Aktuelle Urol 2022; 53(04): 314-315
DOI: 10.1055/a-1878-9004
Referiert und kommentiert

Sekundärprävention des nicht-muskelinvasiven Blasenkarzinoms (NMIBC)

Randomisierte Phase-2-Prüfung zu Erdafitinib versus intravesikaler Chemotherapie nach Wahl des Prüfers bei Patienten mit Hochrisiko-Nicht-Muskelinvasivem-Harnblasenkarzinom (HR-NMIBC) und Rezidiv sowie FGFR-Mutationen oder -Fusionen nach Immuntherapie mit Bacillus Calmette-Guérin (BCG) (THOR-2) – AB 78/21 der AUOContributor(s):
Heidrun Rexer
1   AUO Geschäftsstelle, Schwarz, Deutschland
,
Mario Kramer
2   Klinik für Urologie, Universitätsklinikum Schleswig-Holstein, Campus Lübeck, Germany
,
Axel S. Merseburger
3   Arbeitsgemeinschaft Urologische Onkologie, Deutschen Krebsgesellschaft e. V.,
› Author Affiliations

In frühen Stadien des nicht-muskelinvasiven Blasenkarzinoms (NMIBC) können 60–70% an FGFR-Alterationen detektiert werden und etwa ein Viertel der Patienten mit nicht-muskelinvasivem Blasenkarzinom (NMIBC) leiden an einem Hochrisiko-NMIBC. Diese Blasenkarzinome zeichnen sich durch eine schlechtere Prognose aus. Die standardmäßige Therapie dieser Erkrankung umfasst eine transurethrale Resektion des Tumors (TUR-B) mit anschließender BCG-Instillation. Bis zu 40 % der Patienten entwickeln ein Rezidiv ihrer Erkrankung nach der BCG-Therapie; in diesem Fall gibt es nur wenige Therapieoptionen, zumeist erhalten die Patienten eine radikale Zystektomie. Für Patienten, die für eine Zystektomie nicht in Frage kommen oder diese ablehnen, gibt es derzeit wenige Alternativen.

In dieser Situation soll die vorliegende klinische Prüfung in der zulassungsrelevanten Kohorte prüfen, ob ein Behandlungsansatz mit Erdafitinib, einem oralen pan-FGFR Inhibitor, das rezidivfreie Überleben von Patienten mit einer FGFR-Mutation oder -Fusion verbessert. Hierzu wird im molekularen Screening lokal oder zentral Tumorgewebe genetisch untersucht, um Patienten mit FGFR-Alterationen zu identifizieren und entsprechend mit Erdafitinib zu behandeln.

In Kohorte 1 werden Patienten mit einem papillären Hochrisiko-NMIBC ohne CIS Anteile eingebracht. Sie werden 2:1 in 2 Arme randomisiert, dabei wird nach Tumorstadium (Ta/T1) und Ansprechen der BCG-Vortherapie (BCG-Non-Responder vs. BCG-experienced) stratifiziert. Im Prüfarm werden die Patienten mit Erdafitinib (6 mg täglich, oral) behandelt, während im Kontrollarm eine Therapie nach Wahl des Prüfers (Intravesikales Gemcitabin oder MMC/Hyperthermie-MMC) verabreicht wird. Die Erdafitinib-Therapie kann bis zu maximal 2 Jahren bzw. bis zum Auftreten eines Rezidivs oder einer Progression, falls diese vorher auftritt, fortgesetzt werden.

In Kohorte 2 werden Patienten mit Hochrisiko-NMIBC Carcinoma in situ (CIS) unabhängig von der Präsenz papillärer Anteile behandelt. Sie erhalten Erdafitinib (6 mg täglich, oral). Sollte innerhalb von 3 Monaten kein CR auftreten, wird die Therapie beendet.

In Kohorte 3 werden Patienten mit IR-NMIBC (Intermediate Risk (IR)-NMIBC) Markerläsion nach unvollständiger TUR-B eingeschlossen. Die Einschlusskriterien bezüglich der BCG Vorbehandlung gelten in dieser Kohorte nicht. Sie erhalten ebenfalls Erdafitinib (6 mg täglich, oral). Patienten, die nach 3 Monaten eine CR aufweisen, können weiter therapiert werden. Patienten, die eine SD oder Progression der Markerläsion zeigen, beenden die Therapie und erhalten eine TUR-B der Markerläsion. Patienten mit PR können gemäß Prüferentscheidung die Therapie fortsetzen oder ebenfalls eine TUR-B der Markerläsion erhalten. Die Kohorte 3 ist inzwischen bereits komplett rekrutiert, hier werden keine Patienten mehr eingeschlossen. Kohorte 1+2 bleiben jedoch für weitere Patienten offen.

Primäres Ziel der klinischen Prüfung ist in Kohorte 1 als zulassungsrelevant das rezidivfreie Überleben (RFS). Sekundäre Ziele sind Zeit bis zur Verschlechterung, Zeit bis zur Progression, krankheitsspezifisches Überleben (invasive Erkrankung), Gesamtüberleben (OS), RFS-Rate nach 6, 12 und 24 Monaten, rezidivfreies Überleben unter weiterführender Therapie (RFS2) und RFS anhand einer zentralen Bewertung der histopathologischen Befunde. In den Kohorten 2 und 3 werden ausschließlich explorative Endpunkte ausgewertet (CR-Rate nach 6 Monaten bzw. CR-Rate).

International sollen in die klinische Prüfung ca. 280 Patienten in 3 Kohorten eingeschlossen werden, davon sind ca. 32 Patienten in 9 deutschen Zentren geplant. Kontaktdaten für Patientenzuweisungen finden sich in [Tab. 1]. In [Tab. 2] sind für die Vorauswahl geeigneter Patienten die wichtigsten Ein- und Ausschlusskriterien gelistet.

Leiter der klinischen Prüfung (LKP) ist Prof. Dr. Mario Kramer. Seine Aufgaben liegen unter Anderem in der medizinischen Durchführung der klinischen Prüfung, der Abwägung von Nutzen-Risiko des Projektes sowie Umsetzung des Prüfplans in ärztlichen Belangen in Deutschland. Er ist Ansprechpartner für die Ethikkommission und Behörden in Deutschland und mit zuständig für die abschließende ärztliche Bewertung der Ergebnisse. Sponsorvertreter der klinischen Prüfung ist die Janssen-Cilag GmbH, Neuss. Das Projekt ist unter der Nummer NCT04172675 bei clinicaltrials.gov registriert.

Tab. 1 Teilnehmende Zentren für Patientenzuweisungen

Ort

Kontaktdaten

Duisburg

Dr. Eva Hellmis, Tel.: 0203/50 03 04–0, hellmis@urologicum-duisburg.de

Herne

Prof. Dr. med. Florian Roghmann, Tel.: 02323/49 92 301, florian.roghmann@marienhospital-herne.de

Lübeck

PD Dr. Mario Kramer, Tel.: 0451/500–43 601, Mario.Kramer@uksh.de

Mülheim/Ruhr

Dr. Elke Stagge, Tel.: 0208/94 06 79–00, e.stagge@pur-r.de

München

Prof. Dr. med. Margitta Retz, Tel.: 089/41 40–55 34, margitta.retz@lrz.tu-muenchen.de

Münster

Prof. Dr. Martin Bögemann, Tel.: 0251/834–74 47, martin.boegemann@ukmuenster.de

Nürnberg

Dr. Ekkehardt Bismarck, Tel.: 0911/96 08–313, e.bismarck@urologie24.de

Nürtingen

Prof. Dr. Tilman Todenhöfer, Tel.: 0170/38 09 223, praxis@studienurologie.de

Wesseling

Dr. Albert Heidrich, Tel.: 02236/43 532, dr.a.heidrich@t-online.de

Tab. 2 Ein- und Ausschlusskriterien der klinischen Prüfung (Auswahl)

Einschlusskriterien

Ausschlusskriterien

1keine Vorgaben für Kohorte 3

Histologisch bestätigtes nicht-muskelinvasives Urothelkarzinom der Harnblase

Histologisch nachgewiesener muskelinvasiver Tumor (T2 oder höher)

Mindestens eine FGFR-Mutation oder -fusion

Kleinzellige Tumorkomponente, reines Adenokarzinom, reines Plattenepithelkarzinom oder reines Plattenepithel-CIS der Blase

Fehlendes Ansprechen auf bzw. Rezidiv nach BCG1

Vorherige Therapie mit FGFR-Inhibitor

Patient ist nicht geeignet für Zystektomie oder lehnt diese ab

Aktive maligne Zweiterkrankung innerhalb der letzten 24 Monate mit einigen Ausnahmen

ECOG Performance Status 0–1

Unkontrollierte kardiovaskuläre Erkrankungen in der Anamnese (Details s. Protokoll)

Adäquate Organfunktionen



Publication History

Article published online:
10 August 2022

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