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DOI: 10.1055/a-2079-4224
Geht es noch um die Patient*innen?

Die Generierung und Verbreitung von (vermeintlichem) Wissen nimmt immer weiter zu.
Beinahe wöchentlich werden wir mit neuen, verbesserten Techniken oder Übungen überschüttet, die mit Heilsversprechen werben.
Gepaart mit Worthülsen wie „funktionell“, „myofaszial“ etc. suggerieren diese eine noch bessere Wirkung als die jeweiligen Techniken und Übungen davor. Auch die Patient*innen sind beeindruckt: Eine Übung, die so hochkomplex und theatralisch daherkommt, muss ja für irgendetwas gut sein!
Diese Reaktion steigert zwar den Respekt, den der Patient vor meiner (wiederum vermeintlichen) Kompetenz hat, jedoch ist es fraglich, ob er das Gelernte überhaupt im Alltag umsetzen kann. Mir stellen sich in solchen
Situationen immer die Fragen: „War das wirklich notwendig? Oder wäre es nicht auch viel einfacher gegangen? Und ist komplizierter überhaupt immer besser?“ In diesen Momenten wird mir wieder bewusst, dass trotz der ganzen „Hintergrundgeräusche“ die einfachen, grundlegenden Behandlungsmethoden oftmals die größten Veränderungen bringen. Diese wirken leider deutlich weniger sensationell als die (vermeintlich) hochkomplexen und lassen sich wesentlich schlechter verkaufen – aber das ist ein Thema für ein anderes Mal.
An diesem Punkt zeigt sich auch, wie schwer es ist zu erkennen, wann individuelle, patientenzentrierte Behandlung aufhört und therapeutische Selbstbeweihräucherung anfängt.
Als Behandelnder sollte man sich viel öfter hinterfragen, für wen man das Ganze denn überhaupt macht – für sich selbst oder für die Patient*innen?
Ihr
Publikationsverlauf
Artikel online veröffentlicht:
14. Juli 2023
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