retten! 2024; 13(02): 90-99
DOI: 10.1055/a-2117-9740
Fachwissen

Psychiatrische Notfälle im Rettungswesen

Carolin Thiel
,
Sebastian Koch

Psychiatrische Notfälle im Rettungswesen treten im Vergleich zu chirurgischen oder internistischen Notfällen deutlich seltener auf. Ein adäquates Vorgehen ist dennoch gefordert. Dieser Beitrag soll zum besseren Verständnis psychiatrischer Notfälle im Rettungswesen beitragen und legt den Fokus auf die Besonderheiten 4 ausgewählter psychischer Störungsbilder: Psychose, Demenz, Delir, (Substanz-)Intoxikation.

Kernaussagen
  • Psychiatrische Notfälle sind besonders geprägt durch Erregungszustände sowie Bewusstseinsstörungen und in allen Kulturen und sozialen Schichten vertreten.

  • Psychische Störungen sind geprägt durch Funktionsbeeinträchtigungen der 4 Schlüsselbereiche: Emotionen, Kognitionen, Motorik/soziale Interaktion und körperliche/biopsychologische Phänomene.

  • Die Notfallbehandlung von Demenzerkrankten benötigt durch deren kognitive Defizite im Gedächtnis sowie Sprach-, Urteils- und Denkvermögen sowohl Zeit als auch ein besonderes Maß an Einfühlungsvermögen.

  • Ein Delir ist in jedem Alter möglich, tritt jedoch insbesondere bei Menschen höheren Alters (ab 60 Jahre) auf. Eine schnelle Behandlung ist erforderlich, da ein Delir ein Hinweis auf einen lebensbedrohlichen Notfall ist.

  • Intoxikationen werden i.d.R. durch einen sofortigen Entzug der Noxe behandelt, wobei ein plötzlicher Entzug schwere körperliche und psychische Folgen haben kann (Substanzentzugssyndrom).

  • Intoxikationen können psychische Störungen auslösen und nach Abklingen der Intoxikation persistieren.

  • Bei Psychosen können Wahn und Halluzinationen gemeinsam auftreten, die beide die soziale Interaktion in negativem Sinne beeinflussen können und Notfallbehandlungen erschweren.

  • Suizidalität ist bei allen psychischen Störungen ein Thema und muss in psychiatrischen Notfallbehandlungen im Blick behalten werden.

  • Im präklinischen Umgang mit psychiatrischen Notfällen sind Ruhe, Zeit und Empathie erforderlich.



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Article published online:
12 April 2024

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