Schlüsselwörter Studierende - Anforderungen - Gesundheit - Ressourcen
Key words students - health - demands - resources
Einleitung
Das Studium ist für viele junge Menschen ein neuer Lebensabschnitt, der mit
verschiedenen Herausforderungen, wie dem Auszug aus dem elterlichen Haushalt und dem
selbstständigen Lernen sowie Zeitmanagement, einhergeht [1 ]. Viele Studierende müssen neben dem
Studium zudem eine Erwerbsarbeit ausüben, um ihren Lebensunterhalt zu
finanzieren [2 ]
[3 ]. Die „Lebenswelt“ Hochschule
stellt für viele Personen nicht nur ein Lern- und Arbeitsumfeld dar, sondern
ist auch ein Ort, an dem soziale Kontakte geknüpft und gepflegt werden.
Insbesondere bei persönlichen Herausforderungen kann das Sozialleben eine
wichtige Ressource darstellen. [4 ].
Internationale Studien deuten darauf hin, dass jede dritte Person im Studium von
gesundheitlichen Einschränkungen betroffen ist [4 ]. Besonders häufig treten offenbar
psychische Beeinträchtigungen, wie anhaltende Erschöpfung im Sinne
eines Burnouts, sowie Depressionen und generalisierte Angststörungen bei
Studierenden auf [4 ]
[5 ]
[6 ]
[7 ]
[8 ]. Die Ursachen dafür werden sowohl
auf persönlicher als auch auf struktureller Ebene vermutet [7 ]
[8 ].
Study-Demand-Resources Modell
Study-Demand-Resources Modell
Um Einflussfaktoren auf das Wohlbefinden in der studentischen Umwelt zu
identifizieren, lassen sich etablierte Modelle aus dem arbeitspsychologischen
Kontext heranziehen. Das analog zum Job Demands-Resources-Modell (JD-R-Modell) von
Bakker und Demerouti [9 ] aufgebaute
Study Demands-Resources Modell (SD-R Modell) erachtet entsprechend
studienbezogene Anforderungen und Ressourcen als wesentliche Faktoren für
das studentische Wohlbefinden ([Abb. 1 ])
[9 ]
[10 ]. Als studienbezogene Anforderungen werden u. a. geistige
Anforderungen, Zeitdruck oder Leistungsanforderungen beschrieben, die bei hoher
Ausprägung zu Erschöpfung im Sinne eines Burnouts führen
können. Erschöpfung gilt im Sinne des Modells als kurzfristiger
Indikator studentischer Gesundheit, der in der Folge das Wohlbefinden von
Studierenden negativ beeinflussen kann (gesundheitsbeeinträchtigender
Prozess). Parallel dazu können studienbezogene Ressourcen, wie soziale
Unterstützung oder Handlungs- und Zeitspielräume das Engagement der
Studierenden fördern bzw. das Erschöpfungserleben reduzieren und
dadurch auf längere Sicht das studentische Wohlbefinden fördern
(gesundheitsförderlicher Prozess) [10 ].
Abb. 1 Study Demand-Resources Modell nach Lesener et al. (eigene
Abbildung).
Im Arbeitskontext (JD-R Modell) konnten die angenommenen kausalen Pfade bereits in
mehreren längsschnittlichen Studien bestätigt werden [11 ]. Im SD-R Modell werden ähnliche
Zusammenhänge zwischen den Variablen angenommen, allerdings liegen hier
bislang nur wenige Studien im Längsschnittdesign vor [12 ]. Da das SD-R Modell vergleichsweise neu
ist, wurde in bisherigen Studien besonders die Reproduzierbarkeit des Modells in den
Grundstrukturen angestrebt [12 ]
[13 ]
[14 ].
Das studentische Wohlbefinden wird dabei von den Autor*innen des SD-R
Modells durch die Lebenszufriedenheit abgebildet, während als unmittelbare
Wirkungen Erschöpfung und Engagement beschrieben werden [10 ]. Andere Studien nutzten die mentale
Gesundheit oder die allgemeine Gesundheit als Endpunkte [13 ]
[14 ].
Es liegen nur begrenzt Studien vor, die die Annahmen des Modells differenziert
für spezifische studienbezogene Anforderungen und Ressourcen untersuchen
[15 ]
[16 ]. Ferner zeigten Forschungen im arbeitsmedizinischen Kontext, dass
auch das Zusammenwirken angemessener Anforderungen und ausreichender Ressourcen
einen Einfluss auf das Wohlbefinden haben kann (Job-Demand-Control-Modell (JDC))
[17 ]
[18 ]. Dieses im JDC-Modell beschriebene Zusammenwirken wurde bei
Studierenden bisher kaum untersucht [16 ].
Ziel dieser Studie ist es, die Auswirkung spezifischer studienbedingter Anforderungen
und Ressourcen sowie deren Zusammenspiel auf das Wohlbefinden von Studierenden zu
untersuchen. Dabei steht als Kernanalyse die Replizierbarkeit der oben beschriebenen
gesundheitsbeeinträchtigenden und gesundheitsförderlichen Prozesse
des SDR-Modells anhand der TUD Stichprobe im Vordergrund. Das studentische
Wohlbefinden wird im Rahmen unserer Studie primär mit der studentischen
Lebenszufriedenheit sowie ergänzend mit der subjektiven Gesundheit als
sekundäres Outcome definiert. Zusätzlich sollen durch explorative
Analysen potenzielle direkte und interaktive Zusammenhänge zwischen
studienbezogenen Anforderungen, Ressourcen und dem studentischen Wohlbefinden
(Lebenszufriedenheit und subjektive Gesundheit) untersucht werden.
Methode
Online-Befragung Studierender an der TUD –
Erhebungsinstrumente
Im Rahmen des Forschungsprojektes TUDo! wurden im Jahr 2020 alle TUD-Studierenden
(n=21.743) (ausgenommen Medizinische Fakultät) zu einer
Online-Befragung eingeladen. Die Rekrutierung erfolgte über die
universitätsinternen E-Mail-Verteiler in zwei Phasen von Juni bis
Dezember, wobei initial ein umfangreiches Fragebogen-Manual und nachfolgend eine
stark gekürzte Version („Ultrakurzversion“) zum Einsatz
kam. Promovierende, Erasmusstudierende sowie Studierende im Urlaubssemester
wurden von der Befragung ausgeschlossen. Mit etablierten und überwiegend
validierten Erhebungsinstrumenten wurden soziodemografische Faktoren (Alter,
Geschlecht, subjektive soziale Herkunft, Partnerschaft), allgemeine und
psychische Gesundheit sowie studienbezogene Anforderungen und Ressourcen erfasst
(siehe Online-Anlage 1 ). Es lag ein positives Votum der Ethikkommission
der TUD vor (BOEK7012020).
Statistische Analysen
Zur Auswertung wurde SPSS (Version 28.0) verwendet. Die
Stichprobencharakteristika wurden deskriptiv dargestellt. Als Kernanalyse wurden
spezifische Anforderungen (geistige, zeitliche Anforderungen, Workload) und
Ressourcen (Handlungs-, Zeitspielraum, soziale Unterstützung) jeweils
getrennt voneinander in logistischen Regressionsmodellen auf ihren Zusammenhang
mit dem studentischen Wohlbefinden (jeweils für die Outcomes
Lebenszufriedenheit und subjektive Gesundheit) untersucht“. Die
vorliegenden Daten zu Anforderungen und Ressourcen wurden dabei in Quartile
(„niedrig“ (Referenzkategorie), „eher niedrig“,
„eher hoch“, „hoch“) aufgeteilt, um
mögliche nichtlineare Zusammenhänge zu berücksichtigen.
Die Dichotomisierung der Outcomes erfolgte anhand bewährter
Cut-Off-Werte der Messinstrumente (Online-Anlage 1 ). In einer
Mediationsanalyse in Anlehnung an Baron und Kenny [19 ] wurde anhand weiterer
Regressionsanalysen durch Adjustierung für Erschöpfung bzw.
Engagement geprüft, ob die im SD-R Modell angenommenen mediierten
Beziehungen zwischen Anforderungen/Ressourcen und dem Wohlbefinden von
Studierenden replizierbar sind, oder, ob auch direkte Zusammenhänge zum
Wohlbefinden bestehen.
Ebenfalls mittels logistischer Regressionsanalyse wurde explorativ das
Zusammenwirken studienbedingter Anforderungen und Ressourcen untersucht. Hierbei
dienten die theoretischen Annahmen des JDC-Modells als Grundlage. Deshalb wurde
die Kombination zeitlicher Anforderungen (dichotomisiert) sowie des
Handlungsspielraum (dichotomisiert) als zentrale Faktoren in Zusammenhang mit
der studentischen Lebenszufriedenheit betrachtet. Die gebildeten kategorisierten
Einflussvariablen repräsentieren im Sinne des JDC-Modells verschiedene
Kombinationen studienbedingter Anforderungen und Ressourcen: High Strain (hohe
zeitliche Anforderungen und geringer Handlungsspielraum), aktives Studieren
(hohe zeitliche Anforderungen und hoher Handlungsspielraum), passives Studieren
(geringe zeitliche Anforderungen und geringer Handlungsspielraum) und Low Strain
(geringe zeitliche Anforderungen und hoher Handlungsspielraum,
Referenzkategorie).
Alle Analysen wurden für Alter, Geschlecht, subjektive soziale Herkunft
und Partnerschaft adjustiert. Berichtet werden Odds Ratios (OR) mit
95%-Konfidenzintervallen. Als Signifikanzniveau wurde 0,05
gewählt. Ergebnisse werden dann als „grenzwertig
signifikant“ erachtet, wenn das untere oder obere Konfidenzintervall 1,0
beträgt. Die Analysen wurden zusätzlich stratifiziert
für das Geschlecht (Männer, Frauen) durchgeführt.
Ergebnisse
Studienpopulation
Insgesamt beteiligten sich n=2.657 Studierende (Rücklauf:
12,3%) an der Befragung. Die nachfolgenden Ergebnisdarstellungen
beziehen sich auf ein Sample von n=1.312 Studierenden, da nur im
umfangreichen Fragebogen-Manual alle für die Analysen relevanten
Variablen enthalten waren. [Tab. 1 ] zeigt
die soziodemographischen, studienbezogenen und gesundheitlichen Charakteristika
der Studienteilnehmenden.
Tab. 1 Stichprobencharakteristika
Deskriptive Ergebnisse zur Studienpopulation
gesamt
Frauen
Männer
n/MW
%/SD
n/MW
%/SD
n/MW
%/SD
p-Wert
Anzahl (n)
1312
100%
746
56,9%
566
43,1%
Alter
23,4
4,3
23,4
4 ,3
23,3
4,1
0,702
Subjektive Soziale Herkunft
6,1
1,6
6,1
1,6
6,1
1,6
0,878
Partnerschaft (ja)
701
53,5%
471
63,2%
230
40,6%
<0.001
Fachbereiche
Mathematik / Naturwissenschaften
205
15,6%
140
68,3%
65
31,7%
<0.001
Geistes- und Sozialwissenschaften
301
22,9%
247
82,1%
54
17,9%
Ingenieurwissenschaften
360
27,4%
103
28,6%
257
71,4%
Bau und Umwelt
366
27,9%
198
54,1%
168
45,9%
Sonstiges
80
6,1%
58
72,5%
22
27,5%
Anzahl Hochschulsemester
6,9
3,9
6,9
3 ,9
639
3,9
0,749
Zeitlicher Aufwand
33,9
13,0
34,6
12,7
33,0
13,5
0,052
Anzahl Leistungsnachweise (Workload)
6,2
3,5
6,5
3,8
5,9
3,1
Studienabschluss
Bachelor
378
28,8%
226
30,3%
152
26,9%
<0.001
Master
205
15,6%
137
18,4%
68
12,0%
Diplom
454
34,6%
165
22,1%
289
51,1%
Staatsexamen
275
21,0%
218
29,2%
57
10,1%
Geistige Anforderungen (MW)
4,3
0,9
4,3
0,8
4,3
0,9
0,737
Niedrig
388
32,0%
213
30,8%
175
33,5%
0,154
Eher niedrig
236
19,5%
150
21,7%
86
16,5%
Eher hoch
339
27,9%
189
27,4%
150
28,7%
hoch
250
20,6%
139
20,1%
111
21,3%
Soziale Unterstützung d. Studierende (MW)
3,7
1,3
3,8
1,3
3,6
1,3
0,015
Niedrig
373
28,5%
207
27,9%
166
29,3%
0,114
Eher niedrig
296
22,6%
155
20,9%
141
24,9%
Eher hoch
360
27,5%
207
27,9%
153
27,0%
hoch
280
21,4%
174
23,4%
106
18,67%
Soziale Unterstützung d. Lehrende (MW)
3,3
1,1
3,4
1,1
3,2
1,1
<0.001
Niedrig
383
31,4%
189
27,1%
194
37,0%
0,002
Eher niedrig
198
16,2%
116
16,6%
82
15,6%
Eher hoch
333
27,3%
198
28,4%
135
25,8%
hoch
307
25,1%
194
27,8%
113
21,6%
Handlungsspielraum (MW)
3,1
0,9
3,1
0,8
3,1
0,9
0,806
Niedrig
408
31,3%
226
30,5%
182
32,3%
0,524
Eher niedrig
268
20,5%
163
22,0%
105
18,7%
Eher hoch
319
24,4%
178
24,0%
141
25,0%
hoch
310
23,8%
175
23,6%
135
24,0%
Zeitspielraum (MW)
3,3
1,1
3,4
1,1
3,2
1,1
<0.001
Niedrig
341
26,0%
208
27,96%
133
23,5%
0,024
Eher niedrig
369
28,1%
218
29,3%
151
26,7%
Eher hoch
339
25,9%
190
25,5%
149
26,3%
hoch
262
20,2%
129
17,3%
133
23,5%
Hohes Studentisches Engagement
465
35,5%
262
35,2%
203
35,9%
0,775
Hohe Erschöpfung
315
24,0%
197
26,4%
118
20,8%
0,02
Lebenszufriedenheit
24,8
6,3
25,2
6,2
24,2
6,3
0,009
Unzufrieden bis neutral
300
23,0%
159
21,5%
141
25,0%
0,132
Eher zufrieden bis extrem zufrieden
1005
77,0%
582
78,5%
423
75,0%
Subjektive Gesundheit
Sehr schlecht bis mittelmäßig
205
15,9%
136
18,5%
69
12,5%
0,003
Gut bis sehr gut
1081
84,1%
598
9,5%
483
87,5%
MW=Mittelwert; SD=Standardabweichung,
n=Anzahl.
Es nahmen mehr Frauen (56,3%; n=746) als Männer teil. 12
Personen (0,9%) ordneten sich der Geschlechtsbezeichnung
„divers“ zu[1 ]. Die
Teilnehmenden waren im Mittel 23,4 Jahre alt (Range: 18–52 Jahre; SD:
4,3). Etwa die Hälfte (53,7%; n=710) gab an sich in
einer festen Partnerschaft zu befinden. Die mittlere subjektive soziale Herkunft
lag auf der 10-stufigen Skala mit 6,0 (SD: 1,6; Range: 1–10) etwas
über dem Mittel. Die relative Verteilung der Teilnehmenden auf die
Fachbereiche entsprach in etwa der Gesamtverteilung an der TUD, wobei
Studierende der Ingenieurswissenschaften (27,3%; n=361) und Bau
und Umwelt (27,6%; n=366) am häufigsten vertreten waren.
Die Studierenden befanden sich durchschnittlich im sechsten Hochschulsemester
(SD: 4,0).
Studentisches Wohlbefinden
Die Studierenden schätzten ihren allgemeinen Gesundheitszustand
überwiegend als „gut“ (49,7%; n=652)
oder „sehr gut“ (33,5%; n=439) ein und gaben
größtenteils eine eher hohe Lebenszufriedenheit
(76,8%; n=1.011) an. Frauen berichteten im Vergleich zu
Männern deutlich häufiger einen schlechteren Gesundheitszustand
(w: 18,5% (n=136) vs. m: 12,5% (n=69);
p=0,003) jedoch durchschnittlich eine höhere Lebenszufriedenheit
(w: MW 25,2 (SD:6,3) vs. m: MW 24,2 (SD:6,3); p=0,009). In Bezug auf das
Erschöpfungserleben im Sinne von Burnout befanden sich
24,0% (n=315) der Befragten im oberen Terzil der Skala, welches
anhand der Summenwerte der Population als „hohe
Erschöpfung“ kategorisiert wurde. Frauen waren deutlich
häufiger von hoher Erschöpfung betroffen als Männer (w:
26,4% (n=197) vs. m: 20,8% (n=118);
p=0,02). Die Studierenden wiesen mit einem Mittelwert von 3,1 (SD: 1,0)
auf der sechsstufigen Skala ein moderates Maß studentischen
Engagements auf. Etwa ein Drittel (34,5%; n=453) der
befragten Personen zeigte ein "eher hohes" studentisches
Engagement (MW > 3,5).
Studienbezogene Anforderungen und Ressourcen
Die Auswertung der geistigen Anforderungen ergab einen mittleren Score von
4,3 (SD: 0,9). Bei 20,6% (n=250) lag der Score bei ≥5,0
(„eher hohe“ geistige Anforderungen). In Bezug auf den
Workload hatten die teilnehmenden Personen im laufenden Semester
durchschnittlich sechs Leistungsnachweise (SD: 3,5; Spannweite: 0–25) zu
erbringen, wobei sich die obere Quartilsgrenze (75%-Quartil) bei acht
Leistungsnachweisen befand. Frauen gaben an etwas mehr Leistungsnachweise
absolvieren zu müssen als Männer (w: 6,5 (SD: 3,8); m: 5,9 (SD:
3,1) p=0,03). Die zeitlichen Anforderungen für den Besuch
von Lehrveranstaltungen und Selbststudium lagen bei den befragten Studierenden
im Mittel bei 33,9 Stunden (SD: 13,0). Es gab keine deutlichen
geschlechtsspezifischen Unterschiede hinsichtlich der zeitlichen und geistigen
Anforderungen.
Bei der Auswertung der wahrgenommenen Ressourcen im Studium erreichte die
Dimension „Soziale Unterstützung durch Studierende“ die
höchste Ausprägung mit einem Mittelwert von 3,7 (SD: 1,3), was
als „häufig“ zu interpretieren ist. Die Dimensionen
„Zeitspielraum“ (MW: 3,6; SD: 1,0), „Soziale
Unterstützung durch Lehrende“ (MW: 3,3; SD: 1,1) und
„Handlungsspielraum“ (MW: 3,1; SD: 0,9) wurde von den
teilnehmenden Studierenden vergleichsweise etwas seltener erlebt. Frauen
berichteten deutlich häufiger von einer hohen Unterstützung
durch Lehrende (27,8% (n=194) vs. 21.6% (n=113);
p=0,002), während Männer deutlich häufiger von
einem hohen Zeitspielraum berichteten (w: 17,3% (n=129) vs. m:
23,5% (n=133); p=0,024).
Studienbezogene Anforderungen und Ressourcen im Zusammenhang mit Gesundheit
und Lebenszufriedenheit
Die Ergebnisse zum Zusammenhang zwischen Anforderungen und schlechter Gesundheit
bzw. geringer Lebenszufriedenheit sind in [Tab.
2 ] dargestellt, die entsprechenden Zusammenhangsanalysen zu
studienbezogenen Ressourcen in [Tab. 3 ].
Die Ergebnisse der geschlechtsspezifischen Analysen sind in der Online-Anlage
2 nachzuvollziehen.
Tab 2 Ergebnisse der Zusammenhangsanalysen für
studienbezogene Anforderungen.
Erschöpfung
schlechte Gesundheit
+ adj. für Erschöpfung
geringe Lebens-zufriedenheit
+ adj. für Erschöpfung
Engagement
OR (95% KI)
OR (95% KI)
adj. OR (95% KI)
OR (95% KI)
adj. OR (95% KI)
OR (95% KI)
zeitliche Anforderungen
niedrig
1,0 -
1,0 -
1,0 -
1,0 -
1,0 -
1,0 -
eher niedrig
0,8 (0,5–1,2)
1,0 (0,6–1,5)
1,0 (0,6–1,7)
1,1 (0,7–1,6)
1,1 (0,7–1,7)
1,4 (1,0–2,0)
eher hoch
1,1 (0,7–1,7)
0,7 (0,5–1,2)
0,6 (0,4–1,1)
1,3 (0,8–1,9)
1,2 (0,7–1,8)
1,5 (1,1–2,2)
hoch
1,8 (1,2–2,7)
0,9 (0,6–1,4)
0,7 (0,4–1,1)
1,5 (1,0–2,2)
1,1 (0,7–1,8)
2,0 (1,4–2,9)
Workload
niedrig
1,0 -
1,0 -
1,0 -
1,0 -
1,0 -
1,0 -
eher niedrig
1,0 (0,7–1,5)
0,8 (0,5–1,2)
0,8 (0,5–1,2)
0,9 (0,6–1,2)
0,9 (0,6–1,3)
1,5 (1,1–2,1)
eher hoch
0,8 (0,6–1,2)
0,7 (0,4–1,0)
0,7 (0,4–1,1)
0,7 (0,5–1,0)
0,7 (0,5–1,0)
1,3 (0,9–1,8)
hoch
1,3 (0,9–1,8)
0,6 (0,4–0,9)
0,5 (0,3–0,9)
0,8 (0,5–1,2)
0,7 (0,5–1,0)
1,5 (1,1–2,2)
geistige Anforderungen
niedrig
1,0 -
1,0 -
1,0 -
1,0 -
1,0 -
1,0 -
eher niedrig
1,1 (0,7–1,7)
1,1(0,7–1,8)
1,1 (0,7–1,7)
0,8 (0,6–1,3)
0,8 (0,5–1,3)
1,9 (1,3–2,7)
eher hoch
1,8 (1,3–2,6)
1,0 (0,7–1,6)
0,9 (0,6–1,3)
0,8 (0,5–1,1)
0,6 (0,4–0,9)
2,3 (1,6–3,1)
hoch
2,5 (1,7–3,6)
1,3 (0,8–2,0)
1,0 (0,6–1,5)
1,5 (1,0–2,1)
1,0 (0,7–1,5)
3,0 (2,1–4,3)
OR=Odds Ratio, KI=Konfidenzintervall,
adj.=adjustiert; Kontrollvariablen: Alter, Geschlecht,
subjektive soziale Herkunft, Partnerschaft;
Mediationsanalyse=kursiv)
Tab. 3 Ergebnisse der Zusammenhangsanalysen für
studienbezogene Ressourcen.
Engagement
schlechte Gesundheit
+ adj. für Engagement
geringe Lebens-zufriedenheit
+ adj. für Engagement
Erschöpfung
OR (95% KI)
OR (95% KI)
Adj. OR (95% KI)
OR (95% KI)
Adj. OR (95 KI)
OR (95% KI)
Handlungsspielraum
niedrig
1,0 -
1,0 -
1,0 -
1,0 -
1,0 -
1,0 -
eher niedrig
1,1 (0,7–1,5)
0,9 (0,6–1,4)
1,0 (0,7–1,5)
0,7 (0,5–1,1)
0,8 (0,6–1,2)
0,8 (0,6–1,2)
eher hoch
2,0 (1,4–2,8)
0,7 (0,5–1,1)
0,8 (0,6–1,3)
0,5 (0,3–0,7)
0,6 (0,4–0,9)
0,4 (0,3–0,6)
hoch
4,0 (2,9–5,5 )
0,7 (0,4–1,0)
0,9 (0,6–1,4)
0,4 (0,3–0,6)
0,7 (0,5–1,0)
0,4 (0,3–0,6)
Zeitspielraum
niedrig
1,0 -
1,0 -
1,0 -
1,0 -
1,0 -
1,0 -
eher niedrig
1,4 (1,0–1,9)
0,8 (0,5–1,2)
0,9 (0,6–1,3)
0,7 (0,5–1,0)
0,8 (0,6–1,2)
0,3 (0,2–0,5)
eher hoch
1,9 (1,3–2,6)
0,5 (0,3–0,8)
0,6 (0,4–0,9)
0,4 (0,3–0,6)
0,5 (0,3–0,7)
0,2 (0,1–0,2)
hoch
2,9 (2,0–4,1)
0,5 (0,3–0,8)
0,6 (0,3–0,9)
0,4 (0,2–0,6)
0,5 (0,3–0,8)
0,1 (0,0–0,1)
soziale Unterstützung durch Lehrende
niedrig
1,0 -
1,0 -
1,0 -
1,0 -
1,0 -
1,0-
eher niedrig
1,2 (0,8–1,9)
1,0 (0,7–1,6)
1,1 (0,7–1,7)
1,1 (0,7–1,7)
0,7 (0,5–1,0)
0,5 (0,3–0,8)
eher hoch
2,9 (2,0–4,0)
0,5 (0,3–0,8)
0,6 (0,4–1,0)
0,6 (0,4–1,0)
0,5 (0,4–0,7)
0,4 (0,3–0,6)
hoch
4,3 (3,1–6,1)
0,5 (0,3–0,8)
0,7 (0,4–1,0)
0,7 (0,4–1,0)
0,4 (0,3–0,6)
0,4 (0,3–0,5)
soziale Unterstützung durch Studierende
niedrig
1,0 -
1,0 -
1,0 -
1,0 -
1,0 -
1,0 -
eher niedrig
1,5 (1,1–2,2)
0,6 (0,4–0,9)
0,7 (0,5–1,1)
0,7 (0,5–1,1)
0,7 (0,5–1,0)
0,7 (0,5–1,0)
eher hoch
2,2 (1,6–3,1)
0,6 (0,4–0,9)
0,7 (0,5–1,0)
0,7 (0,5–1,0)
0,4 (0,2–0,5)
0,5 (0,3–0,7)
hoch
3,5 (2,5–5,0)
0,3 (0,2–0,5)
0,4 (0,2–0,7)
0,4 (0,2–0,7)
0,3 (0,2–0,4)
0,4 (0,2–0,5)
OR=Odds Ratio, KI=Konfidenzintervall,
adj.=adjustiert; Kontrollvariablen: Alter, Geschlecht,
subjektive soziale Herkunft, Partnerschaft;
Mediationsanalyse=kursiv.
Hohe studienbezogene Anforderungen im Sinne von hohen zeitlichen
(OR=1,5; 95%-KI 1,0 − 2,2) und hohen geistigen
Anforderungen (OR=1,5; 95%-KI 1,0 − 2,1) zeigten einen
statistisch (grenzwertig) signifikanten Zusammenhang mit einer geringen
Lebenszufriedenheit, nicht allerdings mit einer schlechten Gesundheit. Es fand
sich ein monotoner Anstieg der OR mit den zeitlichen Anforderungen (positive
Expositions-Risiko-Beziehung). Bei einem hohen Workload als dritter Dimension
hoher studienbezogener Anforderungen zeigte sich demgegenüber
tendenziell seltener eine geringe Lebenszufriedenheit und statistisch
signifikant seltener eine schlechte Gesundheit. Weiterhin waren hohe zeitliche
Anforderungen und hohe geistige Anforderungen deutlich mit hoher
Erschöpfung assoziiert (zeitlich: OR=1,8; 95%-KI 1,2
− 2,7; geistig (OR=2,5; 95%-KI 1,7 − 3,6). Bei
zusätzlicher Adjustierung für Erschöpfung im Rahmen der
Mediationsanalyse ([Tab. 2 ], Kursivdruck)
zeigte sich kein „direkter“ Zusammenhang zwischen
studienbezogenen Anforderungen und der Lebenszufriedenheit mehr. Es fand sich
ein deutlich positiver Zusammenhang zwischen allen drei genannten
studienbezogenen Anforderungen und einem hohen studentischen Engagement ([Tab. 2 ]).
Hohe studienbezogenen Ressourcen im Sinne eines hohen Handlungs- oder
Zeitspielraums, sowie einer hohen sozialen Unterstützung durch Lehrende
und Studierende waren mit statistisch signifikant verringerten
Risikoschätzern für eine geringe Lebenszufriedenheit wie
für eine schlechte allgemeine Gesundheit verbunden ([Tab. 3 ]). Als Ausdruck entsprechender
Expositions-Risiko-Beziehungen verstärkten sich die
Zusammenhänge mit steigenden studienbezogenen Ressourcen. Hohe
Ressourcen waren deutlich mit einem hohen studentischen Engagement verbunden.
Bei Adjustierung für studentisches Engagement im Rahmen der
Mediationsanalyse blieben die Zusammenhänge zwischen studienbezogenen
Ressourcen und geringer Lebenszufriedenheit bzw. schlechter allgemeiner
Gesundheit überwiegend erhalten. Bei hohen Handlungsspielräume
fanden sich erheblich seltener Erschöpfungssymptome ([Tab. 3 ]).
Zusammenwirken von Anforderungen und Ressourcen
Die Kombination von hohen studienbezogenen (zeitlichen) Anforderungen und
geringen Ressourcen (Handlungsspielraum) war deutlich mit einer geringen
Lebenszufriedenheit verbunden („High Strain“ OR=2,3;
95%-KI 1,5 − 3,4; siehe [Abb.
2 ]). Für eine „passive“ Studierkonstellation
mit geringen Anforderungen und geringem Handlungsspielraum zeigte sich ein
statistisch grenzwertig erhöhter Effektschätzer für eine
geringere Lebenszufriedenheit (OR=1,5; 95%-KI 1,0 −
2,3). Eine „aktive“ Studierkonstellation mit hohen Anforderungen
und hohem Handlungsspielraum wies keinen Zusammenhang mit einer geringen
Lebenszufriedenheit auf.
Abb. 2 Zusammenwirken von studienbezogenen Belastungen und
geringer Lebenszufriedenheit; *OR adjustiert für Alter,
Geschlecht, subjektive soziale Herkunft, Partnerschaft.
Geschlechtsspezifische Analysen
Insgesamt waren in den geschlechtsspezifischen Analysen die Ergebnisse
für männliche und weibliche Studierende vergleichbar (siehe
Online-Anlage 2 ). Allerdings zeigte sich der oben beschriebene
negative Zusammenhang zwischen einem hohen Workload und einer geringen
Lebenszufriedenheit nur bei männlichen, nicht bei weiblichen
Studierenden (w: OR=1,1 95%-KI: 0,7–1,9; vs. m:
OR=0,5 95%-KI: 0,3–0,9). Der Zusammenhang zwischen
sozialer Unterstützung und Wohlbefinden (Lebenszufriedenheit wie
allgemeine Gesundheit) war bei weiblichen Studierenden etwas deutlicher
ausgeprägt als bei männlichen Studierenden.
Diskussion
In der vorliegenden Befragungsstudie bei Studierenden der TUD zeigen sich
Zusammenhänge einer geringeren Lebenszufriedenheit mit hohen zeitlichen
sowie geistigen Anforderungen und mit geringen studienbezogenen Ressourcen
(Handlungsspielraum, zeitlicher Spielraum und soziale Unterstützung). Auch
Erschöpfung und Engagement sind mit den vorgenannten Faktoren verbunden; der
Zusammenhang zwischen hohen Anforderungen und geringer Lebenszufriedenheit
erklärt sich teilweise durch die wahrgenommene Erschöpfung. Die
Kombination zwischen hohen Anforderungen und geringem Handlungsspielraum weist einen
besonders deutlichen Zusammenhang mit einer geringeren Lebenszufriedenheit auf.
Als eine wichtige Einschränkung der vorliegenden Untersuchung sind die
niedrige Response und ein damit nicht auszuschließender Selektions-Bias zu
nennen. Die erschwerte Erreichbarkeit der Zielpopulation wurde auch in anderen
Studien aufgezeigt und stellt ein häufiges Problem im Forschungsfeld der
Studierendengesundheit dar [20 ]. Durch die
geringe Beteiligung der angesprochenen Personen ist die Übertragbarkeit der
Ergebnisse auf die Gesamtpopulation nur eingeschränkt möglich.
Unsere Studienteilnehmenden weisen jedoch vergleichbare soziodemografische Merkmale
auf wie die Gesamtstudierendenpopulation an der TU Dresden (abgesehen von einer
Überrepräsentierung weiblicher Studierender in der vorliegenden
Studie (56,3%) gegenüber der Gesamtzahl (45,2%).
Die hier dargestellten Ergebnisse zu den gesundheitlichen Outcomes (Gesundheit,
Lebenszufriedenheit, Erschöpfung und Engagement) beruhen auf validierten
Erhebungsinstrumenten. Die zur Erfassung der Anforderungen und Ressourcen
verwendeten Instrumente wurden bereits häufig in ähnlichen
Befragungen genutzt [21 ]
[22 ] und wiesen bei internen Prüfungen
eine gute psychometrische Qualität auf. Generell ist durch die
befragungsbasierte Erhebung von Einflussfaktoren wie Outcomes ein „Common
Method“-Bias nicht auszuschließen.
Die vorliegenden Regressionsanalysen untersuchten die direkten und indirekten
Beziehungen zwischen spezifischen Anforderungen, Ressourcen und dem Wohlbefinden.
Obwohl die einzelnen Anforderungen und Ressourcen inhaltlich verwandt sind, wiesen
die Korrelationsanalysen der unabhängigen Variablen nur schwache
Verbindungen auf (Korrelationskoeffizienten: r=0,01–0,45). Aufgrund
des teilweise explorativen Charakters der Auswertungen wurde trotz der Vielzahl an
Analysen auf eine Korrektur für multiples Testen verzichtet.
Wenn es um die Ableitung von „Wirkmodellen“ geht, ist das eingesetzte
querschnittliche Design dem Risiko einer reversen Kausalität ausgesetzt.
Insofern darf etwa der gefundene negative Zusammenhang zwischen einem hohen Workload
(also einer hohen Zahl absolvierter Leistungsnachweise) und einer schlechten
Gesundheit nicht dahingehend interpretiert werden, dass ein hoher Workload die
Gesundheit schützt. Vielmehr könnte – als plausiblerer
Erklärungsansatz – eine schlechte Gesundheit im Sinne einer reversen
Kausalität die Zahl der absolvierten Leistungsnachweise, also den Workload,
verringern. Wenn im Folgenden dennoch (letztlich kausal gedachte) Wirkmodelle
diskutiert werden, so bedürfen diese noch der Bestätigung durch
längsschnittliche Untersuchungen.
Studentisches Wohlbefinden und studienbezogene Anforderungen und
Ressourcen
Die Ergebnisse zur gesundheitlichen Situation der TUD-Studierenden stehen
grundsätzlich im Einklang mit den Ergebnissen einer deutschlandweiten
Studierendenbefragung, in der ähnliche Messinstrumente verwendet wurden
[22 ]. Allerdings ist bei diesem
Vergleich zu beachten, dass die Befragung der TUD-Studierenden während
der Coronavirus-Pandemie durchgeführt wurde. Die Studienbedingungen
waren in dieser Zeit von Fernlehre und Einschränkungen durch
Schutzmaßnahmen geprägt, dies könnte die Angaben der
teilnehmenden Studierenden beeinflusst haben.
Anhand der Ergebnisse der Studie lassen sich die Grundannahmen des SD-R
Modells überwiegend replizieren. Hierzu zählt auch der
mediierende Effekt von Erschöpfung auf den Zusammenhang zwischen hohen
Anforderungen und einer geringeren Lebenszufriedenheit. Allerdings wird in
unserer Analyse nicht der gesamte „Effekt“ hoher Anforderungen
über die wahrgenommene Erschöpfung vermittelt. Den mediierenden
Effekt des studentischen Engagements auf den Zusammenhang zwischen
studienbezogenen Ressourcen und Lebenszufriedenheit können wir in
unserer Analyse dagegen nicht bestätigen.
Bei der Betrachtung spezifischer Anforderungsfaktoren ist der Zusammenhang hoher
zeitlicher und geistiger Anforderungen mit einer geringeren Lebenszufriedenheit
etwa gleich stark ausgeprägt. Ein hoher Workload als weitere spezifische
Anforderung steht in unserer Untersuchung nicht in Zusammenhang mit einem
eingeschränkten Wohlbefinden (siehe hierzu auch die obigen
Ausführungen zur reversen Kausalität). Demgegenüber wird
eine hohe Zahl zu absolvierender Prüfungsleistungen in anderen Studien
als häufige Ursache für Stress genannt [23 ]. Von den untersuchten spezifischen
Ressourcen hängt soziale Unterstützung durch Mitstudierende und
Zeitspielraum besonders deutlich mit dem Wohlbefinden zusammen. Dieses Ergebnis
steht im Einklang mit weiteren Studien zu studienbezogenen Ressourcen [4 ]
[24 ]. Ebenfalls finden sich für die Zusammenhänge von
Handlungsspielraum und sozialer Unterstützung durch Lehrende mit dem
Wohlbefinden von Studierenden ähnliche Studienergebnisse [21 ]
[25 ].
Über die im SD-R Modell von Lesener et al. [10 ] postulierten
gesundheitsbeeinträchtigenden Pfade hinaus können wir
unmittelbare – nicht durch Erschöpfung bzw. Engagement
vermittelte – Zusammenhänge zwischen hohen Anforderungen bzw.
hohen Ressourcen und der studentischen Lebenszufriedenheit finden. Weiterhin
können wir auch einen Zusammenhang zwischen hohen Anforderungen und
einem hohen Engagement aufzeigen. Dementsprechend lässt sich das
postulierte Wirkmodell auf der Grundlage der vorliegenden Studienergebnisse
erweitern (siehe [Abb. 3 ]).
Abb. 3 Erweitere Assoziationen (gestrichelt) des Study
Demands-Resources Modells (eigene Darstellung).
Es ließen sich nur geringe geschlechtsspezifische Unterschiede in Bezug
auf die Zusammenhänge von studienbezogenen Anforderungen und Ressourcen
und dem Wohlbefinden feststellen. Zwar können wir im Einklang mit dem
aktuellen Forschungsstand die vergleichsweise höhere Prävalenz
von psychischen Beeinträchtigungen unter weiblichen Studierenden
bestätigen [4 ], allerdings finden
sich keine belastbaren Hinweise auf substanzielle geschlechtsspezifische
Wirkunterschiede von studienbezogen Anforderungen und Ressourcen. In der
Literatur gibt es lediglich vereinzelte Hinweise darauf, dass der positive
Zusammenhang von sozialer Unterstützung und Wohlbefinden vermehrt bei
weiblichen Studierenden auftritt [26 ]
[27 ]. Dies korrespondiert mit unseren
Ergebnissen der geschlechtsspezifischen Analysen (siehe Online-Anlage
2 ).
Als neuer Aspekt wurde im Rahmen der vorliegenden Studie das Zusammenwirken
studienbezogener Anforderungen und Ressourcen untersucht. Es konnte eine
deutlich geringere Lebenszufriedenheit bei Studierenden gefunden werden, die
hohen Anforderungen in Kombination mit geringen Ressourcen ausgesetzt waren. Zu
ähnlichen Ergebnissen kommen Untersuchungen im Berufsleben basierend auf
dem JDC-Modell. Demnach weisen Beschäftigte in
High-Strain-Tätigkeiten ein deutlich erhöhtes Risiko für
psychische Erkrankungen und Herz-Kreislauf-Erkrankungen auf [18 ]. Unser analoger Fund bei Studierenden
sollte in längsschnittlichen Studien vertiefend untersucht werden. Das S
D-R Modell lässt sich somit auch mit der Assoziation von Anforderungen
und Ressourcen erweitern ([Abb. 3 ]).
Schlussfolgerung
Das erweiterte SD-R Modell stellt ein geeignetes Rahmenkonzept dar, um
studienbezogene Einflussfaktoren auf das Wohlbefinden der Studierenden zu
identifizieren. Es bietet wichtige Ansatzpunkte für präventive
Maßnahmen im studentischen Gesundheitsmanagement, wie die Vermeidung
überhöhter zeitlicher Anforderungen und die Förderung von
sozialen Angeboten. Besondere Beachtung sollte den
"Kombinationsbelastungen" geschenkt werden, die hohe Anforderungen
und geringe Handlungsspielräume bzw. mangelnde soziale Unterstützung
beinhalten. Mögliche Maßnahmen könnten eine flexible
Studiengestaltung besonders im Hinblick auf die Studien und
Prüfungsorganisation sein, um – trotz bestehender studienbedingter
Anforderungen – Belastungsspitzen zeitlich zu entzerren und gleichzeitig den
wahrgenommenen Handlungsspielraum zu stärken.
Konsequenzen für Klinik und Praxis
Hohe Anforderungen im Studium stellen eine Belastung für das
Wohlbefinden von Studierenden dar, insbesondere, wenn sie in Kombination
mit geringen studienbezogenen Ressourcen auftreten.
Die Vermeidung von überhöhten zeitlichen Anforderungen
sowie die Schaffung von Angeboten zum Zeitmanagement sollten zusammen
mit dem Ausbau von sozialen Angeboten im universitären Kontext
vermehrt in den Fokus eines universitären Gesundheitsmanagements
gerückt werden.
Eine flexible Studiengestaltung könnte hilfreich sein, um
Belastungsspitzen zeitlich zu entzerren und gleichzeitig den
wahrgenommenen Handlungsspielraum von Studierenden zu
stärken.