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DOI: 10.1055/a-2032-1247
6. Young Researcher Workshop im Klinikum Bamberg

Phytotherapeutika in der aktuellen Forschung: Phytochemie, Pharmakologie und klinische Anwendungen
Vorgeschaltet vor die diesjährige Tagung der Gesellschaft für Phytotherapie fand am 14. und 15. Juni der 6. Young Researcher Workshop (YRW) für Nachwuchswissenschaftlerinnen und Nachwuchswissenschaftler im Bereich Naturstoffe und deren medizinisch-pharmazeutische Anwendungen statt ([Abb. 1]). Diese Veranstaltung findet seit 2006 regelmäßig statt, wird traditionsgemäß vom Institut für Pharmazeutische Biologie und Phytochemie der Universität Münster organisiert und erfreut sich langjähriger Beliebtheit und vielfältigen Zuspruchs. Der YRW wurden seitens der Gesellschaft für Phytotherapie im Rahmen des Nachwuchsförderprogrammes unterstützt.


Erstmals wurde nun der YRW nicht in den Räumen der Universität Münster, sondern am Klinikum Bamberg abgehalten und direkt an die Phytotherapietagung der GPT angekoppelt. Dies hatte den Charme, dass die Teilnehmerinnen und Teilnehmer ihre Daten und Ergebnisse innerhalb des YRW als Vorträge zur Diskussion stellen konnten, gleichzeitig aber auch ihre Beiträge als Poster innerhalb der Hauptkonferenz einem größeren Publikum präsentieren durften. Zusätzlich bestand die Möglichkeit, dass zwei ausgewählte YRW-Beiträge auch als Vortrag im Hauptkongress als „Best of YRW“ präsentiert werden konnten.
So begann bei strahlendem Sonnenschein und sommerlichen Temperaturen am Nachmittag des 14. Juni in den Räumlichkeiten des Klinikums Bamberg die Veranstaltung mit ca. 35 Teilnehmern zum Thema „Phytotherapeutika in der aktuellen Forschung: Phytochemie, Pharmakologie und klinische Anwendungen“. Nach kurzer Begrüßung durch das Organisationsteam, vertreten durch Prof. Langhorst (Klinik für Integrative Medizin und Naturheilkunde, Klinikum Bamberg), Prof. Hensel (Universität Münster, Pharmazeutische Biologie und Phytochemie), Prof. Düfer (Universität Münster, Pharmakologie) und Prof. Nieber (Universität Leipzig, Pharmakologie), präsentierte Dr. F. Herrmann in einer exzellenten Keynote Lecture neue und hochinnovative Möglichkeiten mittels Rasterkraftmikroskopie bildgebend in molekulare Strukturen vorzustoßen, die wiederum genutzt werden können, um neue antibiotische Stoffe gegen gramnegative Pathogene einfach und effektiv screenen und identifizieren zu können. Die lange und spannende Diskussion der Teilnehmer und die vielfältigen Fragen zur Anwendung dieser durch Dr. Herrmann entwickelte Technik werden sicher nach der Tagung zu einigen gemeinsamen Projekten zwischen den Teilnehmern und der AFM-Nachwuchsgruppe der Universität Münster führen.
Innerhalb des Themenblockes „Pharmakologie bioaktiver Naturstoffe“ wurden Techniken präsentiert, wie mittels spezieller Schnittkulturen aus humanen Biopsieproben von Patienten mit chronisch entzündlichen Darmerkrankungen neue Erkenntnisse zur Wirkung von Extrakten bei dieser Indikation gewonnen werden können. Wie Omics-Technologie zum besseren Verständnis der Wirkung von Orthosiphonextrakt auf humane Blasenzellen beitragen können und die antiinflammatorischen Effekte von Myrrhe-Extrakte erklärt werden können, wurde in spannenden Vorträgen gezeigt. Die freilebende Nematode C. elegans als In-vivo-Modellobjekt zur Identifizierung von Drogen gegen Alterungsprozesse – ein vielversprechendes Testsystem, aber leider (noch) keine diesbezüglich aktiven Drogen.
Ein weiterer Themenblock behandelte antiinfektive Naturstoffe, wobei insbesondere der Einsatz von Octylgallat zur Hemmung der Biofilmbildung Potenzial haben könnte. Die fast vergessene Arzneipflanze Anagallis arvensis L., der Acker-Gauchheil, enthält pentazyklische Triterpene, die eine sehr spezifische inhibitorische Wirkung gegenüber der Membranfusion von SARS-CoV-2 mit Wirtszellen ausüben. Beeinflussung früher Phasen des Infektionsgeschehens standen auch im Mittelpunkt einer Untersuchung, die sich mit Campylobacter jejuni beschäftigte, einem Bakterium welches jährlich geschätzt 30 Millionen Todesopfer durch schwer beherrschbare Enteritiden fordert.
Der zweite Tag startete wieder mit einer Keynote Lecture, diesmal aus dem klinisch pharmakologischen Themenkreis, wobei Frau Miriam Bittel Projektdaten zum Einsatz eines Phytopharmakons auf die Integrität der Darmbarriere bei chronisch entzündlichen Darmerkrankungen darstellte. Insbesondere die in vivo genutzte konfokale Laserendomikroskopie ist als hochinnovativ in der Barriereforschung zu bewerten.
Danach folgten Kurzvorträge, diesmal mit phytochemischen Schwerpunkten. Fichtenbalsam – eine alte Drogenrezeptur, aber analytisch sehr schwer zu analysieren. Wie gut, dass es junge Forscherinnen gibt, die sich mit solch wichtigen, aber anspruchsvollen Themen beschäftigen und das Problem der analytischen Charakterisierung und potenziellen Penetrationsmöglichkeiten in Abhängigkeit der Salbengrundlage für topische Anwendungen elegant lösen können. Auch in dieser Session wurde das Thema Biofilmbildung wieder aufgegriffen und neue Wege, basierend auf Naturstoffen und Extrakten unterschiedlicher Arzneipflanzen der traditionellen Medizin, hin zu potenten Inhibitoren aufgezeigt. Strukturuntersuchungen an Acylphloroglucinolen aus einer wenig untersuchten Hypericum-Art sowie ein innovatives Matrixscreening verschiedener saponinhaltiger Drogen gegen unterschiedliche Pathogene rundeten den Themenblock ab.
In zwei klinisch orientierten Projekten standen der Einfluss eines stationären integrativ-medizinischen multimodalen Therapieprogramms bei chronischen Darmerkrankungen sowie der Einfluss durch Lebensmittel ausgelöster und bestehender Darmbarrierestörungen bei Reizdarmsyndrom im Vordergrund der Forschung.
Publication History
Article published online:
30 August 2023
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