätsverluste, was sie zur teuersten Frakturuntergruppe macht.

  • Konservative Behandlung Die meisten extraartikulären Fingerfrakturen erfordern keine chirurgische Intervention. Sie sollten durch geeignete Schienung und Mobilisation behandelt werden, sofern die Fraktur stabil bleibt.

  • Stabilitätskriterien für konservative Therapie Eine Fraktur kann als hinreichend stabil gewertet werden, wenn die Frakturenden sowohl in Ruhe als auch bei Bewegung in einer biomechanisch funktionellen Position mit knöchernem Kontakt verbleiben, die eine indirekte Knochenheilung durch Kallusbildung ermöglicht

  • Indikationen für operative Eingriffe Instabile Frakturen, intraartikuläre Frakturen mit hohem Dislokationsrisiko, offene Frakturen und Frakturen mit relevanter Verkürzung oder Defektstrecke erfordern eine operative Versorgung.

  • Ziel der Frakturbehandlung Die Wiederherstellung der normalen Handfunktion steht im Vordergrund. Dies umfasst nicht nur die Knochenheilung, sondern auch die Erhaltung der Weichteil- und Gelenkfunktion. Eine perfekte anatomische Ausrichtung der Frakturfragmente ist hierfür nicht zwingend erforderlich.

  • Grundgliedfrakturen D II–D V Schaftfrakturen des Grundglieds werden meist in 90° MCP-Flexion konservativ behandelt. Diese Position entspannt die interossären Muskeln und reduziert deformierende Kräfte auf die Fraktur.

  • Nagelkranz- und Schaftfrakturen der distalen Phalanx Diese Frakturen, häufig durch Quetschverletzungen verursacht, werden in der Regel in einer Stack’schen Schiene für 4 Wochen immobilisiert, während das PIP-Gelenk beübt wird, um Bewegungseinschränkungen zu minimieren.

  • Extraartikuläre Frakturen des Metakarpale I Diese Frakturen verlaufen meist transversal oder leicht schräg und können in einem handgelenkübergreifenden Daumenbrace für 4 Wochen therapiert werden, sofern die Angulation in der Sagittalebene weniger als 30° beträgt.

  • Metakarpale-II- bis -V-Frakturen Diese Frakturen können meist konservativ unter sofortiger Mobilisation behandelt werden, auch bei einer Dislokation und/oder Verkürzung von über 2 mm. Eine Protektion im Mittelhandbrace und/oder Buddy-Taping für 2–3 Wochen ist optional.



Publication History

Article published online:
09 December 2024

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