Zahnmedizin up2date 2022; 16(03): 285-300
DOI: 10.1055/a-1884-2993
Varia

Penicillin-Allergie – tödliche „Fake News“ in der Krankenakte?

Sebastian Schulz-Stübner
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Die Prävalenz von Penicillin-Allergien in der Krankenakte wird in der Literatur mit 8 – 12% angegeben und stellt die häufigste berichtete „Allergie“ dar. Allerdings wurden nicht verifizierte „Penicillin-Allergien“ in den vergangenen Jahren als ein zunehmendes Public-Health-Problem mit in der Folge ansteigender Dauer der Hospitalisierung, höheren Wiederaufnahmeraten, häufigerem Behandlungsversagen und vermehrten Aufnahmen auf der Intensivstation erkannt.

Kernaussagen
  • Ändern Sie die Fragetechnik nach Allergien von „Haben Sie eine Penicillin-Allergie?“ in „Haben Sie in der Vergangenheit schon einmal Antibiotika genommen und diese gut vertragen?“

  • Die meisten vermeintlichen Allergien in der Patientenakte sind keine „echten“ Allergien.

  • Gezieltes Nachfragen nach den 5 Items (makulopapilläres oder morbilliformes Exanthem, nur Juckreiz, nur gastrointestinale Symptome, Kopfschmerzen, lag mehr als eine Stunde zwischen Exposition und Symptombeginn) hilft, das Potenzial einer lebensbedrohlichen anaphylaktischen Reaktion auszuschließen.

  • Jede unklar bleibende Antibiotikallergieanamnese sollte einer allergologischen Stufendiagnostik zugeführt werden, da vermeintliche Allergien verbunden sind mit

    • einer erhöhten Rate postoperativer Wundinfektionen beim Einsatz von Alternativen zur präoperativen Prophylaxe und

    • einer allgemein gesteigerten Mortalität, vermutlich durch schlechter wirksame Therapien und vermehrte Nebenwirkungen.

  • Adrenalin intramuskulär ist das Mittel der Wahl bei schwerer Anaphylaxie.



Publication History

Article published online:
22 August 2022

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